Montag, 21. Juli 2014

Tuomas Kyrö / Bettler und Hase (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich nun durch und bis auf eine kleine Durststrecke hat es mir recht gut gefallen. Es ist sehr originell, ideell und fantasievoll geschrieben. Dazu philosophisch, politisch, gesellschafts- und sozialkritisch, gewürzt mit viel Humor.
Der Autor bezieht sich demnach auch zum eigenen Land recht selbstkritisch. Das hat mir gut gefallen.

Obwohl das Buch ein wenig kopflastig ist, muss der Autor auch ein großes Herz haben, da er sich die Mühe macht, das Verhalten von Randgruppen zu verstehen, indem er die Verhältnisse eruiert und versucht, sich in diese Menschen hineinzuversetzen.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Eine Entdeckung aus Finnland: scharfsinnig, schräg und zum Schreien komisch.Der rumänische Bettler Vatanescu und der knapp dem Tod entronnene Hase, der eigentlich ein Kaninchen ist, ziehen auf der Suche nach dem Glück durch Finnland. Sie begegnen integrierten Vietnamesen, kriminellen Ukrainern, trinklustigen Saunagängern und überambitionierten Polit-Aktivisten.
Der Protagonist und Icherzähler ist Vatanescu, Angehöriger der Volksgruppe von Sinti und Roma, schließt sich in seinem Heimatland Rumänien einem Verband an, der eher an Straßenkriminalität erinnern lässt. Dieser Verband betreibt im Ausland einen organisierten Menschenhandel. Vatanescu ist allerdings eher ein kleines Glied dieser Gemeinschaft, eigentlich eher ein Opfer, der sich diesem Verband aus purer Armut anschließt. Er und die anderen Mitglieder gehen betteln, und die Bettelbeträge müssen sie dem Leiter dieser Organisation abliefern. Was die Bettler davon bekommen, ist nur ein kleiner Prozentteil, der immer noch mehr ist, als gar nichts zu haben.

Der Leiter koordiniert nur die Mitglieder und lebt von den Beträgen, die ihm abgeliefert werden. Auch er ist eigentlich Opfer seiner eigenen Armut, die ihn dazu getrieben hat, eine Organisation wie diese zu gründen ...

Das Betteln ist demnach eher professionell zu verstehen. Während morgens die normale finnische Bevölkerung zur Arbeit geht, gehen die Sinti und Roma betteln. Acht Stunden am Tag. Wenn abends die Menschen von der Arbeit nach Hause kommen, kommen die Sinti und Roma vom Betteln nach Hause. Nach Hause? Wo ist ihr Zuhause? Die Menschen leben in Wohnwagen und Baracken. Die Betteltricks etc. bekommen sie von dem Leiter vermittelt, ist mit einer fundierten Schulung zu vergleichen. Wie der Autor dies beschreibt, ist schon recht wahnwitzig.

Vatanescu hat genug von der Armut, er hat vor allem genug von der Organisation, genug vom Betteln. Er schafft es, von der Organisation loszukommen und versucht sich nun ohne diese in Finnland als Migrant durchzuschlagen. Sein größter Wunsch, seinem Sohn, den er in Rumänien zurückgelassen hat, Sportschuhe zu kaufen. Natürlich hat er noch andere Träume, den Traum, ein ganz normaler Mensch zu sein, der einer Arbeit nachgeht, ein Girokonto bei der Bank hat, Besitzer einer Steuerkarte, einer Sozialversicherten- und Krankenkassenkarte ist. Was für die Finnen zum selbstverständlichen Alltag gehört, stellen sich für Vatanescu diese Selbstverständlichkeiten erst wie unerfüllbare Träume dar…
Auf fremdem unbekanntem Boden bin ich frei. Mittellosigkeit ist kein Gefängnis. Auch Hunger und Armut nicht. Es sind die Menschen. Diejenigen, die etwas haben, im Gegensatz zu denen, die nichts haben. Denn Besitzer beschützen ihren Besitz. "Ich besitze dich auch mein Häschen, doch besitze ich dich nicht.Wir sind Brüder."
Vatanescu rettet einem Hasen das Leben, identifiziert sich mit dem Tier und beide geben ein Team ab. Hier beginnt ein wenig für mich das Märchenhafte, gemixt mit realen Komponenten.

Der Hase stellt sich für mich eher wie eine Metapher dar …

Dem Autor ist es gelungen, die Lebenssituation dieses rumänischen Bettlers darzustellen. Der ewige Kampf ums Überleben. Vatanescu hätte selbst gerne ein anderes Leben gehabt. Wer kann sich schon aussuchen, wer wo und als was geboren wird?
Etwas im Menschen ist überall gleich, wer immer wir auch sind. Wohin uns das Leben führt, darüber entscheiden das Schicksal, der Zufall, das Sperma unserer Väter und die Eizellen unserer Mütter. Ohne Vernunft, ohne Verantwortung, ohne dass man etwas dagegen unternehmen kann. Der eine hat seinen Platz in Finnland, der andere in Rumänien, der Dritte in Hollywood. (118)
Wobei der Lebenskampf hier schon sein Ende findet, auf eine recht originelle Art, wenn auch ein wenig realitätsfern. Wenn man es aber auch wie ein Märchen betrachtet, dann passt das Ende gut zu der ganzen Geschichte. Mehr verrate ich aber nicht …

Die Lektüre ist teilweise so komisch, dass ich meine weiteren Zitate im Buch lassen werde, damit auch andere LeserInnen zu ihren Lesegelüsten kommen können, das Komische in sich aufnehmen und das so schwere Thema ein wenig von der lustigen Seite zu betrachten, ohne den Ernst dieser Thematik einzubüßen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
______
Siehe das Gute im Menschen, dann tust du dich leichter. 
Sicherlich gibt es Dummköpfe. 
Aber bist du selbst immer klug?
(Tuomas Kyrö)

Gelesene Bücher 2014: 47
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94 
Gelesene Bücher 2011: 86



Samstag, 19. Juli 2014

Tuomas Kyrö / Bettler und Hase

Klappentext
Eine Entdeckung aus Finnland: scharfsinnig, schräg und zum Schreien komisch.
Der rumänische Bettler Vatanescu und der knapp dem Tod entronnene Hase, der eigentlich ein Kaninchen ist, ziehen auf der Suche nach dem Glück durch Finnland. Sie begegnen integrierten Vietnamesen, kriminellen Ukrainern, trinklustigen Saunagängern und überambitionierten Polit-Aktivisten. Eine grandiose Mischung aus Roadmovie, Sozialsatire und modernem Märchen. Tuomas Kyrö hat mit seinem Roman, der in elf Länder verkauft wurde, die Beststellerlisten gestürmt.

Autorenporträt
Tuomas Kyrö geboren 1974 in Helsinki, gehört zu den renommiertesten finnischen Autoren der jüngeren Generation. Er hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Seine Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Kalevi-Jäntti-Preis, dem wichtigsten Förderpreis für Nachwuchsautoren, und der Kiitos-kirjasta-Medaille des finnischen Buchhandelsverbandes. Seine Romane Bettler und Hase (Hoffmann und Campe 2013) und Kunkku führten wochenlang die finnischen Bestsellerlisten an.
Das Buch gefällt mir ziemlich gut. Habe ein paar Seiten probegelesen. Bin auf Weiteres gespannt. Das Buch habe ich antiquarisch bei Bücher-Oxfam entdeckt und es sehr preisgünstig, gebunden und gut erhalten erworben.

Das Buch gibt es mittlerweile als Taschenbuch für 9,90 €.








Freitag, 18. Juli 2014

Buchverlage: Meine Favoriten

Oftmals, wenn ich nicht weiß, ob mich ein Buch tatsächlich anspricht, trotz Klappentext, bin ich vor dem Kauf oft noch unsicher. In solchen Situationen achte ich auf den Buchverlag. Er erleichtert mir schließlich die Entscheidung zum Kauf.
Folgende Verlage zählen zu meinen Favoriten:


Arche
http://www.arche-verlag.com/

Aufbauverlag
http://www.aufbau-verlag.de/


btb
http://www.randomhouse.de/btb/

C.H.Beck
http://rsw.beck.de/verlag



Diogenes
http://www.diogenes.de/

Droemer Knaur
http://www.droemer-knaur.de/home

dtv
http://www.dtv.de/

DuMont
http://www.dumont-buchverlag.de/sixcms/detail.php?

Deutsche Verlags-Anstalt DVA
http://www.randomhouse.de/Verlag/DVA/36000.rhd

Fischer
http://www.fischerverlage.de/

Hanser
http://www.hanser.de/

Hoffmann und Campe
http://www.hoffmann-und-campe.de/


Kiepenheuer & Witsch (KiWi)

Knaus-Verlag
http://www.randomhouse.de/Verlag/Knaus/11000.rhd

 Luchterhand-Verlag
http://www.randomhouse.de/Verlag/Luchterhand-Literaturverlag/24000.rhd


Oetinger 
http://www.oetinger.de/buecher/autoren-ausgefragt.html

Reclam
http://www.reclam.de/


Rowohlt
http://www.rowohlt.de/

Suhrkamp / Insel
http://www.suhrkamp.de/


Anne Bronté / Agnes Grey (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Was so typisch charakteristisch für englische Klassiker ist, erst recht die aus der viktorianischen Zeit, sie sind alle gesellschaftskritisch ...
Das Buch liest sich ganz leicht, was schon wieder untypisch ist. Der Text geht runter wie Öl. Darf auch mal sein, verliert deswegen nicht gleich an Würze.

