Donnerstag, 31. Oktober 2019

Andrej Kurkow / Graue Bienen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre   

Was für ein tolles Buch. Von der ersten bis zur letzten Seite hat mich der Autor damit in den Bann gezogen, dass ich nach der letzten Seite mit meiner Bücherfreundin Anne telefonieren musste, um ihr von dem Buch zu erzählen. So viel Menschlichkeit hat Kurkow in seinen Figuren gepackt, trotz dieser schweren Zeit des Krieges zwischen Russland, der Ukraine und dem Niemandsland. Ich fand keine Seite langweilig, selbst im ersten Teil nicht, wo es hauptsächlich um zwei Männer geht, die alleine im Dorf zurückgeblieben sind, und sie aufeinander angewiesen sind. Mich hat die Beziehung zwischen diesen zwei Menschen sehr interessiert.

Ich möchte nicht so viele Details verraten, damit auch andere denselben Genuss erleben können, den ich erlebt habe. Ich nenne nur ein paar Fakten, dann mache ich Schluss.

Hier geht es zur Buchvorstellung, zum Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.


Die Handlung
Der Held dieser Geschichte ist für mich nicht nur Sergej Sergejitsch, auch viele Nebenfiguren habe ich als Helden erlebt. Die meisten sind Zivilisten, aber auch ein paar von den Soldaten zeigten sich von ihrer gutmütigen Seite. Helden deshalb, weil sie für mich alles Menschen sind, die versuchen, in Kriegszeiten das Menschsein nicht zu verlieren.

Aber Sergej ist der Oberheld dieses Romans, der zusammen mit seinem Kindheitsfeind Paschka im Krisengebiet Donbass lebt, in dem ukrainische Kämpfer und prorussische Separatisten sich bekriegen. Die beiden Männer leben in dem kleinen Dorf, während der Rest der Dorfbewohner*innen vor dem Krieg geflohen ist, sodass sämtliche Häuser leer und verlassen stehen. Lediglich die Dorfkirsche wurde zerbombt. Dombass ist eine sogenannte Grauzone, das ich als ein Niemandsland bezeichnen würde.
Nur lebte er, Sergejeitsch, jetzt gleichsam weder in der >Republik< noch im Land. Er war in der grauen Zone, und graue Zonen hatten keine Hauptstädte! (2019, 107)

Sergej ist Bienenzüchter, der sich danach sehnt, mit seinen Bienen ein ruhiges Leben zu führen. Er interessiert sich überhaupt nicht für Politik und wirkt dadurch manchmal ein wenig naiv im Umgang mit Soldaten oder mit der späteren Grenzpolizei. Sergeij liebt seine Bienen, wie andere ihre Haustiere lieben, und zeigt dadurch ein sehr verantwortungsbewusstes Leben ihnen gegenüber.

Er ist 44 Jahre alt und ist Frührentner, da er an einer Staublunge erkrankt ist.

Paschka und er, sie haben sonst niemand, sind beide aufeinander angewiesen, wenn sie nicht in der Einsamkeit verkommen wollen. Außerdem ist die Lebensqualität der beiden Männer dermaßen eingeschränkt, da ihnen der Strom seit drei Jahren abgestellt wurde, und sie dadurch auch kein Fernsehen können, selbst das Handy kann nicht aufgeladen werden und bleiben ohne Verbindung zur restlichen Welt.

Sergej hatte zudem noch Pech mit seiner Familie, da er von Frau und Kind aus anderen Gründen verlassen wurde.

Aus Sorge, Sergejs Bienen könnten den Krieg nicht überleben, es könnte eine Granate auf ihren Bienenstöcken fallen, fühlte sich nun auch Sergej gezwungen, im Frühling sein Heimatdorf mit seinen sechsstöckigen Bienen für eine bestimmte Zeit zu verlassen, Richtung Westen, um die Bienen dort fliegen zu lassen, wo es ruhig ist und wo kein Krieg herrscht. Leicht wird diese Reise nicht, sämtliche Hürden muss er überwinden, Krisengebiete weitestgehend zu umfahren, und sämtliche Checkpoints in einer ruhigen Art zu bezwingen.
Er brachte sie dorthin, wo es still war, wo die Luft sich langsam mit der Süße sich aufblühender Gräser füllte, die bald von blühenden Kirschbäumen, Aprikosenbäumen, Apfelbäumen und Akazien Verstärkung erhalten würden. (200)

Nun blieb Paschka ganz alleine zurück, der auf eine baldige Rückreise hoffte.

Auf dieser Reise lernt Sergej viele Frauen kennen, die ihn in seiner Not unter die Arme greifen. Doch auch Sergej wird vom Schicksal herausgefordert, politischer Helfer für andere Menschen zu werden.

Mehr möchte ich nicht verraten …

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Ganz klar, dass das Szenen sind, wo Menschen in einem totalitären und korruptem Staat unschuldig verhaftet und zu Tode gefoltert werden. Furchtbar, wenn einer Familie, den Kindern der Vater und der Mutter der Ehemann genommen wird, der nur noch als Leiche zurückkehren wird. Oder wenn der Journalismus gelinkt wird und man die Meinungsfreiheit abgesprochen bekommt. 

Doch der Krieg hatte auch etwas Gutes. Er verwandelte nämlich zwei Kindsfeinde zu Freunden.

Bis zum Tod hätten sie nicht miteinander geredet. Wäre nicht der Krieg gewesen. (11)

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Es gab so viele Szenen, die mir gut gefallen haben, und es fällt mir schwer, mich auf eine zu fokussieren.

In der Geschichte gibt es eine Szene, in der ein Soldat in Sergejs Nachbardorf den Weihnachtsmann gespielt hat, um den Kindern in dieser tristen Zeit Geschenke zu bringen. Die Kinder hatten sich auf den Weihnachtsmann gefreut, da er sich ja angekündigt hatte. Doch als Weihnachten ohne den Weihnachtsmann kam, waren die Kinder sehr traurig. Sie warteten jeden Tag auf ihn, selbst dann noch, als Weihnachten schon längst vorbei war. Als Sergej in das Dorf ging, um Besorgungen zu tätigen, haben die Kinder gedacht, dass Sergej der Weihnachtsmann sei.

Achtung Spoiler
Doch was die Kinder nicht wussten, ist, dass der Weihnachtsmann ein Soldat war, der tot im Schnee gelegen hat. In der Nähe von Sergejs und Paschkas Haus. Der Soldat kam durch eine Bombe um. Sergej hatte den Soldaten Tage vorher im Schnee gefunden und hatte seinen Rucksack durchwühlt und wunderte sich, dass dieser voller Süßigkeiten war, und er ging von der Annahme aus, dass dieser Soldat Süßigkeiten geliebt haben musste. Da er tot war, nahm Sergej den Rucksack an sich.

Als er das Nachbardorf wieder verlassen hatte, dachte er nochmals über den toten Soldaten nach, über den Rucksack, der mit Süßigkeiten gefüllt war und begriff nun, dass der Weihnachtsmann tot im verschneiten Feld lag, und die Süßigkeiten gar nicht für ihn gedacht waren. Sergej beschloss schließlich, am nächsten Tag den Kindern die Süßigkeiten aus dem Rucksack zu bringen. Das fand ich so schön, wie er es geschafft hat, die Kinder glücklich zu machen.

Welche Figur war für mich ein Sympathieträger?
Mir ist Sergej Sergejitsch ans Herz gewachsen, aber viele andere Figuren fand ich auch spannend und interessant.

Welche Figur war mir antipathisch?
Kann ich nicht sagen. Eher die Grenzpolizisten, die Sergej zu einem Flüchtling degradiert hatten.

Meine Identifikationsfigur
Ich konnte mich in jeder spiegeln.

Cover und Buchtitel
Beides sehr gelungen, gut getroffen. Allerdings hatte ich den Buchtitel anfangs etwas anders gedeutet, was sich aber später gewandelt hat. Die Symbolik Graue Bienen habe ich zum Schluss als sehr surreal erlebt.

Zum Schreibkonzept
Auf den 445 Seiten ist die Geschichte in 74 Kapiteln gegliedert und mit vielen Absätzen verziert, was das Lesen sehr angenehm gemacht hat.

Meine Meinung
Eigentlich ist dies ein Buch, das man zwei Mal lesen müsste. Sergej wurde nachts mit so vielen Alpträumen geplagt, die man psychoanalytisch stärker ins Visier nehmen müsste. Sigmund Freud hätte hier seine Freude gehabt. Nein, seine Träume waren keine Nonsense, sie waren symbolträchtig und tiefgründig, und sie spiegelten auch oft Sergejs Ängste wider, wenn auch der letzte Traum ein wenig kafkaeske Züge aufwies.

Was die Liebe zu den Bienen betrifft, da stehe ich dem ein wenig ambivalent gegenüber. Weil den Tieren, die eigentlich den Honig für sich und für ihr Bienenvolk herstellen, ihn weggenommen bekommen. Sie sind dadurch immer am Schaffen, am Produzieren, ohne selbst etwas von dem Honig zu haben. Dies ist der Grund, weshalb Veganer*innen keinen Honig essen. Die Bienen produzieren, und produzieren und produzieren, immer auf Akkord, ständig sind diese Tiere am Schaffen, was eigentlich mit einer absoluten Ausbeutung zu vergleichen wäre. Die Bienen werden, wenn man es genau nimmt, regelrecht ausgeraubt … Dadurch, dass sie indirekt zum vielen Abreiten gezwungen werden, sinkt auch ihre Lebenserwartung, da ihnen die Lebensgrundlage genommen wird.

Mein Fazit
Es ist nicht nur ein Kriegsbuch, sondern auch ein Buch über Freundschaft in vielerlei Hinsicht. Ein sehr lesenswertes Buch, das mich auch politisch gepackt hat. Die Thematik ist eingebettet in eine sehr schöne und sehr fantasievolle, literarische und in eine sehr warme Sprache, ohne die Ernsthaftigkeit der menschlichen Nöte in Zeiten des Krieges in Zweifel zu stellen.

Ich werde Andrej Kurkow nun auch zu meinen Favoriten gesellen.


Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismu
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Zwölf von zwölf Punkten.


Weitere Information zu dem Buch

Vielen herzlichen Dank an den Diogenes - Verlag für das Bereitstellen des Rezensionsexemplars.

________________
Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)

Gelesene Bücher 2019: 25
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Donnerstag, 24. Oktober 2019

Andrej Kurkow / Graue Bienen

 Klappentext
Aus dem Russischen von Johanna Marx und Sabine Grebing 
Der Bienenzüchter Sergej lebt im Donbass, wo ukrainische Kämpfer und prorussische Separatisten Tag für Tag aufeinander schießen. Er überlebt nach dem Motto: Nichts hören, nichts sehen – sich raushalten. Ihn interessiert nur das Wohlergehen seiner Bienen. Denn während der Mensch für Zerstörung sorgt, herrscht bei ihnen eine weise Ordnung und wunderbare Produktivität. Eines Frühlings bricht er auf: Er will die Bienen in eine Gegend bringen, wo sie wieder in Ruhe Nektar sammeln können.Ein Dorf in der Nähe von Donezk, im Frontgebiet zwischen der ukrainischen Armee und den prorussischen Separatisten. Seit drei Jahren herrscht Krieg, die Einwohner haben das Dorf verlassen, nur der Bienenzüchter Sergej ist geblieben. Denn wenn alle gehen, wird auch keiner mehr zurückkehren. Außer ihm ist nur sein »Kindheitsfeind« Paschka geblieben, die Not schweißt sie zusammen. Im dritten Frühling beschließt Sergej, seine Bienen aus der Kriegszone zu bringen. Sie sollen in Ruhe ausschwärmen, um ihren Nektar zu sammeln. Auf seiner Reise knüpft Sergej Freundschaften, stößt aber auch auf Misstrauen und Missgunst. Selbst auf der paradiesischen Krim fühlt er sich nicht wirklich willkommen. Und als sich sogar seine Bienen zu verändern scheinen, beschließt er, in sein Dorf zurückzukehren.

Autorenporträt
Andrej Kurkow, geboren 1961 in St. Petersburg, lebt seit seiner Kindheit in Kiew und schreibt in russischer Sprache. Er studierte Fremdsprachen (er spricht insgesamt elf Sprachen), war Zeitungsredakteur und während des Militärdienstes Gefängniswärter. Danach wurde er Kameramann und schrieb zahlreiche Drehbücher. Sein Roman ›Picknick auf dem Eis‹ ist ein Welterfolg. Kurkow lebt als freier Schriftsteller in Kiew und arbeitet auch für Radio und Fernsehen.

Meine ersten Leseeindrücke

Ich habe knapp über hundert Seiten gelesen und mir gefällt das Buch sehr gut. Die Figuren, vor allem Sergej, ist mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. Trotz dieser Nöte beschreibt der Autor sie mit einer menschlichen Ruhe und einer menschlichen Wärme, die mich fasziniert. Sergej tut viel Gutes aber auch die Beziehung zu seinem Kindheitsfeind namens Paschka finde ich sehr angenehm beschrieben, dass die Kriegsumstände Menschen zwingen, das zwischenmenschliche Feindselige hinter sich zu lassen, und eine Freundschaft einzugehen, weil man sonst in dieser Einsamkeit verkommt, finde ich sehr gut getroffen.

Interessant finde ich den Kriegsroman aus der Sicht der Zivilisten erzählt.

Der Autor ist mir durch Picknick auf dem Eis bekannt, was mir auch sehr gut gefallen hatte. Das ist aber jetzt schon ganz lange her. Ich hatte das Buch gelesen, bevor ich einen Bücherblog eröffnet hatte. Ich wollte noch weitere Bücher von dem Autor lesen, und irgendwie, weil ich noch so viele andere Favoriten hatte, habe ich Kurkow aus den Augen verloren. Das ist der Grund, weshalb ich auf meinem Blog alle Lieblingsschriftsteller aufgereiht habe, damit mir keiner mehr verloren geht.  

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 445 Seiten
·         Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (24. Juli 2019)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3257070829

Hier geht es zu der Verlagsseite von Diogenes.

Hier geht es zu meiner Buchbesprechung. 


Mittwoch, 23. Oktober 2019

Henning Mankell / Die italienischen Schuhe (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Nun habe ich gestern mein 24. Buch in diesem Jahr beendet.

Das Buch war nicht schlecht, aber es hat mich nicht richtig gefangen. Mal schauen, was ich aus mir heraus noch quetschen werde. Wenn ich nicht viel in mir finden kann, was das Buch angestoßen haben könnte, dann wird es eine kurze Besprechung geben. Aber die Sprache fand ich sehr schön. Ruhig und besinnend.

Hier geht es zur Buchvorstellung; zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu meinen ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Der Roman behandelt die Lebensweise einer recht einsamen Figur von 66 Jahren. Sein Name ist Fredrik Welin. Fredrik Welin ist Rentner, von Beruf war er ein orthopädischer Chirurg. Sein Vater hatte in einer Kneipe gearbeitet, während seine Mutter Hausfrau war.
Ein Mann von sechsundsechzig Jahren, finanziell unabhängig, der eine Erinnerung in sich trägt, die ihn ständig plagt. Ich bin in einer Armut aufgewachsen, die man sich heute in diesem Land kaum noch vorstellen kann. Mein Vater war ein übergewichtiger Kellner, den man häufig schikanierte, und meine Mutter versuchte, mit dem Geld auszukommen.

Deshalb ist es nicht selbstverständlich, dass der junge Welin es zu einem Studium gebracht hat. Sein Vater hatte ihn dahingehend unterstützt. Trotzdem hatte er keine einfache Kindheit, da seine Eltern ständig Ehekrach hatten, und sich die Mutter häufig weinend zurückgezogen hatte, und der Vater mit Zinnsoldaten spielte. Seine Art, mit dem dauerhaften Ehekrach fertig zu werden, in dem er seine Wut über die Zinnsoldaten zum Ausdruck brachte.

Der junge Welin verliebte sich in jungen Jahren in ein gleichaltriges Mädchen namens Harriet Hörnfeld, das war vor knapp vierzig Jahren.

Welin zog es damals nach Amerika, ohne sich von Harriet zu verabschieden, und brach somit durch seine Gedankenlosigkeit die Beziehung zu ihr ab, und ahnt nicht, welche weitreichende Folgen sein Fortgehen mit sich brachte. In Wirklichkeit flüchtete er regelrecht vor Harriet, da er ihr übermäßiges Verlangen nach Nähe nicht erwidern konnte.

Nun lebt der alte Welin mit einem alten Hund, einer alten Katze und mit einem alten Ameisenhügel im Haus auf einer einsamen Insel, auf den Stockholmer Schären. Völlig abgeschieden. Er bekommt lediglich Besuch von dem Postboten Jure Jansson, der mit seinem Hypochonder-Syndrom auch ein wenig schräg zu sein scheint. Da Welin durch sein zurückgezogenes Leben wenig Post von anderen Menschen bekommt, bringt Jansson ihm mit seinem Hydrokopter Werbeprospekte, die Welin eigentlich gar nicht haben wollte. Aber er hatte keine Chance, der Postbote kam immer wieder mit lästigem Werbematerial.
Das Leben handelt nicht von Sonderangeboten, versuchte ich ihm zu erklären. Das Leben handelt von etwas Wesentlichem. (18)

Was meinte er damit? Das wurde schließlich auf den nächsten Seiten deutlich.
Jeden Morgen hackt Welin bei Minus 19 Grad ein Loch ins Eis, damit er darin völlig nackt baden konnte, um sich selbst spüren zu können.

Eines Tages steht eine dunkle Gestalt auf dem Eis etwas entfernt von seinem Haus, eine ältere Person mit einem Rollator, wie Welin durch das Fernglas erkennen kann. Welin erkennt sofort seine Jugendliebe Harriet wieder. Harriet hat ihr ganzes Leben nicht verwinden können, dass Welin sie ohne ein Wort verlassen hatte. Außerdem hatte er noch ein Versprechen nicht eingehalten, das Harriet dazu bewogen hat, Welin nach so langer Zeit neu aufzusuchen, um ihn zu zwingen, dieses Versprechen endlich einzulösen. Doch hinter dem Versprechen verbirgt sich noch viel mehr ... 

Harriet ist sterbenskrank, weshalb sie unbedingt Welin aufsuchen musste, damit sie noch vor ihrem Tod sämtliche Fronten mit ihm klären konnte.

Das Leben durch Harriet bekommt für Welin eine absolute Wende.

Aber Harriet ist nicht die einzige Frau, mit der er es hier zu tun bekommt. Auf der Insel hat Weli genug Zeit nachzudenken. Als er beruflich noch als Chirurg tätig war, begann er an einer Patientin, die musisch begabt war, einen Kunstfehler. Die 33-jährige Patientin hieß Agnes und sie war damals noch sehr jung, knapp über zwanzig. Agnes wurde an ihrem Arm ein bösartiger Tumor diagnostiziert, der nicht herauszuoperieren war, ohne den Arm abzunehmen. Der Arm wurde von Welin amputiert. Später stellte sich heraus, dass es der falsche Arm war, der abgenommen wurde. Die Musikkarriere dieses Mädchens war dahin.

Obwohl Welin angezeigt wurde, hatte er noch immer ein schlechtes Gewissen dieser Patientin gegenüber. Er nimmt nun Kontakt zu ihr auf. Agnes stößt Welin nicht ab, und so entsteht zwischen beiden ein dauerhafter Kontakt. Hierbei erfährt Welin, dass Agnes in ihrer Wohnung ein Betreuungsheim leitet, indem sie Flüchtlingsmädchen bei sich aufgenommen hat. Alle Mädchen sind durch den erfahrenen Krieg aus der Heimat stark traumatisiert und dadurch psychisch sehr auffällig.

