Sonntag, 30. September 2018

Tagesausflug Buchenwald bei Weimar


Weimar, nicht nur eine Kulturstadt der Dichter und Denker, sondern auch des Nationalsozialismus, denn Weimar wird als die Hauptstadt der NSDAP bezeichnet. 

Weimar, eine Kulturstadt auf der Sonnen- und auf der Schattenseite. Zwei Kontraste, das Paradies und die Hölle auf Erden. Weimar, nicht nur eine Stadt der Verbrechen und der Morde; Weimar als eine wunderschöne, traumhafte und romantische Stadt mit vielen schönen Sehenswürdigkeiten. 

Wir, meine Freundin Monika S. und ich, sind entlang der Spuren von Goethe, Schiller und Hitler gewandert, denn  gestern hatten wir einen Tagesausflug nach Weimar getätigt, um die Gedenkstätte, das Konzentrationslager von Buchenwald, aufzusuchen. Wir sind sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Darmstadt aus hingekommen. Buchenwald hat uns sehr nachdenklich, betroffen und traurig gestimmt. Das reale Erlebnis ist noch mal ganz anders als das aus Büchern.

Ich schreibe einen kleinen Erlebnisbericht, auch wenn es mir schwerfällt, über das Gesehene und das Gehörte zu schreiben.

Ich gebe mal ein paar Fotos von mir rein, die mir helfen sollen, in Worte zu fassen, was mir schwer fällt auszudrücken. 

Aber es gibt auch sehr viel Informationsmaterial dazu, wenn man das Informationsgebäude betritt ...

Für alle Interessierten: Es sind hier supergute Informationsmaterialen für die Besucher*innen erhältlich, in denen alle Gedenkstätten und Mahnmale abgebildet und beschrieben sind. Diese sind kostenlos in der Besucherinformation erhältlich. Es sind so viele Mahnmale, so viele Ereignisse, dass es unmöglich ist, sie alle zu erwähnen. Außerdem gibt es hier auch noch eine Jugendbegegnungssstätte. Interessant für junge Besucher*innen.

Die Führungen sind kostenlos. Spenden sind immer willkommen.

Die Gedenkstätte befindet sich zwischen Weimar und Buchenwald und wird als ehemaliges Häftlingslager bezeichnet.
Bevor wir uns in das Konzentrationslager begeben haben, bin ich in der Buchhandlung der Besucherinformation hängen geblieben. So viele interessante Bücher über den Nationalsozialismus, über die Verbrechen an allen Menschen, die nicht in das Weltbild des Führers gepasst haben. Ich habe schon viel darüber gelesen, aber man scheint nie fertig mit dieser Thematik zu sein, wenn man nun die aktuelle politische Lage beachtet, und eurapaweit wegen der Flüchtlingsströme größtenteils wieder rechts gewählt wird … Ich habe mich mit vier Büchern eingedeckt.

Buchenwald, ein KZ mitten im Wald, fern von den  Wohngebieten, damit die Nazis ungestört ihre Verbrechen verüben konnten.

Hier das Torgebäude



Über diesen Ausflug Buchenwald habe ich ein paar Fotos gemacht, aber ich habe nicht alles fotografieren können. Mir war einfach nicht danach, wie zum Beispiel die engen Arrestzellen, die sich links von dem Torgebäude befinden. Ich habe mir einen Bildband gekauft, und kann dort nachschlagen, wenn ich später noch etwas vertiefen möchte. 