Viele Zettelchen liegen in dem Buch, und nun bin ich gespannt, was ich aus ihnen machen und welche ich für meine Buchbesprechung verwenden werde.

Agnes Grey ist die Hauptperson und die Icherzählerin dieses Romans. Ihre Ezählart hat sich mir dermaßen eingeprägt, dass ich ihr gerne und mit großem Interesse zugehört habe. Auch habe ich sie keinesfalls als ausschweifend erlebt. 

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Sensibel und mit ergreifender Unmittelbarkeit erzählt Anne Brontë (Brontë, Anne 1820 - 1849) (...) die Geschichte ihrer jungen Titelheldin: Um des Geldes willen verdingt sich die intelligente und empfindsame Agnes Grey, Tochter eines verarmten Landpfarrers, als Gouvernante in reichem Hause. Schon bald gerät sie mit ihren naiven Vorstellungen in die Mühlen zwischen verzogenen Kindern und allzu nachgiebigen Eltern, und all ihre Träume und Hoffnungen scheinen sich in Luft aufzulösen. 
Der Roman weist leichte autobiografische Züge auf. Parallelen sind zu finden im Beruf der Väter. Der Vater von den Brontés war Landpfarrer gewesen, sowie auch der Vater der Protagonistin Agnes Grey. Agnes Grey besaß noch eine ältere Schwester namens Mary, während die Brontés in der Geschwisterzahl aus drei Schwestern und einem Bruder bestanden, und zusätzlich gab es noch zwei ältere Schwestern, die im Alter von zehn und elf Jahren verstorben sind.

Interessant fand ich Agnes´ Mut, 18-jährig sich in eine Familie zu begeben, um dort als Lehrerin ein wenig Geld zu verdienen, da sie unbedingt die Familie finanziell unterstützen möchte. Agnes Vater wurde durch unglückliche Umstände plötzlich fast arm, da sein Vermögen schicksalhaft und fremdverschuldet falsch angelegt wurde. Der Vater litt so sehr unter diesem Verlust, dass Agnes Mitleid mit ihm hatte.
Agnes und Mary wurden zu Hause unterrichtet und verfügten über eine recht gute Schulbildung. Obwohl die Eltern Einwände hatten, Agnes als Gouvernante loszuschicken, gaben sie schließlich den Bitten und Betteln ihrer Tochter nach. Agnes stammt aus einem recht gutmütigen Elternhaus.

In die erste Familie mit dem Namen Bloomfield, in der Agnes eingestellt wurde, ist sie nicht gerade wohlwollend aufgenommen worden. Die Kinder glichen eher kleinen Monstern oder Dämonen, die sich nichts haben von der Lehrerin sagen lassen. Nicht, weil Agnes unfähig war, sondern weil ihr von den Eltern strikt verboten wurde, Druck auf die Kinder auszuüben. Die Kinder waren dermaßen verzogen, dass die junge Agnes sich sehr schwer tat, sich bei ihnen durchzusetzen. Natürlich fehlte es ihr aufgrund ihres Alters an Erfahrung ...
Besonders der Junge Tom, sieben Jahre alt, machte ihr zu schaffen, doch seine sechs Jahre alte Schwester Mary Ann und die vierjährige Fanny waren auch nicht viel besser, sie ahmten vom störenden Verhalten her ihren älteren Bruder nach:
Zu der Schwierigkeit, Tom von dem abzuhalten, was er nicht tun durfte, kam die Herausforderung, ihn dazu zu bewegen, was er tun sollte. Oft weigerte er sich schlicht, etwas zu lernen, eine Lektion zu wiederholen oder auch nur in sein Buch zu sehen. Auch hier hätte eine Birkenrute viel bewirken können, doch meine Befugnisse waren begrenzt, und ich musste mit den Mitteln zurechtkommen, die mir blieben. (…) Meine einzigen Waffen hießen Geduld, Entschiedenheit und Beharrlichkeit, und ich nahm mir vor, sie bis zum äußersten einzusetzen. (44)
Birkenrute? Nein, für die war Agnes nicht wirklich der Typ, aber mehr Autorität, die sie von den Eltern nicht ausgesprochen bekam, hätte ihr schon geholfen.

Die Ansprüche wurden der Hauslehrerin recht hoch angesetzt, die, durch diese elterlichen Umstände, niemals hätten erreicht werden können. Eigentlich sind es die Eltern, die an den Kindern versagt haben.

Der Junge durfte nicht mit dem Vornamen angesprochen werden, sondern mit Master Tom. Das zeigt schon das ungleiche Verhältnis eines Kindes zu der Lehrerin, indem die Kinder das Sagen hatten. Die Mädchen waren Miss Mary Ann und Miss Fanny.
Auf wundersame Weise erledigten die Mädchen ihren Teil, doch Tom wurde so wütend, dass er sich auf den Tisch warf und Milch und Brot zu Boden schleuderte, seine Schwestern schlug, den Kohleneimer trat, Tische und Stühle umzustoßen versuchte und drauf und dran war, den ganzen Raum in ein einziges Chaos zu verwandeln, doch ich griff ihn mir, schickte Mary Ann los, um ihre Mutter herbeizurufen und hielt ihn trotz seiner Tritte, Schläge, Schreie und Flüche fest, bis Mrs Bloomfield erschien. "Was ist los mit meinem Jungen?", fragte sie. Doch als ich ihr von dem Vorfall berichtet hatte, ließ sie nur das Kindermädchen rufen, dass sie das Zimmer aufräumen sollte, und Master Bloomfield sein Abendessen bringen.
„Sehen Sie", rief Tom voller Triumph und schaute von seinem Teller auf, den Mund fast zu voll, um sprechen zu können: "Sehen Sie, Miss Grey! Egal, was Sie sagen, ich habe mein Abendessen bekommen und nicht ein einziges Ding aufgehoben!" (68f) 
Das war abzusehen, dass Agnes Grey in dieser Familie nicht bestehen konnte. Trost fand Agnes zu Hause in der Familie:
Nun, wenn die Kinder nicht lernen konnten, dann war es auch nicht ihr Fehler. Du kannst nicht erwarten, dass sich Stein so gut formen lässt wie Ton." (86)
Agnes verzagt nicht und möchte es in einer anderen Familie neu angehen lassen, in der Hoffnung, dass es auch freundliche Familien geben müsse. Ihr jugendlicher Optimismus ließ sie nicht verzagen. Und so landet sie bei der Familie Murray. Doch der Snobismus war auch hier sehr deutlich zu spüren. Allerdings konnte sich Agnes hier über mehrere Jahre halten, wenn auch die Mutter der Kinder ihr immer wieder zu spüren gab, wie unfähig sie in ihren Methoden doch sei. Auch diese Mutter beklagte den geringen pädagogischen Erfolg an ihren Sprösslingen. Die Kinder waren wesentlich älter als die Kinder bei den Bloomfields ...
Die pubertierenden Mädchen waren nichts anderes als eitel und arrogant. Ihnen menschliche Werte zu vermitteln, war schier unmöglich. Zu stark war der elterliche Einfluss, dass Wohlstand, Vermögen und der gesellschaftliche Status a priori zählten, mehr noch als die Formung eines guten Charakters in der Art von (menschlicher) Liebe und Güte. Diese jungen Mädchen waren von ihrem Charakter her so narzisstisch geprägt, dass sie nichts anderes konnten, als immer nur an sich selbst und an ihren eigenen Vorteile zu denken. Sie beurteilten andere Menschen nach deren Herkunft und gesellschaftlichem Status als gut, wenn sie reich, als schlecht, wenn sie arm waren.

Die beiden Mädchen, die Agnes Grey zu unterrichten hatte, waren Miss Rosalie und Miss Matilda. Mrs Murray mischt sich ein und stellt Ms Grey vor einem schweren persönlichen Tadel: 
Wer soll denn bitte schön den Geschmack einer jungen Dame formen, wenn nicht Sie? Mir sind schon Erzieherinnen begegnet, die sich so sehr mit dem Ruf der ihnen anvertrauten jungen Damen identifizierten -dass deren Eleganz und untadeligen Manieren angeht-, dass sie errötet wären, hätten sie selbst auch nur mit einem Wort etwas gegen sie vorgebracht. Selbst der geringste Tadel für ihre Schülerinnen wäre für sie schlimmer gewesen, als selbst gerügt zu werden - und das mit vollem Recht, meine ich. (...) Die Fertigkeiten und die Eleganz der jungen Dame sind doch für die Erzieherinnen wie für die übrige Welt von größerer Bedeutung als sie selbst. Wenn sie in Ihrem Beruf vorankommen möchte, dann muss sie all ihre Energie dort hineinlegen. Ihr gesamtes Denken und Streben muss dem Erreichen dieses einen Zieles dienen. Wollen wir das Verdienst einer Erzieherin bewerten, dann betrachten wir natürlich zuerst die jungen Damen, die sie nach eigenem Bekunden ausgebildet hat, und bilden uns unser Urteil. Eine kluge Erzieherin weiß das. Sie weiß, dass sie selbst zwar im Hintergrund steht, die Tugenden oder Fehler ihrer Schüler jedoch für jeden offensichtlich sind, und dass sie nur dann auf Erfolg bei ihrer Erziehung hoffen darf, wenn sie sich selbst dabei zurückstellt. Wissen Sie Miss Grey, es ist doch wie in jedem anderen Metier auch: Wer sich zum Besten entwickeln will, muss mit Leib und Seele seiner Berufung folgen. Wer jedoch der Trägheit nachgibt und sich gehen lässt, bleibt rasch hinter der Konkurrenz zurück. Es gibt kaum einen Unterschied zwischen jenen, die ihren Schülern durch Vernachlässigung Schaden, und denen, die es durch ihr schlechtes Beispiel tun." (245f)
Das waren böse Vorurteile gegenüber Agnes Grey. Ein absolutes Fehlurteil von der Mutter und völlig unreflektiert sich selbst gegenüber. Vornehme und vermögende Leute, die es nicht schaffen, selbst ihre Kinder zu erziehen, schreiben anderen vor, was richtig und falsch ist ...

