Dienstag, 1. Mai 2018

Celeste Ng / Kleine Feuer überall (1)

Lesen in der Leserunde im Bücherforum Watchareadin

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Was für ein gelungenes Buch. Es gibt nichts, was mir inhaltlich nicht gefallen hat. Zudem sehr interessant vom Aufbau her. Eine spannende Familiengeschichte, die über eine breite Diskussionsgrundlage verfügt …

Ein Buch, das Zivilcourage zeigt.

Die Handlung
Familie Richardson
Die Handlung spielt in Shaker Heights, ein Vorort von Cleveland, Bundesstaat Ohio. Shaker Hights ist eine wohlhabende Wohngegend, die zudem über einen recht hohen Verhaltenskodex verfügt. Starke Reglementierung in der auch Alltagsregeln eingebettet sind, und wer gegen diese verstößt, wird es nicht leicht haben, das Leben in Harmonie fortzuführen. Wir lernen hier die sechsköpfige Familie namens Richardson kennen und es ist Mrs Richardson, die über diese Regeln wacht. Man glaubt anfangs, es mit einer gutbürgerlichen Familienidylle zu tun zu bekommen. Und dies nicht nur innerhalb dieser Familie. Mrs Richardson ist von Beruf Journalistin, ihr Mann Jurist. Die Kinder befinden sich alle im jugendlichen Alter. Die Richardson besitzen zwei Häuser.

In dem einen Haus leben die Richardson, während das zweite Haus mit zwei getrennten Wohnungen untervermietet ist. Mrs Richardson ist es wichtig, die Wohnungen an Menschen zu vermieten, die nicht besonders wohlhabend sind.

Mia und Pearl Warren
An Mia Warren wurde eine von den beiden Wohnungen vermietet. Mia Warren ist Fotokünstlerin und zieht mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter Pearl in diese Wohnung ein. Sie ist alleinerziehend. Dies ist die erste Wohnung, die Mia seit Pearls Geburt bezogen hat. Als Künstlerin wollte sie immer unterwegs sein, um Eindrücke für ihre Kunst zu sammeln. Sie lebt von ihrer Kunst und von Gelegenheitsjobs.

Pearl sehnt sich nach einem ganz normalen und sesshaften Leben, nach einem dauerhaften Schulbesuch und nach festen FreundInnen. Mia musste der Tochter versprechen, nicht mehr fortzuziehen. Durch die Richardsonkinder lernt Pearl, was es heißt, in einer Familie zu leben und so fragt sie ihre Mutter wiederholt, wer ihr Vater sei? Mia gibt dazu keine Antwort. Wie Pearl muss sich auch die Leserin in Geduld üben, dass irgendwann sicher noch eine Antwort folgen wird. Pearl freundet sich mit den Richardsonkindern an. Sie wünscht sich ein Leben, in Sicherheit und Wohlstand gebettet, wie es die Richardson kennen. Izzy Richardson dagegen, das jüngste Kind, fühlt sich mit den festen Regeln und dem vielen Komfort eher eingeengt. Sie sehnt sich nach einem Leben, wie Mia es mit ihrer Tochter lebt. Einfach und bescheiden. Izzy ist das schwarze Schaf in der Familie und man bekommt als Leserin den Eindruck, Izzy würde ihr Leben in einem goldenen Käfig verbringen …

Auch Pearl fühlt sich zu den Richardson hingezogen, und so durchleben beide Kinder erst mal eine kleine Identitätskrise … Beide Familien weisen Konflikte auf, die besondere Problemlösungsstrategien einfordern. Mrs Richardson missachtet die Lebensweise von Mia Warren und ist blind für die Probleme innerhalb der eigenen Familie.

Bebe Chow
Auch lernt man die Chinesin Bebe Chow kennen, die ein Mädchen geboren hat. Bebe Chow hat ihr Kind ausgesetzt, weil ihr die Mittel fehlten, für das Kind zu sorgen. Der Säugling wurde gefunden und dem kinderlosen Ehepaar Linda und Ehegatte McCullogh zur Adoption übergeben. Das Ehepaar wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind, und alle Versuche sind gescheitert, selbst ein Kind zu bekommen. Bebe Chow bereut ihren Schritt und möchte ihr Kind  zurückhaben, da sie ihre finanziellen Verhältnisse durch einen Job ein wenig aufstocken konnte. Es finden Gerichtsverhandlungen statt. In der Zwischenzeit liegt das Kind in der Obhut des Staates. Es entstehen juristisch und journalistisch zwei Fronten. Jede Seite kämpft um dieses chinesische Kind. Ein interessanter und extrem moralischer Part.

Zum Scheibkonzept
Zu dem Schreibkonzept muss ich mich diesmal ein wenig bedeckt halten. Das Schreibkonzept ist dermaßen gut konstruiert, dass man gerne darüber sprechen möchte, aber nicht kann, weil man anderen LeserInnen die Möglichkeit nimmt, selbst zu entdecken, wie die Geschichte mit welchem Konstrukt aufgebaut ist.
Die Struktur in drei Teilen: Ein paar Zeilen am Anfang: Auf der allerersten Seite gibt es zwei Zeitungsartikel, die Shaker Heights beschreiben. Auf den folgenden Seiten erfährt man, dass das jüngste Kind der Richardson das Haus in Brand gesetzt hat. Im MIttelteil werden Handlungen von drei Familien. bzw. familienähnlichen Lebensweisen beschrieben. Und das Ende? Der Schluss ist vielversprechend.

Schreibstil
Ein wundervoller Schreibstil, der sich flüssig lesen lässt. Auch die Charaktere aller Figuren sind gut getroffen. Man erlebt facettenreiche und authentische Persönlichkeiten. Eine von den Figuren ist mir von Anfang an unsympathisch gewesen, und meine negativen Eindrücke zu dieser Person haben sich am Schluss bestätigt. Bangen musste ich ich auch um Bebe Chow.

Meine Meinung
Mich haben die Handlungen alle sehr überzeugt. Mich wird die Geschichte noch lange beschäftigen. Von der ersten bis zur letzten Seite habe ich die Geschichte mit großer Spannung verfolgt. Aus dem Probelesen wurde anfangs mehr, ich konnte das Buch nicht mehr aus dern Händen legen. Die letzten fünfzig Seiten waren für mich die aufregendsten.

Ungeklärte Fragen
Ich habe mich gefragt, ob die Geschichte autobiografische Züge aufweist? Das verrät mir sicher das Interview auf der dtv Seite. Das werde ich mir später noch vornehmen.

Cover und Buchtitel?
Sehr gut getroffen. Besitzt einen Wiedererkennungswert. 

Meine Identifikationsfiguren
Mia Warren und Izzy Richardson.

Mein Fazit?
Gelungene Familiengeschichten, sodass ich mir den Namen der Autorin merken werde, und ich mir ihre anderen Bücher auch noch anschaffen möchte.

Meine Bewertung?

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
 Zwölf von zwölf Punkten.

Weitere Informationen zu dem Buch

Vielen Dank an den Verlag für das Leseexemplar.
     
·               Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
·         Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (20. April 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3423281561

Und hier geht es auf die Verlagsseite von dtv
Und hier zur Leserunde von Watchareadin.
Und hier geht es zum Interview mit der Autorin.

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