(Willi Brandt)
Zur Ehrung der Opfer werde ich während des Krieges auf dieser Seite seit dem 1. März 2022 keine Fremdkommentare freischalten.
Unser Oberbürgermeister Jochen Partsch von den Grünen hat diesen Friedensklassiker mit uns angestimmt: We shall overcome ...
We shall overcomeWe shall overcomeWe shall overcome, someday
Auf dem Weg zur Demo hörte ich in der Straßenbahn, als eine Mutter ihrem Kind erklärt hat, weshalb die Menschen demonstrieren gehen, bekam ich Bauchschmerzen, als ich hörte:
Sie demonstrieren gegen einen bösen Menschen in Russland. Der ist an allem schuld.
Leider nahmen sie nicht an der Demo teil, auf der verschiedene Sichtweisen vertreten sind, denn sicher mag das naiv gedacht auf den ersten Blick so aussehen, dass Putin als Kleptokrat der Alleinschuldige ist aber die vielen anderen Fäden, die daran im Unsichtbaren auch von Deutschland aus gesponnen werden, bleiben dabei leider außer Acht.
Aber ich selbst möchte keine Mutter kleiner Kinder sein, die ihnen den Krieg erklären muss. Deshalb gilt meine Achtung allen Müttern und Vätern in dieser besonderen Rolle.
Im Folgenden eine Rede eines ukrainer Mitstreiters aus dem Verein Vielbunt e. V. Darmstadt. Hier geht es zu diesem Verein der Queere.
Die Rede
Ich bedanke mich bei allen Menschen, die hier versammelt sind. Ihre Unterstützung ist sehr wichtig und zeigt der Ukraine, der Welt und der Regierung, dass sie den Krieg, die russische Aggression, verurteilt.
Meine Stimme wird kritisch. Sie wird voller Angst für die Eltern, die in Kriegszonen Leben, jeder Anruf zu ihnen kann der letzte sein. Sie wird voller Schmerz für die Freunde, die das ähnliche Leben wie wir hier gelebt haben, dessen Leben jedoch eines morgens auf den Kopf für immer gestellt wurde. Sie wird voller Wut, weil das alles vermeidbar war. Meine Worte werden auch bestimmt nicht für jeden angenehm.
Die gesamte Welt zeigt ihre Solidarität mit der Ukraine. Es gibt nicht soviel, was wir, einfache Menschen, machen können, aber so sind wir hier und schicken unsere Unterstützung an die Leute in der schlimmsten Situation, die passieren könnte.
Deutsche Menschen fühlen sich solidarisch und haben das schon deutlich gezeigt. Sie sind aber viel mehr solidarisch als die deutsche Regierung. Diejenige, die etwas machen können, tun es aber nicht. (Anm. Fettdruck M. P.)
Streben nach dem Frieden ist komplett natürlich, vernünftig und großmütig. Jeder geistig gesunde Mensch will in Frieden leben. Denn der Krieg ist furchtbar und unnatürlich. Aber was passiert, wenn die Angst vor dem Krieg so hoch ist, dass man alles zu opfern bereit ist? Auch, aus Versehen, den Frieden?
Man sagt, dass diejenigen, die von der Geschichte nicht lernen werden, werden sie wiederholen. Naville Chamberlain, der britische Premierminister, hatte Angst vor dem Krieg. So hohe, dass er gesamte Staaten an Hitler geopfert hat in der Hoffnung, ihn zu sättigen. Auch angesichts der offenen Aggression gegen Polen, haben Briten und Franzosen zwar den Krieg erklärt, und dann aber nichts getan.
Medien heute vergleichen oft den Ukraine-Konflikt mit den Episoden aus dem Zweiten Weltkrieg. Selten aber gibt es Vergleiche mit der Appeasement-Politik vom Westen, die zum Weltkrieg geführt hat. Selten gesteht man ein, dass die Ukraine an Russland geopfert wird, in der Hoffnung, dass es sein letztes Opfer wird.
Das ist klar und in Ordnung, eigene Bürger nicht in den Krieg schicken zu wollen. Es ist auch in Ordnung, die Waffe nicht proliferieren zu wollen. Es ist aber nicht in Ordnung, wenn die Worte der Tat nicht entsprechen.
Die Bundesregierung hat seit langem, seit acht Jahren, ihre Solidarität mit der Ukraine erklärt. Starke Worte, Besorgniserklärungen, Sanktionsdrohungen, Friedensreden, Diplomatie-Versuche ... ist alles gescheitert, denn hinter den Aussagen war wenig bis nichts.
Im Namen des Friedens hat Deutschland Wirtschaft und Politik in Verhandlung mit Russland getrennt. Mit dem Regime, das gerne Politik mit Wirtschaft in seinen Verhandlung zusammen benutzt. Die Sprache, die Putin versteht, wäre: Mach es nicht, sonst machen wir das. Was konnte oder wollte Deutschland machen, um Putin zu stoppen und dabei große Profite nicht zu verlieren?
Im Namen des Friedens hat Deutschland darauf verzichtet, die Waffen an die Ukraine zu liefern. Wahrscheinlich wäre es in Ordnung, sollte es nicht versuchen den anderen Ländern zu verbieten, die Waffensysteme zu schicken, die jetzt gerade es für die russische Armee schwierig machen, Soldaten und Zivilisten zu töten.
