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Samstag, 20. November 2021

Agatha Christie / Der Tod auf dem Nil - Ein Fall für Poirot

Lesen mit Anne   

Klappentext  

Wer reich ist, sollte nicht gut aussehen!

Für Männer ist Linnet Ridgeway schlicht bezaubernd, Frauen bekommen bei ihrem Anblick messerscharfe Lippen. Nur sie selbst hält sich für harmlos. Als Hercule Poirot neben ihrer Leiche steht, sagt er schlicht: »Die meisten Liebesgeschichten sind doch nur Tragödien.« Weltberühmt verfilmt mit Peter Ustinov als Hercule Poirot! 

Autor*inporträt

Beim Namen Agatha Christie denkt man sofort an die vielen Kriminalromane, in denen der belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot oder die Amateurkriminalistin Miss Marple die Verbrecher mit Witz und Verstand zur Strecke bringen. Viele Verfilmungen haben zu ihrer Popularität beigetragen, etwa von „Tod auf dem Nil“, „Mord im Orientexpress“ oder „16 Uhr 50 ab Paddington“. Ein sensationeller Dauererfolg ist auch ihr Bühnenstück „Die Mausefalle“, das seit 1952 im Londoner Westend auf dem Spielplan steht – ununterbrochen! Ein weiteres Highlight ihres Werks ist das Drama „Zeugin der Anklage“, auch dank der Verfilmung mit Marlene Dietrich. Agatha Christie wurde am 15.9.1890 im heutigen Torbay geboren. Sie heiratete in zweiter Ehe den Archäologen M.E.L. Mallowan und starb am 12.1.1976 in Wallingford.

Meine ersten Leseeindrücke
Liest sich flüssig. Man wird mit reichlichen  Namen überschüttet.

Buchdaten
Ich besitze ein älteres Exemplar einer Sonderausgabe von 2011 des Fischerverlages, der die Autorin nicht mehr im Sortiment führt.

Kurze Buchbesprechung
Ich habe das Buch mit Anne gelesen, wobei mir die letzten einhundert Seiten zu schwerfällig geworden sind und ich den Krimi abbrechen musste. Ich bin einfach keine Krimileserin. Ich habe mir den Schluss von Anne am Telefon erzählen lassen. Wir hatten uns vor dem Ende der Lektüre ausgetauscht und ich hatte so meine Vermutung, wer die Täter dieser Handlung am Tatort sein könnten. Anne bestätigte am Ende meinen Verdacht.

Auch hatten wir uns über den Schreibstil der Autorin ausgetauscht und wir sind uns beide einig, dass Agatha über einen wirklich guten und psychologisch versierten schriftlichen Ausdruck verfügt. Allerdings schwimmen ihre Charaktereigenschaften der Protagonist*innen in Klischees und Stereotypen, was mich als eine Nicht-Krimileserin erst recht zum Abbrechen bewogen hatte.

Ich werde meine anderen Bände verschenken. Ich bin durch mit dieser Autorin. Eben auch  weil dies nicht mein Genre ist, und habe auch nicht mehr vor, eine zu werden. Anne zeigte Verständnis für meine Lage.

 Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck 
2 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere 
2 Punkte: Authentizität der Geschichte 
2 Punkte: Erzähl-und Schreibstruktur, Gliederung vorhanden 
0 Punkt: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein.

10 von 12 Punkten

__________________________

Gelesene Bücher 2021: 15
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich höre: Ralf Hungerland: Seelenreisende - Mediale Reisen in die Welt der Seele
Benedict Wells: Hard Land
Eva Marquez: DNA-Aktivierung durch die Sprache des Lichts
Clemens Cuby: Gelebte Reinkarnation
Rachel Joyce: Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
Eva Marquez: Kontaktaufnahme mit der kosmischen Familie

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Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Intuition!

Lesen mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Mitgefühl für alle Mitseelen / Mitgeschöpfe
Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
(Den Tieren eine Stimme geben)

Klopf an dein Herz, denn dort sitzt 
das Genie!
(Alfred de Musset)

Auch Expertenwissen ist subjektiv!
(Tom Andersen / Psychiater und Syst. Therapeut)

Samstag, 27. Februar 2021

Ingrid Noll / Goldschatz (1)

Bildquelle: Pixabay
Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Obwohl Anne und ich das Buch schon vor ein paar Tagen beendet haben, überlege ich immer noch, welche Meinung ich mir darüber schlussendlich bilden möchte. Ich halte die Autorin für sehr menschlich, weil sie sich mit den gesellschaftlichen Nöten authentisch auseinanderzusetzen scheint. Ich habe sie auf der fbm14 erlebt, auf der sie so ein tolles Interview gegeben hat, woraus ich gerne einen kleinen Passus zitieren möchte.

Ingrid Noll bringt in der Regel nur Menschen um, die sie partout nicht leiden kann. Sie hetzt die Figuren gegeneinander auf, bis es zum Knall kommt. I. N. beklagt allerdings, dass die Figuren nicht immer das machen, was sie gerne möchte ... Und das deprimiert sie manchmal ;).
Es gibt kein reines Happy End, aber sie bestraft ihre Täter schon, allerdings nicht mit Zuchthaus, sondern in Form von Krankheit oder anderes.

