Donnerstag, 13. Juni 2013

Cecilia Ahern / Zeit deines Lebens (1)

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 Eine Buchbesprechung der o. g. Lektüre


Das Buch löste in mir gemischte Gefühle aus und kann mich auch nicht eindeutig zu dem Buch bekennen. Es wirkt sehr seicht, ist aber recht fantasievoll, greift wohl die Probleme aus einem modernen Irland auf. Irlands neumodische Probleme, die alle Industrieländer gemeinsam haben, so steht auch in dieser Buchwelt das Leistungsdenken an vorderster Stelle. Bisher habe ich meist Bücher zu Irland gelesen, in denen es um das Elend des Landes ging. Armut, Alkoholismus, verkorkste Partnerschaften, Vergewaltigungen, Religionskrieg zwischen den Katholiken und den Protestanten. Mit dem obigen Buch scheint nun eine neue Generation heranzuwachsen.

Das Thema fand ich nicht schlecht, doch die Art und Weise, wie es behandelt wurde, machte mich schwankend.

In dem Roman existieren zwei Geschichten. In der einen geht um einen vierzehnjährigen Jungen, dessen Eltern geschieden sind. Der Vater hat neu geheiratet und eine weitere Familie gegründet. Es ist Weihnachten  und am Weihnachten ist der Junge gewöhnt, zu Hause Truthahn zu essen. Nun ist der Truthahn für zwei Personen zu groß. Der Junge nimmt sich den eingefrorenen Truthahn, und so macht er sich mit ihm auf den Weg zum Haus seines Vaters. Als er von draußen die schöne weihnachtliche Atmosphäre durchs Fenster beobachtet, die sein Vater mit der neuen Familie genießt, gerät er in Rage und wirft den Truthahn durch die Scheibe ins Wohnzimmer.
Nun sitzt der Junge auf dem Polizeirevier und hört sich von dem Inspektor eine Geschichte an und erst am Schluss wird dem Leser bewusst gemacht, was die erste Geschichte mit der zweiten Geschichte auf sich hat..

Der Protagonist der zweiten Geschichte nennt sich Lou Suffern, ist anfang dreißig und ist Familienvater zweier Kleinkinder. Seine Frau Ruth ist Hausfrau und Mutter. Lou und Ruth haben zusammen studiert, Ruth war die Bessere von beiden, schaffte ihren Universitätsabschluss planmäßig und sie musste für ihre ausgezeichneten Noten auch nicht viel lernen. Sie gab Lou Nachhilfe. Und vielleicht muss Lou nun seiner Frau nachträglich beweisen, dass auch er fähig ist und zu Höherem taugt.
Lou ist karrieregeil, tut alles für seinen Beruf, um auf der Karriereleiter aufzusteigen und vernachlässigt dabei ganz seine Familie und sein gesamtes Privatleben.
Er war gewissenhaft, pünktlich und in seinem Beruf ein meisterhafter Zeitmesser. Doch im normalen, privaten Leben benahmen sich wie eine kaputte Taschenuhr. In seinem Streben nach Vollkommenheit und Erfolg verfügte er über scheinbar grenzenlose Energien. Doch genau das - sein Perfektionismus, sein Ehrgeiz, seine immer höhere gesteckten Ziele-führte dazu, dass er in diesem ständigen Höhlenflug das allerwichtigste aus den Augen verlor. In seinem Terminplan war kein Zeitfenster für diejenigen eingeplant, die ihm auf vielerlei Weise hätten mehr geben und größere Zufriedenheit schenken können als irgend ein noch so sagenhafter neuer Geschäftsabschluss. (35)
Die Familie leidet darunter, und so gerät Lou zunehmend unter familiärem Druck. Bis er den obdachlosen Gabe kennenlernt, zu dem sich Lou hingezogen fühlt und ihm in seiner Dubliner Firma einen Job verschafft. Gabe ist aber kein gewöhnlicher Obdachloser. Er entpuppt sich immer mehr zu Lous Doppelgänger, so dass mir dann die Idee aufkam, dass Gabe mehr die freie Seele ist, verkörpert Lous eine Ich-Hälfte seines Inneren, die für Spontanität, Gefühl, Fantasie und für unbewusstes Wissen steht. Die andere Ich-Hälfte steht für Rationalität und Wissenschaft. Lou schafft es nicht, beide Ich-Hälften in sich so zu integrieren, dass sie nicht wie Feinde nebeneinander stehen...Gabe ist ein weiser Mann, der dazu über viele Ressourcen und Kompetenzen verfügt. Von Menschenseite her weiß er immer so ziemlich genau, was Lou braucht, und spiegelt ihm seine privaten Probleme wieder. Gabe ist immer zur rechten Stelle da, so dass Lou sich allmählich von ihm bedroht fühlt. Als Gabe dann auch in der Firma beliebt wird, man schätzte seine Fähigkeiten, bereut Lou es allmählich, der Firma Gabe vermittelt zu haben. Lou entwickelte Ängste, Gabe könnte seine Position streitig machen und seinen Platz einnehmen, obwohl Gabe nur Postbote fürs ganze Haus der Firma ist... .

Gabe konfrontiert Lou immer wieder mit seinen menschlichen Schwächen. Von einem Kollegen, der wiederum neidisch auf Lous berufliche Erfolge blickt, versucht dieser Kollege ihm seinen Ehrgeiz auszureden. Der Job würde aus Menschen Monster machen und sagte ihm indirekt, dass Lou ein Monster sei. Auch wenn mir dieser Kollege nicht sympathisch ist, da er versuchte gegen Lou zu intrigieren, um den Aufstieg zu torpedieren, ist aus meiner Sicht trotzdem an dem Monstervergleich etwas Wahres dran. Dennoch liegt es nicht nur an dem Job, sondern an dem, der es mit sich machen lässt.

Fazit
Gefallen hat mit die menschliche Seite des Buches, die der jungen Autorin so wichtig ist. Lou gewann diese menschliche Seite wieder, die durch seinen Beruf verschollen war. Mit der Hilfe von Gabe, was Lou aber nicht sofort bewusst war, konnte er sie wieder zurückerlangen. Die neuen Erkenntnisse brachten ihn zu einem Sinneswandel und veränderte kurzweilig sein Leben in positiver Form, doch aus meiner Sicht ein wenig spät. Spät deshalb, weil, angelehnt an ein bestimmtes schicksalhaftes Ereignis, diese Erkenntnisse langfristig nicht weiter gelebt werden konnten... Ihr müsst schon selber lesen, wenn ihr wissen wollt, was damit gemeint ist... .
Der vierzehnjährige Junge durchlief durch Lous Lebensgeschichte ebenso einen Sinneswandel, der ihn von seinem Hass dem Vater gegenüber befreite. Er erkannte, dass jeder Mensch mit dem anderen Menschen, den man liebt, für immer verbunden bleibt, auch wenn man das nach außen hin nicht sehen kann.
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Du sollst Menschen, die du liebst, nicht für selbstverständlich nehmen... 
(Cecilia Ahern)

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