In der Arrestzelle waren sehr kleine Zellen zu sehen. Richtige Betten gab es in den Zellen nicht. Nur ein Bettgestell, auf der anstelle einer Matratze ein dickes Brett aus Holz aufgelegt war. Dazu noch eine Zelle, in der die Häftlinge gefoltert und gemartert wurden. Das Folterwerkzeug wurde in der Zelle auch ausgestellt. In den Arrestzellen wurden im Auftrag Hitlers die Häftlinge von SS-Aufsehern gefoltert und ermordet. In manchen Zellen befand sich eine Fotografie eines Häftlings.
Das KZ Buchenwald wurde 1937 errichtet und nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 wieder aufgelöst. Hier wurden 280 000 Menschen aus über 50 Nationen inhaftiert. Weitere Daten:
  • ·         400 000 qm Häftlingslager
  • ·         3500 qm Stacheldrahtzaun
  • ·         139 Außenlager
  • ·         277 800 Häftlinge
  • ·         30 000 Minderjährige
  • ·         28 230 Frauen
  • ·         249 570 Männer (Das KZ-Buchenwald war ein Männer-KZ)
  • ·         Menschen aus über 50 Ländern
  • ·         56 000 Tote
·         1944 Männer Frauen und Kinder mit Todestransporten nach Auschwitz
·         Alter der Häftlinge: 2 bis 86 Jahre

Auf dem Lagertor befindet sich eine Inschrift Jedem das Seine, ein Spruch des Römers Cicero, und sollte ursprünglich heißen, dass die Gerechtigkeit jedem das Seine zuteilt. Was aber wollte Hitler mit diesem Spruch bezwecken, der den Spruch auf seine Weise umgedeutet hatte?

Ich habe mal im Internet recherchiert und habe folgende Erklärung gefunden. Ich zitiere dazu die Welt+
„Jedem das Seine“ bedeutete im KZ eben den lebenswichtigen Unterschied zwischen der Volksgemeinschaft in der wenige Kilometer entfernten Klassikerstadt Weimar – und den „Gemeinschaftsfremden“, wie die Nazis die hier gefangenen Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten und Zeugen Jehovas, die Homosexuellen, die Geistlichen, die Schriftsteller und Künstler abschätzig nannten.
Kurz gesagt; jeder bekommt das, was er verdient. Hier geht es zum ausführlichen Artikel. 


Hinter dem Stacheldrahtzaun befand man sich auf dem großen Gelände des Konzentrationslagers. Allerdings waren mit einer Ausnahme keine Baracken zu sehen, da sie nicht erhalten bleiben konnten. Auf dem Gelände wurden stattdessen dunkle, rechteckige Felder angelegt, um damit wenigstens symbolisch aufzuzeigen, wo die Baracken gestanden haben. Eine Holzbaracke wurde 1994 wieder aufgestellt.

Hier auf dem Foto befand sich eine Holzbaracke.

Es existiert eine U.S. amerikanische schwarz-weiß Luftaufnahme nach der Befreiung des KZ und ist in der Broschüre für Besucher*innen abgebildet. Die kleinen Steine auf den großen Steinen sollen die Besucher*innen darstellen. Auch auf den jüdischen Friedhöfen ist es üblich, von den Besucher*innen einen Stein auf das Grab zu legen ...

Das Gelände sah leer aus, auf dem zweiten Blick waren dort jede Menge Gedenkstätten zu sehen. Von den angeblich 22 Wachtürmen waren nur noch zwei erhalten. Sie waren aber geschlossen, nicht zugänglich.

Ein so großes Grundstück. Buchenwald soll nach Auschwitz, heute Polen, das zweitgrößte KZ in Deutschland sein. 


Es waren viele Schulklassen zugange, obwohl Samstag war, und ich bei einer stehen geblieben bin und der Lehrerin gelauscht habe, als sie den Schüler*innen an einer Gedenkstätte hinwies, dass es bei Menschen keine verschiedenen Rassen geben würde, sondern nur eine einzige Rasse. Hier habe ich mich zugehörig gefühlt, weil ich selbst davon überzeugt bin, dass es nur eine Menschenrasse gibt. Von den 194 Nationen gibt es nur vier Blutgruppen und keine 194. Es gibt zwischen den Nationen kulturelle Unterschiede, die allerdings nicht genetisch bestimmt sind, sondern tradiert. Hierbei ging es um einen großen, quadratischen Stein, der auf dem Boden gesetzt lag, und wenn man ihn berührte, dann hatte er eine warme Temperatur von 37°C. Dieser Stein sollte zum Nachdenken anregen. Eine Körpertemperatur, die nur bei Menschen gemessen werden könne, ganz unabhängig der Hautfarbe, der ethnichen- und der Religionszugehörigkeit. 