Ja, das kann ich bestätigen, genau dies hat sich auch in ihrem hiesigen Buch zugetragen. Nun weiß ich natürlich, weshalb manche Protagonist*innen am Ende ein besonderes Schicksalsereignis erfahren haben.

Diese Sichtweise hat in meinen Augen als Nichtkrimileserin mir sympathisch werden lassen.

Viele interessante Themen hat sie in ihren Erzählstoff hineingelegt, aber leider einige davon nur als Schlagwörter gebraucht, was mir, Anne geht es ähnlich, nicht ganz ausgereicht hat, um mich / uns völlig zu befriedigen. Nun fehlen uns die Vergleiche zu den anderen Werken, da für uns beiden dieser Band der erste von Noll gewesen ist.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Trixi, die Icherzählerin, zieht in das alte Bauernhaus ihrer verstorbenen Großtante namens Emma, das ihre Mutter geerbt hat, und gründet darin eine Studenten-WG. Es ziehen ein: Saskia, Martina und die beiden Pazifisten Oliver und Henry.

Das Haus müsste eigentlich komplett saniert werden, aber da Trixi das Geld hierzu nicht hat, wird zusammen mit ihren Mitbewohner*innen selbst Hand angelegt. Dafür dürfen sie mietfrei wohnen, müssen sich nur an den Auslagen beteiligen.

Diese jungen Leute bezeichnen sich als ein Gegenwind einer Wegwerfgesellschaft, wollen dadurch etwas Besonderes sein. Weniger angepasst und nicht so abgedroschen wie andere ihres Alters.

Wenn ihr so angepasst und oberflächlich werden wollt wie unsere Altersgenossen - bitteschön. Die haben ja nur die Karriere im Kopf, die neueste Mode, das schnellste Auto, den exotischen Urlaub. Wahrscheinlich haben sie niemals Tomaten gepflanzt oder einen Schrank abgeschliffen. (107)

Sie haben viel vor. Neue Fenster einsetzen, Heizkörper müssen eingebaut werden, da das Haus nur in einzelnen Räumen alte Öfen besitzt.

Auch sanitäre Anlagen müssen komplett ausgewechselt und zusätzlich neue WC-Räume angelegt werden.

Es ist September, und sie müssen zügig ran, bevor die kalte Jahreszeit anrückt, damit sie ihr Leben nicht in unbeheizten Räumen mit den undichten Fenstern fristen müssen.

Alles allerdings können sie nicht selber machen, und benötigen für die neue Ausstattung zur Anschaffung nicht nur das nötige Kleingeld, sondern auch die Handwerker müssen ausbezahlt werden. Woher das Geld nehmen?

Doch die jungen Leute sind idealistisch, jeder packt an, selbst wenn ihr Tun wie ein Tropfen auf dem heißen Stein zu wirken scheint.

Der alkoholsüchtige Nachbar Gerhard Gläser, ein alter Mann, der gut mit der Emma befreundet war, drängt sich den jungen Leuten auf, verhält sich außerdem noch recht seltsam. Ohne anzuklopfen steht er plötzlich im Haus, denn er besitzt einen Ersatzschlüssel der verstorbenen Großtante und ist auch nicht bereit, den Schlüssel wieder abzugeben. Gerhard Gläser besitzt allerdings nicht nur diesen Schlüssel, sondern auch jede Menge Geheimnisse. Dazu gehören bestimmte Goldmünzen aus dem Deutschen Reich von 1873, auf denen der Deutsche Kaiser Wilhelm der I abgebildet ist, die vor allem Trixi, Saskia und auch die von Sozialneid geplagte Martina vor schweren Herausforderungen stellt, die die gesamte WG umfasst.

Im Keller der Großtante finden erst Saskia und Trixi ein Säckchen mit 49 Goldmünzen, die zu diesem ominösen Nachbarn Gerhard Gläser führen.

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Es waren mehrere. Die Szene mit dem Meerschweinchen, wobei dieses kleine Tierchen aus einer Reflexreaktion heraus ums Leben kam, durch die theatralische Saskia, die keine echte Berührung zur Natur hat. Sehr authentisch wurde diese Szene beschrieben.

Tragisch fand ich zudem den Ausgang mit Martina, die völlig wahnhaft in anderen Schränken schnüffelt, die Schatzkarte entdeckt, nach den Goldmünzen im Nachbarsgarten gräbt und völlig in ihrem Rausch abdreht. Und jede Menge andere Szenen …

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Mir hat gefallen, dass das Buch mit einer Weisheit bzw. mit einer wichtigen Erkenntnis geendet hat.

Das Zusammenleben kann nur wie in einem demokratischen Staat funktionieren. Man muss Verantwortung übernehmen, teilen lernen und andere Meinungen respektieren. (357)

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Keine.

Welche Figur war mir antipathisch?
Trixis Vater.
Aber weshalb Trixis Vater und nicht jemand von den Leuten aus der WG? Die jungen Leute besitzen aufgrund ihres Alters noch jede Menge Entwicklungspotential, das sie hoffentlich im Laufe ihres Lebens noch nutzen werden, während der blasierte Vater als ein reifer Mensch eigentlich es nicht mehr nötig haben sollte, sich in den Vordergrund zu stellen, und vor der eigenen Tochter über sich selbst zu prahlen, um sein Selbstbewusstsein auf Kosten der Tochter künstlich noch weiter aufzublasen. Dazu habe ich weiter unten noch Weiteres geschrieben und mich hierbei an ein Zitat angelehnt.

