Freitag, 31. Oktober 2014

Hans-Peter Rodenberg / Ernest Hemingway (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Es ist das eingetroffen, was ich befürchtet habe, dass ich nach dieser Lektüre kein Fan mehr von Hemingway sein werde.

Gleich werdet ihr wissen, weshalb.

Beginne gleich mit meinem ersten Zitat:
Hemingway war Abenteurer, Großwildjäger, Hochseefischer, Stierkampfanhänger.
Mit Ausnahme der Katzen, die Ernest wohl abgöttisch geliebt haben muss, machte er andere Tiere zu seinen Rivalen. Er führte gerne Kämpfe gegen die Natur, um seine eigenen Kräfte an ihnen zu messen. Absurd, denn es ist bekannt, dass gegen Menschen kein anderes Lebewesen anzukommen weiß, wenn man bedenkt, mit welchen Waffen der Mensch ausgestattet ist.

Ernest ist nach Afrika gereist, um sich auf Abenteuer mit den Wildtieren einzulassen:
Ich möchte Elefanten sehen, egal ob wir sie schießen oder nicht-ich möchte auf jeden Fall Büffel und Löwen schießen. Ich nehme die 30.06er-10.75 Mauser-12er Schrotflinte und eine 6,5 Mannlicher mit, außerdem meinen 22er Woodeman Colt-vielleicht auch Degen und Muletar für Büffel (…).
Gejagt hatte er auch Löwen, Büffel, Antilopen und Nashörner ...
Dieser Trieb, Tiere zu jagen und zu töten, war ihm nicht angeboren, sondern über den Vater anerzogen worden. Ernest hätte die Wahl gehabt, sich dem Töten zu widersetzen, oder ihm zu folgen. Er hatte sich für das Jagen und Töten entschieden. 
Am Walloon Lake brachte der Vater Ed Hemingway seinem Sohn den Umgang mit Werkzeug und Waffen bei, hier lehrte er Ernest, wie man Wild ausweidete und zum Essen zubereitete, wie man mit den Fischen aus dem See umging. Es war eine männliche Welt, in der die Dinge einfach und unkompliziert schienen, jene Welt >>ohne Frauen<<, in die auch sein Sohn Ernest immer wieder zurückkehren, in die er sich immer wieder flüchten würde, wenn er sich bedrängt fühlte. 
Hemingways Vater ist von Beruf Mediziner gewesen, praktischer Arzt und Geburtshelfer, lebte aber parallel dazu streng religiös, und er, wiederum beeinflusst von seinem religiösen Vater, zelebrierte ziemlich exzentrisch religiöse Bräuche.

Sowohl der Großvater als auch der Vater hatten eine genaue Vorstellung davon, was unter Gut und Böse zu verstehen ist.
Für den Vater Ed Hemingway gab es keinen Zweifel daran, dass Gut und Böse klar erkennbare, genau fixierte Qualitäten waren, ohne Übergang zwischen ihnen. Luzifer lauerte überall.
Ernests Vater war eine schwierige und eine stark gestörte Persönlichkeit, die in der Welt nicht wirklich glücklich zu sein schien, obwohl er ein sehr verantwortungsbewusster und fürsorglicher beliebter Arzt gewesen sein soll. Doch in seiner Familie zeigte er ein anderes Auftreten:
Heute muss man mit Hemingways Biografen Kenneth Lynn sagen, dass Dr. Hemingway bei aller Energie, die er besaß, wahrscheinlich ein zutiefst unglücklicher Mann war, dass seine plötzlichen, grausamen Ausfälle bei kleinsten Verstößen seiner Kinder, die als religiöse Disziplinierung tarnte, seine fieberhafte Tätigkeit für die Gemeinde und seine sporadischen Nervenzusammenbrüche ein zusammenhängendes Muster manischer Depression ergeben. 
1928 suizidierte sich der Vater. Ernest war 27 Jahre alt. Die Kindheit hatte er also schon lange hinter sich, möchte damit ausdrücken, dass seine Kindheit von einem psychisch kranken Vater stark geprägt wurde.
Ernest, der Zweitgeborene, hatte noch fünf Geschwister, insgesamt waren es sechs Kinder. Die religiöse Erziehung hinterließ auch hier ihre Spuren:
Wenn eines der sechs Kinder sich ausfallend benahm, musste es unverzüglich auf den Knien Gott um Verzeihung bitten. Beherrschte der junge Ernest sich einmal nicht und rutschte ihm ein Schimpfwort heraus, war die Mindeststrafe, die er für diese unentschuldbar moralische Schwäche zu erwarten hatte, das Zähneputzen mit Toilettenseife. 
Interessant fand ich, dass Ernest 1918 in Italien zum Katholizismus konvertiert ist, das sicher die Folge seiner äußerlichen Negation des Religiösen war.