Mit meinem Welt- und Menschenbild wäre auch ich Hitler verhasst.

                                                                          Das Krematorium auf dem nächsten Foto.


Die Krematorien seit 1940 Verbrennungsanlage, Leichen- und Exekutionskeller, dienten dazu, auf schnellst möglichem Weg die vielen Leichen zu verbrennen, ohne Spuren von den Toten zu hinterlassen.  


Hier wurden die Leichen hineingeworfen und ins Krematorium gefahren. 

Auf dem KZ-Gelände befanden sich mehrere Gebäude, die zu Museen umfunktioniert wurden. Dazu auch das 1939 errichtete Kammergebäude, diente als ein Aufbewahrungsort, in dem die Kleider und Habseligkeiten der Häftlinge gelagert wurden.

Richtig schlimm fand ich das Haus der Toten. Ursprünglich befand sich in diesem Haus ein Pferdestall, der zu einer kaltblütigen Genickschussanlage sowjetischer Kriegsgefangener umfunktioniert wurde. Die Häftlinge wurden hinterrücks beim Messen der Körpergröße durch einen überraschenden Genickschuss ermordet. Diese Räume habe ich nicht fotografiert, und bereue es jetzt ein wenig. 

Dazu gab es durch die Führung noch mehrere Geschichten, die ich wieder vergessen habe, weil sie mir zu grausam waren. 


Ich denke an Franz Kafka, andere denken an Lord Voldemort. Wie real für mich viele Kafka-Geschichten geworden sind, wird für mich an diesem KZ-Besuch deutlich. Menschen werden unschuldig verhaftet, ohne dass sie etwas verbrochen haben. Das Urteil oder Der Prozess sind für mich Geschichten, die mir hierzu von Kafka einfallen. Bei einer anderen Schulklasse musste ich wieder meine Ohren spitzen, als die Jugendlichen gefragt wurden, ob sie Harry Potter gelesen und oder geschaut hätten. Lord Voldemort wurde mit Hitler verglichen, beides Diktatoren. In den Potterbänden gäbe es auch Rassentrennung, Mich- und die Reinblüter. Merkwürdig, ich selbst habe auch eine Verbindung zum Rassismus gesucht, zu Hitler, aber da sonst keiner über eine Assoziation zum Rassismus bei Potter gesprochen hat, habe ich diesen Gedanken wieder fallen lassen. Außerdem konnte dieser Gedanke aus meiner Sicht nicht wirklich erhärtet werden. Aber Voldemort hatte schon Ähnlichkeiten mit Hitler. Wer nicht seine Sichtweise teilt und sonst nicht in das Weltbild des dunklen Lords passt, der wird nach Askaban geschickt. Auch eine Stätte, in der die Häftlinge eingesperrt und massivst gequält werden. Ich habe im Netz ein wenig recherchiert und tatsächlich gibt es hier einen Artikel zur Rassentrennung, ein Vergleich, der zu Hitler und zu Voldemort führt. 


                                      Und auch die Kunst meldet sich zu Wort



                                                 Dieses obige Foto erklärt sich von selbst.

                                     

                                           Nächtes Foto unten: Stilles Orchester. Die Notenständer sind aus Gips.                                                           
                                

                                            Im nächsten Foto: Schuhe von Häftlingen



Dieses Foto fand ich auch schaurig, denn die Schuhe haben ihre Besitzer*innen überlebt. Gruselig fand ich die ganz kleinen Schuhe. Das jüngste Kind im KZ Buchenwald war gerade mal zwei Jahre alt.

