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Donnerstag, 13. September 2018

Primo Levi / Ist das ein Mensch?- Die Altempause (1)

Mein Lesemotto: Es wird Zeit für einen Perspektivenwechsel.
Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist ein buntes Italien; in Land und Leute. Bunt nicht nur in seiner Schwäche, bunt auch in seiner Stärke. 

Se questo è un uomo
Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Mich hat das Buch Ist das ein Mensch? sehr angesprochen. Ich fand hier eine differenzierte Herangehensweise vor, sich mit so einer tristen Thematik wie Antisemitismus und Judenverfolgung innerhalb von Europa auseinanderzusetzen. Viele Gedanken habe ich in mir widergespiegelt gesehen. Gedanken, die man nicht nur im Austausch mit dem Antisemitismus entwickeln kann, sondern auch überall dort, wo es um ein besseres Verständnis einer Gesellschaft bzw. eines Individuums, einer Nation geht, ohne sie in Klischees oder in Stereotypen zu packen.

Viel Neues habe ich in dem Buch über den Nationalsozialismus und den Antisemitismus nicht erfahren, aber mir war es wichtig herauszufinden, was Levi als ein italienischer Jude denkt und wie sein Innenleben durch diese massive, rassistische existentielle Bedrohung ausgestattet war … Primo Levi befasste sich mit Gedanken, ob das Leben im KZ noch lebenswert sei? Dazu meine Fragen; was ging in ihm vor, hat der Wahnsinn ihm den Glauben an die Menschheit genommen? Hat er gelernt, alle Deutschen zu verachten? Er fragte sich immer wieder, ob der Mensch von Natur aus böse, brutal und/oder egoistisch sei?

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Primo Levi wurde 1919 in Turin geboren und starb 1987 mit 68 Jahren. Als der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist, war er ein junger Mensch. Gerade mal zwanzig Jahre alt. Er kämpfte in den Bergen als Partisan und durch einen Verrat wurde er 1944 zusammen mit 24 anderen italienischen Juden nach Modena gebracht und von dort mit dem Güterwaggon nach Auschwitz deportiert. Im Lager verloren die Juden alle ihre Namen und erhielten eine KZ-Nummer auf dem linken Arm geritzt. Primo Levi war mit 24 Jahren studierter Chemiker. Im Lager verlor er alle seine beruflichen Privilegien und sämtliche Menschenrechte. Die Juden wurden wie Parasiten behandelt. Den Status Mensch haben sie abgesprochen bekommen. Levi wurde recht spät von den Nazis erfasst und ihm war es wichtig, das Lager zu überleben, um später den nachfolgenden Generationen Zeugnis abzulegen. Er tat alles, um innerlich eine Form der Zivilisation zu bewahren. Deutsche Kriminelle wurden aus den Gefängnissen entlassen und wurden im KZ als Wärter auf die Juden losgelassen. 
Kein „arischer“ Häftling war ohne Amt, mag es noch so bescheiden gewesen sein. Daß sie stur und bestialisch waren, ist nur natürlich, wenn man bedenkt, daß es sich meistens um gewöhnliche Verbrecher handelte, die man eigens aus den deutschen Gefängnissen geholt hatte, um sie als Aufseher in den Judenlagern zu verwenden; und mir scheint, daß diese Auswahl sehr sorgfältig getroffen wurde, denn ich kann einfach weder glauben, daß diese schmutzigen menschlichen Subjekte, die wir da am Werk sahen, den Durchschnitt der Deutschen im Allgemeinen, noch den deutschen Gefängnisinsassen darstellten. Schwieriger ist es, eine Erklärung dafür zu finden, wieso in Auschwitz die politischen Prominenten, Deutsche, Polen und Russen, mit den gewöhnlichen Verbrechern an Brutalität wetteiferten. (2018, 114)

Ich persönlich finde es erstaunlich, wie Menschen im Lager die innere Würde bewahrt haben, ohne sich zu Menschenhassern entpuppt zu haben. Levi spricht von einem italienischen Insassen namens Lorenzo, der bis zum Schluss bestrebt geblieben ist, ein guter Mensch zu sein, um sich und anderen Gutes zu tun, soweit dies im Lager möglich war. Lorenzo half Levi, nicht zu vergessen, dass auch er ein Mensch sei.