Welche Szenen haben mir gar nicht gefallen?
Es kann sein, dass Mankell mit diesem Buch ein Tabubrecher ist. Hier wird der Tod behandelt, aber nicht nur durch die krebskranke Harriet. Das Alter spiegelt sich auch in den Haustieren von Welin wider. Nicht mehr lange und so hatte auch sein alter Hund sein Leben ausgehaucht. Welin begräbt ihn im Garten vor seinem Haus. Tage oder Wochen später gräbt er das Grab wieder auf und nimmt teil an der Verwesung des Hundes, der überall mit Maden gesät war. Vor allem der Darm sah sehr parasitär aus. Er holte seine alte Katze und setzte sie auf den verwesenden Hund. Die Katze schrie und rannte schleunigst davon.

Ich finde die Handlung mit dem Hund und der Katze eine sehr perverse Szene, dass ich mich fragen musste, was hat den Autor dazu bewogen, diese Szenen aufzuschreiben? Und auch noch die Katze auf den verwesenden Hund zu setzen, grauenvoll.

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Mir hat es gefallen, dass Welins Vater, der es beruflich nicht ganz einfach hatte, seinen Sohn auf die höhere Schule und auf die Universität geschickt hatte.

Welche Figur war für mich ein Sympathieträger?
Mich haben alle Figuren kalt gelassen.

Welche Figur war mir antipathisch?
Kann ich nicht beantworten. Keine Figur hat mich positiv oder negativ berührt. Ich stehe ihnen neutral gegenüber.

Meine Identifikationsfigur
Keine.

Cover und Buchtitel
Das Cover finde ich passend, der Buchtitel ist mir nicht ganz schlüssig gewesen. Es gibt zwei Metapher. In einem Zimmer von Welin befindet sich ein Ameisenhügel, den er erst am Ende seiner Geschichte entfernt. Dann die italienischen Schuhe. Der Ameisenhügel könnte symbolisch für Fleiß und Strebsamkeit stehen, während die italienischen Schuhe genau das Gegenteil ausdrücken könnten. Denn Welin lässt sich von einem virtuosen italienischen Schuhmacher perfekte Schuhe anfertigen, für die der Schuster aber ein Jahr benötigt. Dieser italienische Schuster zog auch eine einsame Lebensform vor, weshalb er der Stadt, das hektische Treiben, den Rücken zugekehrt hatte. Hier auf der Insel kann er sich so viel Zeit lassen, wie er braucht, um gute Schuhe herzustellen.
Ich wuchs in einem Niemandsland auf, zwischen Tränen und Zinnsoldaten. Und mit einem Vater, der hartnäckig behauptet, dass das, was einen Kellner mit einem Opernsänger verbinde, die Notwendigkeit sei, bei der Arbeit ordentliche Schuhe zu tragen. (14)
Aber diese Metapher passen nicht so recht ins Konzept. Wirken ohne Zusammenhänge. Man bekommt es schließlich hier nicht mit arbeitswilligen und mit faulen Menschen im Ganzen zu tun.

Zum Schreibkonzept
Der Roman ist aus der Ichperspektive des Fredrik Welin geschrieben. Er besteht auf den 364 Seiten aus vier Teilen, die aber nicht nummeriert sind. Nummeriert sind die Kapitel. Nach jedem neuen Teil beginnen die Kapitel wieder von neuem in der Aufzählung. 

Meine Meinung
Die Geschichte in diesem Roman wirkte auf mich alles andere als authentisch. Mich hat sie nicht überzeugen können. Lediglich den ruhigen Schreibstil fand ich sehr angenehm. Alle Figuren waren in ihrer Art einsame Figuren, nicht nur die, die einsam auf der Insel ihr Leben gefristet haben. Außerdem hat der Autor sehr klischeehaft geschrieben. Welin wurde z. B. in Rom ausgeraubt. Und ein Mädchen namens Sima aus Agnes´ Betreuungsheim konnte die schwierigsten Autoschlösser knacken, die es von einem Italiener beigebracht bekommen hat. 
Sima hatte einmal einen Freund, Filippo hieß er, ein freundlicher junger Mann aus Italien, der ihr alles darüber beibrachte, wie man verschlossene Autos knackt und Motoren startet. (210)

Mankells Vater war Jurist, sodass der Sohn an der Quelle kriminalistischer Fälle saß. Es gibt auch in Schweden Verbrecher*innen sämtlicher Couleurs. Warum aber wählen nordische Autor*innen immer wieder Italiener, die sie zu Tätern ihrer Figuren machen? Das Böse immer schön im Außen suchen und nie bei sich selbst. Wie feige ist das denn?

Der Schwede setzt sich hier wiedermal ins beste Licht, auch was die Aufnahme von Flüchtlingskindern betrifft. Warum schreibt der Autor nicht über die rechte Partei, die in Schweden zusammen mit den Sozialdemokraten eine Regierung gebildet hat? Viele Schweden lehnen Ausländer*innen vehement ab. 

Mein Fazit
Würde ich kein zweites Mal lesen. 

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
0 Punkte: Frei von Stereotypen,Vorurteilen, Klischees und Rassismus
0 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Hat mir die Geschichte an sich gut gefallen?
Trotz mittelmäßiger Bewertung meinerseits nur mittelmäßig.
Sechs von zwölf Punkten.

______________
Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)

Gelesene Bücher 2019: 24
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
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Gelesene Bücher 2014: 88
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Sonntag, 20. Oktober 2019

Frankfurter Buchmesse 2019



Die diesjährige Buchmesse, vom 16.10.19 bis 20.10.19 ist für mich seit gestern Abend vorbei, obwohl ich die Absicht hatte, auch heute nach Frankfurt zu fahren. Es war gestern dermaßen voll, dass ich heute Morgen das Bedürfnis verspürt hatte, doch zu Hause zu bleiben und meine Zeit mit meinen Katzen und mit meinen Büchern zu verbringen. Außerdem wollte ich noch meine Schätze betrachten und genießen, da ich die erworbenen Buchgegenstände abends irgendwo hingelegt hatte, ohne sie richtig genossen zu haben, weil ich mir das für einen günstigeren Zeitpunkt aufheben wollte. Denn relativ spät von der Messe heimgekommen war auch der Abend schnell rum.


Dieses Jahr hatte ich ein wenig meine Strategie geändert. Ich wollte die Buchmesse mehr genießen, in der Form, mich mehr treiben zu lassen, und nicht mehr von einer Lesung zur nächsten hetzen. Nun waren aber auch keine Lieblingsschriftsteller*innen dabei, sodass ich dadurch auch weniger Lesungen verfolgt hatte. Der Diogenes-Verlag stellte neue Autor*innen vor, von denen zwei noch zu meinen Favoriten sich entwickeln könnten.

Ich werde jeden Tag einen Messebesuch hier einpflegen. Bitte runterscrollen, um auf weitere Messebesuche zu gelangen.

Mein erster Tag, Mittwoch, den 16.10.2019
Es fing schon gut an. Die erste Veranstaltung mit Joachim Gauck hatte ich verpasst. Im ARD-Forum sprach er über: Toleranz: Einfach Schwer. Ein politisches, kritisches Wortspiel.

Schade. Ich war nicht pünktlich genug. Ich weiß nicht mehr, was der Grund war, ihn zu verpassen. Ärgerlich, aber man sollte sich von den Hobbys nicht stressen lassen, was mir auch meine Bücherfreundin Ina D. schon versucht hatte, zu vermitteln. Da mein nächster Favorit, Karsten Brensing, erst am Nachmittag auftreten sollte, nutzte ich die Zeit, durch die Hallen zwischen 3.0 / 3.1 und 4.1 zu schlendern. Sooo viele schöne Dinge gab es zu sehen, die ich verpasst hätte, wenn ich nur Vorträgen den Vorrang gegeben hätte. So viele schöne Bücher. In der Halle 4.1 gab es einen wunderbaren Künstler, der Buchstützen sämtlicher Autor*innen aus alten und modernen Klassikern selbst hergestellt hat. Ich habe mich sofort in sie verliebt, sodass ich mir einen Dickens und einen Proust gekauft habe. Ich wurde stolze Besitzerin dieser Buchstützen, die ich eigentlich gar nicht zum Stützen meiner Bücher benötigt habe, da die Bücher durch die Regale gestützt sind, sie sich aber zu schönen Schmuckstücken meiner Bücherschränke machen.



Ich musste dabei an Benedikt Wells denken, an sein Buch Die Wahrheit über das Lügen. Jede Menge schöne Kurzgeschichten aber eine Kurzgeschichte hatte es mir besonders angetan, und zwar Die Nacht der Bücher. In einer Bibliothek werden die Bücher richtig aktiv, wenn der Hausmeister am Abend seinen Dienst vollendet hat. Wer will, kann hier meine Rezension auf meinem Blog zu dieser Geschichte lesen. Auch hier hatte ich das Gefühl, dass diese stillen Autor*innen erst richtig in Fahrt kommen, wenn es Nacht wird und alle Menschen die Hallen wieder verlassen haben. Viele sind neidisch, dass sie nicht würdig waren, Aufmerksamkeit zu erregen, um sie aus der Enge und der muffigen Luft rauszulassen, um in ein anderes Leben getragen zu werden, während andere besondere Beliebtheit genießen durften. Diese durften nämlich die Regale verlassen und in ein wohnliches, gemütliches Heim einziehen. Ja, Charles Dickens und Marcel Proust habe ich mit nach Hause genommen. Sie haben sich beide in meinen Regalen so schön gemacht, dass ich beschlossen hatte, zwei weitere Autoren zu adoptieren. Kafka und Obama sollten die nächsten beiden sein, die ich aus ihren engen Löschern befreien wollte. 





Für Marcel Proust muss ich noch einen besseren Platz finden. Das mache ich, wenn ich alle Berichte geschrieben habe.

Und hier geht es zur Website von dem Künstler Bernhard Siller. 

Anschließend bin ich an den ZDF-Stand gelaufen, an dem mich die Heinzelmännchen angelacht haben, die mich ja auch in meinem frühen Leben sehr geprägt haben. Seit über zwanzig Jahren besitze ich keinen TV-Anschluss mehr. Das bedeutet, dass ich weder ZDF noch ARD verfolge. Es war schön, diese kleinen Männchen wieder zu sehen. Drei in Miniatur habe ich mir sogar gekauft und mir ins Regal gestellt, wo meine kleine DVD-Sammlung steht. Das ZDF feiert sein 70-jähriges Jubiläum. Wer mehr erfahren möchte, kann dies auch auf Wikipedia nachlesen. 