Gerhard Gläser? War ein alter Mann, der schon von der Autorin gestraft wurde. 

Meine Identifikationsfigur
Keine. 

Cover und Buchtitel   
Fand ich beides sehr passend. Saskia scheint in dieser Geschichte den Hauptgewinn gezogen zu haben. Zum Buchtitel gibt zu dessen Bedeutung drei Alternativen. Eine davon steht zwischen den Zeilen. Schön fand ich, dass die mitteleuropäische Figur auf dem Cover nicht klassisch blond abgebildet ist.

Zum Schreibkonzept
Das Buch beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, das mit 24 Kapiteln betitelt ist. Der ganze Krimi endet nach 357 Seiten.

Meine Meinung
Nolls Botschaft wurde auch uns deutlich gemacht. Junge Leute, die sich nach einem unangepassten, selbständigen Leben sehnen, die es allerdings auch nicht besser hinbekommen, als ihre Altersgenossen. Auch sie schleudern Geld aus dem Fenster heraus, sobald sie es in die Finger bekommen ... 

Trixi, die ständig mit faustischen Zitaten um sich wirft, habe ich ebenfalls als recht oberflächlich und völlig unpassend empfunden. Tiefe Gespräche waren unter diesen Leuten nicht zu finden. Ständig haben sie über andere gewitzelt und auch sich gegenseitig immerzu auf den Arm genommen, (vor allem zwischen der Zicklein und dem Hirten) was mich schließlich, als ich mich an Nolls Humor zu gewöhnen begann, angefangen hatte, mich zu nerven und zu langweilen. Ich bin sicher, dass das Verhalten dieser Leute nichts mit dem Alter zu tun hat. Es gibt viele junge Menschen, die sehr wohl zu tiefen Gedanken fähig sind. Der Faust hat hier partout nicht reingepasst, völlig deplatziert. Schade um diese so schönen Zitate, die für den trivialen Alltagsrausch missbraucht wurden.

Dass Oliver und Henry als Pazifisten bezeichnet wurden, fand ich auch nicht ausreichend gefüllt, da sie beide potenzielle Fleischkonsumenten sind. Das hat für mich überhaupt nicht zusammengepasst. Der Begriff Pazifist ist in dem gesamten Kontext nur einmal aufgetaucht, und man leicht dazu geneigt ist, diesen zu überlesen, wie auch Anne mir dies bestätigen konnte, da auch sie zugab, sich nicht mehr an diese Wortwahl erinnern zu können. Außerdem ist die Fleischlast innerhalb dieser WG so gravierend, dass ich hier keinen Unterschied sehe zur Lebensweise anderer gewöhnlicher Haushalten. Sollte dies tatsächlich als Kritik dargestellt worden sein, dann fehlen mir dazu konkrete Hinweise. Blind ein Statement hinein zu interpretieren liegt mir nicht, da ich Beweise benötige, an denen sich diese Interpretationen am Text festmachen lassen. 

Wieso hat sich denn von den Mitbewohnerinnen niemand gefragt, weshalb Oliver und Henry sich neben dem  Fleischkonsum als Pazifisten bezeichnen, wo in jeder Sekunde Milliarden von Tieren weltweit getötet werden? Solche Fragen stellen sich intelligente Menschen automatisch, das ist ein reiner Automatismus. Hier, in der WG, wurde der Pazifismus aber nicht in Frage gestellt, also interpretiere ich auch keine Deutung rein, dass Noll den Pazifismus nur kritisch gemeint haben soll. 

Trixi scheint zwischendrin eine Ahnung zu bekommen, was die Gründe ihrer Oberflächlichkeit sein könnten, da sie sich immer mal wieder kurz selbst reflektiert:

Bei uns zu Hause kreisten die Tischgespräche meistens um Bilanzen, geschäftliche Gewinne oder Verluste und fast nie um gesellschaftliche Probleme, alternative Lebensformen oder Politik, ganz zu schweigen von Kinofilmen, Ausstellung oder Theateraufführungen. (277)

Eine kritische Aufarbeitung damit kam auch nicht deutlich rüber, diese fand nur in diesem einen Zitat statt. Ich vermisste diesbezüglich eine differenzierte Auseinandersetzung dazu mit den Mitbewohner*innen. 