Ich beende nun hier meinen Bericht. Ich wollte noch mehr schreiben, auch zu der traumhaften Stadt Weimar, aber mir genügt das jetzt. Meine Freundin und ich werden nächstes Jahr im Frühjahr nur nach Weimar fahren und nochmals die Stadt, Goethe und Schiller, visitieren, ohne sie mit grausamen Bildern der Morde im Kopf zu teilen. 

Ich war schon mal in Weimar, habe mit einer mehrtätigen Reisegruppe das Garten- und das Goethehaus besichtigt, anschließend auch das Haus von Schiller. Mir ist noch vieles in Erinnerung geblieben und kann dann selbst meine Freundin rumführen und erklären, die sonst noch nie in Weimar bei Goethe und Schiller war.

Ich habe ein paar Bücher von Schiller gelesen und mich hat er fasziniert. Schon damals träumte er als ganz junger Mensch von einem geeinten Europa. Wir haben heute ein geeintes Europa aber keine fähigen Politiker*innen ... Zudem würden sich Goethe und Schiller beide im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, dass diese Kulturstadt auch die Hauptstadt der NSDAP und der Morde geworden ist. 
______________
Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)

Donnerstag, 27. September 2018

Erich Hackl / Am Seil

Am SeilEine Heldengeschichte   

Klappentext
Wie es dazu kam, dass der stille, wortkarge Kunsthandwerker Reinhold Duschka in der Zeit des Naziterrors in Wien zwei Menschenleben rettete. Wie es ihm gelang, die Jüdin Regina Steinig und ihre Tochter Lucia vier Jahre lang in seiner Werkstatt zu verstecken. Wie sie zu dritt, an ein unsichtbares Seil gebunden, mit Glück und dank gegenseitigem Vertrauen überlebten. Was nachher geschah. Und warum uns diese Geschichte so nahegeht.
Diese Erzählung gäbe es nicht ohne das Versprechen, das Lucia Heilman sich selbst gegeben hat: den passionierten Bergsteiger Reinhold Duschka (1900–1993) zu würdigen, der sie und ihre Mutter vor der Deportation in ein nazideutsches Vernichtungslager bewahrt hat. Auf Lucias Erinnerungen gestützt, spannt Erich Hackl einen weiten Bogen von einer Zeit, »in der Männer noch beste Freunde und Frauen beste Freundinnen hatten«, über die dramatischen, zugleich eintönigen Jahre im Versteck bis in die unmittelbare Gegenwart. In Hackls genauer, vor Leidenschaft leuchtender Sprache werden nicht nur Retter und Gerettete lebendig – sie zwingt uns auch, die Aktualität dieser Geschichte zur Kenntnis zu nehmen in einem Europa, in dem mehr denn je Zivilcourage gefragt ist.

Autorenporträt
Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr, hat Germanistik und Hispanistik studiert und einige Jahre lang als Lehrer und Lektor gearbeitet. Seit langem lebt er als freier Schriftsteller in Wien und Madrid. Seinen Erzählungen, die in 25 Sprachen übersetzt wurden, liegen authentische Fälle zugrunde. ›Auroras Anlaß‹ und ›Abschied von Sidonie‹ sind Schullektüre. Unter anderem wurde er 2017 mit dem Menschenrechtspreis des Landes Oberösterreich ausgezeichnet.

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 128 Seiten, 20,00 €
·         Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. Juli 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 9783257070323

Mein erstes Buch von Erich Hackl. Ein Buch, das mir meine Bloggerfreundin Renie zugeschickt hat und das auf Whatchareadin in der Leserunde gelesen wurde. 

Auf der Verlagsseite von Diogenes sind alle Auszeichnungen und Verfilmungen des Autors abgedruckt.

Hier geht es auf die Verlagsseite von Diogenes.