Primo Levis Wunsch hat sich erfüllt, indem er das KZ überlebt hat. Als er wieder zurück nach Italien gekehrt ist, hat er angefangen, über seine Erlebnisse zu schreiben, und reichte sein Manuskript an die großen italienischen Verlage ein. Leider wurde das Manuskript abgelehnt.1947 wurde es von einem kleinen Verlag angenommen, doch dieser löste sich recht bald auf, und so geriet das Buch in Vergessenheit.1958 wurde in Italien das Buch wieder zum Leben erweckt. Es boomte und wurde in sieben Sprachen übersetzt. Aus dem Buch wurde an den Schulen Italiens eine Schullektüre.1961 kam es durch den S. Fischerverlag auf den deutschen Buchmarkt. Viele junge, deutsche Leser nahmen Kontakt mit Levi auf, um seine Erlebnisse aufzuarbeiten. Die jungen Menschen in Deutschland waren erschüttert, zu welchen Taten viele Eltern/Großeltern/Landsleute fähig waren. 

Das Schreibkonzept
Die einen sagen, dass das Buch eine Autobiografie ist, für mich allerdings ist es ein Erlebnisbericht über die Gefangenschaft im deutschen KZ. Primo Levi berichtet in einem Dokumentationsstil. Sehr objektiv und sehr sachlich, aber trotzdem gut lesbar. In dem Buch sind zwei Bände abgedruckt. Den zweiten Band Atempause werde ich mir später vornehmen, da ich mit dieser Thematik eine Pause benötige.

Ist das ein Mensch? - Die AtempauseCover und Buchtitel? 
Für mich ist beides sehr ansprechend, vor allem der Buchtitel hat gut gepasst. Oben habe ich das italienische Cover eingefügt.

Meine Identifikationsfigur
Keine

Meine Meinung
Ich habe während des Lesens richtig gebangt. Die Nöte der Menschen im Lager fand ich grausam. Der Hunger setzte vielen zu, die Menschen bekamen kaum Brot zu essen, stattdessen erhielten sie überwiegend wässrige Suppen vorgesetzt, obwohl sie harte Arbeiten verrichten mussten. Ich selbst bekam einen Heißhunger auf Brot, so sehr habe ich mit den Lagerinsassen mitgelitten. Ich hatte kein Brot im Haus, und musste auf ein anderes Lebensmittel ausweichen.

Ansonsten fand ich das Buch wirklich gutgeschrieben. Trotz dieser schweren Thematik ist der Autor sachlich geblieben und hat es geschafft, nicht alle Deutschen über einen Kamm zu scheren.

Im Gespräch mit dem deutschen Verlag äußerte er sich über die Deutschen:
Ich habe das deutsche Volk nie gehasst, und hätte ich es auch getan, so wäre ich jetzt, nachdem ich Sie kennengelernt habe, davon geheilt. Ich begreife nicht, ich ertrage nicht, daß man einen Menschen nicht nach dem beurteilt, was er ist, sondern nach der Gruppe, der er zufällig angehört. (217)

Da Primo Levi zu meinem Leseprojekt Italien zählt, freue ich mich, wenn ich gewisse Gedanken von mir auch in seinem Buch wiederentdeckt habe und zeigt mir, dass ich damit nicht alleine bin. Deshalb schließe ich mich Levi an. Auch ich begreife es nicht, wenn im Umkehrschluss viele deutsche Menschen und Menschen anderer Nationen die Italiener nach Schema F beurteilen, und damit immer wider den dümmlichen Italiener herauskehren lassen. Die vielen Klischees und die Stereotypen sind so alt wie ich selbst, wenn nicht sogar noch älter. Man kann das irgendwann nicht mehr hören, wenn man in Deutschland mit diesen Klischees groß werden musste und ich dadurch eine Abneigung entwickelt habe, selbst als Kind italienischer Eltern Italienerin sein zu wollen.

