Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Das Buch erwies sich mir an manchen Stellen als recht hart, aber keineswegs realitätsfern. Es kommt gut durch, dass ein Krieg einen Menschen total entwürdigen kann. Der Mensch im Krieg wird bis zu seiner Seele regelrecht ausgezogen, entblößt.
Der Protagonist dieses Romanes nennt sich Timo, der als Dorftrottel zwar gilt, aber vor nichts zurückschreckt. In Wirklichkeit erweist sich Timo nicht wirklich als einen Trottel, sondern als Held der Geschichte. Er bleibt als einziger in Suomussalmi zurück, lässt sich nicht vertreiben, als die Finnen, 1939, aus ihrem Dorf evakuiert werden, weil die Russen einmarschieren und das ganze Dorf in Brand setzen. Man versuchte Timo mit Gewalt aus dem Dorf zu bringen, doch Timo blieb hart gegenüber eines finnischen Offiziers:
Timo schreckt auch nicht vor den Russen zurück. Timo ist Holzfäller und zeigte sich in seiner Arbeit immer als recht zuverlässig und pflichtbewusst.
Als das Dorf verlassen und wie leergefegt wirkte, geht Timo durch die Häuser und nimmt sie unter die Lupe und freute sich, dass viele Häuser ordentlich und geputzt von ihren Besitzern zurückgelassen wurden. In einem Haus befand sich sogar ein Brief adressiert an die russischen Soldaten mit dem Hinweis, dass sie das Haus ruhig in Brand stecken können, ohne sich dafür zu schämen, ohne Skrupel zu haben. Um Finnland ein Geschenk zu machen, hätten sie das Haus außerordentlich geputzt. Timo liest diesen Brief und hegt folgende Gedanken:
Als die russischen Soldaten in das Dorf einmarschierten und die meisten Häuser in Brand setzten, das Haus mit dem Brief verschonten sie, und sie plötzlich Timo entdecken, wird es für ihn brenzlig. Die Soldaten wissen nicht, wie sie Timo einzuschätzen haben, und vermuten in ihm einen Verräter und so gerät er mit der russischen Miliz in Konflikt... .
Doch auch hier schlägt sich Timo recht mutig und tapfer, setzt sich durch, indem er sich einigermaßen glaubwürdig macht, und wird dort als Holzfäller eingesetzt mit verschiedenen anderen Gefangenen. Timo entpuppt sich als Gruppenführer. Er versorgt seine Kameraden, darunter befanden sich auch russische Gefangenen, und übernimmt die Verantwortung für deren Leben. In Finnland herrscht gerade sibirische Kälte, und das Militär schonte die Holzfäller nicht. Sie wurden gezwungen, über ihre Kräfte hinaus Holz zu hacken bei Wind und Wetter. Viele Holzhacker erlitten einen seelischen und körperlichen Zusammenbruch und man nannte sie die Schwächlinge. Und Schwächlinge wurden vom Militär schnell aus dem Verkehr gezogen, so versorgte Timo diese mit dem Allernotwendigsten. Nach dem Holzfällen zogen sie sich in das Haus seines Freundes zurück, in dem es auch Verpflegung, Betten u.v.m. Gab. Einige davon waren von dem Krieg dermaßen traumatisiert, dass sie nicht mehr klar denken konnten. Vielfach verlernten sie das zivilisierte Leben, und legten ein recht disoziales Verhalten an den Tag. Die Details bitte selber nachlesen.
Kurz vor Kriegsende stand Timo bei den russischen Offizieren weiterhin unter Beobachtung und einmal hatte man ihm unter Gewaltanwendung erneut kritische Fragen gestellt...
Kurz nach dem Krieg trifft Timo seinen Landsmann Olli wieder, der die gebrochene Nase und gebrochene Wangenknochen registriert und stellt ihn zur Rede, und fragt, ob er Prügel eingesteckt habe? Als Timo das bejahte und ihm auch die Gründe nannte, Verweigerung von Befehlen, fragte Olli, ob er noch etwas anderes erfahren habe außer Prügel und wie er seine Zeit zubrachte?
Zum Schluss des Romans, als der Krieg zu Ende war und die Finnen wieder in ihr Dorf zurückgekehrt waren, sahen sie in dem Idioten einen Helden:
Er hatte den Krieg überlebt, er hatte sich um die Häuser gekümmert, die nicht in Brand gesteckt wurden. Er übernahm Verantwortung für sein Leben und für das Leben vieler anderer. Viele in seiner Gruppe haben den Krieg nicht überlebt, doch andere überlebten ihn nur durch seine Führung, Pflege und Fürsorge.
Timo reflektiert selbst noch einmal sein Leben:
Interessant fand ich auch die Romanfigur namens Rodeon. Ein inhaftierter russischer Soldat, der von seiner Frau getrennt wurde. Er trug in einem Beutel ständig die roten Schuhe seiner Frau mit sich herum. Die Schuhe machten ihm Hoffnung, die würden ihn wieder zu seiner Frau zurückbringen.