Dienstag, 25. September 2018

Howard Jacobson / Shylock (1)

Ein kleiner Erlebnisbericht zur o. g. Lektüre 

Anstelle einer Buchbesprechung folgt hier ein Erlebnisbericht mit dem Buch, da ich es leider wegen mangelnden Verständnisses abbrechen musste. Aber leicht ist mir dieser Schritt nicht gefallen, habe lange mit mir und mit meinem Gewissen gerungen und gehadert. 

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Ich hatte von Anfang an Probleme mit dem Buch. Ich kam mit dem gesamten Erzählstil, bestehend aus einem Mix von Theater und Prosa, nicht richtig rein. Der ganze Stoff war mir zu trocken und zu abgehoben. Viel zu viele Dialoge und Monologe ... Nach 163 Seiten habe ich mir dann die vielen Beiträge im Bücherforum Whatchareadin angeschaut, in die ich viel zu spät dazu gestoßen bin, aber ich konnte deutlich spüren, wie sehr auch meine Lesekolleg*innen sich durch den Text gekämpft und durchgearbeitet haben. Am Ende meines kleinen Berichts verlinke ich meine Seite mit der der Leserunde.

Mit den ersten Szenen hatte ich keine Probleme mehr, die hatte ich ja oft genug wiederholt gelesen, und so konnte ich in den Beiträgen Übereinstimmungen finden, später allerdings, je mehr ich gelesen habe, desto verwirrender wurde mir die gesamte Handlung, obwohl mir schon klar wurde, welche Problematik in dem Buch behandelt wurde.

Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus im historischen Bereich bis zur Gegenwart. Der Kampf zwischen Juden und Christen, die Auseinandersetzung mit der Identität als Jude. Die rebellischen Töchter der beiden jüdischen Protagonisten ... Diese Vorurteile, die auf beiden Seiten zwischen Christen und Juden ausgetragen werden, kommen in den Dialogen und Monologen immer wieder zur Geltung. Dies ist auch bei mir angekommen, aber ich schaffe es nicht, in die Handlung bis in die Tiefe einzudringen. Bei einer anderen Leserin, die die Originalversion von Shakespeare gelesen hatte, habe ich entnehmen können, dass Shakespeare die Judenthematik in seiner Version nur peripher behandelt hat, und so hat Jacobson seine Interpretation in eine Neufassung verwandelt.

Für das, dass das Bücherlesen für mich ein Hobby ist, kam ich mir vor, als säße ich im Deutsch-Leistungskurs und ich mich mit einem Werk quälen muss.

Obwohl mich die Thematik ein wenig an meine eigene Thematik erinnert hat, denn die beiden jüdischen Protagonisten litten darunter, dass sie weltweit mit Vorurteilen und Klischees fertig werden mussten. Da habe ich Parallelen gesehen zu meiner Herkunft, vielmehr gesagt zu der Herkunft meiner Eltern, und die vielen Klischees und Vorurteile den Italiener*innen gegenüber. Auch ich empfinde ähnlich wie die beiden Figuren Simon Strulovitch und Shylock eine gewisse Traurigkeit im Umgang mit den Italiener*innen, wenn ich die deutschen Medien und die deutsche Gesellschaft beobachte, welche stereotypische Bilder sie jahrzehntelang verinnerlicht haben, und sie diese großzügig weiterverbreiten, weil sie es nicht schaffen, sich von diesen alten Bildern zu distanzieren, dann komme ich selbst häufig auch in ein Stimmungstief ähnlich dem wie aus dem Buch, das zusätzlich noch Ohnmachtsgefühle auslöst ...

Allerdings hat mich der Autor Howard Jacobson für die Originalfassung Der Kaufmann von Venedig inspiriert, die ich unbedingt lesen möchte. Ich habe mir die Reclam Version angeschafft, und schon die ersten Seiten regen mich an, unbedingt weiter zu lesen. Anders als bei Jacobson. 

Auf den ersten Seite des Reclams wird man in eine melancholische Stimmung versetzt, und die Dialoge sind für mich hier besser zu verstehen, als die in der modernen Fassung bei Jacobson.