Mein Fazit?
Ich freue mich sehr, Primo Levi als einen italienischen Autor kennengelernt zu haben, und bin total motiviert, mein Leseprojekt zu Italien weiter fortzusetzen. Ein italienischer Autor, der in keine Schublade passt, und der meine Gedanken im Umgang damit bestätigt hat.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Literaturwissenschaftliches, gut recherchiertes Buch
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten.

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Gelesene Bücher 2018: 38
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
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Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86



Mittwoch, 17. Januar 2018

Bernhard Schlink / Olga (1)

Olga
Sicherlich ist in letzter Zeit auffällig geworden, dass ich nicht mehr so viele Zitate in meine Texte eingebaut habe; zum einen wegen meiner starken Sehschwäche, zum anderen wegen der fehlenden Zeit und der dritte Beweggrund ist, es soll jeder seinen Lesestoff selbst erarbeiten. Ich möchte eigentlich nur Impulse setzen.
Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, einen Lese- und Jahresrückblick für 2017 zu schreiben, um auf diese Veränderungen aufmerksam zu machen. Ich weiß nicht, wie das Lesejahr 2018 sich für mich entwickeln wird, ob ich überhaupt noch dazu kommen werde, viele Bücher zu lesen, da wir, meine Angehörigen und ich, noch immer einen ernsten Krankheitsfall in der Familie zu beklagen haben, womit wir schon Ende des letzten Jahres damit konfrontiert wurden. 

Aber ich habe mir überlegt, wie ich diese Lücke mit den fehlenden Zitaten schließen kann; ich werde am Ende meiner Besprechung einen literaturwissenschaftlichen Text mit meinem Blog verlinken. Die Experten können sowieso aufgrund ihrer Ausbildung viel besser schreiben als ich, und ich habe auch keine Lust mehr, immer mit ihnen verglichen zu werden … Für mich ist das kein Defizit, ich kann damit leben, da ich von Berufs wegen auf anderen Fachgebieten Expertin bin.

In den nächsten Tagen hoffe ich, meinen Leserückblick zu schreiben, und werde den obigen Text dorthin kopieren.

So, und nun zu meiner Besprechung.

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Was für ein schönes Buch. Was für ein toller Autor, der Bücher schreiben kann, ohne sich mit zu vielen Details abzumühen. Der Inhalt ist von der Handlung und von den Figuren her zwar schnelllebig, die Kapitel sind recht knapp gehalten, passen jedoch sehr gut zu dem Stil des Autors und zu seiner Struktur. Trotzdem ist man reichlich informiert und die eigene Fantasie ist gefordert, wo erstmal Informationen zu fehlen scheinen. 

Der Roman besteht aus drei Teilen; Kindheit und Jugend erster Teil, zweiter Teil Erwachsenenalter; dritter Teil Alter, um diese mal grob einzuteilen.

Die ProtagonistInnen verschwinden recht schnell von der Bildfläche, und trotzdem blieben sie für mich als Leserin bis zum Schluss lebendig. Dafür sorgt der Autor mit seinem Schreibstil. Dazu später mehr.

Es gibt überraschenderweise im zweiten Teil auch einen Perspektivenwechsel, was mir recht gut gefallen hat, weil man darauf nicht vorbereitet war.

Den Schreibstil habe ich als recht flüssig erlebt. Innerhalb von zwei Tagen war ich mit dem Buch durch, obwohl ich am Wochenende, Freitag und Samstag, krank im Bett gelegen habe.