Dass es den jungen Menschen an echten Vorbilder*innen gefehlt hat, um ihre Ideale ausleben zu können, ist von der anderen Seite auch sehr gut nachzuvollziehen. Ich denke, dass es in vielen Elternhäusern nicht um innere Werte geht, die man bestmöglich in die Gesellschaft bereichernd hineintragen könnte, sondern meist, wie man am besten vorwärtskommt, ohne negativ aufzufallen. Denn auch Trixis Vater scheint aus meiner Sicht ein echter Spießer zu sein, der die Empathie an falscher Stelle walten lässt, als Trixi am Weihnachten verzweifelt zurück ins Elternhaus flüchtet, um sich über die WG-Zustände auszuweinen. Der Vater setzt alle Hebel in Bewegung, Trixi über die Weihnachtsfeiertage aus der WG zu befreien und ohne ihr Einverständnis meldet er sie für eine geplante Seereise an, die eigentlich für sich und für Trixis Mutter angedacht war. Mit einem Zitat von Albert Einstein wendet er sich an die Tochter:

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert. (352)

Ich fand dieses Einstein-Zitat überhaupt nicht passend in Trixis Lage. Aber das zeigt die Empathielosigkeit des Vaters, der die Situation der jungen Leute völlig falsch einschätzt, ohne sich mal die Zeit zu nehmen, Lösungen zu finden, die den jungen Menschen hätten helfen und wieder zusammenbringen können … 

Das solltest du dir auch mal hinter die Ohren schreiben, denn ohne meine Initiative wärst du jetzt in deiner Bruchbude versauert. (Ebd) 

Hier muss der Vater seine angeblich gute Tat noch besonders herauskehren, ist auch typisch, passt gut als Abbild bzw. als Prototyp zu dem belehrenden Umgangston unserer arroganten Gesellschaft.

Diese kritischen Szenen haben mir sehr gefallen, zeugen an Tiefe, aber leider waren sie nur kurz angerissen.

Weiteres Schlagwort: Hakenkreuz
Anne und ich dachten, dass der Krimi uns in die Hitlerzeit führen würde, da wir es auf der Seite 158 durch den alten Gerhard Gläser mit einem Hakenkreuz auf Trixis Heckscheibe zu tun bekamen. Aber auch hier ist nichts weiter an Informationen und an weiteren Taten erfolgt. Das Hakenkreuz entpuppte sich nur als ein Schlagwort, und wir glauben, dass die Autorin ihre Leser*innen mit Absicht ein wenig auf eine falsche Spur navigieren wollte, um die Spannung zu heben. Leider ist dies nur auf einer künstlichen Art erfolgt, die nach unserem Geschmack nicht wirklich gepasst hat, und sich diese ganz schnell wie eine Seifenblase wieder aufgelöst hat.

Welches Menschenbild trägt Ingrid Noll noch zusätzlich in ihre Geschichte?
Vorurteile Türk*innen gegenüber. Erst dachten wir, dass diese in den Köpfen von Henry und Trixi spuken würden, als dann aber auf dem Flohmarkt eine türkische Großfamilie mit ihrem Plunder auftaucht, waren wir nicht mehr sicher, ob das nur die Vorurteile der Protagonist*innen sein sollten. Viele überlesen diese Szenen, unbewusst aber werden diese stereotypen Bilder innerlich nur bestätigt und weiter forciert. Vielen sind diese Vorurteile nicht einmal bewusst, was ich besonders für gefährlich halte.

Mir sind jede Menge türkische Menschen bekannt, die aus Kleinfamilien kommen und nicht jede tummelt sich auf Flohmärkten, nur um billig einzukaufen, und um ihren türkischen Firlefanz loszuwerden. Ich kenne viele mit und ohne Kopftuch, und die meisten mit einem modernen Weltbild behaftet. 

Anne sagt mir, ich würde sehr bewusst lesen, und nun nutze ich diese Bewusstheit, und mache sie hier zum Thema, um auf diese Vorurteile aufmerksam zu machen.

Anne hatte selbst hierbei Orhan Pamuks Buch, Diese Fremdheit in mir, erwähnt. Wer Pamuks Bücher kennt, der weiß, wie sehr der Autor unter den vielen westlichen Vorurteilen leidet.

Hierbei möchte ich den niederländischen Autor Rutger Bregman aus dem Hörbuch Im Grunde gut zitieren, der von einem negativen Welt- und Menschenbild spricht, das uns durch die Medien herangetragen werden. 

Geschichten sind nur selten Geschichten, denn sie wirken nicht selten wie ein Nocebo.

Klischeehafte Zuschreibungen waren aber auch in anderen Facetten zu finden, gehe aber darauf nicht weiter ein.

Ich setze hier allerdings einen Cut. Ich könnte noch mehr schreiben, eine richtige Analyse entwerfen, aber das würde mein Zeitfenster und den Rahmen hier noch weiter sprengen.

Mein Fazit
Ein Krimi, der sich nicht wirklich zu einem Krimi entpuppen konnte. Eine Schuldfrage zum Tatort hat sich nicht mehr gestellt. Ein Gesellschaftsroman? Dafür hat es auch nicht gereicht. Es wurden, wie gesagt, viele gute Themen aufgegriffen, die aber in der Oberflächlichkeit leider untergegangen sind. Anne und ich vermissten beide hierzu den roten Faden.

Aber ich kann versichern, dass es zu dem Buch wunderbare Interpretationen gibt, die mir besser gefallen haben als das Buch selbst. Hierbei ein großes Dankeschön an Conny Ruoff, die allgemein plausibel ihre Eindrücke zu Ingrid Nolls Schreibart geschildert hat, die mich noch lange beschäftigt haben. Diese und unsere nur recht kleine Konversation hierzu sind auf der Facebook - Seite von Diogenes backlistenlesen nachzusehen.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Durch meine Lesepartnerin Anne, die mir folgendes Zitat per WhatsApp zugeschickt hat:

Echte Spießer sind nach meiner Meinung nur solche Menschen, in deren Köpfen weder Toleranz noch Empathie einen Platz gefunden hat. (7)

Meine Bewertung 

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck, einfach-dennoch gewählt
1 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere 
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Erzähl-und Schreibstruktur vorhanden
1 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein.

