Sonntag, 9. Juni 2013

Petra Reski / Ein Land so weit (1)

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Eine Buchbesprechung der o. g. Lektüre


Das Buch hat mich nicht unbedingt gefesselt...  Zudem hat es sich als eine Autobiographie von Petra Reski herausgestellt. Ich habe das Buch allerdings nicht gekauft, weil ich unbedingt wissen wollte, wer Petra Reski ist, denn so bekannt ist sie ja nun nicht, sondern weil ich mehr über die Preußen und deren Lebensart erfahren wollte. Ich kann nicht sagen, woran es gelegen hat, dass mich das Buch so gar nicht angezogen hat. Vielleicht hat es an der Art gelegen, wie Petra Reski ihre Großfamilie, die eine Hälfte aus Schlesien und die andere aus Ostpreußen kommend, hat sprechen lassen. Ich denke, es war die Erzählart, die mir nicht zugesagt hat. Sie selbst hat viel den Geschichten ihrer Vorfahren erzählend erfahren, die sie dann an ihre LeserInnen im selben Erzähstil weiter geben wollte. Den Schreibstil an sich, den fand ich nicht schlecht. Vielleicht werde ich am Ende dieser Buchbesprechung herausgefunden haben, woran es gelegen haben könnte, dass mich die Erzählerin nicht gepackt hat.

Das Buch hat allerdigs zu dem Buch von Remarque gepasst, siehe vorletztes Posting, das ich davor ausgelesen habe, denn auch hier las man von Flüchtlingen und von Kriegsverbrechen. 

Frauen, die von russischen Soldaten vergewaltigt, und anschließend schwanger wurden, versuchten das Kind mit dem Konsum von schwarzem Kaffee abzutreiben. Es gab aber auch Frauen, die nicht in der Lage waren, das Kind abzutreiben, und entschieden sich, es stattdessen auszutragen.

Das Buch wird in einem Zeitraffer erzählt. Vor allem der zweite Weltkrieg kommt hier zum tragen, als Petra Reski noch gar nicht geboren war, sie aber alle Hintergründe durch ihre alten Großeltern und Großonkel und Tanten erfuhr, speziell auch, als sich ihre Verwandten auf der Flucht befanden.
Selbst die Zeitrechnung in meiner Familie orientierte sich an der Flucht, es gab ein Leben vor der Flucht und ein Leben nach der Flucht, und das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Vor der Flucht, das war Ostpreußen und Schlesien, nach der Flucht, das war Ruhrgebiet. Die Flucht, die Flucht, immer die Flucht. Die Geschichte von der Flucht wurde jedes Mal erzählt, wenn zwei Erwachsene zusammenkamen. Sie begann mit ALS DER RUSSE KAM und endete damit, dass geweint wurde. Sie bewirkte, dass ich den Russen für die Verkörperung des Bösen schlechthin hielt. Als ich sechs war, kaufte mir meine Mutter eine Jacke, die wie ein Kosakenkittel geschnitten war. Sie nannte sie Russenkittel. Ich habe die Jacke gehasst.
Viele traurige Szenen, die der zweite Weltkrieg mit sich brachte. Die Vertreibung aus Schlesien in einem Fall, im anderen Fall die Vertreibung aus Polen durch die Russen. Selbst nach dem zweiten Weltkrieg, 1945 - 1947,  vertreiben die Polen die zurückgebliebenen Deutschen aus dem Land. Petras Großmutter, die einst im dicksten Winter auf der Flucht war, und ihr Säugling durch eine Krankheit während der Flucht starb, musste sie ihn in eine offene Grube legen und zurücklassen. Die Erde war vereist, man konnte die Toten nicht begraben. (Die Daten wurden von mir hinzugefügt, gehen nicht aus dem Buch hervor).

Verlust der Heimat, wird auch hier deutlich, zwischen Polen und Deutschland. Die selben Kämpfe, die man zwischen Oberösterreich und Italien, zwischen Straßburg und Deutschland schon kennt, nur jedes Land versuchte auf seine spezifische Art und Weise mit dem Heimatverlust, den der Krieg den Menschen verursachte, fertig zu werden. 
Und meijn Sohn, der sagte immer: Mamma, wenn dich jemand frägt, woher du bist, sag nicht aus Polen! Ich sag: Warum nicht? Ach, das heert sich so schlecht an, Polen. Sag mal, du bist von Ostpreußen, ja. Na, so hat er mich immer so gelernt. Na, und die Frauen, die frugen. Wenn wir so rauskamen, dann haben sie gefragt: Von wo sind sie denn? Na, ja. Sacht ich: von Ostpreußen. Ob die das verstanden, wejiß ich nicht. (…) Natürlich wollten die Polen nach dem Krieg nicht, dass deutsch gesprochen wurde, aber die Deutschen wollten vor dem Krieg nicht, das polnisch gesprochen wurde.
In dem Buch tauchten einige Probleme auf, was die Einhaltung von Sitten und Gebräuche betraf. Petra Reski verlor ihren Vater als sie gerade mal zwei Jahre alt war. Er starb an einer Krankheit, das muss 1960 gewesen sein, da die Autorin, lt. Autorenportrait im Klappentext, 1958 geboren wurde. Als die Mutter sich wieder neu verheiraten wollte, wurde sie von der gesamten Sippschaft gemieden. Petra Reski, die nicht gerne ein Mädchen war, verglich die Benachteiligung ihres Geschlechtes mit der Benachteiligung von den Schwarzen in Amerika. 
Ein Mädchen zu sein ist hier ebenso schlecht wie ein Neger in Amerika.
Als Petra verwundert feststellte, weshalb es in Reussen keine Juden gab, fragte sie ihre alten Verwandten, doch diese schwiegen oder weichten der Frage aus.

Ich mache nun hier Schluss, schwierig über ein Buch zu schreiben, das mir nicht zugesagt hat.


Mein Fazit:
Viele Themen fand ich einerseits interessant, andererseits waren sie zu geballt, subjektiv erzählt von zu vielen Familienmitgliedern, die ich schlecht verinnerlichen konnte. Außerdem fehlten die Daten. Auch als Petra Reski eingeschult wurde, wann war das? Es war schwierig, sich die Zeitabstände zwischen den Generationen vorzustellen, wenn so völlig die Zeitangaben fehlen. Es wäre mir leichter gewesen, wenn diese mit angegeben wären.

Aber der Konflikt, die innere Zerrissenheit der Menschen, die zwischen Polen und Deutschland sich entwickelte, kam sehr gut rüber.
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Jeder war wahrscheinlich für irgendjemand ein guter Mensch. Und für einen andern das Gegenteil.
                       (Erich Maria Remarque)

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