Die Handlung wandelt vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Anfang des 21. Jahrhunderts.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Die Geschichte der Liebe zwischen einer Frau, die gegen die Vorurteile ihrer Zeit kämpft, und einem Mann, der sich mit afrikanischen und arktischen Eskapaden an die Träume seiner Zeit von Größe und Macht verliert. Erst im Scheitern wird er mit der Realität konfrontiert – wie viele seines Volks und seiner Zeit. Die Frau bleibt ihm ihr Leben lang verbunden, in Gedanken, Briefen und einem großen Aufbegehren.

Die Protagonistin dieser Geschichte nennt sich Olga Rinke. Ein Teil ihrer Kindheit verbringt sie in Schlesien. Olga wird von Kind auf als eine außergewöhnliche und starke Persönlichkeit beschrieben. Schon mit einem Lebensjahr verhielt sich Olga von ihrem Charakter her ungewöhnlich. Sie ist ein stilles Kind gewesen, das unauffällig seine Umwelt beobachtet und dezidiert wahrnimmt ...

Olga kommt aus einfachen Verhältnissen. Ihre Eltern müssen hart arbeiten, um die dreiköpfige Familie über die Runde zu bringen ... 

Nachbarn waren der Meinung, dass die kleine Olga mehr mit anderen Kindern spielen solle, da dieses Alleinsein ihr nicht guttun würde, doch Olga wollte nicht, da ihr die Spiele, die andere Kinder spielten, zu rau waren. Die Spiele waren eher eine Vorbereitung an zukünftige Daseinskämpfe, und hatten wenig mit Freude und Spaß gemein.

Olgas Leben ist kein einfaches Leben, denn schon in ihren ersten Lebensjahren gerät ihr Leben aus den Fugen.

Die Eltern erkranken an Fleckfieber und sterben daran. Auf einen Schlag verliert Olga ihre Eltern.

Die Waise kommt nach Pommern zu ihrer Großmutter väterlicherseits. Eigentlich sollte das Kind dankbar sein über ihr neues Zuhause, aber leider ist die Großmutter keine herzliche Person, die dem Kind die fehlende Liebe der Eltern ersetzen konnte. Sie mochte Olga auch wegen ihres slawischen Namens, Olga Nowak, nicht. Nichtsdestotrotz hat sich die Großmutter für das Kind entschieden. Was wäre sonst aus Olga geworden?

Sie fühlte sich in Pommern sehr einsam, und so wünschte sie sich einen Spielgefährden, der wie sie einsam ist. Sie findet ihn auch und lernt die wohlhabende Familie Schröder kennen, die zwei Kinder, Herbert und Victoria, haben. Auch sie sind zugezogen. Zwischen den Kindern entwickelt sich eine echte Freundschaft, leider zerbricht sie, als sie älter werden, und Victoria auf eigenen Wunsch ein Internat besuchen darf. Es bleibt die Freundschaft zwischen Herbert und Olga bestehen. Als Victoria auf einen Besuch nach Hause kommt, lehnt sie vehement den Kontakt zu Olga ab. Zu große Standesunterschiede, zu große Unterschiede in der äußeren Erscheinung. Es gehöre sich nicht, dass bildungsferne und arme Kinder mit reichen Kindern sich abgeben, und so fing Victoria an, Olga zu mobben und bringt ihre Eltern erfolgreich gegen sie auf. Herbert darf nicht weiter mit Olga verkehren, und so treffen sich die beiden heimlich … 

Nun steht das nächste Problem an. Olga darf nach der Schulpflicht keine höhere Schule besuchen, denn sie sollte auf Wunsch ihrer Großmutter zum Verdienst des Lebensunterhalts beitragen, da sie arm und dazu noch ein Mädchen sei. Selbst ihr Lehrer und der Dorfpfarrer waren der Meinung, dass Olga nach der Schule arbeiten sollte. Olga war damit nicht einverstanden.