Unmenschlichkeit? Die bekommt Agnes noch einmal zu spüren, als ihr Vater im Sterben liegt, und sie Mrs Murray um Sonderurlaub bittet:
Ich bat um Erlaubnis, den Urlaub vorzuziehen und mich sofort auf den Weg machen zu dürfen. Mrs Murray war verblüfft, wie ungewohnt eindringlich und beherzt ich meine Bitte vorbrachte. Sie starrte mich an und meinte, es gebe doch keinen Grund zu so großer Eile, aber schließlich stimmte sie zu - allerdings nicht ohne anzumerken, dass es doch nicht nötig sei, "sich so aufzuregen", es könne auch "ein falscher Alarm" sein, und falls nicht - nun, dann sei es eben "der Lauf der Natur; wir müssen schließlich alle einmal sterben", und ich solle nicht glauben, dass ich „die einzige betrübte Person auf der Welt sei, (…) "und statt zu nörgeln, Miss Grey, seien Sie doch bitte einmal dankbar für die Vorzüge, die Sie hier genießen. Es gibt so viele arme Geistliche, deren Tod ihrer Familien in den Ruin treiben würde. Sie hingegen haben einflussreiche Freunde, die gerne bereit sind, Ihnen auch weiterhin eine Arbeit zu geben, und die Ihnen stets mit Rücksichtnahme begegnen."
Mrs Murray bezeichnet sich demnach als Freundin. Auch hierhin absolute Oberflächlichkeit, denn eine Freundschaft ist die Beziehung mit dieser Familie weiß Gott nicht.

Agnes Grey war mir eine sehr sympathische Persönlichkeit. Sie besaß sehr viel Weisheit, Menschenliebe, Stärke und Geduld. Als der Vater verarmte, trug sie es mit Fassung und ist daran nicht verzweifelt. Im Gegenteil, sie versuchte ihrem Vater tröstende Worte zu spenden.

Ich mache hier nun Schluss. Was ich nicht erwähnt habe, ist, dass der Roman auch mehrere Liebesgeschichten verschiedener Protagonistinnen bereithält. Sie sind aber nicht kitschig, sondern recht authentisch und differenziert dargestellt. Dass der Kontext zudem noch gesellschaftskritisch geprägt ist, habe ich anfangs schon erwähnt. Die Details sind dem Buch zu entnehmen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
______
Alle Religionen und alle unterschiedlichen Kulturen
 haben ihre Berechtigung,
solange sie anderen nicht schaden. (M. P.)

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Mittwoch, 16. Juli 2014

Anne Bronté / Agnes Grey

Klappentext und Autorenportrait
Sensibel und mit ergreifender Unmittelbarkeit erzählt Anne Brontë (Brontë, Anne 1820 - 1849) die jüngste der drei weltberühmten Brontë-Schwestern, die Geschichte ihrer jungen Titelheldin: Um des Geldes willen verdingt sich die intelligente und empfindsame Agnes Grey, Tochter eines verarmten Landpfarrers, als Gouvernante in reichem Hause. Schon bald gerät sie mit ihren naiven Vorstellungen in die Mühlen zwischen verzogenen Kindern und allzu nachgiebigen Eltern, und all ihre Träume und Hoffnungen scheinen sich in Luft aufzulösen. Anne Brontës autobiografisch gefärbter Roman, 1847 erschienen, gehört seit langem zum Kanon der englischen Literatur.
 Gelesen habe ich von Charlotte Bronté Jane Eyre und Villette. Von Anne B. habe ich bisher noch nichts gelesen.

Ich habe mich gestern Abend ein wenig eingelesen und das Buch hat mir recht gut gefallen. Bin neugierig auf das Weiterlesen.



Dienstag, 15. Juli 2014

Sonya Winterberg / Wir sind die Wolfskinder-Verlassen in Ostpreußen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch ging mir echt bis tief unter die Haut. Ich wollte es erst abbrechen, auch weil ich schon so viel über Hitlers Politik gelesen habe. Doch dieses Buch ist noch einmal eine Besonderheit. Hier geht es um Ostdeutsche, die bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg von den Russen verfolgt, vertrieben, misshandelt und massakriert wurden. Es ist heftig, aber für die Menschen, die diese Zeiten erlebt haben, und andere, die diese Zeiten nicht überleben konnten, für die muss man das Buch aushalten und bis zum Ende lesen. Denn ich erlebe diese Schreckensszenarien nur mental, während diese Menschen es live durchleben mussten. Sie konnten nicht weglaufen. Es ist gut, dass es solche Bücher gibt. Nun sind hier nicht die Juden die Opfer, sondern die Ostdeutschen, Menschen aus dem Osten Preußens. Auch dieses Buch zeigt, wie Kriege aus Menschen Monster machen; weil sie selbst bestialisch malträtiert wurden, und nichts anderes mehr im Sinn haben, als sich zu rächen.

Zur Erinnerung gebe ich nochmals den Klappentext rein:
»Niemand durfte uns weinen sehen ?« Ein Wolfskind aus KönigsbergHunderttausende Deutsche flohen Ende des Zweiten Weltkriegs vor der Roten Armee aus Ostpreußen und Königsberg. Immer wieder gingen Kinder auf der Flucht verloren oder erlebten die Ermordung der eigenen Familie. Andere mussten ohnmächtig mitansehen, wie ihre Geschwister verhungerten, die Großeltern aus Schwäche starben oder die Mutter einer Epidemie erlag. Auf sich allein gestellt, überlebten diese Kinder in den Wäldern des Baltikums. Man nannte sie »Wolfskinder«. Die Journalistin Sonya Winterberg hat die letzten Zeitzeugen dieser dramatischen Jahre besucht. Nach jahrzehntelangem Schweigen erzählen sie erstmals von der Angst, dem Hunger und der lebenslangen Einsamkeit. Aber auch von Menschen, die ihnen das Überleben ermöglichten und den Weg in die Zukunft wiesen.
Es ist kein Geschichtsbuch, und trotzdem ist es ein Buch, das narrativ und retrospektivisch über die Geschichte schreibt.

Ich zitierte aus dem Buch und zu dem Buch Hannah Arendt, deutsch-jüdische-amerikanische Publizistin:
Sofern es überhaupt ein >Bewältigen< der Vergangenheit gibt, besteht es in dem Nacherzählen dessen, was sich ereignet hat; aber auch dies Nacherzählen, das Geschichte formt, löst keine Probleme und beschwichtigt kein Leiden, es bewältigt nicht endgültig, es hilft aber, >die innere Wahrheit des Geschehens so transparent in Erscheinung< zu bringen, daß man sagen kann: Ja so ist es gewesen.
Ein Kollektivschicksal. Eine Kindheit hatten viele Kinder nicht, bzw. man hat sie ihnen genommen. Ein Wunder, dass es doch auch Kinder gab, die dieses Schicksal überlebt haben und erwachsen werden konnten. Ein Wunder, denn sie waren dabei, als deren Mütter von den Rotgardisten vergewaltigt wurden. Sie waren dabei, als die Großeltern erschossen oder erhängt wurden. Sie waren dabei, als die Familie an Hunger starb und sie als die einzigen Überlebenden übrig blieben. Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Der Krieg kennt keine Grenzen. Er kennt auch kein Pardon, nicht mal für die jüngsten Menschen dieser Erde. Viele elternlose Kinder waren in Arbeitslager nach Sibirien verschleppt. Andere in Waisenhäuser der damaligen DDR untergebracht. Über das Schicksal zu reden?, den Kindern wurde in den Waisenhäusern ein absolutes Redeverbot verhängt.

Zivilisten aus Ostpreußen wurden für die Politik Hitlers verantwortlich gemacht. Selbst als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, hörte das Leid noch lange nicht auf. Die Kriegsfolgen zogen sich noch weit hin bis in die späten 1950er Jahre. Die Russen waren nicht besser als Hitler es war, doch auch sie waren Verletzte Hitlers.

