Eine Buchbesprechung
zur o. g. Lektüre
Meine Meinung
Mir hat das Buch sehr
gut gefallen, trotz ernster Thematik. Man kommt leicht in das
Geschehen rein. Ich hätte schon am vergangenen Samstag mit dem Buch durch sein können, da
ich aber den ganzen Tag auswärts war, einen düsteren Ort aufgesucht habe, einen Ort, der gut zu diesem Buch gepasst hat. Ich war mit meiner Freundin im Konzentrationslager
von Buchenwald bei Weimar. Hierzu gibt es auch einen Blogbeitrag ... Dass dies vom Umfang her ein recht dünn beseitetes Buch ist, werde ich meine
Buchbesprechung kurzhalten. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.
Hier geht es zum
Klappentext und zu den Buchdaten.
Die Handlung
Die Geschichte, die hier erzählt wird, findet im Nationalsozialismus
in Wien statt. Und der Held dieser Geschichte ist Reinhold Duschka. Ein
Mann im fortgeschrittenen Alter, der alleine lebt und selbstständig eine
Werkstatt hält, in der er sein Gürtlergewerbe, ein Künstlerhandwerk, nachgeht.
Sein langjähriges Hobby ist Klettern und so ist Duschka Mitglied im
Alpenverein. Während des Zweiten Weltkriegs versteckt Duschka zwei Menschen in
seiner Werkstatt, als Hitler in Wien die Juden hat deportieren lassen. Duschka war mit
Reginas Vater befreundet und fühlt sich dadurch für Regina und ihrer Tochter verantwortlich. Regina Steinig, die ursprünglich aus Lemberg stammt, ist während
des Ersten Weltkriegs mit ihren Geschwistern und den Eltern nach Wien
geflüchtet. Mittlerweile ist Regina eine erwachsene Frau, war mit einem
Juristen verheiratet, von dem sie ein Kind namens Lucia 1923 auf die Welt
gebracht hat. Die Ehe ging in die Brüche, sodass Regina ihr Kind alleine großziehen musste.
Regina war von Beruf Doktor der Chemie und ist gezwungen, im Nationalsozialismus
ihren Beruf aufzugeben. Auch Lucia musste mit der Schule abbrechen, und so wurde
sie von der Mutter ein wenig unterrichtet. Untergetaucht sind beide in Duschkas Werkstatt. Regina wird krank. Einen Arzt rufen geht nicht, das Leben von Regina, Lucia und
sogar von Duschka steht auf dem Spiel, vier Jahre lang ... Obwohl Duschka nicht
viel Geld hat, wer hat das schon in den Wirren des Krieges, schafft er es trotzdem,
seine Schützlinge auch mit Lebensmitteln zu versorgen. Mutter und Tochter
machen sich in der Werkstatt nützlich, damit Duschka seine Kunstobjekte
schneller verkaufen konnte.
Das Schreibkonzept
Diese Heldengeschichte wird retrospektivisch von Lucia erzählt, die mittlerweile
verheiratet ist und mit Familiennamen Heilmann heißt. Die Erzählung ist auf 117 Seiten verfasst. Die Episoden sind nicht in Kapiteln gepackt, sondern abgetrennt durch
Absätze. Der Schreibstil ist dermaßen flüssig, dass man beim Lesen in einen Sog
gerät, weil man so schnell nicht damit aufhören kann.
Auf der allerersten Seite ist eine Widmung von Lucia Heilmann an Reinhold Duschka abgedruckt.
Cover und Buchtitel
Cover und Buchtitel finde ich beides gelungen. Auf dem Cover sind die
Alpen abgebildet und deutet damit an, wie gefährlich dieses Hobby für Duschka ist. In der Tat machten sich Regina und Lucia Sorgen, wenn er an den
Wochenenden in die Alpen zum Bergsteigen ging, denn er könnte beim Bergsteigen abstürzen.
Ohne es zu wissen, befand Duschka sich tatsächlich in den Bergen dreimal in Lebensgefahr, aber er hatte immer Glück. Es
durfte nichts passieren, denn das Leben von Regina und Lucia war von Duschka abhängig. Den Buchtitel Am Seil fand
ich auch passend, denn das Seil, das am Körper richtig angelegt ist, gibt dem Alpinisten Halt und
hilft, ihn festzuhalten. Das Seil hat eine symbolische Bedeutung. Nicht
richtig fixiert, gefährdet es das Leben des Trägers.
Identifikationsfigur
Keine, denn ich kann niemals wissen, wie ich im Nationalsozialismus
gelebt hätte, auf welcher Seite ich mich selber geschlagen hätte. Aber Reinhold Duschka ist mir ein Vorbild, und gute Taten lassen
sich zu jeder Zeit vollbringen.
Meine Meinung
Reinhold Duschka ist eine interessante Persönlichkeit gewesen. Er war ein
sehr stiller und schweigsamer Genosse. Die wenigsten Menschen wussten, was er
für eine Persönlichkeit war. Er sprach nie von sich, nie von seinem Leben, nie von
seiner Kindheit. Und niemand fragte, weil sie Achtung vor ihm hatten. Schade, dass er so gar nichts von sich preisgab. Duschka heiratete spät, bekam auch Kinder und Enkelkinder. Und über
sein Wagnis sprach er auch
nach dem Krieg mit niemandem. Seine Angehörigen erfuhren es aus der Zeitung. Es war Lucia, die sich erinnert und so wurde 2013
am Werkstättenhof für ihn eine Gedenktafel angebracht. Nach seinem Tod, 1993,
wurde ein Nachruf verfasst:
Es war für dich selbstverständlich und gar nicht erwähnenswert, daß Du in einer Zeit der Unmenschlichkeit Deinen Anspruch als Mensch gelebt hast. Und dafür möchte ich dir gerade jetzt, wo sich die Geschichte zu wiederholen droht, ganz besonders danken. (2018, 101)
Mein Fazit?
Eine sehr bewegende und mutige Geschichte. Es ist gut, zu wissen, dass es
Menschen wie Reinhold Duschka gibt. Das sind für mich die Engel auf Erden. Und sie sind für mich Symbol- und
Hoffnungsträger in Zeiten, wo mutige Helden benötigt werden. In Anbetracht der
Tatsache, dass wir uns politisch in einer Zeit befinden, in der europaweit wegen
der Flüchtlingsströme wieder rechts gewählt wird und man sich fragt, was der
Mensch aus der Geschichte gelernt hat? Ich hoffe, nachdem ich nun auch das KZ
im Buchenwald besichtigt habe, dass sich diese Zeiten niemals wiederholen
werden. Ich brauche das nicht. Ich brauche keinen Krieg, ich brauche keinen
Diktator, ich brauche keine rechten Wähler und ich brauche auch keinen Nationalstolz, stattdessen Solidarität mit allen Menschen der Erde, die für Frieden, Freiheit und Demokratie sind …
Ich werde mir den Autor merken und möchte mich noch für seine anderen Bücher öffnen.
Meine Bewertung
2 Punkte:
Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere 2 Punkte: Authentizität der Geschichte 2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt 2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und
Titel stimmen mit dem Inhalt überein
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12 von 12 Punkten
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Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)
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