Eigeninitiativ setzt sie sich in Bewegung, in der nächsten Stadt die höhere Mädchenschule aufzusuchen, um sich diese Bildungsanstalt von innen anzuschauen. Sie wird von einer Lehrerin gesehen und nimmt Kontakt zu dem jungen Mädchen auf. Mit Tränen in den Augen schildert Olga der Lehrerin ihre Nöte und weiht sie in ihre Berufspläne ein, unbedingt Lehrerin werden zu wollen. Olga hat Glück. Die Lehrerin nimmt sie ernst, und gibt ihr einige Lehrbücher mit auf dem Weg, die sie durchackern solle, um die Aufnahmeprüfung zu bestehen …

Autodidaktisch bringt sich Olga den Schulstoff bei, und besteht sogar die Prüfung … Doch auch hier macht Victoria ihr das Leben schwer, und versucht, Olgas Berufspläne mit fiesen Intrigen zunichtezumachen ...

Die Beziehung zwischen Herbert und Olga wird immer intensiver. Herbert äußert den Eltern gegenüber Heiratspläne. Die Eltern drohen ihm, ihn von seinem Erbe auszuschließen, würde er Olga tatsächlich heiraten. Das gefällt Herbert nun gar nicht, und gerät in einen Loyalitätskonflikt … Wie stark ist sein Widerstand gegen die Eltern? Wie stark ist die Liebe zu Olga?

Was ist Herbert für ein Mensch? Herbert ist schon als Junge ein Mensch gewesen, der es gewohnt war, große Sprünge zu machen. Herbert, der Renner. Herbert mit dem Laufzwang. Er musste immer viele kilometerweite Strecken laufen … Herbert, der es nicht wirklich schafft, pflichtbewusst sein Leben in die Hand zu nehmen, lässt seine liebenden Menschen im Kalten zurück.

Verglichen mit seiner Schwester ist Herbert aber kein Mensch, der überheblich über seine Herkunft denkt. Aber er hat Probleme, gesellschaftliche Erwartungen, mit denen ihn seine Eltern konfrontieren, zu erfüllen, und entzieht sich seiner Verantwortung, indem er sich auf Exkursionen in die Antarktis begibt, doch zuvor meldet er sich freiwillig beim Militär, um sich an dem Krieg gegen die Hereros zu beteiligen. Hier lernt er die Schwarzen als minderwertige Rasse zu begreifen, die durch einen Völkermord ausgerottet werden sollten ...

Olga vermisst ihren Herbert, seine Pläne machen ihr Angst, und so versucht sie, ihm ihre Sorgen mitzuteilen. Herbert geht nicht wirklich auf ihr Gespräch ein, weicht ihr feige aus. Er schreibt Gedichte, Olga schreibt Briefe. An Herberts Gedichten wird deutlich, dass er ein Leben verabscheut, das auf Sicherheiten und Wohlstand gebaut ist, er sollte beruflich in die Fußstapfen seines Vaters treten, und er lehnt ein bürgerliches Leben ab, das er mit Olga führen würde …

Nach dem Krieg nimmt Herbert an mehreren Expeditionen in die Antarktis teil. Olga hält ihre Hoffnung über Briefe an ihn lebendig, als er eines Tages von seiner Expedition nicht zurückkommt. Wo ist er? Wo steckt er? Suchtrupps werden losgeschickt … Die Hoffnung, dass Herbert gefunden wird, blieb bei mir bis zum Schluss des Buches lebendig. Ob Herbert am Schluss gefunden wurde, diese Kenntnis ist dem Buch zu entnehmen.

Wie geht es nun weiter mit Olga und ihrer Sehnsucht nach ihrer großen Liebe, die nach vielen Jahren noch unstillbar zu sein schien? Sie schreibt ihm unaufhörlich Briefe über Briefe … Ausdrucksstarke Briefe über Hoffnung, über die Enttäuschung, über die unerfüllte Liebe. Damit hält Olga ihre Liebe zu Herbert aufrecht.

Unabhängig von ihrer einsamen Liebe mit Herbert treten in Olgas Leben weitere gravierende Schicksalsschläge auf …

Mehr möchte ich nicht verraten. Oder habe ich schon zu viel gesagt?

