Samstag, 8. März 2014

Álex Rovira und Francesc Miralles / Einsteins Versprechen (2)

Zweite von zwei Buchbesprechungen

Da ich meine Meinung zu dem Buch in der ersten Buchbesprechung schon kundgegeben habe, mache ich mich nun dran, die schönen und poetischen Textpassagen herauszuschreiben. Diese vorliegende Buchbesprechung ist allerdings nicht für LeserInnen geeignet, die das Buch selber lesen möchten …

In dem Buch findet man jede Menge weise Sprüche von mehreren Autoren. Immer vor dem Beginn eines neuen Kapitels.

Auch zu dem Leben Einsteins fand ich manches recht interessant und ein wenig widersprüchlich. Das hat mich nicht wirklich gestört. Das Widersprüchliche gehört zum Menschsein einfach dazu. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Autoren im Anhang eine Bemerkung hinterlassen hätten mit dem Hinweis, wie sie recherchiert haben, um über den Physiker zu schreiben. Was ist neben dem Kriminalistischen Wahrheit? Was ist Dichtung?

Zur Erinnerung gebe ich noch mal den Klappentext rein:
Kurz vor seinem Tod machte Albert Einstein eine revolutionäre Entdeckung. Er fand heraus, was die Welt im Innersten zusammenhält. Doch er behielt diese Wahrheit für sich. Einsteins junge Biografin Sarah und Drehbuchautor Javier suchen nach dem Geheimnis des Genies. Ihre magische Reise in die Vergangenheit führt sie um die halbe Welt. Sie stoßen auf ein Mädchen, das Einstein viel bedeutete und seinem Leben eine neue Wendung gab. Wer war die Unbekannte? 
Der Protagonist des Romans ist der Drehbuchautor Javier Costa. Verschiedene andere Romanfiguren sind ebenfalls beteiligt, um an Einsteins letzte Erkenntnis zu gelangen, auch wenn die Figuren völlig unabhängig voneinander sind. Die beiden Autoren ziehen dies ein wenig wie einen Krimi auf. Denn wer es schafft, an die letzte Erkenntnis zu gelangen, der kann damit an die Öffentlichkeit gehen, ein Patent anmelden und reich dabei werden.

Eine weitere protagonistische Figur ist Sarah Brunet, gibt sich als junge Französin aus und ist Biografin Einsteins. Beide, Sarah und Javier, entwickeln sich zu einem gemeinsamen Team, woraus sich auch eine Liebesgeschichte zwischen diesen beiden auftut, die für eine große Überraschung sorgt. Wer ist Sarah Brunet denn wirklich? Diese Frage stellt sich Javier irgendwann, als er merkt, dass es im Internet keine Sarah Brunet zu googeln gibt. Sarah Brunet ist Doktorandin und aufgrund ihres beruflichen Status müsste sie schon etwas an wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht haben, aber Google kennt sie einfach nicht.

Eine ominöse Figur ist auch Sarahs achtzehnjährige Schwester Lorelei. Javier findet erst sehr viel später heraus, dass Lorelei Sarahs Schwester ist. Sie hat blaue Haare und sorgt dafür, andere Wissenschaftler, die an dem Einstein Projekt beteiligt sind, aus dem Verkehr zu ziehen, bringt damit aber auch Javier in lebensbedrohliche Gefahren. Lorelei nimmt ein wenig die Figur einer Psychopathin an. Sie schickt die Leute in den blauen Tod auf eine ganz mysteriöse Weise.
Dies fand ich ein wenig oberflächlich. Später und bis zum Schluss des Romans bleibt Lorelei unerwähnt, und so vermisste ich irgendwie den roten Faden dazu. Auch die vielen Morde blieben nicht weiter Thema. Tauchten thematisch im Text einfach nicht mehr auf. Es ist so, als haben die Autoren aufgehört, über Lorelei zu erzählen.

Der Schluss bringt eine Wende, was Sarah Brunets Identität betrifft und sorgt somit für Überraschung.