Aber eine Textstelle von Jacobson möchte ich gerne zitieren, weil sie mir sehr gut gefallen hat.

Shylock und seine Frau Leah, die mittlerweile verstorben ist, sind sehr literaturinteressiert und literaturkundig. Leah bat Shylock, ihm aus einem Buch vorzulesen:
>>Lese mir die Komödie über den Mann vor, der glauben gemacht wird, er sei Ungeziefer<<, sagte sie. 
>>Meinst du Die Verwandlung?<< 
>>Nein, Liebster, ich meine Mein Kampf.<< (2016, 40)

Mein Fazit?
Kein Buch für mich, und für mich war es wichtig, mich zu outen, aber ich sehr dankbar bin, dass der Verlag mir/uns das Buch als Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat. Die schöne Karte im Buch und den Katalog fand ich großartig und sehr freundlich und ich weiß diese Zuwendung dankend sehr zu schätzend. Auch wenn ich das Buch nicht ganz geschafft habe, bleiben trotzdem an ihm meine eigenen Leseerlebnisse haften. 

Deshalb ein großes und herzliches Dankeschön an den Verlag von Knaus uns Penquin im Bloggerportal. Beim nächsten Buch wird es sicher besser.

Hier geht es zur Leserunde von Whatchareadin.
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Gelesene Bücher 2018: 41
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 23. September 2018

Howard Jacobson / Shylock

Lesen mit Whatchareadin

Aus technischen und aus Zeitgründen bin ich verspätet in die Leserunde eingestiegen …

Klappentext
Von rebellischen Töchtern und verblendeten VäternDer reiche Kunstsammler Simon Strulovitch aus Manchester hat Sorgen: Seine aufmüpfige Tochter Beatrice ist in die Kreise der leichtlebigen Erbin Plurabelle und ihres persönlichen Assistenten D’Anton geraten. Nicht der richtige Umgang für ein jüdisches Mädchen, klagt Strulovitch seinem Zufallsbekannten Shylock. Dieser rät zur Zurückhaltung. Doch als Beatrice sich auch noch mit dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome einlässt, sieht ihr Vater rot. Er verlangt, dass der junge Mann zum Judentum konvertiert. Mit Hilfe einer kleinen Operation ließe sich heute manches arrangieren. Aber das Leben hält nicht nur für Strulovitch ein paar Lektionen bereit.
Howard Jacobson fragt in diesem tiefsinnigen, gleichzeitig amüsanten und stellenweise irrwitzigen Roman: Was macht einen Mensch zum Juden? Und was heißt es, Jude zu sein in einer säkularen Welt? – Ein höchst burlesker Umgang mit dem vermeintlichen Antisemitismus des umstrittensten Dramas von Shakespeare.


Autorenporträt
Howard Jacobson, Jahrgang 1942, hat bereits mehrere Romane und Sachbücher geschrieben. 2010 erhielt er für "Die Finkler-Frage" den Man Booker Prize, den wichtigsten Literaturpreis der angelsächsischen Welt. Shakespeare hat ihn sein Leben lang begleitet; bereits in seiner allerersten Veröffentlichung beschäftigte er sich mit dem englischen Nationaldichter. Nun kehrt er mit einer Neuerzählung des "Kaufmanns von Venedig" zu ihm zurück – für Jacobson „das verstörendste Schauspiel aus der Feder des Dramatikers, aber für einen britischen Romancier, der zufällig noch Jude ist, auch die größte Herausforderung“.
Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
·         Verlag: Albrecht Knaus Verlag (11. April 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3813506746

Meine ersten Leseeindrücke

Sehr schwierige Kost. Man kommt schlecht in die Handlung rein. Drei Mal habe ich den Anfang lesen müssen, bis ich kapiert habe, was in diesem Theaterstück/Roman vorgeht.

Eine Romanadaption an William Shakespears Stück Der Kaufmann von Venedig.