Keine Sorge, es gibt noch so viel Raum in dem Buch für eigene Entdeckungen. Viele wichtige Figuren und deren Lebensweisen habe ich nicht erwähnt, die mich aber auch sehr fasziniert haben.

Mein Fazit?

Olga ist eine beeindruckende Frau, die patent genug war, ihr Leben selbst in die Hände zu nehmen, obwohl ihr so viele Menschen Steine in den Weg gelegt haben. Statt ihr Schicksal zu beklagen, krempelt sie im Stillen die Ärmel hoch. Sie hat es geschafft, viele wichtige Ziele eigenmächtig zu erreichen, und hat dadurch in der Gesellschaft als Frau, als Lehrerin und als Mensch einen wichtigen Platz einnehmen können.

Olga hat viele politische Zeitwenden miterlebt; den Sturz des Kaisers; den Ersten und den Zweiten Weltkrieg; das neue Deutschland im Wirtschaftswunder, etc.

Auf ihre Art und Weise führte sie neben ihrem Lebenskampf und neben dem alltäglichen Leben auch ein politisches Leben …

Das Buch behandelt auch kurz den Rassismus sozialer, nationaler und politischer Art, den Olga an ihrer eigenen Haut erfahren wird.

Schon allein das Leben dieser Frau lässt auf das Buch neugierig werden. Kann anderen Frauen, die ihr Leben trotz harter Schicksalsschläge, Kraft und Hoffnung spenden. Olga lebt dies ihren Leserinnen vor. Von wegen, Frauen sind das schwache Geschlecht.


Meine Bewertung?

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Zwölf von zwölf Punkten. 


Weitere Informationen zu dem Buch

Ich möchte mich recht herzlich beim Diogenes-Verlag für das zur Verfügung gestellte Leseexempllar bedanken. Auch Danke möchte ich Helmut Pöll sagen, dem Forumsbetreiber von Watchareadin, der sich bei dem Verlag für die Leseexemplare für uns UserInnen eingesetzt hat.

Und hier geht es zu der Verlagsseite von Diogenes. 

Und hier geht es zu der Leserunde von Watchareadin. 


·         Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
·         Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (12. Januar 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3257070152

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Nicht die Eigenschaften machen,
dass zwei zusammenpassen,
die Liebe macht´s.
(Bernhard Schlink)

Gelesene Bücher 2018: 02
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Montag, 11. Dezember 2017

Isabel Allende / Der japanische Liebhaber (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Dieses Buch von Isabel Allende hat mich arg überrascht.

Mir hat es sehr gut gefallen, womit ich nicht gerechnet habe, nach dem ich so viele negative Kritiken gehört / gelesen habe. Ich selbst hatte damit auch nicht gerechnet, da ihr Schreibstil so nachgelassen hat. Ich weiß nicht mehr, welches Buch es war, das mich total enttäuscht hatte. Eines von den Letzten, weshalb ich mir mit der Anschaffung des vorliegenden Buches so viel Zeit gelassen habe.

Allende beschäftigt sich in diesem Buch mit historischen Themen wie dem Zweiten Weltkrieg und dem Nationalsozialismus, mit einer außergewöhnlichen Liebesgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht. Und man bekommt es mit mehreren unterschiedlichen Familien zu tun ...
Man benötigt demnach gute Synapsen, wenn man immer wieder von der einen Familie in die nächste gerät, von der Vergangenheit in die Gegenwart, nicht immer chronologisch geordnet, und die vielen unterschiedlichen Figuren haben mich herausgefordert.