Ich hatte noch weitere wunderschöne Entdeckungen gemacht. Ich habe mir mehrere Buchhocker gekauft, drei mit Buchmotiven und einen mit mehreren Globen darauf. Sie machen sich wunderschön in meiner Wohnung. 



Ich habe nicht alle vier auf einmal nach Hause geschleppt. Ich musste erst Mal testen, welches Bild sie zu Hause abgeben. Und weil sie den Test bestanden haben, habe ich die anderen noch nachgekauft. 

Nun wurde es Zeit, mich auf den Weg ins ARD-Forum zu begeben, um Karsten Brensing nicht auch noch zu verpassen.


16:00 – 16:30 Uhr, Karsten Brensing und Katrin Linke
 ARD-Bühne

Karsten Brensing und Katrin Linke, beide Jahrgang 1967, sind verheiratet und kommen aus Erfurt.
Eine Liebe ohne Grenzen – Sommer 1988 / 89

Die Flucht aus der DDR
Mein erster Tag begann mit Karsten Brensing und Katia Linke, beide ehemalige DDR – Bürger, die im Alter von 21 Jahren, kurz vor dem Mauerfall, aus der DDR geflüchtet sind.

Karsten Brensing ist mir bekannt durch ein naturwissenschaftliches Buch über die Tierkommunikation, das ich vor einem Jahr gelesen und auf meinem Blog rezensiert hatte.
Für die Flucht aus der DDR hatten sie beide ein Jahr Vorbereitungszeit benötigt mit zehn Plänen, falls die Flucht scheitern sollte. Brensing wollte schon mit 14 Jahren unbedingt die DDR verlassen.

Der Bruder von Katrin hatte erst mal einen Antrag auf Ausreise gestellt. Sie empfanden beide einen  Hass auf das System. Linke hatte ein Familienmitglied, das in der BRD lebte, und es durch einen Todesfall verloren hatte und sie unbedingt an der Beerdigung teilnehmen wollte. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Brensing war als Rettungsschwimmer tätig, und Linke war am Theater eingestellt und beauftragte abends die Garderobe der Besucher*innen. Linke wollte eigentlich studieren, aber sie bekam keinen Studienplatz. Erst in Westdeutschland konnte sie ein Studium aufnehmen und hat Journalismus studiert.

Brensing studierte Biologie, und ist heute auch als Schriftsteller tätig.

Was hat sie geprägt? Was macht sie anders verglichen mit anderen Deutschen?
Sie wären die letzte Generation ihres Landes, die in einer Diktatur aufgewachsen seien. Sie hätten Grenzen eingerissen.
Brensing geht auf die aktuelle politische Lage in Europa ein und erwähnt England mit seinem Brexit. Beide würden es als erschreckend erleben, dass die Engländer*innen neue Grenzen schaffen würden. Sie würden die heutige politische Entwicklung nicht verstehen.
Das Buch, Liebe ohne Grenzen, sei als ein Plädoyer zu begreifen. Es sei kein Geschichtsbuch, aber ein Erzählbuch über die Geschichte. Beinhaltet aber auch eine Liebesgeschichte. Brensing und Linke zeigen Toleranz gegenüber den Menschen, die nicht aus der DDR geflüchtet sind, denn jede Entscheidung habe ihre Berechtigung.
Brensing ist über die Donau, durch Ungarn, in die Freiheit geschwommen. Durch ihre Erlebnisse mit einem autoritären Staat können sie sich gut in andere Flüchtlinge hineinversetzen und sind politisch aktiv, um ihnen zu helfen.


Nach dem Interview machte ich mich so langsam auf, nach Hause zu fahren. Ich freute mich auf den morgigen Tag, an dem ich meine Blogerfreundin Ina D. treffen sollte. Der morgige Plan ist vollgepackt. Ich bin neugierig, was ich davon umsetzen werde. 

Persönliche Gedanken
Brensing und Linke haben mich bis nach Hause noch sehr beschäftigt. Vor allem die Frage, was macht sie als Deutsche von anderen Deutschen anders? Ich übertrug diese Frage auf mich und auf meine Herkunft. Was macht mich als Deutsche von anderen Deutschen anders? Als Kind von ehemaligen Gastarbeiter*innen, schrecklich dieser Ausdruck, sind wir mit Rassismus groß geworden. Mehr meine Geschwister, ich hatte ganz andere Probleme. Ständig waren wir die dreckigen Italiener*innen und die Spaghettifresser*innen, nicht zu denken, dass die Deutschen heute selber Spaghetti fressen. Eine damalige Freundin von uns wurde von einem anderen Freund erpresst, wenn sie weiter mit uns spielen würde, drohte er ihr, die Freundschaft aufzulösen. Zu Hause hatten wir wirklich zweisprachig gelebt und auch die Küche war nicht national, sondern binational. Mir machte das zu schaffen, dass wir als dreckige Ausländerkinder galten, wurden wir doch von unserer Mutter bestraft, wenn wir mit schmutzigen oder zerrissenen Kleidern vom Spielen nach Hause kamen. Und so wollte ich nie Italienerin sein. Weil es weh tat, nicht dazuzugehören. 

Wir sahen nicht besonders südländisch aus, als Kinder waren wir sogar blond, aber der Akzent meiner Eltern verriet deren Herkunft. Noch heute ist es schwer, als Deutsche anerkannt zu werden, weil wir einen fremden Namen tragen. Vor allem die ältere Generation macht unsere Herkunft an den Genen unserer Eltern fest. Klar trage ich die Gene meiner Eltern, was z. B. der Körperbau betrifft, aber eine Sprache wird nicht genetisch gesteuert, und auch anderes Kulturgut ebenso wenig. Eine Identität ist eine Entwicklung, die in einem Prozess eingebunden ist, der eigentlich nie abgeschlossen ist. Das Gute, das aber wenige erkennen, ist, dass er sich jeder Zeit neu wandeln kann. Eine Sprache lernt man, und wir Kinder haben beides, Deutsch und Italienisch, gelernt. Wäre dies genetisch bedingt, dann müsste ein Kind ganz von selbst die Muttersprache anfangen zu sprechen. Das tut es aber nicht. 

Ich bin heute entsetzt, dass es immer noch Probleme gibt, Menschen anderer Hautfarbe, anderer Namen, anderer Ethnien als Deutsche zu akzeptieren. Aber eine Wandlung sehe ich in der jungen Generation, denn sehr häufig höre ich von ihnen, dass wir für sie Deutsche sind, ganz gleich, woher die Eltern einst kamen. Fehler werden fast immer bei den Nichtdeutschen gesucht, und wenig bei den Deutschen. Ja, ich bin Deutsche aber mit meiner eigenen Prägung. Als Kind habe ich es als Nachteil empfunden, ausländische Eltern zu haben, heute sehe ich die Vorteile. Es hat Vorteile, mit mehreren Sprachen und mit mehreren Kulturen aufzuwachsen. Es ist von Vorteil, Menschen aus mehreren Ländern zu kennen. Warum man uns ständig versucht hat, Nachteile einzureden, hat nichts mit unserer Einstellung zu tun (ich spreche hier von mir und von meinen Geschwistern), sondern mit der Einstellung vieler Deutschen. Heute sind es mein Name und meine braunen Haare, sie sagen ja noch nicht einmal braune Haare, sie sagen dunkel, naja, jedenfalls sind es bestimmte Eigenschaften, die mich nicht deutsch werden lassen wollen, so, als hätten Deutsch andere Eigenschaften, denn auch sie sind nicht alle blond. 

Hitler hat doch seine Spuren in den Köpfen der Menschen hinterlassen, was die äußere Zuschreibungen betreffen, auch wenn das niemand wirklich wahrhaben möchte, obwohl Hitler selber schwarzhaarig war ... Es gab schon immer eine Völkerwanderung und wir Menschen sind schon längst alle vermischt. Blond, dunkelhaarig, etc. warum ist das so wichtig? Diese Merkmale sagen nichts über den Charakter oder über die Identität eines Menschen aus.

Ähnlich wie Karsten Brensing und Katrin Linke habe auch ich ein großes Herz für alles, was als nichtdeutsch gilt. Manchmal werde ich von betroffenen Eltern angerufen und sie bitten mich, ihren Kindern in ihrer Identitätsentwicklung behilflich zu sein. Und ich helfe. Ich sage ihnen, dass sie zu ihrer deutschen Identität stehen sollen und sie sich bloß nicht ausreden lassen dürfen. Ich übermittle wichtige Bücher, die ihnen helfen, mit dieser besonderen Ressource konstruktiv umzugehen, denn sie brauchen Menschen, die ihnen das vorleben, was sie in sich tragen, ohne die Herkunft der Eltern zu verleugnen. Wir üben dies im Rollenspiel und durch verschiedene reflektive Gespräche. 

Da gab es im Jahr 2000 politisch eine Wende, dass Kinder, deren Eltern mindestens acht Jahre in Deutschland leben, sie von Geburt Deutsche sind. Das ist doch eine wichtige Wandlung, die aber leider noch nicht bis in die deutsche Gesellschaft durchgedrungen ist. Ich erinnere mich an Daniel Kehlmann, der gesagt hat, Heimat ist dort, wo man die Kindheit verbracht hat. Aber für manche ist Heimat dort, wo sie ihre Zelte aufgeschlagen haben und dort auch geblieben sind und betrachten das Aufnahmeland als ihre Wahlheimat, obwohl sie ihre Kindheit woanders zugebracht haben. 

Es gibt Erwachsene, die haben zwei und drei Identitäten und das ist auch in Ordnung. Die Identität als Weltmensch, die auch ich habe, kann man leider in keinen Pass eintragen lassen, und so bleibt sie in mir als eine ideelle Identität haften.