9 von 12 Punkten

Hier geht es zu Annes Buchbesprechung.

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Gelesene Bücher 2021: 04
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich lese mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

 

Sonntag, 1. November 2020

Oscar Wilde / Das Gespenst von Canterville

 Klappentext  

Das Gespenst von Canterville nimmt seine Pflichten sehr ernst: Schlossbewohnern und Gästen muss zuweilen der Schlaf geraubt werden. Wozu trägt man sonst die schweren Ketten? Die Opfer müssen ja nicht gleich, wie einst Lady Stutfield, den Verstand verlieren. Als der amerikanische Gesandte Mr. Otis das englische Anwesen kauft und mit Frau und Töchtern einzieht, ist der Schlossgeist not amused. Und es kommt noch schlimmer: Der unerschütterliche Materialismus und die Respektlosigkeit der Yankees stürzen ihn in eine veritable Sinnkrise. Was tun, wenn man mit ganzer Kraft und in bewährter Qualität spukt, aber nur Gelächter erntet? Oder, noch schlimmer, von zwei vorlauten Mädchen mit Kissen beworfen wird? Noch nie, kein einziges Mal in seiner dreihundert Jahre langen Karriere, hat man das Gespenst derart beleidigt …

Autor*inporträt

Oscar Wilde, der mit vollem Namen Oscar Fingal O' Flahertie Wills Wilde hieß, wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren und ist einer der bedeutendsten irischen Schriftsteller. Als schillernde Lichtgestalt des "L'art pour l'art" wurde er im viktorianischen England u. a. für sein extravagantes Auftreten bewundert. Häufig war der Dandy auch wegen seiner skandalträchtigen Werke im Gespräch, in denen er die Prüderie der damaligen Gesellschaft vorführte. 1890 veröffentlichte Oscar Wilde seinen berühmten Roman "Das Bildnis des Dorian Gray". 1895 wurde der Familienvater wegen Unzucht und Homosexualität zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach Verbüßung dieser Strafe verließ er - verarmt und gebrochen - England und lebte bis zu seinem Tod am 30. November 1900 in Paris.

Buchdaten

·  Originaltitel : The Canterville Ghost

·  Gebundene Ausgabe : 96 Seiten

·  ISBN-13 : 978-3311270034

Eine Halloween-Lektüre

Meine Freundin Anne nahm Halloween zum Anlass, daraus ein Geister und Gespenster Leseprojekt auf Mojoreads zu starten, das am Samstag den 31.10.2020 begonnen hat und am Sonntag, den 01.11.2020 um 22:00 Uhr beendet wird. Dadurch, dass ich nicht so gerne Bücher dieses Genre lese, wollte ich dennoch mitmachen, da ich ein Geisterbuch von Oscar Wilde habe finden können, das mich zum Mitmachen angestoßen hat. Auch, weil ich dadurch unsere Lesebeziehung, Annes und meine, ein wenig festigen wollte. In dem Bücherforum Mojoreads haben sich dazu jede Menge andere Leser*innen angeschlossen. Aber jede*r mit einem anderen Werk.

Meine obige Lektüre habe ich gestern Abend ausgelesen. Aber sie hat mir nicht besonders gut gefallen. Mich hat es überhaupt nicht gegruselt. Ich fand die Erzählung auch nicht spannend. Das Beste davon war für mich der Schluss, der sehr menschlich und liebevoll zwischen den Protagonist*innen gewählt wurde.

Es hat mir sehr gefallen, dass die junge Virginia Otis, 15 Jahre alt, Mitleid mit einem bösen Geist hatte, der einst seine eigene Gattin ermordet hatte. Der Geist namens Sir Simon musste von seiner bösen Tat erlöst werden, und spukte über fünfhundert Jahre fieberhaft und unglücklich in dem Schloss Canterville herum. Virginias Familie, die aus Amerika nach England kam, kaufte dieses Schloss samt dem Geist. 

>Mylord<, antwortete der Gesandte, >ich will die ganze Einrichtung und den Geist dazu kaufen, Ich komme aus einem modernen Land, wo wir alles haben, was mit Geld zu bezahlen ist.< (2019, 6)

So richtig daran glauben konnte Mr Otis nicht, und machte sich einen Witz daraus. Doch ein immer wiederkehrender Blutfleck auf dem Boden der Bibliothek sorgte stattdessen für Verwunderung ... Nur der jungen Virginia war es möglich, den Geist ausfindig zu machen, sodass zwischen ihnen beiden eine Beziehung entstand. Durch Virginias Anteilnahme dem Geist gegenüber schaffte sie es, den Geist zu erlösen …

Dennoch gibt es ein Geheimnis zwischen Virginia und Sir Simon, das sie nicht einmal ihrem Verlobten offenbarte … Welches das ist, lest selbst.

Hier geht es zu Annes gelesene Geschichte. 