Deshalb bin ich in die Geschichte am Anfang schwer reingekommen, als mir die vielen Figuren noch fremd waren und ich mich an dieses Hin- und Herspringen von einer Familie in die nächste gewöhnt habe. Als ich schließlich in dem Geschehen angekommen war, ging es dann recht zügig mit dem Lesen, wobei ich mir mit dem Verarbeiten dieser Themenvielfalt etwas Zeit gelassen habe.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Für Irina ist der neue Job ein Glücksfall. Die junge Frau soll für die Millionärin Alma Belasco als Assistentin arbeiten. Mit einem Schlag ist sie nicht nur ihre Geldsorgen los, sondern gewinnt auch eine Freundin, wie sie noch keine hatte: extravagant, überbordend, mitreißend und an die achtzig. Doch bald spürt sie, dass Alma verwundet ist. Eine Wunde, die nur vergessen scheint, wenn eines der edlen Kuverts im Postfach liegt. Aber wer schreibt Woche um Woche diese Liebesbriefe? Und von wem stammen all die Blumen? Auch um sich von den eigenen Lebenssorgen abzulenken, folgt Irina den Spuren, und es beginnt eine abenteuerliche Reise bis weit in die Vergangenheit. 

Fast jede Figur in dem Buch bringt eine interessante Lebensgeschichte mit, selbst die unscheinbare 23-jährige Irina Bazili, die ursprünglich aus Moldawien kommt und als Opfer mit Kinderpornografie und Pädophilie zu tun bekommen hat. Irina Bazili ist eigentlich nicht ihr richtiger Name, sie hat den richtigen abgelegt, um diese sexuellen Missbräuche zu vergessen, und um eine neue Identität zu erwerben. Allerdings ist Irina dadurch nicht wirklich beziehungsfähig ... Irina beschäftigt sich lieber mit den Problemen anderer Leute …

Doch bevor sie Alma Belasco kennenlernt und für sie arbeiten wird, ist sie im Lark House beschäftigt. Lark House ist ein recht großes Seniorenheim mit einer Pflegestation. Irina ist  bei den Bewohnern beliebt, sie zeigt sich recht kompetent in der Arbeit mit den alten Leuten. Ihr guter Ruf reicht bis zur Heimbewohnerin Alma Belasco, die sie bei sich als Assistentin einstellt.

Alma, die eigentliche Heldin des Romans, ist jüdischer Abstammung, und sie wird im Alter von acht Jahren von der Familie aus Warschau in Begleitung ihrer Kindererzieherin nach Amerika zu Onkel Isaac und Tante Lillian geschickt, die selbst drei Kinder haben. Alma erleidet dadurch ein schweres Trauma, als sie von ihrer Familie getrennt wird. Eine Zeit lang versteckt sie sich weinend im Kleiderschrank, bis sie lernt, ihre Tränen zu schlucken. Zutrauen findet sie von Anfang an in ihrem jüngsten Cousin Nethaniel. Und dieses Vertrauen bleibt bis ins hohe Alter. Alma vertraut ihm alle Sorgen an, selbst ihre intimsten aus der Zeit ihrer körperlichen und pubertären Entwicklung. Auch Nethaniel ist eine sehr interessante Figur, die mir eigentlich von allen Figuren am sympathischsten war, da er sehr sensibel und fürsorglich sich Alma gegenüber gegeben hat … Und er besitzt sehr viel Weisheit. Erst am Schluss erfährt man mehr aus seinem recht außergewöhnlichen Leben.

Bei den Belascos war ein japanischer Gärtner eingestellt namens Takao Fukuda, der einen Sohn, Ichimei, hat. Ichimei war so alt wie Alma. Zwischen den beiden Kindern entwickelt sich eine außergewöhnliche Liebe, die außergewöhnliche Wege geht ...

Die Familie Fukuda wird im Zweiten Weltkrieg interniert, als sich Amerika mit Japan im Krieg befand. Alle in Amerika lebende Japaner, auch die mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, wurden nach Topaz überführt und in ein Internierungslager gesteckt, das mit den Konzentrationslagern in Europa Ähnlichkeit hatte. Erst als Japan kapituliert, werden die Inhaftierten aus den Lagern wieder entlassen. Nicht auszudenken, was die amerikanische Regierung mit diesen Menschen gemacht hätte, wenn das Land den Krieg mit Japan verloren hätte. Und wieder erlebe ich ein Amerika, das Menschen einer ethnischen Gruppe politisch unter Generalverdacht stellt ...