Viele elternlose Kinder mussten für sich selbst sorgen. Sie streunen durch die Wälder wie Wölfe es tun, deshalb der Titel Wir sind die Wolfskinder. Ostpreußen zählte nicht mehr zu Deutschland, der nördliche Teil ging an Russland, der südliche an Polen … Viele hatten dadurch keine Heimat mehr.
Für die Wolfskinder aber teilt sich das Leben weniger in Krieg und Nachkrieg als vielmehr in die Zeit mit der Familie und die Zeit ohne Angehörige. Bei manchen erfolgte der Verlust der familiären Geborgenheit jäh - meist durch plötzliche Trennung oder gewaltsamen Tod. Andere erleben das Erlöschen der ganzen Familie durch Hunger, Seuchen oder Krankheit als einen nicht enden wollenden qualvollen Prozess, bis sie als Einzige übrig bleiben. (88)
Viele Kinder gingen nach Litauen, entweder zu Fuß oder sie schmuggelten sich in Waggons ein. Litauen wurde bekannt als das Brot- und Kuchenland. In Litauen bekamen die Kinder zu Essen. Bettelnde Kinder wurden nicht ohne Lebensmittel wieder weggeschickt. Einige Kinder konnten in Litauen sogar eine neue Familie finden. Viele blieben in den neuen Familien, weil sie nicht wussten, wohin sie sonst noch gehen konnten. Manche rissen aus den Familien wieder aus, weil sie schlecht behandelt wurden. Vereinzelt gab es aber Kinder, die blieben, obwohl sie schlecht behandelt wurden. Aber insgesamt haben sie mit den Litauern überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Sie hätten sonst ohne deren Hilfe nicht überleben können. Es war allerdings den Litauern verboten, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen. Wer erwischt wurde, wurde nach Sibirien verbannt. Litauen hatte seine Unabhängigkeit verloren und gehörte seit 1940 Russland an. Viele Litauer gingen das Risiko ein, zeigten Zivilcourage und nahmen trotzdem die Kinder bei sich auf. Die deutschen Namen ließen sie russifizieren, damit die Kinder im Land unauffällig leben konnten. Viele wurden nicht in die Schule geschickt, damit sie geschützt bleiben konnten, und halfen eher zu Hause im Haushalt, auf dem Hof oder als Hirtenjunge auf der Weide …

Die Russen waren so grausam, dass Kinder, die um Essen bettelten, regelrecht erschossen wurden. Die russischen Soldaten folgten einer Hasspropaganda, die sich für das rächen wollten, was die Nazi-Deutschen ihren Familien angetan hatten.
Preußen als vermeintlicher Hort des Nationalsozialismus wurde gleichgesetzt mit Ostpreußen, Königsberg zum Synonym des Militarismus und Faschismus stilisiert. In den Köpfen der 1,67 Millionen Soldaten, die in Ostpreußen zum Einsatz kamen, hallten einzig die Worte ihres Oberbefehlshabers Marschall Schukow wider: Die Zeit ist gekommen, mit den deutsch-faschistischen Halunken abzurechnen. Groß und brennend ist unser Hass! Wir haben unsere niedergebrannten Städte und Dörfer nicht vergessen. Wir gedenken unserer Brüder und Schwestern, unserer Mütter und Väter, unserer Frauen und Kinder, die von den Deutschen zu Tode gequält wurden. Wir werden uns rächen für die in den Teufelsöfen Verbrannten, für die in den Gaskammern Erstickten, für die Erschossenen und Gemarterten. Wir werden uns rächen für alles! Doch die Rache traf weniger die Schuldigen des Krieges, die Naziverwaltung, die SS-Schergen und die Politikgrößen, die sich längst aus dem Staub gemacht hatten, sondern jenen Teil der Zivilbevölkerung, der am wenigsten mobil war: Greise, Frauen und Kinder. Für sie begann eine nicht enden wollende Nachkriegszeit. (85)
Viele Jahre nach dem Krieg begaben sich mehrere, mittlerweile Erwachsene, Wolfskinder auf Spurensuche, in der Hoffnung, Familienmitglieder wiederzufinden. Sie wandten sich an das Deutsche Rote Kreuz, und andere beantragten bei deutschen Politikern humanitäre Hilfe. Sie wollten auch wieder die deutsche Staatsbürgerschaft zurückerlangen, die sie durch den Krieg verloren hatten. Viele mussten ihre Muttersprache neu lernen. Hatten sie ein Anrecht auf eine deutsche Rente? Sie gingen weder zur Schule, noch konnten sie gut verdiente Arbeiten nachgehen, weil die Schulbildung dafür nicht ausreichte. Sie zahlten also nicht in die soziale Staatskasse ein. Verloren in der Kindheit? Verloren auch im Alter?

Lest selbst. Es gibt viele Wolfskinder, die alt geworden sind, und viele, die wieder zurück in ihre alte Heimat möchten.
Dieses Buch zu lesen, ohne erneuten Hass zu entwickeln, ist schon eine Herausforderung, deshalb zitiere ich zum Abschluss den Gedanken einer Betroffenen:
Ich denke heute, dass es jedem Menschen gegeben ist, Gutes oder Böses zu tun, je nachdem in welchen Umständen er sich befindet. Der absolute Wille zu leben und zu überleben lässt Menschen Dinge tun, die sie nie für möglich gehalten hätten. (211)
Das Lesen des Buches bedeutete für mich, sich mit den Opfern zu solidarisieren. Wer sind die Opfer? Solidarität mit allen Verwundeten, Solidarität mit allen Hingerichteten und Gefolterten, Solidarität mit allen Verhungerten, ohne sie in Nationen einzuteilen. 
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Alle Religionen und alle unterschiedlichen Kulturen
 haben ihre Berechtigung,
solange sie anderen nicht schaden. (M. P.)

Gelesene Bücher 2014: 45
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86






Sonntag, 13. Juli 2014

Sonya Winterberg / Wir sind die Wolfskinder - Verlassen in Ostpreußen

Klappentext
»Niemand durfte uns weinen sehen ?« Ein Wolfskind aus KönigsbergHunderttausende Deutsche flohen Ende des Zweiten Weltkriegs vor der Roten Armee aus Ostpreußen und Königsberg. Immer wieder gingen Kinder auf der Flucht verloren oder erlebten die Ermordung der eigenen Familie. Andere mussten ohnmächtig mitansehen, wie ihre Geschwister verhungerten, die Großeltern aus Schwäche starben oder die Mutter einer Epidemie erlag. Auf sich allein gestellt, überlebten diese Kinder in den Wäldern des Baltikums. Man nannte sie »Wolfskinder«. Die Journalistin Sonya Winterberg hat die letzten Zeitzeugen dieser dramatischen Jahre besucht. Nach jahrzehntelangem Schweigen erzählen sie erstmals von der Angst, dem Hunger und der lebenslangen Einsamkeit. Aber auch von Menschen, die ihnen das Überleben ermöglichten und den Weg in die Zukunft wiesen.

Autorenporträt
Sonya Winterberg, geboren 1970, absolvierte ihren Master in European Media an der University of Portsmouth/UK. Sie lebt und arbeitet nach Stationen in Belgien und den USA als freie Journalistin in Berlin und ihrer finnischen Heimat. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Krieg und Trauma. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Drehbuchautor Yury Winterberg, schrieb sie »Kriegskinder – Erinnerungen einer Generation«, das als Taschenbuch erfolgreich im Piper Verlag erschien.
Das Buch habe ich gebunden und gut erhalten antiquarisch im Bücher-Oxfam erworben. Es wurde 2012 aufgelegt und mittlerweile ist es als Taschenbuch zu bekommen.

Habe ein paar Seiten gelesen. Ein Buch, das echt bis unter die Haut geht.





Freitag, 11. Juli 2014

Jojo Moyes / Weit weg und ganz nah (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich so sehr gefesselt, dass ich mit dem Lesen schwer aufhören konnte.

Die Charaktere der Figuren waren differenziert dargestellt, die Sprache hat mir auch gut gefallen und der Inhalt hat mich gepackt. Das Buch Ein ganzes halbes Jahr ist bei mir nicht so gut angekommen, wie das vorliegende Buch.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Einmal angenommen … … dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter bekommt eine einmalige Chance. Und du bist zu arm, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Du weißt, dass es falsch ist. Aber auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher … Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann, dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures verrückten Roadtrips gestehen, was du getan hast? Und kann das gutgehen, wenn du dich ausgerechnet in diesen Mann verliebst?
Besonders inspiriert hat mich die Protagonistin Jessica Thomas, die mit siebzehn Jahren schon recht früh Mutter wurde, und sie dadurch ihre Schule abbrechen musste und ohne Abschluss ins eigene Familienleben gerät. Mittlerweile sind viele Jahre vergangen, ihre Tochter Tanzie ist zehn Jahre alt geworden. Die Familie bricht auseinander. Tanzies Vater verlässt das Haus und lässt ihren Stiefbruder Nicky zurück. Jess liebt Nicki wie ihr eigenes Kind und sorgt für ihn wie ihr eigenes Kind. Nicky ist 16 Jahre alt. Jess verlangt keinerlei Lebensunterhalt, weder für sich, noch für die Kinder, da ihr Mann Marty sowieso wenig Kohle hat, kann sich kaum selbst über Wasser halten. Die Rücksichtsnahme seiner Frau geht so lange gut, bis Jess plötzlich mit neuen Tatsachen konfrontiert wird, die Marty ihr verheimlicht hat.