Und in der Literatur ist Rassismus ganz stark vertreten, besonders den Italiener*innen gegenüber. An der Uni damals wurde uns in der Migrationspädagogik aufgezeigt, woran man den Rassismus in Lehrbüchern und in der Literatur erkennen kann. 

Brensing, Linke, ich, und viele andere Menschen unserer Lage bezeichne ich als Erfahrensexperten. Ein Potential, das viele nicht haben. Aber ich verfüge nicht nur über persönliche Erfahrungen, ich bringe auch theoretisches Wissen mit, das sich mir in meinem Studium damals in der Migrationspädagogik ergeben hat. Zahlreiche empirische Studien sind darüber schon erfolgt, mit dem Ergebnis, das sich mit meinen Gedanken und mit meinen Erfahrungen gedeckt hat. Darüber zu schreiben, würde den Rahmen sprengen. Es wird sich noch an anderer Stelle Gelegenheiten bieten, über die Ergebnisse der empirischen Studien zu schreiben. Aber ich möchte auch nicht behaupten, dass alle in meiner Lage eine deutsche Identität entwickeln. Es gibt recht viele, die sich damit nicht befasst haben, weil ihnen Vorbilder gefehlt haben und sie unbewusst die Identität ihrer Eltern übernommen haben, die ihnen anerzogen wurde. 

Eins möchte ich aber noch sagen, denn ich sehe es ähnlich wie Brensing, wenn andere sich für die Identität ihrer Eltern entschieden haben, dann respektiere ich das ganz genauso. Jeder hat ein Anrecht auf seine eigene Entscheidung.

Ich danke Karsten Brensing und Katrin Linke für ihre Offenheit, die mir Mut gemacht hat, auch offen über meine Geschichte zu sprechen. Vor einem Jahr wäre ich dazu noch gar nicht in der Lage gewesen.

Morgen geht es mit dem zweiten Messebericht weiter. 

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Mein zweiter Tag, Donnerstag, den 17.10.2019

Meine erste Veranstaltung begann an diesem Tag erst um 12:30 Uhr, sodass ich eine Stunde später nach Frankfurt gefahren bin. Auf dem Messegelände sah ich Asterix. Ina meinte, dass die Figur schon letztes Jahr da gewesen war, was mir letztes Jahr aber noch gar nicht aufgefallen ist. Ich bin häufig sehr introvertiert, sehr stark nach innen gekehrt, dass ich gar nicht immer merke, was sich draußen so alles tut.



12:30-13:00 Uhr Anselm Grün
das blaue sofa, Halle 3.1
Thema: Den Zweifel umarmen

Zweifel seien natürlich, die zum Menschsein dazugehören würden. Wer nur glaubt, ohne auch zu zweifeln, der läuft Gefahr, den Glauben zu fundamentalisieren. Die Frage, was Christus für Anselm Grün bedeutet? Der Glaube müsse durch den Zweifel immer wieder aufs Neue erfahren werden.

Worin würde der Unterschied zwischen Zweifel uns der Skepsis bestehen? Die Skepsis blockt Gedanken ab; Leute, die alles anzweifeln, meist seien Wissenschaftler*innen damit gemeint. Der Zweifel ist das Wartezimmer der Erkenntnis. 

Zweifel und Glauben würden zusammengehören. Auch in der Bibel könne man Geschichten finden, in denen Gläubige an ihrem Glauben zweifeln. Der Mensch möchte sich nicht immer einem Priester anschließen und sich von ihm leiten lassen. Er möchte den Glauben selbst erfahren. Wer aus dem Zweifel nicht hinausfindet, findet jederzeit 1000 Gründe, um nicht glauben zu müssen.

Auch Zweifler hätten keine absolute Gewissheit; den Zweifel anzweifeln. Anselm Grün wird philophisch, wenn er sagt, dass man über den Zweifel zweifeln sollte. 34% der Gläubige schaffen es, ihre Zweifel zu überwinden. Anselm Grün zitiert Nietzsche: Wenn Verzweiflung und Sehnsucht sich paaren, würde Mystik entstehen. Das soll Nietzsche gesagt haben? Nietzsche war ein absoluter Nihilist.

Dieses Thema hat mich nicht wirklich gepackt, mehr hätte mich seine andere Thematik interessiert, über die Anselm Grün am Nachmittag referiert hat. Zu einer Uhrzeit, in der ich literarisch woanders unterwegs sein wollte. Sein Vortrag: Achten statt Ächten hätte mich sehr interessiert. Ich habe mal auf Youtube geschaut, aber ich konnte den Vortrag hier noch nicht finden. Anselm Grün interessiert mich für meine Arbeit mit unseren Klient*innen, denn es gibt einige, die ihn richtig lieben.


Nach Anselm Grün habe ich Ina getroffen, die gestern mit ihrer Freundin Sabine von Niedersachsen nach Frankfurt angereist kam. Unterkunft für mehrere Tage fanden sie im Hotel in DA am Hauptbahnhof. Ina ist von Kind auf gehbehindert und ist auf einen Gehstock angewiesen. Doch auf der BM reicht ein Gehstock nicht aus, und so hat man die Möglichkeit, sich dort einen Elektro-Scooter auszuleihen, was mit vielen Umständen verbunden war. Obwohl sie beide rechtzeitig von DA nach Frankfurt angefahren kamen, haben sie gefühlt eine halbe Ewigkeit gebraucht, bis sie die Anlaufstelle finden konnten, die sie zu dem Scooter geführt hat. Nirgends gab es Ausschilderungen, und als sie schließlich fündig geworden sind, hat es noch mal gedauert, bis alles abgewickelt wurde. Als barrierefrei kann man die Buchmesse leider noch nicht bezeichnen. Zu teuer für ärmere Menschen und zu umständlich für behinderte Menschen. Zu wenige Schilder, die zu einem Aufzug führten. Man musste sich durchfragen.


Nun kann ich natürlich verstehen, weshalb Ina neben dem Bücherblog noch einen anderen Blog betreibt. Ein Blog, der von frustrierten Missständen erzählt, die man als ein behinderter Mensch draußen in der Welt so macht. Ich lese ihre Beiträge nun mit einer ganz anderen Brille. Ina habe ich als eine sehr sympathische und interessante Bloggerkollegin erlebt, sodass ich froh bin, sie nun auch real erlebt zu haben. 

Wir waren gemeinsam Essen, haben ein norwegisches Nationalgericht eingenommen.


Ich hatte ein vegetarisches Menü, dazu noch das Kaffeestückchen, das ein wenig wie die schwedische Zimtschnecke geschmeckt hatte.

Um 15:00 Uhr ist Ina ins Pavillon, um die Veranstaltung zu besuchen: Was macht die Liebe zum Buch aus? Hätte mich so im Nachhinein auch interessiert aber ich wollte Adler Olsen kennenlernen. Ich werde den Blogbeitrag später mit dem Beitrag von Ina verlinken.  

In meinem Abschlussbericht möchte ich noch schreiben, wie barrierefrei die Buchmesse wirklich noch werden kann.

Meine nächste Veranstaltung begann um 15:30 Uhr. Jussi Adler Olsen. Eigentlich nicht mein Favorit, aber ich wollte ihm eine Chance geben. Der Autor schreibt Krimis. Er wird es schwer haben mit mir, da ich keine Krimileserin bin. Einen Krimi von ihm hatte ich vor längerer Zeit über den Nationalsozialismus gelesen, der von der Thematik her recht interessant klang, mich aber nicht überzeugen konnte. Viel zu künstlich. Man merkte, dass dieser Roman eine Fiktion war, wenig authentisch.

Ich hatte aber noch ein bisschen Zeit und bin wieder zu den Buchstützen gegangen, um Franz Kafka und Barak Obama zu erwerben. Sie waren anders als Dickens und Proust. Die beiden wurden so konstruiert, dass sie mit ihren Köpfen aus den Regalen schauen konnten.


Ich habe Probleme die Buchstützen dorthin zu positionieren, wo auch deren Bücher stehen, da die Bücher ausgerechnet dort stehen, wo ich die Buchstützen nicht unterstellen kann, weil die Höhe dafür nicht ausreicht. Ich werde die Bücher komplett umstellen müssen, wenn ich wirklich alles an einem Platz haben möchte. 



Jussi Adler Olsen
3.0 / D56
15:30 – 16:00 Uhr
Opfer 2117

Mit meinen beiden Autoren in meiner Tasche begab ich mich in die Halle 3.0 / D56, Spiegel – Stand. Ich hatte noch einen Platz erkoren können. Ich versuchte den Geist von Adler Olsen zu erfassen, ihn einzuhauchen, und musste feststellen, dass mir das nicht gelang. Die Chemie zwischen ihm und mir hat nicht gepasst. Er war mir zu einschleimend den Fans gegenüber, dass es mich geschüttelt hat. Ich kann am besten über Autor*innen schreiben, die mich innerlich berühren, die mich mitnehmen in ihrem Sog. Adler Olsen ließ mich aber kalt. Man kauft doch nicht ein Buch, um dem Autor einen Gefallen zu machen, sondern eher zum Selbstzweck. Deshalb war für mich diese Danksagung eher als ein Gesülze zu verstehen.

Er schaffte es von null auf die Bestsellerliste von 142 Ländern. 26 Millionen Bücher hat er verkauft. Zu verdanken habe er es hauptsächlich der deutschen Fangemeinde, hüstel. Olsen habe sehr spät angefangen zu schreiben. Er ist 1950 in der Hauptstadt Dänemarks geboren und hat erst 2005 zu schreiben begonnen. 

Er spricht zum Publikum:
Ich habe ein Problem und das Problem bist du. Denn die deutschen Leser*innen würden ihn viel zu gut kennen. Sie würden merken, wenn er Fehler in seinen Krimis einbauen würde. Zehn Romane zu schreiben, sei recht viel, und man würde schnell den Überblick verlieren. 

Jetzt kommt nochmals das Geschleime: Wenn eine Leser*in es schaffen würde, einen Fehler in seinen Romanen zu finden, bekäme sie/er den längsten Kuss der Welt, hüstel, hüstel.

