Sonntag, 3. März 2013

David Safier / Plötzlich Shakespeare (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Also, David Safier wird nicht mein Freund werden. Seine Art von Humor, hm. die ist nicht so meine. Kommt mir ein wenig billig vor, zu plump, zu schnell dahergesagt. An manchen Stellen ist das Buch zwar witzig, aber so richtig zum Lachen hat es mich nicht wirklich gebracht. Ich unterscheide zwischen Humor und Humor. Ich habe noch ein Buch von ihm ungelesen im Regal stehen. Da ich der Meinung bin, man sollte jedem neuen Autor mindestens zwei Chancen geben, so werde ich das andere Buch auch lesen, bin mir aber jetzt schon ziemlich sicher, dass es nicht mehr werden. Die Grundart seines Schreibstils wird ja schon recht schnell deutlich.
Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn sich Leute über andere Leute belustigen. Oder wenn ein Autor im Buch in abwertender Form sexualisiert, nur damit es lustig klingt, oder um damit die Spannung dadurch künstlich zu erhöhen, das mag ich schon mal gar nicht.

Safier ist für mich ein Autor, der für die Massen schreibt, und das Buch wirkt auf mich, als habe er es über Nacht geschrieben.

Mir ist aber auch klar, dass es solche Art von Literatur auch geben muss und sie ihre Leserschaft auf jeden Fall finden wird. Reihe mich dieser aber nicht an.

Ein paar Weisheiten habe ich allerdings in dem Buch auch finden können... und diese schreibe ich nun auf, aber auch Textauszüge, die mir gar nicht zugesagt haben!

Wer das Buch auch lesen möchte, so empfehle ich, diese Buchbesprechung zu überspringen, da ich ein wenig auf den Ausgang eingehen werde, der mich zur Abwechslung mal angesprochen hat.

Die Idee an sich finde ich nach wie vor gut, originell, eine Reise in die Vergangenheit zu starten, um ein Problem zu lösen, besser gesagt um herauszufinden, was die wahre Liebe ist. Vergangenheit? Nein, eigentlich eine Zeitreise voriger Jahrhunderte... , in die Zeit des großen englischen Dichters und Dramatikers William Shakespeare... .

Wie aus dem Klappentext hervorgeht, wird hier eine unerfüllte Liebe zwischen Rosa und Jan behandelt. Beide lernten sich auf der See kennen. Jan bekam einen Muskelkrampf und konnte nicht mehr schwimmen, und Rosa beobachte, als er unterging und rettete ihn mit Hilfe anderer Leute... . Beide verlieben sich ineinander und bilden ein Liebespaar. Jan war zu der Zeit noch Medizinstudent, Rosa studierte Grundschulpädagogik. Ein paar Jahre später ertappte Jan Rosa dabei, wie sie einen anderen Mann küsst, und beendet daraufhin die Beziehung. Jan lernt Olivia kennen, die Zahnmedizin studiert. Rosa gerät in eine Krise und schafft es nicht, von Jan loszulassen, greift zum Alkohol und bittet ihn für ihr Vergehen wiederholt um Vergebung.
Jahre später heiraten Jan und Olivia und Rosa hält noch immer an Jan fest, und sie noch vor der Vermählung versucht, die Hochzeit der beiden zu torpedieren.

Holgi, einer ihrer Freunde, versucht ihr die Trauer zu nehmen:
Auch andere Mütter haben hübsche Söhne.(...) und diese Söhne sind keine Zahnärzte.
Rosa vergleicht sich mit Olivia und bekommt dadurch Minderwertigkeitskomplexe, da sie keine Medizinerin sei, sondern "nur" Grundschulpädagogin, obwohl sie ihren Beruf nicht sonderlich liebte und sie nur durch unglückliche Lebensumstände zu diesem Beruf gegriffen habe. Eigentlich wäre sie lieber Schriftstellerin geworden:
Zudem war ich ein großer Freund von Ferien und regelmäßigen Gehaltsüberweisung. Von nervigen Kindern hingegen war ich kein zu großer Freund. Von ehrgeizigen Eltern noch viel weniger, von der Schulbehörde mit ihren ständig wechselnden Reformideen ganz zu schweigen. 44
Die Not treibt sie zu einem Hypnotiseur, der sie mit einem Pendel ins 16. Jhrd. befördert. Dort erfährt Rosa, dass sie einst Shakespeare war. Ihre Fähigkeit zu schreiben, habe sie aus dieser Zeit durch die Reinkarnation  in die Gegenwart mitgenommen. Sie erlebt das Leben von einst ein weiteres Mal, ebenso die vielen Gefahren, denen sie / er ausgesetzt war. Sie erkennt in den anderen Zeitgenossen auch Jan und Olivia wieder... und so bekommt vieles in ihrem Leben einen Sinn... .
Sie ist erstaunt, als sie erfährt, dass sie Shakespeare war. Aus der Hypnose würde sie erst aufwachen, wenn sie herausgefunden habe, was die wahre Liebe sei. Rosa ist verärgert, da sie der festen Überzeugung war, dass Jan die wahre Liebe sei. Doch im weiteren Verlauf findet sie sich damit ab, Shakespeare gewesen zu sein, tröstet sich mit dem Dramatiker, immer noch besser als Kafka zu sein... .

