Sonntag, 30. September 2018

Tagesausflug Buchenwald bei Weimar


Weimar, nicht nur eine Kulturstadt der Dichter und Denker, sondern auch des Nationalsozialismus, denn Weimar wird als die Hauptstadt der NSDAP bezeichnet. 

Weimar, eine Kulturstadt auf der Sonnen- und auf der Schattenseite. Zwei Kontraste, das Paradies und die Hölle auf Erden. Weimar, nicht nur eine Stadt der Verbrechen und der Morde; Weimar als eine wunderschöne, traumhafte und romantische Stadt mit vielen schönen Sehenswürdigkeiten. 

Wir, meine Freundin Monika S. und ich, sind entlang der Spuren von Goethe, Schiller und Hitler gewandert, denn  gestern hatten wir einen Tagesausflug nach Weimar getätigt, um die Gedenkstätte, das Konzentrationslager von Buchenwald, aufzusuchen. Wir sind sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Darmstadt aus hingekommen. Buchenwald hat uns sehr nachdenklich, betroffen und traurig gestimmt. Das reale Erlebnis ist noch mal ganz anders als das aus Büchern.

Ich schreibe einen kleinen Erlebnisbericht, auch wenn es mir schwerfällt, über das Gesehene und das Gehörte zu schreiben.

Ich gebe mal ein paar Fotos von mir rein, die mir helfen sollen, in Worte zu fassen, was mir schwer fällt auszudrücken. 

Aber es gibt auch sehr viel Informationsmaterial dazu, wenn man das Informationsgebäude betritt ...

Für alle Interessierten: Es sind hier supergute Informationsmaterialen für die Besucher*innen erhältlich, in denen alle Gedenkstätten und Mahnmale abgebildet und beschrieben sind. Diese sind kostenlos in der Besucherinformation erhältlich. Es sind so viele Mahnmale, so viele Ereignisse, dass es unmöglich ist, sie alle zu erwähnen. Außerdem gibt es hier auch noch eine Jugendbegegnungssstätte. Interessant für junge Besucher*innen.

Die Führungen sind kostenlos. Spenden sind immer willkommen.

Die Gedenkstätte befindet sich zwischen Weimar und Buchenwald und wird als ehemaliges Häftlingslager bezeichnet.
Bevor wir uns in das Konzentrationslager begeben haben, bin ich in der Buchhandlung der Besucherinformation hängen geblieben. So viele interessante Bücher über den Nationalsozialismus, über die Verbrechen an allen Menschen, die nicht in das Weltbild des Führers gepasst haben. Ich habe schon viel darüber gelesen, aber man scheint nie fertig mit dieser Thematik zu sein, wenn man nun die aktuelle politische Lage beachtet, und eurapaweit wegen der Flüchtlingsströme größtenteils wieder rechts gewählt wird … Ich habe mich mit vier Büchern eingedeckt.

Buchenwald, ein KZ mitten im Wald, fern von den  Wohngebieten, damit die Nazis ungestört ihre Verbrechen verüben konnten.

Hier das Torgebäude



Über diesen Ausflug Buchenwald habe ich ein paar Fotos gemacht, aber ich habe nicht alles fotografieren können. Mir war einfach nicht danach, wie zum Beispiel die engen Arrestzellen, die sich links von dem Torgebäude befinden. Ich habe mir einen Bildband gekauft, und kann dort nachschlagen, wenn ich später noch etwas vertiefen möchte. 

In der Arrestzelle waren sehr kleine Zellen zu sehen. Richtige Betten gab es in den Zellen nicht. Nur ein Bettgestell, auf der anstelle einer Matratze ein dickes Brett aus Holz aufgelegt war. Dazu noch eine Zelle, in der die Häftlinge gefoltert und gemartert wurden. Das Folterwerkzeug wurde in der Zelle auch ausgestellt. In den Arrestzellen wurden im Auftrag Hitlers die Häftlinge von SS-Aufsehern gefoltert und ermordet. In manchen Zellen befand sich eine Fotografie eines Häftlings.
Das KZ Buchenwald wurde 1937 errichtet und nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 wieder aufgelöst. Hier wurden 280 000 Menschen aus über 50 Nationen inhaftiert. Weitere Daten:
  • ·         400 000 qm Häftlingslager
  • ·         3500 qm Stacheldrahtzaun
  • ·         139 Außenlager
  • ·         277 800 Häftlinge
  • ·         30 000 Minderjährige
  • ·         28 230 Frauen
  • ·         249 570 Männer (Das KZ-Buchenwald war ein Männer-KZ)
  • ·         Menschen aus über 50 Ländern
  • ·         56 000 Tote
·         1944 Männer Frauen und Kinder mit Todestransporten nach Auschwitz
·         Alter der Häftlinge: 2 bis 86 Jahre