In seinem jüngsten Buch Opfer 2117  behandelt der Autor die Flüchtlingsproblematik im Mittelmeer und hat daraus einen Krimi gemacht. Eine bestimmte Person mit der Nummer 2117 sei gemeint und er wollte ausdrücken, dass sich hinter einer Nummer ein Mensch befinden würde.



Ich erhob mich, und verließ Olsen, da ich mich um 16:00 Uhr ins Pavillon begeben wollte. Ich war aber nicht traurig, ihn nicht bis zum Schluss gehört zu haben. Im Pavillon fand eine  Diogenes - Talk Runde mit verschiedenen Autor*innen statt, der ich unbedingt teilhaben wollte.

Diogenes Talk
16:00 – 17:00 Uhr

In der Talkrunde saßen; Frau Ursula Bergenthal, Geschäftsführerin bei Diogenes, Thomas Meyer (Schweizer Autor, von Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin, Jahrgang 1974) Simone Lappert (neue Autorin von Der Sturz, Jahrgang 1983), Doris Dörrie (Deutsche Autorin von Leben, Schreiben, Atmen, Jahrgang 1955), Andrey Kurkow (Russischer Autor von Graue Bienen, Jahrgang 1961).

Ich habe den Verleger Philipp Keel sehr vermisst. Schade, dass er nicht dabei war. Er war verhindert und es hat ihn die Geschäftsführerin Ursula Bergenthal vertreten. Ich mag Keels Humor sehr gerne.

Mal schauen, was ich aus dieser großen Runde wiedergeben kann. Zu Beginn hatte sich Simone Lappert stehend vor das Publikum gestellt, und den Prolog aus ihrem Buch frei heraus rezitiert. Allein mit ihrer Stimme gab sie den Prolog wie eine Schauspielerin wieder. Sie hatte mich stark beeindruckt. Aber ich möchte die Reihenfolge einhalten. 


Auf dem Foto vorne Simone Lappert abgebildet. Im Hintergrund rechts die Geschäftsführerin von Diogenes Ursula Bergenthal. Interessanter Name, der wunderbar zur Schweiz passt. Links von ihr sitzt Thomas Meyer, mit dem ich nicht ganz warm geworden bin. Die Dame mit den Locken ganz links ist die Moderatorin dieser Talkrunde. 

Im nächsten Foto unten sind weitere zwei Autor*innen zu sehen. Doris Dörrie und Andrey Kurkow.


Der Geschäftsführerin Ursula Bergenthal wurden folgende Fragen gestellt:
Wie viele Manuskripte landen pro Jahr auf ihrem Schreibtisch? 2000 Stück.
Wer entscheidet, welches Manuskript angenommen wird und welches wieder zurückgeht?
Sie führen eine Käseprobe durch: Man bohrt Löscher in den Text, und wenn es immer noch Spaß macht zu lesen, wird dieses Manuskript angenommen. Diese Textprobe war sicher symbolisch gemeint.

Thomas Meyer?: Wenn man schreibt, dann schreibt man immer über sich selbst.

Simone Lappert: Nichts kommt aus einem heraus, was nicht irgendwann hineingegangen ist. Schreiben heißt, die Welt einatmen. Was Texte mit einem tun, ist recht viel.

Frage an Simone Lappert: Wie kommt man an Ideen? Gibt es ein Konzept? Nein, es gibt keine vorgefertigte Idee. Sie würde sich den Weg von den Figuren vorgeben lassen.

In ihrem Roman steht eine Frau auf einem Dach und möchte springen. Unten stehen Gaffer und warten nur darauf, dass die Frau springt. Eine Frau unten sagte, so eine wie die da oben sollte man erschießen. Simone Lappert hatte das sehr bewegt und sie fragte sich, was diese Frau dazu bewogen hatte, so einen Satz von sich zu geben? Simone Lappert musste ihre Figuren auch erst kennenlernen. Sie musste real selbst auf das Dach steigen, um zu begreifen, was es heißt, vom Dach springen zu wollen. Ihre Figuren seien unzufrieden mit ihrer Lebenssituation.

Doris Dörrie: Wir sind zu 30 % in uns Antisemiten. Das Böse, das sind nicht nur die anderen Menschen. Sie empfiehlt, diese Abgründe hochholen und darüber schreiben. Sie könne jedem innerhalb von zehn Minuten das Schreiben beibringen. Innere Abgründe bewusst werden lassen. Jeder Mensch würde einen inneren Reichtum besitzen. Wir alle sind Fiktion.

Nun noch ein paar Sätze zu Andrey Kurkows Buch Graue Bienen.
Kurkow spricht 6 bis 12 Sprachen, je nach dem, wie aktiv er mit den jeweiligen Ländern zu tun bekommt. Er behandelt mit seinem Buchtitel Graue Bienen einen Kriegsroman. Seit 2014 gibt es jeden Tag Tote und Verletzte. In der Ukraine? Gäbe es über 300 Bücher, die über Kriege berichten. Diese Bücher sind von Soldaten geschrieben aber zu wenige von Zivilisten. Ich bin sehr neugierig auf dieses Buch, das ich unbedingt lesen möchte.

Mit Thomas Meyer konnte ich nicht warm werden, wobei das Buchcover mir sehr gefallen hat.

Meine persönlichen Gedanken, die sich mir erneut auf dem Weg nach Hause ergeben haben
Wenn Doris Dörrie tatsächlich jedem das Schreiben beibringen könnte, dann hätten die Verlage echt ein Problem. Dann wären wir alle Schriftsteller*innen. Ich habe früher viel geschrieben, und möchte mir derzeit kein weiteres Hobby anlasten, weshalb ich das Buch nicht lesen möchte. Zeitlich gesehen schaffe ich noch nicht mal mehr, meine aktuellen Hobbys, Lesen und Musizieren, so zu betreiben, wie ich es gerne hätte. Aber Doris Dörrie hat mir auch Mut gemacht. Was das Schreiben insgesamt angeht. Meine Rezensionen weiter so zu verfassen, wie ich es selbst für richtig halte. Ich habe mich mit Simone Lappert identifiziert in der Form, dass mich Dinge aus Büchern und / oder aus dem realen Leben innerlich dermaßen beschäftigen, dass ich immer Stoff hätte, darüber zu schreiben. Und manche dieser Dinge passen thematisch in meinen Buchbesprechungen, die mir den Anstoß geben, das raus zu lassen, was in mir denkt. Doris Dörre macht mir Mut, das, was sich innerlich in mir durch ein Buch bewegt, darüber zu schreiben, auch wenn meine Rezensionen dadurch persönlich werden. Aber jetzt mache ich mich nicht mehr fertig deswegen, nein, denn mittlerweile finde ich es sogar richtig spannend, meinen eigenen Gedanken zuzuhören, die mir zuvor noch gar nicht bewusst waren, die ein Buch in mir geweckt hat. Jeder Autor der Belletristik schreibt subjektiv, jeder Autor schreibt in Metaphern gepackt über sich selbst. Und trotzdem lieben wir die Autor*innen, sonst müssten wir alle nur noch Fachbücher lesen. Katrine Engbert hatte letztes Jahr auf der Buchmesse verlauten lassen, dass auch wir, die Rezensionen schreiben, Autor*innen wären, und sie gab uns auf dem Weg mit, in uns zu horchen, was ein gelesenes Buch mit uns macht, und dem Ausdruck verleihen. Nichts anderes tue ich. 

Ich habe früher selber viele fiktive Kurzgeschichten geschrieben. Zwei Mal wurde ich auch auserwählt. Einmal als die Stadt Darmstadt Nachwuchsautor*innen gesucht hatte, um eine Schreibwerkstatt zu gründen, die von einem Darmstädter Schriftsteller, Kurt Drawert, geleitet und moderiert wurde. Von mehr als 300 Bewerber*innen wurde ich eine von zwölf anderen auserwählt. Auch an der Uni wurde ich ausgewählt, nach dem meine eingereichten Textproben bestanden hatten, und ich am literarischen Projekt Kreatives Schreiben teilnehmen konnte. Ein paar Jahre später habe ich das Schreiben allerdings aufgegeben, weil ich mich selbst nicht für gut genug hielt. Ich fand jeden besser, was habe ich doch den Schreibstil anderer bewundert, nur meinen nicht. Ich konnte auf einmal nicht mehr schreiben und musste aufhören. Wahrscheinlich war das eine ernste Blockade, die mich nicht mehr losgelassen hat, auch wenn mir andere Mut zugesprochen haben. Aber ein bisschen davon habe ich mir bewahrt, was ich in diesen Schreibwerkstätten gelernt habe. Nur über das zu schreiben, was man auch wirklich kennt. Nach innen gehen, horchen und darüber schreiben. Nichts anderes sagen uns auch die Autor*innen von Diogenes. Selbst Marcel Reich-Ranicki war sehr persönlich in seinen Buchkritiken. Aber diese Lebendigkeit, diese Offenheit hat ihn sympathisch gemacht, weil er einfach authentisch war.

Dies war mein zweiter Messetag, mein zweiter Messebericht.


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Mein dritter Tag, Freitag, den 18.10.2019
Um elf Uhr begann heute meine erste Veranstaltung, an der ich einen bekannten Autor treffen konnte.

Richard David Precht
Sei du selbst
Eine Geschichte der Philosophie
Süddeutsche Zeitung
3.0 / C 103
11:00 Uhr – 11:30 Uhr

Von David Precht habe ich nur ein Buch gelesen, Tiere denken, das mir sehr gut gefallen hat. Aber sonst hat er mich nicht sonderlich angezogen. Auch auf der Messe konnte er mich nicht begeistern. Was ist los mit mir? Ich sagte ja schon zu beginn, dass keine meiner Lieblinge dieses Jahr vertreten war, schnief … Mal schauen, was ich noch zusammenkriegen kann.



Sei du selbst ist der dritte Band, der vierte ist unterwegs. Alle vier Bände bauen aufeinander auf. 

Erster Band: Erkenne die Welt, zweiter Band Erkenne dich selbst, dritter Band Sei du selbst.

Aber Precht schreibt nicht nur ein Buch. Er würde noch an anderen Büchern sitzen.

Ich habe mir nicht viel gemerkt. Ich habe mir nur gemerkt, was gut klang, was philosophisch klang.