Freitag, 21. September 2018

Monika Maron / Ach Glück (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ein Buch für alle Frauen ab der zweiten Lebenshälfte …

Mir und Tina hat das Buch gefallen. Man konnte sich gut in die Thematik reinfinden und sich in die Figuren hineinversetzen. Und trotzdem fällt es mir schwer, über dieses Buch zu schreiben. Ich quäle mich seit gestern mit dieser Rezension. Vielleicht liegt es daran, weil der Klappentext schon recht ausführlich ist und ich nicht nochmals alles wiederholen möchte …

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Protagonistin Johanna Märtin, 52 Jahre alt, durchleidet gerade eine Midlifecrisis. Sie macht Bekanntschaft mit einer sehr alten russischen Dame namens Natalja Timofejwna, 90 Jahre alt, und die in Mexiko lebt. Natalja macht Johanna Mut, auf ihr Herz zu hören, und lädt sie nach Mexiko ein. Johanna nimmt die Einladung nach langer Überlegung an, obwohl ihr Mann Achim stutzig wird, dass sie eine so lange Reise ohne ihn alleine in Angriff nehmen möchte. Johanna befand sich sonst immer mit Achim auf Reisen und jedes Mal war er es, der die Führung übernommen hatte ... Achim traut Johanna diese Reise alleine nicht wirklich zu …

Achim und Johanna sind beides Akademiker und haben Germanistik studiert. Verheiratet sind sie seit dreißig Jahren. Sie haben eine gemeinsame erwachsene Tochter namens Laura, die ihr eigenes Leben lebt ...

Johanna findet auf der Autobahn einen angebundenen Hund, die ihn zu sich nimmt und ihm den Namen Bredow gibt. Es entsteht eine Liebe zwischen diesen beiden, die Ihr Mann Achim eifersüchtig stimmt und bezeichnet die Beziehung zwischen Johanna und Bredow als obszön, als sie sich von ihm liebkosen lässt ...

Durch die Aktivitäten mit und durch den Hund erlangt Johanna ihre Freiheit wieder zurück. Mit der Zeit ist der Alltag mit Achim eintönig und einsilbig geworden.

Sie lernt den russischen Galeristen Igor kennen, der russische Künste ausstellt. Durch Igor machte sie Bekanntschaft mit Natalia, wenn erst mal nur aus den Beschreibungen, und später während des Austauschs via E-Mail. Doch nicht nur auf den Hund ist Achim eifersüchtig, sondern auch auf Igor. Johanna mag Igor nicht besonders gerne, hält ihn für arrogant, aber sie fühlt sich von ihm als Frau trotz ihres Alters geachtet. Für ihren Mann ist Johanna sexuell nicht mehr anziehend genug, und so fühlt sie sich eher wie ein altes Möbelstück …  Dies macht Johanna zu schaffen, verstärkt, als sie erfährt, dass Achim eine Affäre mit einer jungen Frau eingegangen ist ...

Johanna reflektiert ihr Leben pro- und retrospektivisch ...
Sie schafft es, alleine nach Mexiko zu fliegen und es gelingt ihr, den Hund zurückzulassen  und ihn, ohne es zu wollen, erneut der Angst aussetzt, wieder verlassen zu werden. Achim wird den Hund nicht betreuen können und so sucht Johanna ihm für die Zeit ihrer Abwesebheit eine andere liebevolle Hand …

Das Schreibkonzept
Auf den 218 Seiten ist die Handlung nicht in Kapiteln gegliedert, aber in Absätzen. Es gibt einen Erzähler und ein paar schriftliche Korrespondenzen zwischen Natalja und Johanna.

Cover und Buchtitel? 
Ich dachte erst, dass die Dame auf der Abbildung die Abbildung von Johanna ist, aber ich habe mich getäuscht. Trotzdem ist das Cover gut gelungen. Ebenso der Buchtitel; was ist schon Glück? Wird von Johanna immer wieder kritisch infrage gestellt.