Javier und Sarah begeben sich weltweit auf die Suche nach Einsteins Angehörigen. Einsteins Frauen, zur Adoption freigebegebe Tochter und seine Enkelin …

Und nun zu Einsteins Leben und Theorien:

Einstein gilt zwar als eine Größe in der Wissenschaft, aber er ist auch Mensch. Er war mehrmals verheiratet und seine Tochter aus erster Ehe gab er zur Adoption frei, um seinen Ruf als Professor nicht zu gefährden. Es war damals nicht üblich, uneheliche Kinder in die Welt zu setzen. Auch bei Einstein kam es vor, dass er seine Frauen als billige Hausmägde benutzte. Es findet dazu ein Dialog zwischen Javier und Sarah statt:

Sarah:
Zum Beispiel hat Einstein, als die Beziehung schon schlecht lief, seiner Frau drei Bedingungen für eine Fortsetzung ihres Zusammenlebens gestellt: Sie sollte auf jegliches persönliches Verhältnis mit ihm verzichten, das Zimmer immer widerspruchslos verlassen, wenn er es verlangte, und sich darum kümmern, dass seine Bettwäsche stets in Ordnung war.
Javier zeigt sich Sarah gegenüber enerviert, zu Recht, wie ich finde:
„Also, das hat mich an Intellektuellen wie dir schon immer genervt. Einen Mann von der Straße würdet ihr wegen einer unglücklichen Bemerkung, die ihr sofort als Machospruch deuten würdet, bei lebendigem Leibe aufspießen. Aber Genies wie Picasso oder Einstein verzeiht ihr, wenn sie ihre Frauen schlecht behandeln und an den Rand des Selbstmords treiben. (…) Man kann zwar eine Eins in Physik haben, aber eine Sechs in Herzenskunde." (197f)
Interessant fand ich auch, dass Einstein, wie man weiß, die Atombombe zwar erfunden hatte, aber kurze Zeit darauf wurde er Gegner der Atomwaffe. Ihm wurden plötzlich die fatalen Folgen beim Abwurf der Atombombe bewusst.
Einmal hatte ich den Kommentar eines Militärs gehört, der gesagt hatte, auf der Welt müsse es mehr gute Menschen geben als gemeinhin vermutet, da von den ungeheuren Mengen existierender Atombomben bisher nur zwei abgeworfen worden seien.Das Problem sei allerdings, dass diese Bomben weiterhin existierten und die weltweiten Konflikte natürlich nicht einfacher geworden seien. (308)
Nach Einsteins Tod wurde veranlasst, dass sein Gehirn zu Forschungszwecken benutzt wurde. Den Untersuchungen zufolge unterschied sich Einsteins Gehirn nicht besonders von dem Gehirn normaler Menschen.

Sarah und Javier befinden sich in Amerika und finden Einsteins Enkelin als eine alte Frau auf, die in den Bergen wie eine Eremitin in einer Höhle lebt. Sie ist bekannt als die Steinfrau. Eine sehr weise Frau. Javier und Sarah nehmen Kontakt zu ihr auf und erfahren von ihr mancherlei.
Albert Einsteins Gehirn sah genauso aus wie das jedes anderen Menschen. Deshalb muss seine Einzigartigkeit anderswo gelegen habe, wenn schon nicht dort. Und ich weiß auch, wo. (…) Das Geheimnis liegt im Herzen.
Javier wurde skeptisch:
Als Spezialist in Populärwissenschaften hatte ich meine Zweifel an den Behauptungen von Einsteins Enkelin, und ich scheute mich nicht, meine Bedenken zu äußern. Die Steinfrau sah mich freundlich an und entgegnete:"Ich werde dir einen endgültigen Beweis dafür geben, dass nicht das Gehirn unser Schicksal lenkt. Weißt du, welches von allen lebenswichtigen Organen nicht an Krebs erkrankt?""Das Herz", antwortete ich beeindruckt."Genau. Und dafür muss es einen guten Grund geben." (342)
Das war mir bisher noch gar nicht bewusst gewesen, dass das Herz als das einzige Organ keinen Krebs bekommen kann.

