Mir hat das Buch von Remarque wieder sehr gut gefallen, auch wenn ich den
Ausgang des Geschehens mir schon selbst habe denken können…
Remarque besitzt so viel Schreibtalent, und er schreibt mit so viel
Humor, dass ich nicht anders kann, als ihm treu zu bleiben. Das heißt, dass ich
die beiden noch ungelesenen Bände mir irgendwann auch noch vornehmen werde.
Remarque ist ja bekannt dafür, dass er in seinen politisch geprägten
Romanen immer eine Liebesgeschichte mit einfließen lässt und diese war die
schönste Liebesgeschichte, die Remarque bisher geschrieben hatte. Geschrieben
aus der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs, wo die Menschen alle noch um das
nackte Überleben kämpften und sie die Nachwehen des Krieges markant zu spüren
bekamen. Und nicht nur die Liebesgeschichte, die mehr als authentisch war, auch
die wahre Freundschaft der drei Kameraden, die sich zueinander verbunden
fühlten, nachdem der Krieg sie durch die gemeinsamen Erlebnisse
zusammengeschweißt hat.
Der Icherzähler nennt sich Robert Lohkamp. Er ist Klavierspieler und
gemeinsam mit den anderen beiden Kameraden führt er eine Autowerkstatt. Lohkamp
ist dreißig Jahre alt.
Hauptsächlich geht es hier um die einfachen Menschen, kleinbürgerlich, und
wie sie es schaffen, mit dieser schwierigen Nachkriegszeit zurechtzukommen.
Auch die drei Kameraden, ehemals Soldaten, können ihre Kriegserlebnisse nicht
mit dem Ende des Krieges ad acta legen, oder einfach über Bord werfen. Sie
versuchen auf ihre Art und Weise im neuen Deutschland zu überleben. Fast schon
wie Lebenskünstler.
Was der Krieg aus Menschen macht, kann aus meiner Sicht Remarque zusammen
mit Fallada am besten beschreiben.
Einige Textpassagen fand ich aber auch richtig witzig, dass ich, neben dem
Ernsthaften, trotzdem Gelegenheit bekam, manches einfach lustig zu finden. Die
drei Kameraden hatten ihren Humor nicht in den Kämpfen des Krieges gelassen.
Wenn es Schwierigkeiten gab, fanden sie immer einen Ausweg. Sie haben
felsenfest zusammengehalten.
Eine schwarze Katze läuft ihnen über den Weg. Einer der Kameraden reagiert
ängstlich darauf:
Die Straße war leer. Eine schwarze Katze huschte vor uns her. Lenz zeigte hin. "Jetzt müssten wir eigentlich umkehren." „Lass man“, sagte ich, „wir haben vorhin eine weiße gesehen; das hebt sich auf.“ (360)
Drei ganz einfache Männer, die total philosophisch sein können und für ihre
Probleme immer eine Lösung gefunden haben, aber immer auf eine naive aber
sympathische Art. Die Kriegserlebnisse hatten sie zu Philosophen gemacht. Ihnen
war der Tod zu jeder Zeit präsent.
Brüder, das Leben ist eine Krankheit, und der Tod beginnt schon mit der
Geburt. Jeder Atemzug und jeder Herzschlag ist schon ein bisschen Sterben-ein
kleiner Ruck dem Ende zu. (155)
Die Hauswirtin einer Kleinbürger – Pension, Frau Zalewski, zeigte kein
Verständnis zu der Denkweise dieser jungen Männer:
Merkwürdige Menschen seid ihr jungen Leute alle miteinander. Die Vergangenheit hasst ihr, die Gegenwart verachtet ihr, und die Zukunft ist euch gleichgültig. (164)
Robert pflegte in den sicheren Zeiten auch ein kulturelles Leben. Theater,
Bücher, Kino…
Es war lange her, dass ich in einem Theater gewesen war. Ich wäre auch nicht hingegangen, wenn Pat, meine Freundin, es nicht gewollt hätte. Theater, Konzerte, Bücher - alle diese bürgerlichen Gewohnheiten hatte ich fast verloren. Es war nicht die Zeit danach. Die Politik machte genug Theater - die Schießereien jeden Abend gaben ein anderes Konzert; und das riesenhafte Buch der Not war eindringlicher als alle Bibliotheken. (166 f)
Robert verliebt sich in eine junge Frau namens Pat. Sie gehen beide eine
Bindung ein. Beide suchten die Sicherheit in der Bindung. Sie stellten keine
hohen Erwartungen. Sie waren mit dem Wenigen schon zufrieden, Hauptsache, die
Liebe dominiere die Beziehung. Beide wirken auch hier ein wenig naiv…
Pat ist lungenkrank, leidet an einer Tuberkulose, verschweigt dies
allerdings Robert, bis sie in seinem Beisein einen Anfall bekommt. Robert tut
alles für das junge Mädchen. Hauptsache, sie bleibt am Leben. Pat muss ins
Sanatorium, in die Schweiz…
Diese Szenen haben mich an Thomas Manns Buch Der Zauberberg erinnert
und verweise auf das Buch von Remarque.
Interessante Theorien, die das junge Paar entwickelt, bezogen auf das
Geschlecht, wenn auch für die nachfolgenden Generationen nicht mehr ganz so
neu. Die Frau, die mehr auf Sicherheit und auf ein gutes Leben aus sei, so sei
der Mann dagegen mehr auf das Geld bedacht.
Aus Roberts Sicht:
"Der Mann", erklärte ich weiter, "wird nur geldgierig durch die Wünsche der Frauen. Wenn es keine Frauen gäbe, würde es auch kein Geld geben, und die Männer wären ein heroisches Geschlecht. Im Schützengraben gab es keine Frauen - da spielte es auch keine große Rolle, was jemand irgendwo an Besitz hatte; es kam nur darauf an, was er als Mann war. Das soll nicht für den Schützengraben sprechen - es soll nur die Liebe richtig beleuchten. Sie weckt die schlechten Instinkte des Mannes - den Drang nach Besitz, nach Geltung, nach Verdienen, nach Ruhe. Nicht umsonst sehen Diktatoren es gern, wenn ihre Mitarbeiter verheiratet sind - sie sind so weniger gefährlich. Und nicht umsonst haben die katholischen Priester keine Frauen - sie wären sonst nie so kühne Missionare geworden." (200)
Weiteres zu der Beziehung ist dem Buch zu entnehmen.
.
Ich möchte nun noch eine lustige Szene hinzufügen. Robert befindet sich im
Büro seines Autokunden, der gerade einen Apfel verzehrt. Der Kunde bietet
Robert auch einen an:
"Wollen Sie auch einen?""Danke, nicht gerade jetzt…" Er biss krachend hinein.„Viele Äpfel essen, Herr Lohkamp! Äpfel verlängern das Leben! Jeden Tag ein paar Äpfel-und Sie brauchen nie einen Arzt!“„Auch nicht, wenn ich mir den Arm breche?“ Er grinste, warf das zweite Kerngehäuse weg und stand auf. „Sie brechen sich dann eben keinen Arm!“ (187)
Ich mache hier nun Schluss. Es gäbe noch mehr zu dem Buch zu schreiben,
möchte aber nicht zu viel anderen LeserInnen vorwegnehmen.
Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
___________
Die Moral ist eine Erfindung des Menschen; nicht eine Konsequenz des
Lebens.
(E. M. Remarque)
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