Donnerstag, 13. März 2014

Morten H. Olsen / Das Kind aus dem Moor (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch gestern Abend ausgelesen und bin eher geteilter Meinung. Einerseits hat es mir gefallen, dass der Krimi nicht wie ein gewöhnlicher Krimi aufgebaut ist, andererseits hat mich die Thematik, wie der Autor diese verpackt, bzw. ausgeschmückt hat, nicht wirklich gefesselt.

Der Protagonist dieses Romans nennt sich Francis Falckenberg, der die Geschichte aus der Ichperspektive erzählt. Es liest sich auch ein ganz klein wenig wie ein Schauerroman. Francis erhält Wahrträume von den getöteten Opfern, die ihm den Tötungsort ansagen und den Verbleib der Leichen. Francis wendet sich damit an die Polizei und macht sich dadurch verdächtig ... Ursprünglich sah es so aus, dass die getöteten Personen durch einen (gelegten) Brand ums Leben kamen.

Die Opfer wünschen sich, dass der Mörder gefasst und die Leichen geborgen werden…, und wenden sich an Francis, da er so ziemlich für spirituell medial eingeschätzt wird, als könne er mit Toten kommunizieren.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext ein:
Als Antiquar gehört Francis Falckenberg zu den Honoratioren des norwegischen Städtchens Oscarshavn.   Seit Jahren führt er ein beschauliches Leben: doch plötzlich geschehen merkwürdige Dinge: Bei einem Großbrand im Armenviertel sterben eine stadtbekannte Prostituierte und ihre Tochter – aber die Leichen werden nicht gefunden. War es Mord? Als Francis an einem nebligen Abend nach Hause geht, erscheint ihm ein seltsames kleines Mädchen, das er noch nie zuvor gesehen hat. Es nimmt ihn bei der Hand und führt ihn zu den vermissten Toten – um genauso unbemerkt zu verschwinden, wie es gekommen ist. Als Francis der der Polizei den Fundort meldet, begegnet man ihm mit größtem Misstrauen und er verstrickt sich immer tiefer in ein Gespinst aus Verdächtigungen und Widersprüchen. Ist er der Mörder? Und bald darauf erscheint ihm das Kind erneut und führt ihn ins Moor – wo vor fünfundzwanzig Jahren ein kleines Mädchen spurlos verschwand …
Francis wirkt ein wenig naiv, was das Städtchen Norwegens betrifft. Kriminalität passt so gar nicht in sein Bild. Er bekommt ordentlich die Meinung einer guten Freundin verpasst:
"Es ist nur so, dass ich mich manchmal über dich ärgere, weil du so tust, als wäre Oscarshavm dermaßen liberal und anständig und sauber. Du weißt, dass ich in meinem Büro sitze und seit Jahren alle die anderen Geschichten höre. Manche davon sind Kleinigkeiten, schlimm für die Betroffenen, aber normale, kleine Alltagstragödien: wie die leichten Mädchen von ihren Beschützern behandelt werden, wie das Sozialamt seine Klientel abfertigt, dass die Asylbewerber sich am Freitagabend nicht auf die Straße trauen, aus Angst, zusammengeschlagen zu werden. Andere Geschichten sind schlimmer. Klar, die Stadt wirkt liberal, aber nur, weil einer sich verdammt wenig um den anderen kümmert. Die Stadt ist reich, weil sie geizig ist. Sie steht glänzend da, weil sie keine Rücksicht nimmt, weil diejenigen, die sie bewirtschaften, ihre Entscheidungen eigenmächtig treffen und keinerlei öffentliche Diskussion zulassen." (126f)
Ehrlich gesagt, wer hat nicht so ein perfektes Bild zu Norwegen? Was schreiben die Medien denn schon darüber? Nichts? Oder fast nichts? Nein, wenn etwas zu Norwegen geschrieben wird, dann sind das meistens nur die besten Schlagzeigen … Die innereuropäischen Journalisten beschäftigen sich lieber mit der Kriminalität der ausländischen Länder, die dafür bekannt sind. Darunter fallen alle südeuropäischen Länder. Über diese wird überwiegend negativ berichtet, und die guten Schlagzeilen, für diese interessiert sich kaum jemand. Das hässliche Südeuropa - Bild muss ja schließlich aufrechterhalten werden, so wie das gute Bild der nördlichen Länder ebenso. Deshalb habe ich mich über dieses Zitat so sehr gefreut, so gibt es doch wenigstens, wenn auch sehr wenige, AutorInnen, die sich kritisch und differenziert über ihr Land auslassen. Die meisten Menschen machen sich wenig Gedanken darüber und übernehmen blind die Schlagzeilen der Berichterstatter … Einseitig gut der Norden, einseitig bös der Süden.

Auf Seite 166 macht sich Francis Gedanken über den Menschen, der die kriminelle Tat verübt hat. Und diesen Gedanken fand ich auch sehr schön.
Und doch ist das Erschreckendste für mich, dass der Mörder immer noch ein Mensch ist. Auch ein zerbrochener Spiegel ist noch ein Spiegel. Sie müssen ihn sich als zerbrochenen Spiegel vorstellen. Der Spiegel reflektiert nicht das ganze Bild, weil ihm Stücke fehlen; unserem Mann fehlen die Stücke, die ihn zu einem kompletten Menschen machen würden. Aber er ist trotzdem ein Mensch mit einer Reihe menschlicher Gefühle, nur dass sie so lückenhaft sind, verglichen mit der Komplexität eines normalen Menschen. Aber er leidet. Er träumt, hofft, sehnt, vermisst.
Und hier mache ich nun Schluss. Möchte nicht zu viel verraten. Allerdings schaffe ich es nie, mich lange über einen Krimi auszutauschen. Ich weiß nicht, weshalb Krimis mich immer wieder langweilen.
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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die danebenstehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein)

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