Etwas später spürt Rosa zwei Seelen in ihrem Körper. Die eigene Seele und die Seele von Shakespeare, und sie dieses Doppelleben in ihrem Körper als recht anstrengend empfunden hatte... .
Innerhalb der Hypnose gewinnt sie jede Menge Erkenntnisse. Sie hat ihr Leben als die gegenwärtige Rosa als viel zu selbstverständlich betrachtet, und erkennt plötzlich, wie wichtig ihr die Freundschaft mit Holgi ist:
 Wie oft musste er zu mir kommen, weil ich erst auf dem Klo feststellte, dass ich wieder mal vergessen hatte, Tampons einzukaufen.Dafür riskierte Holgi zwar nicht sein Leben, verzichtete aber auf den einen oder anderen One Night Stand, der ihm sicherlich mehr Freude bereitet hätte, als den Verkäufer an der Tanke nach Tampons zu fragen. Und wie hatte ich ihm das gedankt? Nicht sonderlich. Ich hatte ihn immer als selbstverständlich angesehen, ihm nie gesagt, dass er mir auf seine Weise genauso viel bedeutete wie Jan. War es das, was ich über die wahre Liebe lernen sollte, dass es die Freundschaft ist? 215
Allerdings das Bild mit den Tampons, naja, fand ich eher oberflächlich, aber hauptsache es klingt witzig, was es für mich aber nicht ist. Ich denke an ganz andere Eigenschaften, weshalb mir jemand wichtig ist... und nicht, weil Frau permanent vergisst, Tampons einzukaufen, und wird eher von dem Autor als ein sexualisierendes Symbol eingesetzt... So kann ja nur ein Mann von einer Frau denken, billige sexuelle Männerfantasien. Es gibt noch reichlich andere Versuche des Autors, Textstellen mit Hilfe von Sexualsymbolen witzig rüberzubringen, bei mir aber unwitzig ankamen und beschränke mich auf das obige Beispiel.

Eine weitere Nummer, die ich vom Witz her reichlich unpassend fand, ist, als sich die folgende Szene auf einem Schiff abspielte. Die Gräfin Maria verliebt sich in Shakespeare, eher vielmehr in seine Verse, obwohl es seine Aufgabe ist, sie mit einem anderen Mann, namens Essex, zu verkuppeln. Wenn es ihm nicht gelingen würde, würde man Shakespeare in einen Turm werfen. Allerdings bewirkten seine Verse das Gegenteil. Die Verse machten die Gräfin in ihrem Herzen liebend gegenüber Shakespeare. Shakespeare musste nun an seiner Taktik etwas ändern, damit sie von ihm wieder loskommen konnte und so änderte er die Verse so um, dass sie für ihn nur noch Verachtung übrig hatte. Da dies aber alleine nicht ausrechte, packte Shakespeare die Gräfin um die Taille und wirft sie über die Reling  so dass Essex gezwungen war, ihren Lebensretter zu spielen und die beiden dann schließlich doch noch ein Paar bilden konnten. Gräfin Maria - Olivia, Essex - Jan.
Maria schrie wie am Spieß und klatschte spektakulär ins Wasser. Wie erwartet waren solche Kleider nicht eben badetauglich: die Gräfin ging schneller unter als man "Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker" sagen konnte.
Auch diesen Witz im Fettdruck fand ich recht deplatziert und unschön. (Fettdruck von mir hervorgehoben).

Im 16. Jhrd. erlebte Rosa die Liebe viel intensiver als in der Gegenwart:
Die Menschen in der Vergangenheit waren zwar viel lebendiger als wir, aber wenn es um die Liebe ging, waren sie wirklich manchmal etwas extrem. Bei uns in der Zukunft waren die Gefühle der Menschen oft oberflächlich - viele Männer liebten ihre iPhone mehr als die Freundin; aber hier im England von William Shakespeare wäre es für die ein oder andere Frau vielleicht sogar besser gewesen, etwas weniger zu empfinden.  378f
Was ich recht gut fand, ist, als es darum geht, Frauen von Männern zu unterscheiden. Es gibt jede Menge Theorien dazu, und die Theorie von Shakespeare finde ich noch die am besten:
" Selbst wenn es für euch Frauen außerordentlich verblüffend sein mag… auch wir Männer haben Gefühle."" Dies ist in der Tat verblüffend", spottete ich." Doch ist es wahr. Auch wir empfinden Trauer, Freude, Liebe, Wut, ja, selbst die Unsicherheit, was den eigenen Körper betrifft, ist uns gemein. Denn wir sind alles Menschenwesen." (...). 
" Dass die beiden Geschlechter sich so ähnlich waren, hatte ich mir noch nie zuvor vergegenwärtigt. Aber jetzt begriff ich; auch wenn in unserer Zeit ständig über den Unterschied der Geschlechter palavert wurde und sich Studien, Filme und Selbsthilfebücher damit befassten, haben wir viel mehr, das uns verband, als uns trennte." 395
Denn wir sind alles Menschenwesen, das hat mir seht gut gefallen.
Aus meiner Sicht ist diese Theorie auf alle Menschen zu beziehen, auch auf Menschen mit einer anderen Hautfarbe oder anderer Herkunft, Nationalität ... .

Rosa geht zum Schluss mit viel Weisheit aus der Hypnose wieder heraus. Sie lernte Shakespear lieben, und umgekehrt Shakespeare Rosa. Dadurch hat Rosa die wahre Liebe finden können, aber nicht in Form vom Bauchkrippeln o. ä. , sondern eins werden mit sich und ihrer Seele.
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„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

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