Aber Jess zerbricht nicht an der Trennung, hält stark an ihren Idealen fest, so, als würde sie niemanden brauchen:
Das war der Grund, aus dem Jess nicht zusammengebrochen war, als Marty sie verließ. Warum sollte sie auch? Er konnte sie nicht verletzen. Das einzige, was Jess wirklich wichtig war, waren diese beiden Kinder. Und genauso wichtig war es, diese beiden Kinder spüren zu lassen, dass sie in Ordnung waren. Denn selbst wenn einen alle Welt fertigmachte, konnte einem das nichts anhaben, solange einem die Mutter den Rücken stärkte. Irgendein tief verwurzelter Teil wusste dann immer noch, dass man trotzdem o. k. war. Dass man es verdiente, geliebt zu werden. Jess hatte nicht viel im Leben getan, auf das sie stolz sein konnte, auf eines aber war sie sehr stolz: nämlich darauf, dass Tanzie das wusste. Sie war eine seltsame kleine Krabbe, aber Jess wusste, dass sie es wusste. An Nicky arbeitete sie noch. (235)
Bei ihren Freundinnen stößt Jess auf Unverständnis, dass sie ihren Stiefsohn Nicky auch noch bei sich aufgenommen hat, wo doch der Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter sowieso schon knapp ist, und hart dafür kämpfen muss. Sie muss tatsächlich jeden Cent dreimal umdrehen.

Eigentlich kommt Jess aus gutem Hause, die Mutter ist Lehrerin und Jess hätte studieren können, wenn sie nicht so früh Mutter geworden wäre.

Die Kinder, es sind besondere Kinder. Tanzie ist ein Mathematikgenie und Nicky ein besonders sensibler Jugendlicher, der sich gerne ab und zu mal schminkt, ohne sich als homosexuell zu bezeichnen. Beide Kinder fallen durch ihre Besonderheit in der Gesellschaft auf, denen das Leben schwer gemacht wird.

Jess lernt den wohlhabenden Programmierer Mr. Ed Nicholls kennen, der mit den Problemen dieser Familie konfrontiert wird, und einen Bezug zu sich selbst findet. Auch Mr. Nicholls war ein Mutmacher. Im nächsten Zitat folgen aufmunternde Worte, die er an Nicky richtet:
 Jeder Mensch, dessen Bekanntschaft mir etwas wert ist, war in der Schulzeit ein bisschen anders als die anderen. Du musst einfach noch deine Leute finden. (…) Man verbringt sein ganzes Leben mit dem Gefühl, nirgends richtig hinzupassen. Und dann betritt man eines Tages irgendeinen Raum, an der Uni, in einem Büro, einem Club oder sonst wo, und sagt sich: >Ah. Hier sind sie.< Und auf einmal fühlt man sich zu Hause. (205f)
Ich finde, dass das ein sehr schönes Zitat ist. Kenne das selbst auch aus meinem eigenen Leben, das Gefühl, nirgends richtig dazuzugehören, weil auch ich ein wenig anders war und mich kaum jemand verstand.

Mr. Ed Nicholls begleitet die vaterlose Familie nach Schottland, damit Tanzie an einem Mathematikwettbewerb teilnehmen kann, an dem alle Mathegenies eingeladen sind. Sie sind mehrere Tage unterwegs und Ed Nicholls hat dadurch genug Zeit, Jess und die Probleme ihrer Kinder kennenzulernen.

Jess legt auf die Erziehung ihrer Kinder sehr viel Wert. Sie versucht ihnen Werte zu vermitteln á la: Behandle andere immer so, wie du selbst auch behandelt werden möchtest.

Sie macht eine ernüchterne Erkenntnis:
Tja, es funktioniert nur, wenn sich alle dementsprechend verhalten. Und das macht kein Mensch mehr. Die Welt ist voller Leute, die sich einen Dreck um andere scheren. Die trampeln einfach über einen weg, wenn sie dadurch bekommen, was sie haben wollen. Sogar wenn es ihre eigenen Kinder sind, über die sie wegtrampeln. (340)
Nicholls erfährt über Jess und ihre Kinder auch einiges über sich. Auch er hat massive Probleme im Beruf und mit seiner Herkunftsfamilie. Statt die Probleme zu lösen, rennt er vor ihnen weg, wie Jess´Mann Marty es auch getan hat.
Denn in diesem einen Moment hatte Ed Nicholls erkannt, dass er mehr wie Marty und weniger wie Jess war. Auch er war ein Feigling gewesen und vor den Problemen in seinem Leben davongelaufen, statt sich ihnen zu stellen. Und das musste sich ändern. (348)
Jess gerät in Situationen, die ihr wie eine schwere Lebensprüfung erscheinen, denen sie nicht immer gewachsen war. Trotz ihrer Werte, die sie auch den Kindern vermittelt, handelt sie gesetzeswidrig, weil sie keinen anderen Ausweg findet.

Jess ist ein sehr belesener Mensch, und kauft sich immer abgegriffene gebrauchte Taschenbücher, weil sie nicht so teuer sind. In ihrem Haus befinden sich in jedem Raum Bücherregale, mit Ausnahme des Badezimmers, die alle mit Taschenbüchern gefüllt sind.

So, ich beende hiermit die Buchbesprechung, da ich nicht zu viel verraten möchte.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten …

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Mithilfe von Büchern eignen wir uns andere Erfahrungen an
 und lernen neue Lektionen (Nina Sankovitsch))

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Sonntag, 6. Juli 2014

Jojo Moyes / Weit weg und ganz nah

Klappentext
Einmal angenommen …
… dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter bekommt eine einmalige Chance. Und du bist zu arm, um ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Du weißt, dass es falsch ist. Aber auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher …
Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann, dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures verrückten Roadtrips gestehen, was du getan hast?
Und kann das gutgehen, wenn du dich ausgerechnet in diesen Mann verliebst?



Autorenporträt
Jojo Moyes, geboren 1969, hat Journalistik studiert und für die «Sunday Morning Post» in Hongkong und den «Independent» in London gearbeitet. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern auf einer Farm in Essex.
Von der Autorin habe ich drei Bücher im Regal stehen, aber bis jetzt nur ein Buch gelesen. Die Bücher wurden in folgender Reihenfolge aufgelegt:
1. Ein ganzes halbes Jahr
2. Eine Hand voll Worte
3. Weit weg und ganz nah.
Buch Nr. 1 habe ich gelesen. Und nun habe ich mit BD 3 begonnen. Habe die ersten 65 Seiten durch und es scheint mir bis jetzt sogar noch besser zu gefallen als BD 1.

Der dritte Band wurde erst kürzlich aufgelegt. Ich freue mich sehr auf das Weiterlesen.

Jules Verne / Reise zum Mittelpunkt der Erde (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir ganz gut gefallen. Ein Science - Fiction Roman, der gar nicht so abwegig war. Man konnte die Reise mental gut mitverfolgen.
Es war recht spannend, wobei man den Ausgang der verschiedenen Gefahrensituationen dieses Abenteuers sehr gut schon vorausahnen konnte, da der Icherzähler Axel von den Ereignissen dieser Reise berichtet, und wäre er tödlich verwundet, könnte er nicht mehr erzählen.

Axel ist nämlich die Figur gewesen, die am meisten in lebensbedrohliche Gefahren geriet. Doch auch die beiden anderen Reisepartner waren Gefahren ausgeliefert. Axels Onkel, deutscher Professor Lidenbrock, ist ein waschechter Wissenschaftler, der bereit ist, für die Wissenschaft sein Leben aufs Spiel zu setzen, während Axel eher ängstlich und traurig war, seine Liebste, die Gretchen, zurückzulassen, wobei selbst Gretchen ihn für diese Reise ermuntert hat. Axel hatte keine andere Wahl. Wenn er vor seinem Mädchen und vor seinem Onkel nicht als Schwächling dastehen wollte, dann blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu fügen und sich den wissenschaftlichen Reiseplänen seines Onkels anzuschließen.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Ein rätselhaftes Dokument, das besagt: „Steig hinab in den Krater des Sneffels Yocul, kühner Wanderer, und du wirst zum Mittelpunkt der Erde gelangen“, veranlassen Professor Lidenbrock und seinen Neffen Axel zu einer abenteuerlichen Reise in die Tiefen der Erde, wo zahlreiche Gefahren und Überraschungen warten.
Von Hamburg aus reisen sie in den Norden. Erst nach Dänemark, wo sie einen Gefährten treffen, der dem Professor und Axel sich eher als Führer und Begleitung zur Verfügung stellt. Von Dänemark aus geht die Reise weiter nach Island.

Was dann kommt, sind alles interessante Bilder, wo man als Leser eingeladen wird, sich die Innenwelt unserer Erde á la Jules Verne vorzustellen..
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Alle Religionen und alle unterschiedlichen Kulturen
 haben ihre Berechtigung,
solange sie anderen nicht schaden. (M. P.)

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Donnerstag, 3. Juli 2014

Harper Lee / Wer die Nachtigall stört (1)


Mit dem Buch hatte ich letzten Donnerstag begonnen zu lesen und es hat mir recht gut gefallen, von der ersten bis zur letzten Seite und habe mir daraufhin heute die Verfilmung mit Gregory Peck bestellt, die in den 1960er Jahren gedreht wurde und einen Filmpreis erhielt. Ich habe das immer ganz gerne nach dem Buch den Film zu sehen, soweit es eine Verfilmung gibt und dann vergleiche ich den Inhalt miteinander. Scout, die Protagonistin des Buches, ist die Ich-Erzählerin und spricht aus der Kind-Ich-Perspektive... .

Atticus Fink, Rechtsanwalt von Beruf, und  alleinerziehender Vater zweier Kinder, Jem und Scout, vertritt einen Schwarzen. Er wird dadurch in der Stadt, im tiefsten Süden der Vereinigten Staaten, als Nigger-Freund verhasst, selbst seine Herkunftsfamilie verteufelt ihn. Scout, acht Jahre alt, hat damit besondere Probleme, als sie in der Schule wg. ihres Vaters gehänselt wird. Die Kinder gehen durch eine harte Schule... .