Sonntag, 21. Juni 2020

Dennis Lehane / Der Abgrund in dir (1)

Foto: Pixabay
Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Da ich in der Regel keine Krimis lese, und ich den Klappentext nur grob überflogen habe, bin ich zu diesem Buch gelangt, weil es mich durch den Titel neugierig gestimmt hat. Ich dachte, ich bekomme es hier mit einer komplizierten fiktiven psychischen Familienbiografie zu tun, wenn auch der Fokus anfänglich hauptsächlich auf die gestörte Beziehung zwischen Mutter und Tochter gelegt zu sein schien. Aber der Roman entpuppte sich immer mehr zu einem blutrünstigen Krimi …  Obwohl man schon auf der ersten Seite angeblich mit einem Mord zu tun bekommt, hätte ich hellhörig werden sollen. Dennoch habe ich ihn weitergelesen, weil ich dachte, dass die komplexe Psyche der Protagonistin die Oberhand behalten würde. 

Daher möchte ich den Krimi, bzw. den Psychothriller ganz schnell wieder aus meinem Kopf verbannen, weshalb ich mich hier nur kurz und nur mit knappen Details auslassen werde.

Es gibt in der Realität genug Gewalt, kriminalistische aber auch legale, wenn ich z. B. an  die Schlachthäuser denke, in denen pro Sekunde weltweit 3000 Tiere gequält und anschließend geschlachtet werden, dann ist mir, als würde unser Planet eines Tages in einem Ozean von Blut versinken.

Deshalb möchte ich mich nicht auch noch fiktiv mit diesen brutalen Bildern befassen, meinen Geist mit diesen unschönen Vorstellungen nähren, die man so schnell nicht mehr vergessen kann, wenn sie sich im Kopf erst mal festgesetzt haben.

Aber an alle Krimileser*innen. Ich kann dieses Buch sehr wohl weiterempfehlen. Er war gut, authentisch, nur bei den brutalen Szenen musste ich mir die Ohren zuhalten, die Augen schließen und dann bin ich durch die Seiten gerast, um endlich einen fixen Abschluss daraus zu finden.

Nun ist es eine Woche her, seit ich den Roman ausgelesen habe, mal schauen, was ich nach diesem schnellen Lesen noch weiß, und ich merke, dass die brutalen Szenen durch den Zeitabstand in meiner Vorstellung wieder verblasst sind, wenn mir auch die Bilder noch durchaus präsent sind.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Zu Beginn bezieht sich die Handlung auf eine gestörte Beziehung zwischen Tochter und Mutter namens Rachel und Elizabeth Child. Elizabeth ist alleinerziehend und die Tochter  Rachel leidet darunter, ihren Vater nie kennengelernt zu haben. Elizabeth hatte mehrere Affären, mehrere Gelegenheitsliebhaber, sie konnte sich auf keine feste Bindung einlassen. Beruflich geht sie auf einem renommierten College einer Lehrtätigkeit in der Fachrichtung Psychologie nach und ist erfolgreiche Buchautorin von Die Treppe, ein psychologischer Ratgeber mit mehreren Folgebänden. Wer der Vater von Rachel ist, macht die Mutter ein großes Geheimnis daraus, das sie schließlich mit ins Grab nimmt. Nach dem Tod der Mutter engagiert Rachel einen Privatdetektiv, der den leiblichen Vater ausfindig machen soll. Brian Delacroix soll den ominösen Vater finden, obwohl er angibt, dass er dafür nicht geeignet sei, doch Rachel hält weiter an ihm fest. Im Laufe der Zeit wird aus dem Privatdetektiv Rachels Ehemann, nach dem ihre erste Ehe gescheitert ist.

Rachel konnte sich zu keiner stabilen Persönlichkeit entfalten, und so entwickelt sie psychische Störungen wie Panik und Angstattacken. Mitten vor laufender Kamera erleidet sie auf Haiti einen psychischen Zusammenbruch, der ihre Karriere daraufhin zerstört. Rachel verkriecht sich immer mehr in ihren vier Wänden.

Sie ist durch ihre Erkrankung ihrem Ehemann gegenüber sehr misstrauisch geworden, denn sie ist es leid, ständig belogen zu werden, bis sie aus eigenem Antrieb herausfindet, dass Brian mit mehreren Identitäten unterwegs ist. Sie fühlt sich hintergangen und betrogen, sodass ihr Eheleben mit Brian dadurch immer mehr ins Wanken gerät.

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Die gesamte Tragik zwischen Rachel und der Mutter, die gesamte Tragik zwischen Rachel und der Beziehung mit Brian Delacroix. Die Mutter konnte gute Ratgeberbücher schreiben, hätte sich doch selbst einmal Rat geholt, um ihrer vaterlosen Tochter besser beistehen zu können.

Welche Szene hat mir gefallen?
Gefallen hat mir nur der Gerechtigkeit halber eine Szenerie aus einer Schauspielschule, die sich zwischen Dozent und Student zugetragen hat. Ein abwertender Hochschullehrer, der einen schwächeren Studenten mit einer Fäkalsprache dermaßen erniedrigt hat, sodass der Kommilitone Brian, der sehr sensibel darauf reagiert, den Raum verließ, einen Pümpel holte, um dem Dozenten damit die Fresse zu polieren, was ihm sichtlich gelungen war. Obwohl Brian nach dieser Aktion aus dem College geworfen wurde, glaubte er, dass dieser Denkzettel für alle Zeiten ausreichen würde, um keinen schwächlichen Studenten mehr drangsalieren zu müssen.