Auf dem Lagertor befindet sich eine Inschrift Jedem das Seine, ein Spruch des Römers Cicero, und sollte ursprünglich heißen, dass die Gerechtigkeit jedem das Seine zuteilt. Was aber wollte Hitler mit diesem Spruch bezwecken, der den Spruch auf seine Weise umgedeutet hatte?

Ich habe mal im Internet recherchiert und habe folgende Erklärung gefunden. Ich zitiere dazu die Welt+
„Jedem das Seine“ bedeutete im KZ eben den lebenswichtigen Unterschied zwischen der Volksgemeinschaft in der wenige Kilometer entfernten Klassikerstadt Weimar – und den „Gemeinschaftsfremden“, wie die Nazis die hier gefangenen Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten und Zeugen Jehovas, die Homosexuellen, die Geistlichen, die Schriftsteller und Künstler abschätzig nannten.
Kurz gesagt; jeder bekommt das, was er verdient. Hier geht es zum ausführlichen Artikel. 


Hinter dem Stacheldrahtzaun befand man sich auf dem großen Gelände des Konzentrationslagers. Allerdings waren mit einer Ausnahme keine Baracken zu sehen, da sie nicht erhalten bleiben konnten. Auf dem Gelände wurden stattdessen dunkle, rechteckige Felder angelegt, um damit wenigstens symbolisch aufzuzeigen, wo die Baracken gestanden haben. Eine Holzbaracke wurde 1994 wieder aufgestellt.

Hier auf dem Foto befand sich eine Holzbaracke.

Es existiert eine U.S. amerikanische schwarz-weiß Luftaufnahme nach der Befreiung des KZ und ist in der Broschüre für Besucher*innen abgebildet. Die kleinen Steine auf den großen Steinen sollen die Besucher*innen darstellen. Auch auf den jüdischen Friedhöfen ist es üblich, von den Besucher*innen einen Stein auf das Grab zu legen ...

Das Gelände sah leer aus, auf dem zweiten Blick waren dort jede Menge Gedenkstätten zu sehen. Von den angeblich 22 Wachtürmen waren nur noch zwei erhalten. Sie waren aber geschlossen, nicht zugänglich.

Ein so großes Grundstück. Buchenwald soll nach Auschwitz, heute Polen, das zweitgrößte KZ in Deutschland sein. 


Es waren viele Schulklassen zugange, obwohl Samstag war, und ich bei einer stehen geblieben bin und der Lehrerin gelauscht habe, als sie den Schüler*innen an einer Gedenkstätte hinwies, dass es bei Menschen keine verschiedenen Rassen geben würde, sondern nur eine einzige Rasse. Hier habe ich mich zugehörig gefühlt, weil ich selbst davon überzeugt bin, dass es nur eine Menschenrasse gibt. Von den 194 Nationen gibt es nur vier Blutgruppen und keine 194. Es gibt zwischen den Nationen kulturelle Unterschiede, die allerdings nicht genetisch bestimmt sind, sondern tradiert. Hierbei ging es um einen großen, quadratischen Stein, der auf dem Boden gesetzt lag, und wenn man ihn berührte, dann hatte er eine warme Temperatur von 37°C. Dieser Stein sollte zum Nachdenken anregen. Eine Körpertemperatur, die nur bei Menschen gemessen werden könne, ganz unabhängig der Hautfarbe, der ethnichen- und der Religionszugehörigkeit. 

Mit meinem Welt- und Menschenbild wäre auch ich Hitler verhasst.

                                                                          Das Krematorium auf dem nächsten Foto.


Die Krematorien seit 1940 Verbrennungsanlage, Leichen- und Exekutionskeller, dienten dazu, auf schnellst möglichem Weg die vielen Leichen zu verbrennen, ohne Spuren von den Toten zu hinterlassen.  