Atticus Fink, der von den Kindern auch mit dem Vornamen gerufen wird, ist ein richtiger Idealist und zeigt für alle menschlichen Schwächen Verständnis, auch dann, wenn ihm daraus Nachteile entstehen, was besonders für die kleine viel nachdenkende Scout unverständlich ist, die sich über das abfällige Verhalten des Nachbarn Cunningingham gegenüber ihren Vaters beschwert, erwidert er daraufhin:
Mr. Cunningham ist im Grunde ein guter Mann. Er hat lediglich seine schwachen Seiten, und die haben wir alle. 
Als Scout dagegen Einwände äußert, versucht der Vater sie bildlich zu überzeugen:
Man kann einen anderen nur richtig verstehen, wenn man die Dinge von seinem Gesichtspunkt aus betrachtet. (…) Ich meine, wenn man in seiner Haut steigt und darin herumläuft.
Der um vier Jahre ältere Bruder Jem verbringt viel Zeit mit seiner Schwester Scout und beide machen sich viele Gedanken über die Menschen in ihrem Umfeld. Besonders Arthur Radley beschäftigt sie, über den sie durch andere Leute jede Menge Schauermärchen zu hören bekommen haben, da die Radleys keine "gewöhnliche" Familie darstellen und sehr zurückgezogen von der Gesellschaft leben. Scout entwickelt eine besondere Beziehung zu der älteren Dame Miss Maudie, und sie durch Miss Maudie Informationen erhält  zu Arthur Radley, dessen Spitzname Bobo ist.
"Glauben Sie, dass er verrückt ist?"
Miss Maudie schüttelte den Kopf. "Ich würde mich aber nicht wundern, wenn er´s mittlerweile geworden wäre. Wir wissen ja nie genau, was mit den Menschen passiert. Was in den Häusern hinter verschlossenen Türen vorgeht, was für Geheimnisse…"
Die Kinder spielten viel um Radleys Haus, immer in der Hoffnung, Arthur zu begegnen. Aber sie kamen mit ihren Erkundungen nicht sehr weit.  Jem wurde sehr schweigsam, und seine Schwester versuchte ihn zu verstehen, indem sie den Rat ihres Vaters befolgte:
Ich versuchte, wie mein Vater Atticus mir einmal geraten hatte, in Jemes Haut zu steigen :D und darin herumzulaufen: Wenn ich um zwei Uhr nachts allein zum Raleys - Grundstück gegangen wäre, so hätte am nächsten Tag meine Beerdigung stattgefunden. So ließ ich ihn denn in Ruhe und stellte keine Fragen.
Arthur bleibt unsichtbar und doch scheint er die spielenden Kinder vor seinem Haus sehr wohl wahrzunehmen und tut im versteckten auch Gutes für sie. In dem Hohlraum eines Baumes verbirgt er Geschenke für die Kinder, bis der Hohlraum eines Tages zugemacht wird... .

Der Prozess mit dem schwarzen Angeklagten Tom Robinson spitzt sich immer weiter zu, so dass auch die Kinder immer mehr in die Konflikte hineingezogen werden, die an Gewalt grenzten. Dazu der Vater zu Scout:
"Du wirst vielleicht in der Schule heftig darüber reden hören, aber ich bitte dich um eines: Halte immer den Kopf hoch und lege die Fäuste auf den Rücken. Ganz gleich, was man dir sagt, lass dich nicht in Wut bringen. Versuche zur Abwechslung einmal mit dem Kopf zu kämpfen… er ist ganz gut beieinander, auch wenn er nicht lernen will."
Scout zeigt sich besorgt zu der Verteidigung Tom Robinsons und sowohl sie als auch ihr Bruder beschäftigen sich recht intensiv mit dem Strafgefangenen... .
Weshalb Tom vor Gericht sitzt lasse ich absichtlich offen... .

Jem und Scout wachsen ohne Mutter auf und damit aus Scout eine Dame wird, wird die spießige Tante Alexandra, väterlicherseits, zu ihnen ziehen, um sich der Erziehung des Mädchens anzunehmen. Scout zieht lieber Latzhosen statt Mädchenkleider an. Das ist das Schöne an dem Buch, dass so viele unterschiedliche Themen darin behandelt werden und so wird auch deutlich, wie sehr Jungen und Mädchen zu ihren Rollen hingeführt und erzogen werden... .
Tante Alexandra war, dass meine Kleidung betraf, eine Fanatikerin. Ihr zufolge bestand für mich keine Hoffnung, eine Dame zu werden, solange ich Hosen trug. Auf meinen Einwand, in einem Kleid könne ich nichts unternehmen, antwortete sie, ich solle auch nichts unternehmen, wozu man Hosen brauche. Wäre es nach Ihren Wünschen gegangen, so hätte ich artig mit Puppenöfchen und niedlichen Teegeschirr gespielt und das Perlenkettchen getragen, das sie mir bei meiner Geburt geschenkt hatte und das jedes Jahr um eine Perle verlängert wurde. Außerdem forderte sie, dass ich Sonne in meines Vaters einsames Leben brächte. Meiner Meinung nach ließe sich das genauso gut in Hosen bewerkstelligen, doch Tantchen sagte, man müsse sich auch wie ein Sonnenscheinchen benehmen.
Obwohl Rechtsanwalt Atticus Fink einem schwierigen Beruf nachgeht, sind die Kinder noch zu jung, um zu begreifen, welch hohe Verantwortung seine juristische Tätigkeit nach sich zieht. Die Kinder schätzen eher praktische Fertigkeiten:
Unser Vater tat gar nichts. Er arbeitet in einem Büro, nicht in einem Druckstore. Er fuhr keinen städtischen Müllwagen, er war weder Sheriff noch Bauer, noch Autoschlosser, kurzum, er tat nichts, was irgendwie Bewunderung hätte erregen können.
Erst durch Miss Maudie erfahren sie die besonderen Fähigkeiten ihres Vaters, der kein Durchschnittsmensch sei, und über vielerlei Talente verfügen würde wie zum Beispiel Mundharmonika und Dame spielen und in jungen Jahren war er Mister im Jagen und Schießen ... Doch schießen tut er als Gegner der Gewalt nicht mehr, sondern nur noch, wenn es unbedingt nötig ist.
Des weiteren ist euer Vater ein Mensch, der sich durch seine Herzensgüte auszeichnet. eigentlich sollte er doch stolz darauf sein, doch vernünftige Leute sieht nie stolz auf ihre Talente.
 Es wird hierbei die Metapher Nachtigall gebraucht und macht daran deutlich, wie sinnlos es ist, auf Menschen zu schießen, die in Wirklich keine Bedrohung sind... .
Es ist Sünde, auf eine Nachtigall zu schießen. Denn Nachtigallen erfreuen uns Menschen mit ihrem Gesang. Sie tun nichts Böses, sie picken weder die Saat auf dem Boden, noch nisten sie in Maisschuppen, sie singen sich nur für uns das Herz aus der Brust. Darum ist es Sünde, auf eine Nachtigall zuschießen...
 Nationalsozialismus, in Deutschland herrscht Hitler und die Amerikaner wundern sich über die Judenverfolgung im Land. Für sie zählen die Juden zum eines der edelsten Völker der Welt... . In den Schulen lernen die amerikanischen Kinder, dass in Deutschland die Diktatur und in Amerika die Demokratie herrsche. Demokratie, eine Regierungsform, in der alle Menschen gleiche Rechte haben und so machen sie sich über die Deutschen her, die Juden, und geistig kranke Menschen verfolgen, einsperren und töten. Nun ist den Amerikanern zu dieser Zeit aber nicht bewusst, dass Schwarze von der Demokratie ausgeschlossen sind, da sie nicht wirklich als Menschenrasse bezeichnet werden. Der Rassismus und der Sklavenhandel in Amerika ist ebenso ein großes Verbrechen an die Menschheit, und da muss der Amerikaner nicht mit dem Zeigefinger auf die Deutschen zeigen, was viele ja heute nach wie vor noch gerne tun, und sie die Deutschen noch immer mit Hitler assoziieren, der die Juden von der menschlichen Rasse ausgeschlossen hat... .

Die Kinder nehmen heimlich an dem Prozess teil und entwickeln dadurch Gerechtigkeitssinn gegenüber Tom Robinson. Sie begreifen schließlich den Rassismus, wozu selbst die Erwachsenen dazu nicht mal in der Lage sind. Die Lehrerin, die sich für Menschenrechte einsetzt, ihr aber nicht bewusst ist, dass sie die Schwarzen davon ausschließt... . Besonders Jem konnte schwer mit dieser Diskrepanz umgehen und versucht die Erfahrung mit seiner Lehrerin, die er sehr schätzte, zu verdrängen... . Das war seine Art, mit dieser Diskrepanz umzugehen... .

Zum Schluss noch etwas zu Radley, der die Kinder aus einer schweren Gefahr herausholte... . Danach haben die Kinder Arthur Radley nicht wieder gesehen. Dazu Scout:
"Atticus hatte recht. Er hatte einmal gesagt, man kenne einen anderen Menschen erst dann, wenn man in seine Haut steige und eine Weile darin herumgehe. Es genügte auch schon, auf Ragleys Veranda zu stehen."
Dem Buch gebe ich neun von zehn Punkten. Neun und nicht zehn, weil wenige Szenen noch etwas stärker hätten ausgebaut werden können. Neun und nicht weniger, weil der sprachliche, literarische Ausdruck anspruchsvoll war, und das Buch besaß viel kindlichen Humor und ist recht fantasievoll geschrieben.