Alma und Ichimei kommen wieder zusammen, aus der Kinderliebe entwickelt sich eine erwachsene Liebe entgegen aller Konventionen. Dies macht die Beziehung außerordentlich kompliziert ... 

Irina wandelt auf den Spuren von Alma. Sie sortiert alle Fotos, Briefe und sonstige Schreiben ihrer Chefin, die so nach und nach zu einer Freundin wird. Doch auch Irina ist gefordert an ihr Trauma zu arbeiten, als Seth, der Lieblingsneffe von Alma, sich in sie verliebt.

Mehr möchte ich nicht verraten.

Mein Fazit?

Eigentlich mag ich keine Liebesromane, aber es gibt Ausnahmen. Allendes Liebesromane sind keine typischen Liebesromane; nicht schnulzig und auch nicht so billig, was das Niveau betrifft. Man bekommt es mit sehr interessanten Persönlichkeiten zu tun … Auch den historischen Teil fand ich hochinteressant.

Auch wenn ich ein paar Fakten verraten habe, bleibt in dieser Romanwelt noch genug anderes zu entdecken und zu erleben. Vieles, was nicht vorhersehbar ist.


Meine Bewertung?

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Zwölf von zwölf Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

  • Taschenbuch: 335 Seiten
  • Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 2 (11. September 2016)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3518467301

Und hier geht es auf die Vderlagsseite von Suhrkamp/Insel.

Auf der Verlagsseite findet man noch jede Menge nützliche Informationen zu der Autorin. 
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Das Herz ist groß, man kann mehr als einen Menschen lieben.
(Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2017: 55
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Samstag, 27. Mai 2017

Sandra Lüpkes / Inselfrühling

Klappentext
Frühlingsgefühle bei Windstärke zwölf In Jannikes charmantem Inselhotel beginnt die Saison: Im Frühling soll für die ersten Gäste alles blitzen und strahlen und besonders einladend sein. Denn etwas ist anders in diesem Jahr: Jannike ist hochschwanger. Sie und Mattheusz erwarten Zwillinge! Die Freude ist riesig. Doch Zeit und Muße, die letzten Wochen Zweisamkeit zu genießen, haben die beiden nicht. Denn als es wegen heftiger Frühlingsstürme zu dramatischen Dünenabbrüchen am Leuchtturm kommt, gerät Jannikes geliebtes Zuhause in Gefahr. Manch einer fühlt sich sogar an den alten Fluch erinnert, der vor fast zweihundert Jahren das Ende der Insel prophezeit hat. Band 4 der erfolgreichen Inselreihe: Ob Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog oder Wangerooge – an dieser von Sandra Lüpkes so liebevoll beschriebenen Insel kommen Urlauber nicht mehr vorbei. Perfekte Strandlektüre.


Autorenporträt
Sandra Lüpkes kennt sich an der Nordsee und auf den Inseln bestens aus: Sie ist auf Juist aufgewachsen und war viele Jahre selbst Gastgeberin für Nordseeurlauber. Mit ihren zwei Töchtern und dem Schriftsteller und Drehbuchautor Jürgen Kehrer wohnt sie seit einigen Jahren in Münster. Sandra Lüpkes hat bereits zahlreiche Romane, Sachbücher, Drehbücher und Erzählungen veröffentlicht.

Von der Autorin habe ich bisher noch nichts gelesen. Ein Buch, leichte Kost, das zur reinen Entspannung dient. Das muss neben einem hektischen Alltag auch mal sein.

Außerdem passt das Buch zur derzeitigen Jahreszeit.


Weitere Informationen zu dem Buch

·         Taschenbuch: 336 Seiten, 9,99 €
·         Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag; Auflage: 1 (24. März 2017)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3499272261


Und hier gibt es eine Leseprobe.

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Rowohlt.