Es ist sehr viel passiert in dem Buch und mir war klar, dass ich solche Zustände nicht aushalten würde. Vieles was dort beschrieben wird ist unfassbar, ist absurd, man erlebt ein Lebewesen, das sich entscheiden muss was er sein möchte. Eine Bestie? Oder doch ein Mensch?
Es stellen sich immer wieder viele Warum-Fragen und beende nun meine Buchbesprechung mit folgendem Zitat:
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Gelesene Bücher 2012: 88
Das Buch erwies sich mir an manchen Stellen als recht hart, aber keineswegs realitätsfern. Es kommt gut durch, dass ein Krieg einen Menschen total entwürdigen kann. Der Mensch im Krieg wird bis zu seiner Seele regelrecht ausgezogen, entblößt.
Der Protagonist dieses Romanes nennt sich Timo, der als Dorftrottel zwar gilt, aber vor nichts zurückschreckt. In Wirklichkeit erweist sich Timo nicht wirklich als einen Trottel, sondern als Held der Geschichte. Er bleibt als einziger in Suomussalmi zurück, lässt sich nicht vertreiben, als die Finnen, 1939, aus ihrem Dorf evakuiert werden, weil die Russen einmarschieren und das ganze Dorf in Brand setzen. Man versuchte Timo mit Gewalt aus dem Dorf zu bringen, doch Timo blieb hart gegenüber eines finnischen Offiziers:
"Die Stadt muss evakuiert werden", sagte er. "Die Russen kommen… vielleicht schon morgen."
" Das macht mir nichts aus."
Wieder sah er aus, als stehe er vor etwas, an das er nicht so ganz glauben konnte. Sein Fahrer sprang aus dem Wagen und fing an, mit ihm zu reden, aber an meinem Gehör war noch nie etwas auszusetzen, und der Mann, der mit mir gesprochen hatte und offenbar Offizier war, kam zurück und fragte, ob ich der Dorftrottel sei. Er sagte das ohne einen Anflug der vielen Arten von Aaslächeln, die es so gibt, als habe er mir eine ganz normale Frage gestellt, nach meinem Alter, zum Beispiel, und deshalb antwortete ich einfach, ja, der sei ich wohl, und ich würde hierbleiben, selbst wenn er drohte, mich zu erschießen, denn Suomussalmi würde ich niemals verlassen, es gebe wichtigere Dinge auf dieser Welt als ein schnödes Menschenleben :D.
Timo schreckt auch nicht vor den Russen zurück. Timo ist Holzfäller und zeigte sich in seiner Arbeit immer als recht zuverlässig und pflichtbewusst.
Als das Dorf verlassen und wie leergefegt wirkte, geht Timo durch die Häuser und nimmt sie unter die Lupe und freute sich, dass viele Häuser ordentlich und geputzt von ihren Besitzern zurückgelassen wurden. In einem Haus befand sich sogar ein Brief adressiert an die russischen Soldaten mit dem Hinweis, dass sie das Haus ruhig in Brand stecken können, ohne sich dafür zu schämen, ohne Skrupel zu haben. Um Finnland ein Geschenk zu machen, hätten sie das Haus außerordentlich geputzt. Timo liest diesen Brief und hegt folgende Gedanken:
Ich fragte mich, ob das wohl bedeuten mochte, dass wir diesen Krieg verlieren und als Volk zu Grunde gehen würde. Aber dann kam ich doch zu dem Schluss, dass ein Land mit solchen Müttern und solchen Soldaten einfach nicht verlieren kann, egal, was geschieht, solche Völker überleben, wenn andere das nicht tun; deshalb freute ich mich unsäglich über die Entdeckung, dass noch vier weitere Häuser so frisch geputzt und ordentlich waren, dass in jedem der verlassenen Räume eine Sonne schien.
Als die russischen Soldaten in das Dorf einmarschierten und die meisten Häuser in Brand setzten, das Haus mit dem Brief verschonten sie, und sie plötzlich Timo entdecken, wird es für ihn brenzlig. Die Soldaten wissen nicht, wie sie Timo einzuschätzen haben, und vermuten in ihm einen Verräter und so gerät er mit der russischen Miliz in Konflikt... .
Doch auch hier schlägt sich Timo recht mutig und tapfer, setzt sich durch, indem er sich einigermaßen glaubwürdig macht, und wird dort als Holzfäller eingesetzt mit verschiedenen anderen Gefangenen. Timo entpuppt sich als Gruppenführer. Er versorgt seine Kameraden, darunter befanden sich auch russische Gefangenen, und übernimmt die Verantwortung für deren Leben. In Finnland herrscht gerade sibirische Kälte, und das Militär schonte die Holzfäller nicht. Sie wurden gezwungen, über ihre Kräfte hinaus Holz zu hacken bei Wind und Wetter. Viele Holzhacker erlitten einen seelischen und körperlichen Zusammenbruch und man nannte sie die Schwächlinge. Und Schwächlinge wurden vom Militär schnell aus dem Verkehr gezogen, so versorgte Timo diese mit dem Allernotwendigsten. Nach dem Holzfällen zogen sie sich in das Haus seines Freundes zurück, in dem es auch Verpflegung, Betten u.v.m. Gab. Einige davon waren von dem Krieg dermaßen traumatisiert, dass sie nicht mehr klar denken konnten. Vielfach verlernten sie das zivilisierte Leben, und legten ein recht disoziales Verhalten an den Tag. Die Details bitte selber nachlesen.