Hier wurden die Leichen hineingeworfen und ins Krematorium gefahren. 

Auf dem KZ-Gelände befanden sich mehrere Gebäude, die zu Museen umfunktioniert wurden. Dazu auch das 1939 errichtete Kammergebäude, diente als ein Aufbewahrungsort, in dem die Kleider und Habseligkeiten der Häftlinge gelagert wurden.

Richtig schlimm fand ich das Haus der Toten. Ursprünglich befand sich in diesem Haus ein Pferdestall, der zu einer kaltblütigen Genickschussanlage sowjetischer Kriegsgefangener umfunktioniert wurde. Die Häftlinge wurden hinterrücks beim Messen der Körpergröße durch einen überraschenden Genickschuss ermordet. Diese Räume habe ich nicht fotografiert, und bereue es jetzt ein wenig. 

Dazu gab es durch die Führung noch mehrere Geschichten, die ich wieder vergessen habe, weil sie mir zu grausam waren. 


Ich denke an Franz Kafka, andere denken an Lord Voldemort. Wie real für mich viele Kafka-Geschichten geworden sind, wird für mich an diesem KZ-Besuch deutlich. Menschen werden unschuldig verhaftet, ohne dass sie etwas verbrochen haben. Das Urteil oder Der Prozess sind für mich Geschichten, die mir hierzu von Kafka einfallen. Bei einer anderen Schulklasse musste ich wieder meine Ohren spitzen, als die Jugendlichen gefragt wurden, ob sie Harry Potter gelesen und oder geschaut hätten. Lord Voldemort wurde mit Hitler verglichen, beides Diktatoren. In den Potterbänden gäbe es auch Rassentrennung, Mich- und die Reinblüter. Merkwürdig, ich selbst habe auch eine Verbindung zum Rassismus gesucht, zu Hitler, aber da sonst keiner über eine Assoziation zum Rassismus bei Potter gesprochen hat, habe ich diesen Gedanken wieder fallen lassen. Außerdem konnte dieser Gedanke aus meiner Sicht nicht wirklich erhärtet werden. Aber Voldemort hatte schon Ähnlichkeiten mit Hitler. Wer nicht seine Sichtweise teilt und sonst nicht in das Weltbild des dunklen Lords passt, der wird nach Askaban geschickt. Auch eine Stätte, in der die Häftlinge eingesperrt und massivst gequält werden. Ich habe im Netz ein wenig recherchiert und tatsächlich gibt es hier einen Artikel zur Rassentrennung, ein Vergleich, der zu Hitler und zu Voldemort führt. 


                                      Und auch die Kunst meldet sich zu Wort



                                                 Dieses obige Foto erklärt sich von selbst.

                                     

                                           Nächtes Foto unten: Stilles Orchester. Die Notenständer sind aus Gips.                                                           
                                

                                            Im nächsten Foto: Schuhe von Häftlingen



Dieses Foto fand ich auch schaurig, denn die Schuhe haben ihre Besitzer*innen überlebt. Gruselig fand ich die ganz kleinen Schuhe. Das jüngste Kind im KZ Buchenwald war gerade mal zwei Jahre alt.

Ich beende nun hier meinen Bericht. Ich wollte noch mehr schreiben, auch zu der traumhaften Stadt Weimar, aber mir genügt das jetzt. Meine Freundin und ich werden nächstes Jahr im Frühjahr nur nach Weimar fahren und nochmals die Stadt, Goethe und Schiller, visitieren, ohne sie mit grausamen Bildern der Morde im Kopf zu teilen. 

Ich war schon mal in Weimar, habe mit einer mehrtätigen Reisegruppe das Garten- und das Goethehaus besichtigt, anschließend auch das Haus von Schiller. Mir ist noch vieles in Erinnerung geblieben und kann dann selbst meine Freundin rumführen und erklären, die sonst noch nie in Weimar bei Goethe und Schiller war.

Ich habe ein paar Bücher von Schiller gelesen und mich hat er fasziniert. Schon damals träumte er als ganz junger Mensch von einem geeinten Europa. Wir haben heute ein geeintes Europa aber keine fähigen Politiker*innen ... Zudem würden sich Goethe und Schiller beide im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, dass diese Kulturstadt auch die Hauptstadt der NSDAP und der Morde geworden ist. 
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Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)