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Kann ich nicht sagen.

Welche Figur war mir antipathisch?
Elizabeth Child. Ich fand es grausam, dass sie ihrem Kind den Vater vorenthalten hat.

Meine Identifikationsfigur
Keine.

Cover und Buchtitel
Das Cover fand ich das Beste von allem. Ein sehr surreales Motiv. Ganz nach meinem Geschmack.
Cover und Buchtitel haben dafür gesorgt, dass ich mir das Buch angeschafft habe. Interessant herauszufinden, von welchem Abgrund hier die Rede ist, wobei mir Abgründe im Nachhinein besser gefallen hätte. Erst dachte ich, als ich das Buch gekauft habe, dass es hier um den Abgrund von Rachel gehen würde. Abgründe, weil das Innenleben derjenigen Figur, die mit mehreren Masken unterwegs ist, viel zu komplex ausgestattet ist. 

Zum Schreibkonzept
Auf der ersten Seite sind zwei bemerkenswerte Zitate von Buddy Johnson und von René Descartes zu entnehmen, deren Zusammenhänge man eigentlich erst versteht, wenn man das Buch ausgelesen hat. Auf den 527 Seiten ist die Geschichte in 35 Kapiteln gegliedert. Zum Schluss gibt es die übliche Danksagung. Der Kontext ist klar und flüssig, die Abläufe logisch geschrieben, wenn sie auch auf den ersten Blick ein wenig in die Irre führen sollten. Dazu noch gut verständlich, und reichlich bestückt mit Aha-Erlebnissen. Viele Krimis habe ich bisher meist als gekünstelt erlebt, dieser dagegen empfand ich mit wenigen Ausnahmen als recht authentisch, weshalb ich ihn zu Ende gelesen habe.

Meine Meinung
Der Schluss hat mich allerdings überhaupt nicht überzeugen können. Außerdem muss ich auch dem Klappentext ein wenig widersprechen. Rachel habe ich überhaupt nicht als eine glückliche Persönlichkeit wahrgenommen, die alles hatte, was ein glücklicher Mensch braucht. Nicht nur, dass ihr der Vater fehlte, sondern auch das Leben, das sie führte, mehr als anstrengend war. Nachdem ihre Suche nach ihrem Vater und schließlich auch ihre erste Ehe gescheitert ist, bricht auch ihre zweite Ehe durch Lügen und Verrat auseinander. Rachel war für mich eine sehr betrübte und instabile Persönlichkeit, die nicht auf festem Boden stand. Die Wurzeln ihrer psychischen Instabilität sind in ihrer Kindheit zu finden. Die Mutter, die mehr mit sich und ihrem Leben beschäftigt war, ignoriert die tiefe Sehnsucht ihrer Tochter, ihren Vater kennenlernen zu wollen. Rachel war ein Kind, das sich mit dem Ausweichen der Mutter nicht abfinden konnte. Bis hierhin hatte das Buch starke psychologische Züge, als sich schließlich durch Brian Delacroix kriminalistische Szenen anschlossen.

Zu viel verraten? Keine Sorge, Rachels erste Ehe hatte in dem Roman nicht besonders viel Raum eingenommen. Alles andere habe ich nur kurz angerissen. Und vieles andere habe ich weggelassen. Es bleibt also noch genug Raum für eigene Fragen, eigene Entdeckungen und eigene Interpretationen.

Mein Fazit
Wie Eingangs schon geschrieben, ist es auf jeden Fall ein sehr lesenswerter Krimi für Leser*innen, die sich gerne mit diesem Genre befassen. 

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Auf der Buchmesse von 2019 habe ich es am Diogenes-Stand käuflich erworben. 

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
Elf von zwölf Punkten.

________________
Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein kleinwenig besser machen.
(Charles Dickens)

Gelesene Bücher 2020: 14
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)

Freitag, 20. März 2020

Ian McEwan / Liebeswahn (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Nun habe ich meinen achten McEwan beendet und ich kann gar nicht sagen, welcher mir am besten gefallen hat. Welcher mir partout nicht zugesagt hat, weil er mich nicht überzeugen konnte, gab es nur einen. Auf meinem Blog habe ich den Autor als Leseprojekt laufen, und alle Rezensionen sind hier abrufbar.

Obwohl ich bewusst keine Krimis und auch keine Psychothriller lese, es sei denn, dass sich der Lesestoff in diese Richtung entpuppt, ohne dass man vorgewarnt wurde, muss ich dann Ausnahmen machen. Meistens bekommt man es in diesem Genre mit grausamen Szenen zu tun, ganz häufig brutale Tierszenarien, wie auch bei Liebeswahn aber hier nur vereinzelt. Aber ich habe diese schnell wieder verdrängt und vergessen.

Bei Krimis und Psychothrillers halte ich mich immer kurz, um inhaltlich nicht zu viel von der Spannung preiszugeben. Mal schauen, was ich hier zusammenbekomme, ohne zu viel zu verraten.