Kurz vor Kriegsende stand Timo bei den russischen Offizieren weiterhin unter Beobachtung und einmal hatte man ihm unter Gewaltanwendung erneut kritische Fragen gestellt...
Kurz nach dem Krieg trifft Timo seinen Landsmann Olli wieder, der die gebrochene Nase und gebrochene Wangenknochen registriert und stellt ihn zur Rede, und fragt, ob er Prügel eingesteckt habe? Als Timo das bejahte und ihm auch die Gründe nannte, Verweigerung von Befehlen, fragte Olli, ob er noch etwas anderes erfahren habe außer Prügel und wie er seine Zeit zubrachte?
Wohl bemerkt, dass Timo mit dem Holzfällen sein Leben gerettet hat. Nicht nur seines, sondern auch das seiner Kameraden, obwohl vielen Kameraden zum Schluss ein schweres Schicksal ereilte. Einer davon, ein Schullehrer, was so schwer traumatisiert, dass er sich das Leben nahm. Ein erwachsendes Brüderpaar, vielleicht jüdischer Abstammung, die nach Norwegen geflüchtet sind und sie von einer norwegischen Familie aufgenommen wurden, doch auch als der Krieg auch in Norwegen tobte, wurde diese Familie denunziert und gemeinsam mit den beiden Brüdern in das Konzentrationslager abgeschoben.
"Was haste denn sonst gemacht?"
"Ich habe Holz gehackt."
Olli verdreht die Augen."Das Vaterland macht seine schwerste Krise durch, und du hackst Holz, für den Feind?"
Zum Schluss des Romans, als der Krieg zu Ende war und die Finnen wieder in ihr Dorf zurückgekehrt waren, sahen sie in dem Idioten einen Helden:
"Seht den Idioten. Seht und lernt".
Er hatte den Krieg überlebt, er hatte sich um die Häuser gekümmert, die nicht in Brand gesteckt wurden. Er übernahm Verantwortung für sein Leben und für das Leben vieler anderer. Viele in seiner Gruppe haben den Krieg nicht überlebt, doch andere überlebten ihn nur durch seine Führung, Pflege und Fürsorge.
Timo reflektiert selbst noch einmal sein Leben:
Ich hätte alle Stärke, die ich besaß, aus der Schwäche der Holzfäller geholt, aus der Tatsache, dass sie mich vom ersten Moment mit ihrer Jämmerlichkeit angewidert hatten, denn wenn sie stärker gewesen wären als ich, dann hätte ich den Mut verloren und wäre schwach gewesen, wie der Lehrer Suslow-das sagte ich; es sei ein Vorteil, unter Schwachen stark zu sein, dann bleibt man stark und kann doch dazu auch die anderen stark machen, sicher sei das passiert, ich hätte es jedenfalls nicht allein schaffen können, und so gesehen - das sah ich jetzt ein - waren sie es, die mich gerettet hatten, ebenso sehr, wie ich sie gerettet hatte, und dafür wollte ich Ihnen danken.Timo, eigentlich der Dorftrottel, entwickelte Fähigkeiten und entpuppte sich als das Wunder des Dorfes und durch ihn erfuhren auch andere das Wunder. Aber nicht nur die Menschen waren das Wunder.,auch das Dorf, das auch nicht untergegangen ist.. .
Interessant fand ich auch die Romanfigur namens Rodeon. Ein inhaftierter russischer Soldat, der von seiner Frau getrennt wurde. Er trug in einem Beutel ständig die roten Schuhe seiner Frau mit sich herum. Die Schuhe machten ihm Hoffnung, die würden ihn wieder zu seiner Frau zurückbringen.
Es ist sehr viel passiert in dem Buch und mir war klar, dass ich solche Zustände nicht aushalten würde. Vieles was dort beschrieben wird ist unfassbar, ist absurd, man erlebt ein Lebewesen, das sich entscheiden muss was er sein möchte. Eine Bestie? Oder doch ein Mensch?
Es stellen sich immer wieder viele Warum-Fragen und beende nun meine Buchbesprechung mit folgendem Zitat:
Man solle sich nicht so viele Gedanken machen, denn die Welt sei nun einmal unbegreiflich und unwirklich, und sie werde nicht die Spur klarer davon, dass man versuchte, sie zu durchschauen.
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„Musik ist eine Weltsprache“
(Isabel
Allende)
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