Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich so sehr gefesselt,
dass ich mit dem Lesen schwer aufhören konnte.
Die Charaktere der Figuren waren differenziert dargestellt, die Sprache
hat mir auch gut gefallen und der Inhalt hat mich gepackt. Das Buch Ein ganzes halbes Jahr ist bei mir nicht
so gut angekommen, wie das vorliegende Buch.
Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Einmal angenommen … … dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter bekommt eine einmalige Chance. Und du bist zu arm, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Du weißt, dass es falsch ist. Aber auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher … Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann, dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures verrückten Roadtrips gestehen, was du getan hast? Und kann das gutgehen, wenn du dich ausgerechnet in diesen Mann verliebst?
Besonders inspiriert hat mich die Protagonistin Jessica
Thomas, die mit siebzehn Jahren schon recht früh Mutter wurde, und sie dadurch
ihre Schule abbrechen musste und ohne Abschluss ins eigene Familienleben gerät.
Mittlerweile sind viele Jahre vergangen, ihre Tochter Tanzie ist zehn Jahre alt
geworden. Die Familie bricht auseinander. Tanzies Vater verlässt das Haus und
lässt ihren Stiefbruder Nicky zurück. Jess liebt Nicki wie ihr eigenes Kind und
sorgt für ihn wie ihr eigenes Kind. Nicky ist 16 Jahre alt. Jess verlangt
keinerlei Lebensunterhalt, weder für sich, noch für die Kinder, da ihr Mann
Marty sowieso wenig Kohle hat, kann sich kaum selbst über Wasser halten. Die
Rücksichtsnahme seiner Frau geht so lange gut, bis Jess plötzlich mit neuen
Tatsachen konfrontiert wird, die Marty ihr verheimlicht hat.
Aber Jess zerbricht nicht an der Trennung, hält stark an ihren
Idealen fest, so, als würde sie niemanden brauchen:
Das war der Grund, aus dem Jess nicht zusammengebrochen war, als Marty sie verließ. Warum sollte sie auch? Er konnte sie nicht verletzen. Das einzige, was Jess wirklich wichtig war, waren diese beiden Kinder. Und genauso wichtig war es, diese beiden Kinder spüren zu lassen, dass sie in Ordnung waren. Denn selbst wenn einen alle Welt fertigmachte, konnte einem das nichts anhaben, solange einem die Mutter den Rücken stärkte. Irgendein tief verwurzelter Teil wusste dann immer noch, dass man trotzdem o. k. war. Dass man es verdiente, geliebt zu werden. Jess hatte nicht viel im Leben getan, auf das sie stolz sein konnte, auf eines aber war sie sehr stolz: nämlich darauf, dass Tanzie das wusste. Sie war eine seltsame kleine Krabbe, aber Jess wusste, dass sie es wusste. An Nicky arbeitete sie noch. (235)
Bei ihren Freundinnen stößt Jess auf Unverständnis, dass sie
ihren Stiefsohn Nicky auch noch bei sich aufgenommen hat, wo doch der
Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter sowieso schon knapp ist, und hart dafür kämpfen muss. Sie muss tatsächlich jeden Cent dreimal umdrehen.
Eigentlich kommt Jess aus gutem Hause, die Mutter ist
Lehrerin und Jess hätte studieren können, wenn sie nicht so früh Mutter
geworden wäre.
Die Kinder, es sind besondere Kinder. Tanzie ist ein Mathematikgenie
und Nicky ein besonders sensibler Jugendlicher, der sich gerne ab und zu
mal schminkt, ohne sich als homosexuell zu bezeichnen. Beide Kinder fallen durch
ihre Besonderheit in der Gesellschaft auf, denen das Leben schwer gemacht wird.
Jess lernt den wohlhabenden Programmierer Mr. Ed Nicholls kennen, der mit den Problemen dieser
Familie konfrontiert wird, und einen Bezug zu sich selbst findet. Auch Mr.
Nicholls war ein Mutmacher. Im nächsten Zitat folgen aufmunternde Worte, die er
an Nicky richtet:
Jeder Mensch, dessen Bekanntschaft mir etwas wert ist, war in der Schulzeit ein bisschen anders als die anderen. Du musst einfach noch deine Leute finden. (…) Man verbringt sein ganzes Leben mit dem Gefühl, nirgends richtig hinzupassen. Und dann betritt man eines Tages irgendeinen Raum, an der Uni, in einem Büro, einem Club oder sonst wo, und sagt sich: >Ah. Hier sind sie.< Und auf einmal fühlt man sich zu Hause. (205f)
Ich finde, dass das ein sehr schönes Zitat ist. Kenne das
selbst auch aus meinem eigenen Leben, das Gefühl, nirgends richtig
dazuzugehören, weil auch ich ein wenig anders war und mich kaum jemand verstand.
Mr. Ed Nicholls begleitet die vaterlose Familie nach
Schottland, damit Tanzie an einem Mathematikwettbewerb teilnehmen kann, an dem
alle Mathegenies eingeladen sind. Sie sind mehrere Tage unterwegs und Ed Nicholls
hat dadurch genug Zeit, Jess und die Probleme ihrer Kinder kennenzulernen.
Jess legt auf die Erziehung ihrer Kinder sehr viel Wert. Sie
versucht ihnen Werte zu vermitteln á la: Behandle
andere immer so, wie du selbst auch behandelt werden möchtest.
Sie macht eine ernüchterne Erkenntnis:
Tja, es funktioniert nur, wenn sich alle dementsprechend verhalten. Und das macht kein Mensch mehr. Die Welt ist voller Leute, die sich einen Dreck um andere scheren. Die trampeln einfach über einen weg, wenn sie dadurch bekommen, was sie haben wollen. Sogar wenn es ihre eigenen Kinder sind, über die sie wegtrampeln. (340)
Nicholls erfährt über Jess und ihre Kinder auch einiges
über sich. Auch er hat massive Probleme im Beruf und mit seiner Herkunftsfamilie.
Statt die Probleme zu lösen, rennt er vor ihnen weg, wie Jess´Mann Marty es auch
getan hat.
Denn in diesem einen Moment hatte Ed Nicholls erkannt, dass er mehr wie Marty und weniger wie Jess war. Auch er war ein Feigling gewesen und vor den Problemen in seinem Leben davongelaufen, statt sich ihnen zu stellen. Und das musste sich ändern. (348)
Jess gerät in Situationen, die ihr wie eine schwere Lebensprüfung
erscheinen, denen sie nicht immer gewachsen war. Trotz ihrer Werte, die sie
auch den Kindern vermittelt, handelt sie gesetzeswidrig, weil sie keinen
anderen Ausweg findet.
Jess ist ein sehr belesener Mensch, und kauft sich immer
abgegriffene gebrauchte Taschenbücher, weil sie nicht so teuer sind. In ihrem
Haus befinden sich in jedem Raum Bücherregale, mit Ausnahme des Badezimmers, die alle mit Taschenbüchern gefüllt sind.
So, ich beende hiermit die Buchbesprechung, da ich nicht zu
viel verraten möchte.
Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten …
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Mithilfe von Büchern eignen wir uns andere Erfahrungen an
und lernen neue Lektionen (Nina Sankovitsch))
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