Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Mir hat das Buch recht
gut gefallen, viele meiner Gedanken habe ich bei Facebook auf der Seite von
Diogenes backlistlesen gepostet. Dadurch kam auch eine kleine Diskussion
zustande. Damit ich nicht alles neu schreiben muss, kopiere ich ein paar wenige
meiner Gedanken weiter unten hier hinein.
Besonders gut hat mir
die Idee gefallen, stark kafkaeske Züge aufweisend zwar, aber dennoch spannend,
eine super Idee, denn man bekommt es hier mit einer Kakerlake zu tun, die sich
in einen Menschen verwandelt hat.
Da dies eine winzige
Novelle von gerade mal 130 Seiten ist, länger hätte sie aber auch nicht sein dürfen,
werde ich mich hier kurzhalten.
Hier geht es zum
Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.
Die Handlung
Man bekommt es hier in vielem mit einer Umkehrung zu
tun. Gregor Sams hat sich von einem Menschem in einen Käfer verwandelt und bei McEwan
verwandelt sich ein Käfer in einen Menschen, der in dem Bett des englischen Premierministers
aufwacht. Es handelt sich hier nicht um Gregor Samsa, sondern um Jim Sams. Und
Jim Sams krepiert auch nicht, weil er aus seiner Rückenlage nicht herausgefunden
hat, nein, Jim Sams ist fidel, schafft es, seine Umgebung nach der Metamorphose
zu verlassen, als es ihm gelungen ist, sich an seine neue körperliche Lage zu
gewöhnen. Man bekommt es hier mit dem Premierminister Sams zu tun. Aber Sams
ist nicht die einzige verwandelte Kakerlake, auch weitere Politkollegen gehörten
einst zu diesen Nimmersatt- Insekten. Die Umkehrung findet man auch in anderen
Bereichen. Wer zum Beispiel arbeiten geht, muss Geld bezahlen und bei Einkäufen
bekommt man Geld. Diese Umkehrung gehört zu dem Reversalismus – Plan, der
ziemlich vertrackt ist. Jim Sams tut alles, damit dieser Plan umgesetzt wird,
selbst dann noch, als sich erweist, dass er nicht wirklich tragfähig ist.
Bevor der Reversalismus, dieser seltsame Wahn, die menschliche Bevölkerung in Armut stürzt, was notwendigerweise geschehen muss, werden wir gedeihen. (2019, 131)
Meine Meinung
Eine absolut Anti-Brexit-Satire mit
viel Sarkasmus. Ich halte diese Novelle für eine sehr wichtige Polit-Satire.
Endlich mal jemand, der sich kritisch zu Brexit bekennt. Jede Menge politische
Lügen, die ich aber nicht für wirklich typisch Brexit halte. Man findet diese
in jeder Politik, auch bei uns. Aber was die Kakerlake betrifft, diese Fühler,
die sehr genau aufspüren, wie man das Volk hintergehen kann, die würde ich auch
unseren Politikern aufsetzen. Typisch Brexit ist das Reversalismus-Projekt,
aber der Inhalt erinnert mich symbolisch betrachtet an die Inhalte anderer
Politiker weltweit. Meine Mitstreiterinnen sehen das etwas anders, denn sie
sind der Meinung, dass wir hier in Deutschland den Brexit durchschauen würden,
während die Engländer’innen nach der Wahl erst mal angefangen hatten zu googeln,
was Brexit bedeuten würde. Sie wurden aber ein zweites Mal an die Wahlurne
gerufen, und sie haben sich ein zweites Mal für den Brexit, für den EU-Austritt
entschieden.
Sicher bekennen sich die meisten
meiner Lesepartner*innen zu EU-Befürworter*innen, zu denen ich mich als ein
Mensch mit zwei Nationalitäten auch zähle, aber ich befürchte, nur eine kleine
Minderheit zu sein.
Meine abschließende Frage; sind wir
Europäer reif für ein geeintes Europa? Ich bin dennoch der Meinung, würde hier
in Deutschland eine Umfrage für oder gegen ein geeintes Europa starten, würden die
meisten Wähler*innen dagegen sprechen. Aber ich stimme auch meinen Mitstreiterin
zu, dass Reife erarbeitet werden könne, und dass sich Individuen schneller
verändern würden als Gesellschaften. Ich bin auch der Meinung, dass dies ein
Prozess ist, der mit viel Zeit und Geduld verbunden ist. Zu lösende Probleme
müssen global angepackt werden, die man in einem Staatenverbund besser angehen
könne, als in einem Einzelstaat. (Brigitte Hofmann)
Was habe ich vermisst?
Dass die Engländer im Alleingang eine
Weltmacht anstreben, ist auch nicht nur in England zu finden, aber was ist mit
der Flüchtlingsproblematik, mit der in England alles begonnen hatte? Warum
erwähnt McEwan diese in keinem Satz?
Nichtsdestotrotz, wird der Brexit
eines Tages die Geschichtsbücher füllen, und vielleicht werden sich die
Engländer in Zukunft dafür schämen. Sie selbst haben Mitte des 19. Jahrhunderts
Indien erobert und kolonialisiert, hatten die Rechte der Menschen, deren Land
und deren Kultur beraubt, und sie selbst verachten heute Flüchtlinge, die ihr
Land arm machen könnten. Das hat stark parasitären Charakter, nur nehmen, aber
nichts geben zu wollen, vor allem, wenn die nimmersatten
Politiker so ein Verhalten den Menschen vorleben.
Ich habe mich mit den Zitaten absichtlich
zurückgehalten, aber es gibt viele Stellen, die ich gerne zitiert hätte.
Wer mehr über die Beweggründe
dieser Satire erfahren möchte, kann hier auf ein englischsprachiges Interview
zwischen dem Autor und der Tageszeitung Die
Zeit zugreifen, zudem auch auf einem
Podcast.
Mein Fazit
Eine sehr interessante und sehr wichtige Satire, die zum Weiterdenken
bewegt. Ich habe tagelang über dieses Buch nachgedacht, bevor ich hier auf
meinem Blog schreiben konnte und habe immer wieder bestimmte Seiten
aufgeschlagen und nochmals gelesen. Da das Buch recht wenige Seiten hat, werde
ich die Satire zeitnah ein zweites Mal lesen.
Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck
(sachlich, fantasievoll, distanziert)
2 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte;
2 Punkte: Erzähl-und Schreibstruktur vorhanden
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein.
12 von 12 Punkten
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Es geht nicht um den Verstand,
es kommt alles aus dem Herzen.
(Tracy Barone)
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Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
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(M. P.)