Das Herz würde schon anfangen zu schlagen, selbst wenn es noch die Größe eines kleinen Punktes habe.

Das Herz bleibt nun bis zum Schluss des Buches Bestandteil des Themas und führt uns zur Liebe:
Es gibt kein Heilmittel gegen die Liebe, aber Liebe ist das Heilmittel gegen alle Übel. (Autor zitiert Leonard Cohen).
Herz, Liebe, Licht. Im Herzen liegt die Liebe, in der Liebe das Licht ...
Liebe ist Licht, denn sie erleuchtet dem, der sie schenkt und empfängt. Liebe ist Schwerkraft, denn sie bewirkt, dass Menschen sich von anderen Menschen angezogen fühlen. Liebe ist stärker, denn sie vervielfacht das Beste, was wir haben, und ermöglicht es der Menschheit, nicht in ihrem blinden Egoismus zu erlöschen. Liebe offenbart und enthüllt. Aus Liebe lebt man und stirbt man. Liebe ist Gott, und Gott ist Liebe. (…)
Dass Gott Liebe sein soll, fand ich ein wenig oberflächlich, zu abgedroschen, da im ganzen Buch nicht von Gott die Rede ist, taucht jetzt der Begriff Gott zum ersten und zum letzten mal auf, in einem einzigen Satz. Mich hätte interessiert, welche tiefere Einstellung denn Einstein zu Gott hatte?

Nun weiter im Zitat:
Wenn wir wollen, dass unsere Spezies überlebt, wenn wir einen Sinn im Leben suchen, wenn wir die Welt und jedes fühlende Wesen, das in ihr lebt, retten wollen, ist Liebe die einzige und letzte Antwort.Vielleicht sind wir noch nicht so weit, eine Liebesbombe zu bauen, ein Artefakt, das stark genug ist, Hass, Egoismus und Geiz, alles was unseren Planeten verwüstet, zu zerstören. Doch jedes Individuum trägt einen kleinen, aber mächtigen Liebesgenerator in sich, dessen Energie darauf wartet, freigesetzt zu werden.Wenn wir eines Tages gelernt haben, diese universelle Energie zu schenken und zu empfangen, (…) können wir nachweisen, dass Liebe alles besiegt, alle Grenzen überwindet und alles vermag, denn Liebe ist die Quintessenz des Lebens. (373f)
Das fand ich ein wunderschönes Zitat …

Was die Welt im Innersten zusammenhält, dieses Zitat ist mir von Goethes Faust wieder eingefallen, als ich das vorliegende Buch durch hatte.

Es ist die Liebe …
Nicht die Liebe, wie SchlagersängerInnen sie anpreisen, wie z. B. diese im Partner zu finden, der uns glücklich machen soll. Nein, hier geht es um die Liebe, die in uns selber liegt und wer sie nicht in sich spürt, müsse sie in sich noch entdecken...

Die Welt wäre schon längst untergegangen, die Atombomben schon längst geworfen und die Menschheit schon längst vernichtet.

Einstein hat auch an das Gute im Menschen geglaubt ... Ohne dieses Gute wäre die Menschheit schon längst verloren.

Dies führte Einstein zu der Quintessenz, dass jedes echte Wissen aus dem Herzen stammen würde, und nicht, wie WissenchaftlerInnen zu glauben geben, dass alles Wissen alleine der Verstand hervorbringen würde.

Ich hätte mir gewünscht, die Autoren hätten noch einen Anhang beigelegt, indem sie den LeserInnen mitgeteilt hätten, aus welchen Quellen die Theorien zu Einsteins Leben und Wirken sie erworben hätten. Das habe ich vermisst.

Und weil mir auch das Fiktive, Kriminalistische wenig authentisch war, erhält das Buch von mir sechs von zehn Punkten. Siehe auch erste Buchbesprechung ...

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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein)

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