Identifikationsfigur
Keine

Meine Meinung
Viele Gedanken habe ich mit Tina schon ausgetauscht, und wir waren uns immer einig in unseren Beobachtungen. Auch wenn ich mich gefreut habe, dass sich Johanna für die lange Reise entschlossen hat, hat mir Bredow sehr leid getan. Ich hätte es nicht geschafft, mich aufgrund eines möglichen Ausbruchs einer Retraumatisierung von dem armen Hund zu trennen. 

Mein Fazit?
Ich habe mich etwas geärgert, wie sehr man versucht, die Lebensenergie einer Frau zu bremsen, die nicht mehr so jung ist, während der Mann, selbst zwar auch altert, sich aber jung genug fühlt, sich eine junge Frau zu suchen ... 

Mein Fazit zu dem Buch ist; das Leben leben, solange man noch gesund ist und sich keinerlei Einschränkungen auferlegen lassen. Weder von der Gesellschaft noch von dem Ehegatten. Und jede Erfahrung, die der Mensch macht, sollte immer lebenswert sein, unabhängig davon, wie alt Frau ist.  

Hier geht es zu Tinas Buchbesprechung, die immer die richtigen Worte findet, die Erlebnisse eines Buches zu beschreiben.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten.
___________
Der Mensch muss dankbar sein
für jedes Erlebnis, zur Not auch für jedes schlechte.
(Monika Maron)

Gelesene Bücher 2018: 40
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Dienstag, 18. September 2018

Monika Maron / Ach Glück

Lesen mit Tina

Dieses Buch hat uns Tina aus unserem gemeinsamen SuB ausgesucht.

Klappentext
In das endzeitlich gestimmte Leben von Johanna und Achim Märtin gerät durch einen Zufall ein schwarzer zottiger Hund. Johanna, der jeder Blick in ihre Zukunft nur noch öde Zeit offenbart, fragt sich angesichts der unerschöpflichen Freude und Liebe ihres tierischen Gefährten nach den Quellen ihres eigenen Glücks, nach Sehnsüchten, Ansprüchen und Versäumnissen. Der nächste Zufall begegnet ihr in Gestalt der alten russischen Aristokratin Natalia Timofejewna, die in Mexiko nach ihrer Jugendfreundin, der berühmten und ein bißchen verrückten Künstlerin Leonora Carrington sucht. Johanna folgt Natalias Lockruf und fliegt nach Mexiko, während Achim ratlos durch Berlin streift und zwischen den vertrauten Plätzen und Ritualen zu verstehen sucht, was Johanna zu ihrem Aufbruch bewogen und was er zu bedeuten hat und warum ein hergelaufener Hund ihr gemeinsames Leben infrage stellen konnte.

Autorenporträt
Monika Maron ist 1941 in Berlin geboren, wuchs in der DDR auf, übersiedelte 1988 in die Bundesrepublik und lebt seit 1993 wieder in Berlin. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane, darunter ›Flugasche‹, ›Animal triste‹, ›Endmoränen‹, ›Ach Glück‹ und ›Zwischenspiel‹, außerdem mehrere Essaybände, darunter ›Krähengekrächz‹, und die Reportage ›Bitterfelder Bogen‹. Zuletzt erschien der Roman ›Munin oder Chaos im Kopf‹. Sie wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter dem Kleist-Preis (1992), dem Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg (2003), dem Deutschen Nationalpreis (2009), dem Lessing-Preis des Freistaats Sachsen (2011) und dem Ida-Dehmel-Preis (2017).
Literaturpreise:
Kleist-Preis 1992
Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg 2003
Ida-Dehmel-Preis 2017

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
·         Verlag: S. FISCHER; Auflage: 3 (27. Juli 2007)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3100488202

Meine ersten Leseeindrücke

Ein Buch für alle Frauen ab der zweiten Lebenshälfte.