Als ich heute in der Buchhandlung war, sah ich das Buch im Regal stehen. Ich wurde recht traurig, dass ich es zu Ende gelesen habe und freute mich gleichzeitig, dass ich in dem Buch drin gewesen war... . An dem ganzen Geschehen teilgenommen und Bekanntschaft mit den dortigen Menschen gemacht zu haben. Besonders von Atticus Fink war ich sehr angetan, der mir mit seiner menschlichen  Art als Vorbild diente. Doch auch Scott fand ich interessant, wie sie gegen die gesellschaftlichen Konventionen angeht und diese schon recht früh hinterfragt, speziell was der Versuch einer geschlechtlichen Erziehung zu einer Dame über ihre Tante betrifft. Jem war nicht weniger interesaant, der es seinem Vater gleichtun wollte, und bestrebt war, ein Gentleman zu werden. Dass auch er einmal Rechtsanwalt werden wird, ganz nach dem Vorbild seines Vaters, geht aus seinem starken Interesse hervor, Unverständnis gegenüber dem System zu entwickeln und gegen  gesellschaftliche und juristische Ungleichbehandlung mancher Menschen.

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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)


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Dienstag, 1. Juli 2014

Jules Verne / Reise zum Mittelpunkt der Erde

Klappentext
Ein rätselhaftes Dokument, das besagt: „Steig hinab in den Krater des Sneffels Yocul, kühner Wanderer, und du wirst zum Mittelpunkt der Erde gelangen“, veranlassen Professor Lidenbrock und seinen Neffen Axel zu einer abenteuerlichen Reise in die Tiefen der Erde, wo zahlreiche Gefahren und Überraschungen warten.

Autorenporträt lt. Wikipedia
Jules-Gabriel Verne (* 8. Februar 1828 in Nantes; † 24. März 1905 in Amiens) war ein französischer Schriftsteller. Bekannt wurde er vor allem durch seine Romane Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (1864), 20.000 Meilen unter dem Meer (1869–1870) sowie Reise um die Erde in 80 Tagen (1873). Neben Hugo Gernsback, Kurd Laßwitz und H. G. Wells gilt Jules Verne als einer der Begründer der Science-Fiction-Literatur.[1]
Wird mal Zeit, dass ich von dem Autor etwas lese. Habe die drei Standartwerke bei mir alle im Regal stehen. Noch ungelesen. Bin mehr als neugierig.






Montag, 30. Juni 2014

Albert Camus / Der erste Mensch (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist eine Autobiografie. Camus erlitt im Alter von 47 Jahren einen Autounfall mit tödlichen Folgen. Im Auto befand sich noch das unvollendete Manuskript mit Korrekturhinweisen.

Damit mir jeder glaubt, dass das vorliegende Buch auch wirklich eine Autobiografie ist, denn die Namen der Figuren sind alle fiktive Namen, so zitiere ich den vorderen Klappentext:
Gespielt in der Figur des Jacques Cormery, erzählt Camus von seiner Kindheit, die er mit seiner fast tauben, analphabetischen Mutter und einer dominanten Großmutter im Armenviertel Algier verbringt. Auf der Suche nach einer Vaterfigur beginnt er, über die eigene Herkunft zu reflektieren.
Camus´ Mutter ist Spanierin gewesen, der Vater war Franzose, der kurz nach seiner Geburt im Ersten Weltkrieg in Frankreich tödlich verwundet wurde. Sie lebten als Einwandererfamilie in Algerien. Frankreich bildete bis 1962 in Algerien eine französische Kolonie.
Damit ich mich nicht wiederhole, gebe ich noch einmal den Klappentext rein, der recht ausführlich ist, wobei sich der Inhalt des Buches hauptsächlich mit der Kindheit befasst.
Albert Camus wurde am 7. 11. 1913 bei Annaba (Algerien) als zweiter Sohn einer europäischen Einwandererfamilie geboren. Der Vater, ein Franzose, fiel 1914 im Krieg, die spanischstämmige Mutter musste die Kinder als Putzfrau ernähren und der dominanten Großmutter zur Erziehung überlassen. Camus wuchs in einem armen Stadtviertel Algiers auf. Dort besuchte er die Ecole primaire; 1924 konnte er als Stipendiat in das Lycée von Algier eintreten. 1930 Erkrankung an Lungentuberkulose. Nach dem Abitur Aufnahme eines Philosophiestudiums, das Camus durch Gelegenheitsarbeiten finanziert. Gleichzeitig erste schriftstellerische und künstlerische Versuche. 1934 erste Ehe, die 1940 geschieden wurde. 1938-1940 Arbeit als Journalist bei der progressiven Zeitung «Alger républicain» (später «Soir républicain»). Camus` Artikelfolge über das Elend der algerischen Landbevölkerung und das Verbot der Zeitung machten ihm eine weitere berufliche Betätigung in Algerien unmöglich. Daher 1940 Übersiedlung nach Frankreich. Mit seiner zweiten Frau, Francine Faure, kehrte er 1941 nach Algerien zurück, wo beide als Lehrer arbeiteten. 1942 Kuraufenthalt im französischen Bergland. Eine Anstellung als Lektor bei Gallimard und die Zugehörigkeit als Résistance - Camus übernahm 1944/45 die Leitung der Widerstandszeitung «Combat» - banden ihn zunehmend an Paris. Freundschaftliche Beziehungen zu Sartre und dessen existenzialistischem Kreis. 1946-1952 Reisen in die USA, nach Südamerika und mehrmals nach Algerien. An der mit Härte und Leidenschaft geführten Debatte um «Der Mensch in der Revolte» (1951) scheiterte die freundschaftliche Beziehung zu Sartre. 1958 begann er mit der Arbeit an dem erst 1994 postum veröffentlichten Roman «Der erste Mensch». Am 4. Januar 1960 verunglückte Camus bei einem Autounfall tödlich.
Ich gebrauche nun den fiktiven Namen Albert Camus´ und gehe über auf Jacques Cormery.

Mich hat zudem recht stark Jacques Mutter interessiert, die als Kind an Typhus erkrankte, der die Hörbehinderung mit sich brachte. Sie war dadurch auch aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und zog sich immer mehr in sich zurück. Für Jacques, der sich auf die Spuren seines Vaters begibt, ist sie keine Hilfe. Sie kann kaum Auskunft über sich und über den Vater geben. Dazu war schon viel zu viel Zeit vergangen. Auch die Armut, in der die Familie lebte, erschwerte das Leben der Cormerys zusätzlich. Jacques konnte sich nicht auf die Antworten der Mutter verlassen:
Sie sagte ja, vielleicht war es nein, Jacques musste durch eine verfinsterte Erinnerung in der Zeit zurückgehen. Schon die Erinnerung der Armen wird weniger genährt als die der Reichen, sie hat weniger Anhaltspunkte im Raum, denn sie verlassen selten den Ort, an dem sie leben, auch weniger Anhaltspunkte in der Zeit eines eintönigen grauen Lebens. Gewiss, es gibt die Erinnerung des Herzens, von der es heißt, sie sei die sicherste, aber das Herz nutzt sich in Not und Arbeit ab, es vergisst unter der Last der Anstrengenden schneller. (108f)
Die Großmutter war mir nicht geheuer. Sie verprügelte Jacques häufig mit einem Ochsenziemer. Auch wenn man es nur liest, trotzdem zieht sich mir innerlich alles zusammen. Prügel waren zu der Zeit Usus. 

Aber Jacques hatte auch gute Menschen um sich, die ihn mit Liebe beschenkten. Ich will nicht sagen, dass die Großmutter keine gute Person war. Wahrscheinlich versuchte sie nur, den Vater zu ersetzen. Aber wer es schafft, ein Kind so zu verprügeln, der oder die muss das Herz für die Prügelei in sich eingesperrt haben. Sein Onkel Ernest war jemand, der es wieder gut machte, was die Großmutter ihm antat. Er liebkoste seinen Neffen recht häufig. Jacques empfand seinem Onkel wie seiner Mutter gegenüber sehr viel Liebe. Vor seiner Großmutter fürchtete er sich nur.
Es folgt ein Zitat, das mir total gut gefallen hat:
„Nun, da bin ich", sagte Jacques. Und tatsächlich war er wieder da, bei den beiden, Onkel und Mutter, wie früher, konnte ihnen nichts sagen und hörte nie auf, an ihnen zu hängen, zumindest an ihnen, und liebte sie noch mehr dafür, dass sie es ihm ermöglichten zu lieben, wo er doch so oft versagt hatte, so viele Geschöpfe zu lieben, hier verdienten. (173)
Versagt zu lieben? Wie kann denn ein Kind an Liebe versagen? Sind es nicht die Erwachsenen, die mit der Liebe zu ihren Kindern in Vorschuss treten müssen, damit das Kind überhaupt lernen und empfinden kann, was Liebe ist? Sind es nicht die Erwachsenen, die für die Kinder Vorbilder sind?

Die Mutter hat bei der Erziehung ihrer eigenen Kinder nicht viel zu sagen, und so muss sie weggucken, wenn Jacques ausgepeitscht wird, oder sie redet die Prügel schön, indem sie die Worte der Großmutter wiederholt.