Es ist besser, das Leben hat keinen Sinn, als einen Sinn, den ich nicht akzeptieren kann.
Wobei ich mich hierbei gefragt habe, wer sich denn einen Sinn aufdrängen lässt? Jeder kann Sinn nur für sich selbst definieren und nur bei sich selbst finden.

Oder
Glück ist mehr als die Addition von Sinnmomenten.

Oder
Der Octubus ist der Mensch des Meeres.

Precht muntert seine Leser*innen auf, Erfinder*in der eigenen Wahrheit und der eigenen Welt zu sein.

An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich habe mit meiner Bücherfreundin Anne am Telefon darüber gesprochen und sie sagt, dass sie Precht mag, weil er philosophieren kann, dass es auch normale Menschen verstehen können. Prechts Bücher seien in einer einfachen Sprache geschrieben. Ja, das stimmt, das wurde auch von dem Moderator gelobt. Aber er ist dennoch nicht mein Typ. Aber neugierig bin ich schon geworden. 

Vielleicht bin ich von Precht etwas abgeneigt, weil er weiß, dass Tiere fühlende Wesen sind, und er trotzdem wieder Fleisch konsumiert. 

Danach bin ich wieder durch die Hallen gelaufen und ich überall so wunderschöne Buchmomente aufnehmen konnte, woran ich noch lange zehren werde.



Michael Endes Märchen Die unendliche Geschichte feiert 40- jähriges Jubiläum. Ich kann mich erinnern, als ich das Buch von meiner Schwester zum 16- Geburtstag geschenkt bekommen habe. Leider ist das Foto sehr unscharf geworden.

Und auch Harry Potter war wieder vertreten. Ich dachte dabei an die Harry Potter - Expertin Christina Sauer und daran, als sie mir den Potter näher gebracht hat und ich tatsächlich durch ihren Einfluss 2018 alle Bände gelesen habe, was ich schön finde, weil Tina meine Neugier so sehr angekratzt hatte, dass ich Potter unbedingt lesen musste. Ich habe aber nur die Bücher gelesen. Die Filme stehen noch ungeschaut im Regal.



An der Wand sind einige Figuren, z. B. die Eule Hedwig, und einige Episoden dieses Märchens sind eingerahmt. 


Sehr wohnlich unter der Treppe, allerdings wurde Harry Potter hier von den fiesen Verwandten einquartiert. Er hatte noch kein eigenes Zimmer bekommen. Aber trotzdem schön gemacht. 


Alle Bände können im Schuber erworben werden. 

Und weiter geht es mit wunderschönen Kinderbuchmotiven 





Ich liebe diese surreale Symbolik. Da möchte man am liebsten wieder Kind sein. Wunderschön. 

Und jetzt eine ganz traurige Grafik. In England sind nicht nur Flüchtlinge unerwünscht, sondern auch Obdachlose. Der Text: Obdachlose sollten wie Tauben behandelt werden. Der Londoner Stadtteil Camden setzt Stahlstachel ein, um Obdachlose vom Schlafen an öffentlichen Plätzen ab zu halten. Eins steht fest; ich werde England bestreiken. Ich kaufe keine englische Produkte, und nach England reisen werde ich auch nicht mehr. 



Auf dem Weg zum Bloggertreffen begegnete ich noch den Geo-Frosch.




Diogenes Bloggertreffen 
mit Pressereferentin Susanne Bühler
Halle 3 / Via West
Raum Fragment
14:00 Uhr – 15:30




Auf dem Bloggertreffen habe ich mir nicht viel notieren können, da ich sehr schlecht gesehen habe, was Susanne Bühler auf dem Tablet hochgehalten hatte, sodass ich mir keine Notizen mehr gemacht habe. Auf jeden Fall gibt es eine neue Bücher - Reihe, die kurz vor der Veröffentlichung steht. Wer die junge Frau neben Susanne ist, kann ich nicht mit Namen benennen, da ich es nicht geschafft hatte, pünktlich zu sein. Aber sie wirkte zusammen mit Susanne sehr sympathisch und kompetent.

Capri Krimi, Autor will anonym bleiben. Der Krimi ist mit italienischem Setting geschrieben, Nord / Südgefälle.

Peter Fauting, ein niederländischer Schriftsteller. Buchtitel: Was von uns bleibt, wenn wir nicht mehr sind.

Marco Balzano, ein Autor aus Südtirol. Behandelt in seinem neuen Buch die Hitlerthematik und den italienischen Faschismus im Südtirol. Ein Bestseller in Italien.

Katrina Engberg, bekannte dänische Krimiautorin Glasvögel Kopenhagen würde hier sehr gruselig beschrieben werden.

Ingrid Noll, bekannte deutsche Krimiautorin. Im neuen Buch schreibt sie verschiedene Geschichten.

Daniela Krien, bekannte deutsche Autorin. Der neue Band beinhaltet Erzählungen. Ihr Roman Liebe im Ernstfall hat mir sehr gut gefallen, und kann ihn nur weiterempfehlen.

Sascha Philip, ein Autor aus Weißrussland. Sein Buch Rote Kreuze ist ein politischer Roman. Aber es geht auch um einen an Alzheimer erkrankten Menschen.

Martina Borga ? Schreibt über eine Alltagsgeschichte Wir holen alles nach.
Dies waren Autor*innen, die ich mir gemerkt habe, sicher habe ich den einen oder anderen vergessen, und deshalb nicht erwähnt. Zwei Kinderbücher waren noch dabei, und ich mir nur die Titel gemerkt habe:

Heute nicht aber vielleicht morgen und Der Panther.

Dies waren alles Neuvorstellungen, die zum Frühjahr 2020 erscheinen werden.
Zu Beginn dieses Bloggertreffens haben wir es wieder mit Simome Lappert zu tun bekommen, die erneut ihren Prolog aus Der Sturz vorne vor dem Publikum stehend auswendig rezitiert hatte. Manches kannte ich von dem gestrigen Diogenes Talk.

Fragen an die Autorin:

Wie schafft sie es, den Sturz so authentisch wiederzugeben?
Der Text sei ein Klangkörper. Sie würde mit Musiknoten schreiben. Der Text habe einen eigenen Song, deshalb könne sie beim Schreiben keine Musik hören. Sie liest sich ihren Text laut vor.

Was ist mit Recherchen? Sie musste viel recherchieren, da es in dem Buch mehrere Berufsgruppen geben würde, die sie vorher nicht kannte.

Sie schreibt ohne ein Konzept, sonst würden sich ihre Figuren wie Schablonen anfühlen. Sie würde ihre Figuren während des Schreibens kennenlernen. Aber manchmal entwickeln die Figuren auch ihr Eigenleben, und mach auch nur, was sie wollen. 

Das war´s erst mal. Ich habe noch so viele Fotos, die ich noch nicht bearbeitet habe. Ich werde diese auf den Samstag einpflegen, weil ich am Samstag kaum Vorträge verfolgt hatte. Es war mir einfach zu voll. 

Dies war nun mein dritter Messetag, mein dritter Messebericht. 

Morgen folgt der vierte und der letzte Bericht. 


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 Mein vierter und letzter Tag, Samstag, den 18.10.2019

10:00 Uhr Blogger*innentreffen am Diogenes - Stand

Hier ein Gruppenfoto von unserem Bloggertreffen. Mit einem tollen Hintergrundplakat der neuen Diogenes - Autor*innen; Thomas Mayer (re) nebendran Simone Lappert (re), Doris Dorrie (li), der Autor neben Doris Dörrie ist Dror Misani, den ich verpasst habe. Sein Buch Drei wurde im August dieses Jahres verlegt. 


Foto: Mary Lise Rheault-Scherer


Und hier die Namen der Blogger*innen:
mit Sabine KrassBeate HeitmeyerUlrike RabeMonika HönischMirella PagnozziMichaela HanelThomas Klaus JessenPetra Samani und Bolla Eszter. Und mit Susanne Bühler, Pressereferentin bei Diogenes. 


Alles sehr interessante Menschen. Ich selbst sehe ein wenig mitgenommen aus :-). 


Diogenes Crime Talk, Nele Neuhaus und Katrine Engberg
Im Pavillon
11:00 – 11:45 Uhr

Um elf Uhr begann im Pavillon eine Crime Talk-Runde mit den beiden Krimiautorinnen Nele Neuhaus und Katrine Engberg. Nele Neuhaus war allerdings hier die Interviewerin von K. Engberg. 

Mal schauen, was ich mir behalten habe. 



Das Foto ist leider etwas unscharf geworden.

K. Engberg erzählte etwas darüber, wie sehr sie sich eine Freundschaft mit Nele Neuhaus gewünscht hatte. Ihr Wunsch ging vor einem Jahr in Erfüllung. Sie lernten sich im Frühjahr 2019 auf einer Krimimesse in Dänemark persönlich kennen. Zwischen ihnen beiden hat es durch die literarische Seelenverwandtschaft tatsächlich gefunkt, sodass sich eine Freundschaft auftun konnte. N. Neuhaus wurde eingeladen, ihre Krimikollegin in dieser Runde zu interviewen.

Ich erinnere nochmals, dass ich keine Krimileserin bin. Ich bin lediglich aus Neugier in diese Runde gegangen, weil ich die meisten Diogenes-Autor*innen sehr schätze. Man kann ja Autor*innen trotzdem mögen, auch wenn man deren Bücher nicht lesen möchte, schon gar nicht mit blutrünstigem Hintergrund. Dafür bin ich ein viel zu großes Weichei.
Da ich schon letztes Jahr mehrmals Katrine Engberg auf der Buchmesse gesehen und gehört habe, bin ich mal gespannt, ob ich hier etwas Neues erfahren werde.

Auf geht´s:
Kurz noch ein paar Daten zu K. Engberg. Katrine Engberg ist eine dänische und sehr sympathetische und sehr menschliche Krimiautorin. Sie wurde 1975 in Kopenhagen geboren.
Sie würde viel Wortwitz beherrschen und gebraucht für ihre Krimis jede Menge Metapher. Bisher habe sie neun Krimis geschrieben und reichlich Jugendliteratur.