Doch nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter Grace hatte einen großen und ungewöhnlichen Anteil an der Erziehung gehabt:

Sie hatte das Kleinkind Ernest mit Mädchenkleidchen bekleidet. Ernest hatte eine ältere Schwester namens Marcelline, und die Mutter kleidete die beiden Kinder wie Zwillingsmädchen: 
Einige der Ideen, die Grace hatte, waren allerdings im besten Fall ungewöhnlich zu nennen. Als Ernest neun Monate alt war, zog sie ihm ein rosa Baumwollkleidchen an und setzte ihm ein Blumenhäubchen auf, wie seiner achtzehn Monate älteren Schwester Marcelline. Nun war das Kleidchentragen bei Babys beiderlei Geschlechts um die Jahrhundertwende nichts Ungewöhnliches, bei Ernest hielt dieser Zustand jedoch an, bis er über zwei Jahre alt war. Auch die Haare wurden ihm wie bei einem Mädchen weit über das übliche Alter hinaus lang gelassen. Grace hatte sich in den Kopf gesetzt, Marcelline und ihn wie gleichgeschlechtliche Zwillinge aufzuziehen. Sie schulte Marcelline sogar ein Jahr später ein, damit beide in derselben Klasse sein konnten. 
Nach meiner Einschätzung, nachdem ich ein paar Biografien zu Ernest Hemingway gelesen habe, ist Ernest selbst auch eine labile Persönlichkeit. Auch er zeigte oft ein manisches, überdrehtes Verhalten und verfiel oftmals der Alkoholsucht. Auch Ernests Leben endete auf tragische Art und Weise, ähnlich wie das seines Vaters, auch wenn die Gründe andere waren …

Ernest liebte das Reisen. Er bereiste, wie ich oben schon geschrieben habe, nicht nur europäische Länder, nein, er bereiste auch Afrika. Er lernte, dieses Land zu lieben. Es existiert ein Foto, auf dem er mit zwei Gehörnern vom getöteten Kudu abgebildet ist.

Auch von Spanien war er angetan, wegen der Stierkämpfe. Er führte regelmäßig Tagebuch, das den Titel Tod am Nachmittag, trug. Grässlich kann ich nur sagen.

Nun ja, aus der Biografie gehen auch die vielen Beziehungen hervor, die Ernest mit Frauen hatte. Er war vier Mal verheiratet. Wer dazu mehr wissen möchte, so verweise ich auf das Buch.

Über das Schreiben als Autor? Ich denke, dass es allgemein bekannt ist, dass Hemingway sich auch als Journalist einen Namen gemacht hatte und er thematisch auf breitem Gebiet schriftstellerisch versiert und kundig war. Er war nicht nur Autor, er war auch Philosoph.

Ich beende nun hiermit meine Aufzeichnungen, auch wenn ich nicht alle Themen aus dem Buch mit aufgeführt habe.

Das war das letzte Buch, dass ich von und / oder über Hemingway gelesen habe.

______
Ich konnte immer nur sehr wenige Menschen auf einmal gern haben.
(Ernest Hemingway)

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