Und auch angesichts der unverschämten bewaffneten Aggression, wenn auch die treusten Anhänger Putins und Europa sich von ihm distanzieren und die schärfsten Sanktionen gegen ihn ankündigen, zögert Deutschland sogar mit der klaren
Frage: ob das Bank Service Swift für Russland abgeschafft werden soll? Das einzige wesentliche, das von Deutschland unmittelbar erledigt wurde, war die Toterklärung von Nord Stream-2, der sowieso nicht in Betrieb war. Es gibt, übrigens, auch Nord Stream-1. Er wurde für den Druck auf Osteuropa gebaut, und funktioniert heute ganz gut.
Und das ist bereits für Deutschland schädlich. Weniger und weniger Europäer sehen Deutschland als jemanden, dem sie gerne folgen würden, weniger und weniger weltweit haben sie zu Deutschland Vertrauen. Die Beziehung mit den Ukrainern, wenn sie das Ganze überleben, werden für lange versauert.
Und das ist Schande, weil die Menschen in Deutschland nicht so sind. In Kleinigkeiten kann man sehen, wie die Menschen sich kümmern. Ich habe in den letzten Tagen hunderte Nachrichten mit der Unterstützung bekommen. Dank deutscher Mobilfunk-Operatoren kann ich jederzeit kostenlos mit meinen Eltern kommunizieren.
Vor meinen Augen sehe ich drei unterschiedliche Welten: Hier sehe ich Menschen, die den Krieg verachten, und Empathie zu den Leidenden haben; im Fernsehen Politiker und Diplomaten sprechen groß und sehen zufrieden aus; auf dem Bildschirm meines Handys sehe ich meine Freunde, die sich auf U-Bahn Stationen verstecken und verstehen gar nicht, was die tiefste Besorgnis anderer Regierungen machen soll.
Es gibt eine klare Art und Weise, wie die Bundesregierung mit den friedlichen Methoden für die Lösung dieses Konflikts noch beitragen kann: jeden Handel, jede Beziehung mit dem Aggressionstaat sofort zu beenden. Die Regierung kann auch der Ukraine direkt helfen, wie bereits die anderen es machen. Nicht moralisch: Das machen schon wir, das Volk, viel ehrlicher, und die Ukrainer haben jede Menge geistige Kräfte, sie sind mutig und kampfbereit. Die deutsche Regierung könnte die Ukrainer selbst fragen, was sie brauchen und das geben, was sie davon in Ordnung sieht. Deutschland kann stark im Wort und Tat sein und braucht dafür nur der Wille.
Was können aber wir machen? Einiges: Spenden, Informationen teilen, den Geflüchteten helfen. Und einen Dialog mit der Regierung führen. Klar machen, dass sie ausgewählt wurden, um Frieden zu bewahren, und sie sind dabei gescheitert, und sie sollen ihren Ansatz ändern.
Denn was man verstehen muss, ist, dass, wie auch immer es weiter vorgeht, ist Putin für die zukünftigen Generationen kein geiler Typ reitend topless auf dem Pferd, sondern ein Kriegsverbrecher. Und der Humor über ihn wird höchstwahrscheinlich so grenzwertig angesehen, wie Nazischerzen heutezutage. Es wird sehr unangenehm, in der Zukunft zu erklären, wieso du, lächelnd, mit dem Kindermörder gehandelt hast und von ihm Profite für deine Großkonzerne erzeugen wolltest. Man sollte, wahrscheinlich, diese Gedanken in den Köpfen der Politiker irgendwie platzieren.
Diesen Vortrag habe ich von dem jungen, betroffenen Redner persönlich auf meine Bitte hin ausgehändigt bekommen, und erhielt die Erlaubnis, ihn auf meinem Blog als Kriegsgegnerin zu platzieren, weil ich helfen möchte, dass diese Worte von Darmstadt aus, Friedensplatz, weiter um die gesamte Welt ziehen können.
Ich persönlich danke dem ukrainer Jungreferent und allen Parteien, die ihn bei seiner Rede unterstützt haben. Großer Beifall auch von allen Mitdemonstrant*innen.
Statements, die Licht bringen In Russland demonstrieren Tausende von Menschen, die gegen den Krieg sind, und riskieren ihr Leben; nach dem Motto: Es ist nicht unser Krieg, es ist Putins Krieg.
Humanitäre Hilfen für alle Flüchtlinge Ukrainer Flüchtlinge würden von Nachbarländern, wie Ungarn und Polen, wohlwollend aufgenommen werden.
Was gestern, am Demonstrationstag, noch gewesen ist, kann eine Stunde später schon veraltet sein:
Deutschland beliefert die Ukraine mit Waffen.
Russische Banken sind mittlerweile vom Swift- System ausgeschlossen.
Zum Abschluss noch ein Antikriegsgedicht von Bert Brecht
Die Bitten der Kinder
Nie wieder Krieg! (Käthe Kollwitz)
Soldaten; nieder mit den Waffen! (M. Gandhi)
Alle!
Kriegswillige Politiker an die Front!
Empathische Frauen und Männer ins Parlament!
Solidarität mit Ukrainer*innen und allen friedliebenden
Menschen dieser Erde!
Schluss mit Diskriminierungen!
Liebe für alle! Hass für keinen! (Ahmadiyya-Muslime)