Jacques hatte nochmals Glück. Er hatte einen Lehrer, der ihn unterstützte. Der Lehrer empfand Mitleid für den Jungen, weil er seinen Vater im Krieg verloren hatte. Auch der Lehrer versuchte Jacques ein wenig den Vater zu ersetzen und er schaffte es, die Großmutter zu überzeugen, dass Jacques und sein Bruder von der Begabung her auf die höhere Schule gehören. Die Großmutter verweigerte erst, da sie sich kein Schulgeld leisten könne, bis schließlich der Lehrer nach Hause kam und mit der Familie redete. Jacques wurde von den anderen Klassenkameraden verspottet, da er der Liebling des Lehrers sei. Der Lehrer stellte sich den Schülern:
„Ja, ich ziehe Cormery vor, rief er, wie all jene von euch, die ihren Vater im Krieg verloren haben. Ich habe mit ihren Vätern den Krieg mitgemacht, und ich lebe. Ich versuche hier wenigstens, meine toten Kameraden zu ersetzen. Und wenn jetzt noch jemand meint, ich hätte Lieblinge, soll er es sagen!" (204)
Ein Lehrer, den es nicht allzu häufig gibt in der Welt. Er begleitete die Kinder bis zur höheren Schule und bot sich ihnen an, ihnen nach der Schule zu helfen, sollten sie mit dem Stoff Probleme haben.
Wäre der Lehrer nicht gewesen, so wäre Jacques von der Großmutter in die Lehre geschickt worden, um Geld zu verdienen.

Jacques gibt sich nach der Standpauke seines Lehrer nicht geschlagen. Er hat das Bedürfnis, sein Problem selbst zu lösen und so forderte er den Jungen in der Pause heraus, der über ihn gelästert hatte. Der Erkenntnis nach, die Jacques als der Sieger des Kampfes nach der Prügelei macht, sind die meisten Erwachsenen nicht mal in der Lage, folgende Gedanken zu hegen:
Berauscht von der Schnelligkeit eines Sieges, den er so vollständig nicht erwartete, vernahm Jacques kaum die Gratulation und bereits beschönigten Kampfberichte ringsum. Er wollte froh sein, war es auch irgendwo in seiner Eitelkeit, und doch, als er sich beim Verlassen des grünen Feldes nach seinem Schulkameraden Munoz umdrehte, legte sich ihm beim Anblick des fassungslosen Gesichts dessen, den er geschlagen hatte, plötzlich eine düstere Traurigkeit aufs Gemüt. Und so begriff er, dass der Krieg nicht gut ist, dass einen Menschen zu besiegen ebenso bitter ist, wie von ihm besiegt zu werden. (208f)
Interessant fand ich, als der erwachsene Jacques schließlich das Grab seines Vaters im bretonischen Frankreich aufsucht. Doch sehr viel mehr konnte er auch auf dem Friedhof nicht in Erfahrung bringen, als er den Friedhofswärter um Auskunft zu seinem toten Vater erbat. Der Wärter konnte ihm schließlich aus einem Buch das Grab benennen, wo der Vater begraben liegt. Mehr aber auch nicht:
Jacques dachte an den kleinen Friedhof von Saint-Brieuc, wo die Soldatengräber besser erhalten waren als die Gräber von Algier. „Das Mittelmeer trennte in mir zwei Welten, die eine, wo auf abgemessenen Flächen Erinnerungen und Namen konserviert waren, die andere, wo der Sandwind die Spuren der Menschen auf weiten Flächen auslöschte.“ Er hatte versucht, der Anonymität, dem Leben in Armut und eigensinniger Unwissenheit zu entrinnen, er hatte nicht auf der Ebene dieser blinden Geduld ohne Sätze, ohne anderes Vorhaben als das Unmittelbare, leben können. Er hatte sich in der Welt herumgetrieben, hat Wesen errichtet, erschaffen, verbrannt, seine Tage waren zum Bersten voll gewesen. Und doch wusste er jetzt im Grunde seines Herzens, dass Saint-Brieuc und das, was es repräsentierte, nie etwas für ihn bedeutet hatten, und er dachte an die verwitterten, grün gewordenen Steinplatten, von denen er gerade weggegangen war, und akzeptierte mit einer irgendwie seltsamen Freude, dass der Tod ihn in seine wahre Heimat zurückführte und sein unermessliches Vergessen über die Erinnerung an den monströsen und (banalen) Mann legte, der ohne Beistand und ohne Hilfe an einem glücklichen Gestade und im Licht der ersten Morgen der Welt in Armut groß geworden war und etwas aufgebaut hatte, um dann allein, ohne Erinnerung und ohne Glauben, in der Welt der Menschen seiner Zeit und ihrer schrecklichen, erregenden Geschichte zu landen. (261f)
Wie ich aus anderer Quelle mal entnommen habe, bekennt sich Camus zum Franzosen. Er hatte sich für das Vaterland seines Vaters entschieden, und die französische Staatsbürgerschaft angenommen. Das geht auch aus dem obigen Zitat hervor. Er gehörte zu den Glücklichen, die sich die Nationalität aussuchen konnten.

Ich beende hiermit meine Zeilen. In dem Buch gibt es noch jede Menge anderer guter Gedanken und Ereignisse.
Das Buch liest sich gut, obwohl es ein Fragment ist, kein abgeschlossenes Werk.

Obwohl das Buch ein Fragment ist, und man oft beim Lesen auf Textänderungen hingewiesen wird, hat es mir trotzdem gut gefallen, wenn man bedenkt, dass das Buch eigentlich noch gar nicht beendet war.

Unter dieser Berücksichtigung hat es seine zehn von zehn Punkten verdient. 
______
Alle Religionen und alle unterschiedlichen Kulturen
 haben ihre Berechtigung,
solange sie anderen nicht schaden. (M. P.)

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Freitag, 27. Juni 2014

Albert Camus / Der erste Mensch


Klappentext
«Inszeniert wie ein Roman, enthält ‹Der erste Mensch› eine bewegende Autobiographie der algerischen Kindheit Albert Camus´: das intimste Selbstzeugnis, dass der diskrete und scheue Autor hinterlassen hat.» (Der Spiegel) 
«Ein überwältigendes posthumes Comeback.» (FAZ)
Gespiegelt in der Figur Jacques Comery erzählt Camus von seiner Kindheit, die er mit seiner fast tauben, analphabetischen Mutter und einer dominanten Großmutter im Armenviertel Algiers verbringt. Auf der Suche nach einer Vaterfigur beginnt er, über die eigene Herkunft zu reflektieren.
[Das handgeschriebene Manuskript wurde bei dem tödlichen Autounfall Camus’ in seiner Mappe gefunden. Es erscheint hier, ohne dass an dem unkorrigierten Fragment Änderungen vorgenommen wurden.]

Autorenporträt
Albert Camus wurde am 7. 11. 1913 bei Annaba (Algerien) als zweiter Sohn einer europäischen Einwandererfamilie geboren. Der Vater, ein Franzose, fiel 1914 im Krieg, die spanischstämmige Mutter musste die Kinder als Putzfrau ernähren und der dominanten Großmutter zur Erziehung überlassen. Camus wuchs in einem armen Stadtviertel Algiers auf. Dort besuchte er die Ecole primaire; 1924 konnte er als Stipendiat in das Lycée von Algier eintreten. 1930 Erkrankung an Lungentuberkulose. Nach dem Abitur Aufnahme eines Philosophiestudiums, das Camus durch Gelegenheitsarbeiten finanziert. Gleichzeitig erste schriftstellerische und künstlerische Versuche. 1934 erste Ehe, die 1940 geschieden wurde. 1938-1940 Arbeit als Journalist bei der progressiven Zeitung «Alger républicain» (später «Soir républicain»). Camus` Artikelfolge über das Elend der algerischen Landbevölkerung und das Verbot der Zeitung machten ihm eine weitere berufliche Betätigung in Algerien unmöglich. Daher 1940 Übersiedlung nach Frankreich. Mit seiner zweiten Frau, Francine Faure, kehrte er 1941 nach Algerien zurück, wo beide als Lehrer arbeiteten. 1942 Kuraufenthalt im französischen Bergland. Eine Anstellung als Lektor bei Gallimard und die Zugehörigkeit als Résistance - Camus übernahm 1944/45 die Leitung der Widerstandszeitung «Combat» - banden ihn zunehmend an Paris. Freundschaftliche Beziehungen zu Sartre und dessen existenzialistischem Kreis. 1946-1952 Reisen in die USA, nach Südamerika und mehrmals nach Algerien. An der mit Härte und Leidenschaft geführten Debatte um «Der Mensch in der Revolte» (1951) scheiterte die freundschaftliche Beziehung zu Sartre. 1958 begann er mit der Arbeit an dem erst 1994 postum veröffentlichten Roman «Der erste Mensch». Am 4. Januar 1960 verunglückte Camus bei einem Autounfall tödlich.
Von Camus habe ich vor zig Jahren etliche Bücher gelesen. Die beiden besten Bücher, die mir gefallen hatten, waren Die Pest und Der Fall. Das vorliegende Buch scheint wohl eine Autobiografie zu sein. Habe schon ein paar Seiten gelesen und es gefällt mir recht gut.

Freue mich jetzt auf das Wochenende, da ich nun dazu kommen werde, am Stück viele Seiten zu lesen.