Nele Neuhaus ist Jahrgang 1967 und kommt aus dem Taunus. Die ersten Bücher habe sie im Selbstverlag herausgebracht, bis sie von dem Ullstein Verlag entdeckt wurde. Mittlerweile würden ihre Bücher in zwanzig Ländern übersetzt werden.

Frage: Warum hat sich Engberg für das Genre Krimi entschieden?
Antwort: Durch die Eltern. Sie bezeichnet ihre Eltern als kulturelitär und hätten dadurch viele Krimis gelesen. Sie sei regelrecht mit diesem Genre aufgewachsen. Sie habe schon als Kind Träume mit Tötungsdelikten gehabt und setzte dies fiktiv in ihrem Hobby um.
Frage: Gibt es so etwas wie Einsamkeit, wenn sie schreibt? Nein, sie sei nicht einsam, denn sie verbringe am Schreibtisch die Zeit mit ihren Figuren, die sie beschäftigen. Die Charaktere der Figuren seien sehr vielfältig.
Frage: Geht es Katrine inhaltlich um die Spannung? Nein, um die Spannung gehe es ihr nicht, vielmehr was zwischenmenschlich passiert, das sei ihr ganz wichtig.
Frage: Gibt es eine Lieblingsfigur? Nein, sie würde alle Figuren lieben.
Frage: Wie viel Katrine steckt in den Figuren? Es wurde viel gelacht, weshalb ich die Antwort wieder vergessen hatte, weil so viel gewitzelt wurde. Ihr sei die Authentizität sehr wichtig. Machomänner würde Katrine nicht mögen, sie mag eher intuitive, sensible Männer.
Frage: Wo habe sie einen Knacks? Sie habe eine Bakterienphobie. Die Neurose habe sie allerdings ihrem Vermittler im Roman weitergegeben.
Frage: Wie viel Recherche musste sie auf sich nehmen? Ich musste Kontakt zur Polizei und zu den Rechtsmedizinern aufnehmen.
Frage: Was passiert im Tatort? Sie hatte die Idee, jemanden mit Reinigungsmitteln umzubringen. Dadurch musste sie erstmal eruieren, mit welchen Reinigungsmitteln man jemanden überhaupt töten könne. Und wie man diesen Vorgang umsetzen und beschleunigen könne.
Frage am Schluss: Was mag Katrine an Deutschland? Die Liebe zur Kultur und zur Literatur. Nirgends auf der Welt würde man so viele Menschen wie hier nur allein wegen der Bücher auffinden. Dabei zeigte sie auf das Publikum, das den ganzen Pavillon füllte.

Dies war nun die letzte Veranstaltung aus der Buchmesse 2019.
Ich werde nun in mein Posting zu diesem Tag noch Fotos einfügen, die ich auf meinem Blog noch nicht übertragen habe. Vor allem hatte ich das Gastland Norwegen noch nicht betreten.

Gastland Norwegen
Ich war ein wenig von dem Gastland enttäuscht. Die Lesungen fanden zudem noch auf Englisch statt, wofür mein Alltagsenglisch nicht ausreichend genug war. Ich erinnere mich vor mehreren Jahren an das Gastland Finnland, das war pädagogisch so vielfältig aufgebaut, dass ich davon ausgegangen bin, dass mich Norwegen auch ansprechen würde. Vielleicht habe ich meine Erwartungen definitiv zu weit hoch gesetzt. 
Trotzdem schön, da gewesen zu sein. Manchmal benötigt man nur etwas Zeit, bis sich die vielen Eindrücke ein wenig gesetzt haben. 

Hier ein virtuelles Spiel, das man selbst nicht ausprobieren konnte, weil es dauerbesetzt war. Ich hätte das Programm gerne analysiert. 



Und im nächsten Foto konnte man jede Menge stempeln und sich dadurch mit der Symbolik Norwegens vertraut machen. 


Natürlich hatte auch Norwegen jede Menge Tische mit schönen Büchern aufgestellt, die ins Deutsche übersetzt waren. 

Auf dem Weg in die Hallo 3.0 traf ich Wolf und Fuchs. Meine Tierliebe hört auch hier nicht auf, als ich zu witzeln begann, denn als ich mich verabschiedet hatte, warnte ich sie, acht zu geben vor den Jägern, die alles abknallen, was vier Beine hat. Ja, ja, antworteten sie. Wir sind auf der Hut, wir wissen, wie radikal Jäger sein können. 


   


Aber mir sind noch mehrere Figuren zu Gesicht gekommen. Eine davon; Frau Erotik hier zu Gast, ohne dass es übertrieben gewirkt hat. Ich finde, Schönheit darf sich zeigen.






Andere sahen auch gut aus, auch wenn ich mit deren Symbolik noch nicht viel anzufangen weiß. Könnte im Fantasybereich passen.







Aber nicht nur junge Leute haben sich kostümiert, auch Damen mittleren Alters. 



Evtl. eine wohlhabende Dame aus dem Mittelalter. Damals wurden Menschen nicht so alt, aber es gab doch einige, die Glück hatten und alt wurden. 

So viel zu den Kostümierungen. Heute, am Samstag, konnte man zum ersten mal Bücher an den Verlagsständen kaufen. Ich werde am Ende ein Foto meiner Buchschätze einbringen. Ich hatte mir ein paar Bücher aufgeschrieben, die aber verstreut in verschiedenen Hallen ausgestellt waren. Die BM-App fand ich genial, ich konnte dort immer nachschlagen, in welchen Hallen bestimmte Verlage ausgestellt waren. 


Auf dem Foto oben wurde man nach Portugal versetzt, mit kulinarischer Ausführung. Konnte ich aber nicht kosten, da ich keine Wurst, etc. esse. Aber es war sehr schön gemacht, sodass ich das Foto erst erstellt hatte, als die Wurstteller leer waren.



Ist das nicht ein traumhaft schönes Buchbild? Da hat sich der Reiseverlag Marco Polo auch ganz schön ins Zeug gelegt. 


Und noch andere Verlage haben es schön gemacht mit den vielen interessanten  Buchmotiven, der Verlag Kein und Aber.


Hier konnte man hineingehen, mit der Hand ein Buchcover antippen, und anschließend bekam man den Inhalt des Buches kurz und prägnant mit einer wunderschönen Animation vorgezeigt. 

Und noch ein paar sehr schöne Werbegeschenke. Früher hatte ich keine Werbegeschenke erhalten, weil ich mir nie die Zeit genommen hatte, da ich von einer Lesung zur nächsten gehetzt bin. Aber das war auch schön. Mich hatten die Lesungen auch sehr bereichert. Schöne, geistreiche Gedanken mit nach Hause zu tragen, ist wundervoll. Von daher ist alles wie es ist, gut wie es ist. 

Eine wunderschöne große Box von Klett Cotta. Daneben ein sehr interessantes Buch vom mega print Verlag.






16 kleine Büchelchen sind darin eingebettet. Man kann sie herausnehmen und blättern. Zum Lesen brauche ich eine Lupe wegen der zu kleinen Schrift. Die Büchelchen sind alle in englischer Sprache verfasst. 





Und zum Schluss noch ein politisches Plakat zu den Menschenrechten.


So, der letzte Schritt, meine Buchschätze


Im Schuber befinden sich vier Bände deutscher Märchen. 

Und hier noch einen letzten Gruß von Marcel Proust.




Viviana Scarinci schreibt über Elena Ferrante. Ein Essay über die Welt von Elena Ferrante. Auf der BM konnte ich von einem italienischen Verleger in Erfahrung bringen, dass Ferrante von italienischen Literaturkritiker*innen regelrecht zerrissen wird. Da bin ich doch erleichtert, dass ich nicht die einzige bin, die Ferrante kritisch gelesen hat.  Ich weiß allerdings nicht, ob das das richtige Buch ist, da die italienischen literaturkritischen Bücher leider nicht ins Deutsche übersetzt sind. 

Es kommt immer darauf an, auf welcher Seite man steht. Schreibt man über ein klischeehaftes Italien, gewinnt man Buchpreise. Schreibt man über ein klischeehaftes Deutschland, erntet man Prügel.

Dieses Jahr habe ich den Bücherkauf bremsen müssen, da ich so viele Bücher bei mir zu Hause noch lesen muss. 

Mein Fazit
Ich bin immer wieder von der Buchmesse fasziniert. Auch wenn ich nicht alle fünf Tage habe durchhalten können, habe ich so viele Eindrücke wie nur möglich mit nach Hause tragen können. Ich zehre noch immer davon. Wunderschöne buchige Momente auf mehrere Tage verteilt. Die Buchmesse ist für mich wie Weihnachten. Sie kommt alle Jahre wieder. Und wir sitzen dort alle, die die BM besuchen, in einem Boot. Wir haben alle eines gemeinsam: Wir alle lieben Bücher. Das eint und das verbindet uns. 

Die BM-App hat mir dieses Jahr noch bessere Dienste erweisen können als im letzten Jahr. Toll, dass es sie gibt.

Einen Wunsch hätte ich aber doch noch. Die Pforten öffnen auch für ärmere Menschen. Ich kenne durch meinen Beruf viele Leute, die gerade genug Geld zum Leben haben, manche beziehen sogar noch Grundsicherung hinzu, ergänzende Sozialhilfe, weil sie durch eigenes Einkommen nicht über das Existenzminimum verfügen. Viele dieser Menschen würden sehr gerne auch mal auf die BM kommen, aber sie können sich den Eintritt nicht leisten. Es müsste einen Sondertarif geben für Menschen, für die der Eintritt zu teuer ist. 

Auch für gehbehinderte Menschen müssten viel deutlichere Beschilderungen geben. Meine Freundin Ina D. wird die Missstände als Betroffene sicher auch noch auf ihrem Blog deutlich machen. 

Eine barrierefreie Buchmesse für alle Menschen. Inas Beitrag könnt ihr hier nachlesen.

Das war es. Viele buchige Grüße an die Welt da draußen. 

Der Mensch ist keine Insel, wir sind mit allen verbunden.
(Autor unbekannt)