Hier geht es zum Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Der Held dieser Geschichte ist Joe Rose. Er ist von Beruf ein naturwissenschaftlicher Schriftsteller, Physiker, und lebt mit seiner Lebensgefährtin namens Clarissa Mellon. Clarissa ist Hochschuldozentin. Sie unterrichtet Linguistin und englische Literatur. Sie und Joe leben in einem Apartment im Norden Londons. Sie sind beide ein glückliches Paar, bis das Schicksal ihre Beziehung unter eine schwere Prüfung stellt.

Joe und Clarissa befinden sich auf einem Picknick, als sie mitbekommen, wie ein großer Ballon, der mit Helium gefüllt ist, und in dem sich ein Kind in dem Korb befindet, technisch gesehen in Schwierigkeiten gerät. Joe und andere Männer, die sich in der Nähe befanden, rennen zu dem Ballon, um das Kind zu retten. Neben dem Korb, an ein Tau festhaltend, befand sich der Großvater des Jungen, der versucht, Herr der Lage zu werden, verliert aber selbst die Kontrolle. Die Retter klammerten sich an das Seil, um den Ballon auf die Erde zu bugsieren, doch irgendwas ging schief, sodass er unaufhaltbar wieder nach oben trieb. Nun hatten auch die Helfer die Kontrolle verloren. Nach und nach ließen sie sich zu Boden fallen, außer John Logan, der einfach nicht rechtzeitig loslassen konnte, weil er unbedingt das Kind retten wollte. Logan stürzt, als der Ballon schon zu hochgestiegen war, und kommt dadurch ums Leben.
Joe leidet durch Logans Tod unter Schuldgefühlen.
Ich hatte das Seil losgelassen. Ich hatte geholfen, John Logan zu töten. (2000, 49)
Nach dem Sturz lernt er noch am Unfallort Jed Parry kennen, seinen Stalker, und wird ihn nicht mehr los. Parry bekennt seine Liebe zu ihm, die allerdings in keine sexuelle Richtung geht, eher in eine obsessive religiöse …

Welche Szenen haben mir nicht gefallen?
Die Szenen mit der Polizei fand ich grausam, als Joe sich hilfesuchend an sie wendet. Aber die Sicherheitskräfte schätzen den Zwischenfall mit Parry nicht als bedrohlich ein. Von zu starken objektiv infizierten Fragen wird es für die Profis schwierig, auf Joes Nöte einzugehen.

Die Szenen mit Clarissa fand ich ebenfalls deprimierend, die ähnlich wie die Polizeibeamten reagiert. Auch sie nimmt ihren Partner nicht für voll, und strickt daraus ein psychisches Leiden, das von ihm ausgehen würde ...

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Dass am Ende die Abrechnung kam.

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Keine.

Welche Figur war mir antipathisch?
Clarissa Mellon.

Meine Identifikationsfigur
Joe Rose.

Cover und Buchtitel
Das Cover ist selbsterklärend. Der Buchtitel ist sehr gut getroffen.

Zum Schreibkonzept
Auf den 356 Seiten ist das Buch in 24 Kapiteln gegliedert. Die Geschichte ist aus mehreren Perspektiven erzählt. Am Ende gibt es einen Anhang, den ich nur quergelesen habe, da ein Teil davon aus einer Begriffsklärung besteht. McEwan geht auf den klinischen Fachbegriff Clérambault-Syndrom ein. Da ich beruflich aus der Psychiatrie komme und mir der Begriff vertraut ist, habe ich ihn im Buch nicht weiter vertiefen müssen. Aber für andere Leser*innen kann dieser Part des Buches hilfreich sein. Es folgt ein Fallbeispiel. Im Anschluss gibt es eine Erörterung, dann eine Schlussbetrachtung, die aus zwei Teilen besteht. Die Handlung wird aus Jeds Ichperspektive beendet, als er Joe seine Sichtweise in einem Brief offenbart. Leider kann ich hier keine Details nennen, sonst nehme ich den anderen Leser*innen die Spannung weg. Das ist der Nachteil bei Krimis und Psychothrillers, dass man keinen Satz zu viel schreiben darf. Obwohl ich hier aus Parrys Brief gerne herauszitieren würde.

Meine Meinung
Das Buch ist kein typischerer Psychothriller, dafür ist er nicht spannend genug, aber spannend von der Konstruktion der menschlichen Psyche her. Der Focus ist hier mehr auf menschliches und psychologisches / psychiatrisches Verhalten gesetzt, was sehr wohl mit realistischen Fällen verglichen werden kann. Hierbei hat der Autor über seinen Stoff sehr gut recherchiert. Mit dem Ende war ich allerdings nicht ganz zufrieden, da er im Anhang gepackt war. Hier erfährt man erst, was mit Parry passiert ist.

Mein Fazit
Sehr lesenswert. Mit bester Empfehlung.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Ich habe selber beim Diogenes Verlag eine Anfrage gestellt. Vielen herzlichen an die Pressereferentin Susanne Bühler für die Zusendung dieses Leseexemplars.

Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (sachlich, fantasievoll, distanziert)
2 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere 
2 Punkte: Authentizität der Geschichte; 
2 Punkte: Erzähl-und Schreibstruktur, Gliederung vorhanden 
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein.

12 von 12 Punkten


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Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein wenig besser machen.
(Charles Dickens)

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Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)