Montag, 30. September 2013

Nina Sankovitch / Tolstoi und der lila Sessel

Klappentext

'Jedes Buch kann dein Leben verändern.' Nina Sankovitch


Mehr als 2,5 cm dick darf es nicht sein. Aber das ist auch daseinzige Ausschlusskriterium. Ob Krimi, Kochbuch, Klassiker– oder der aktuelle Topseller: Nina Sankovitch, Tochter polnischer US-Einwanderer, ist mit Büchern aufgewachsen. Und entdeckt nun, nach dem Tod ihrer geliebten Schwester, die Literatur ein zweites Mal für sich: als Trost- und Kraftspenderin. Zwischen Wäschebergen, Kindergeschrei und Supermarkt nimmt Nina sich Auszeiten - und entlockt jedem Buch ein anderes Geheimnis. Die Eleganz des Igels, Twilight oder Englische Liebschaften, Toni Morrison, Julian Barnes oder Leo Tolstoi – Lesen bedeutet pures Lebensglück: und einmal am Tag den Moment, bei dem man ganz bei sich ist.




Autorenportrait
Nina Sankovitch wuchs als Tochter polnischer Einwanderer in Evanston, Illinois auf und studierte in Harvard Jura. Von Oktober 2008 bis Oktober 2009 las die vierfache Mutter täglich ein Buch und besprach es in ihrem Blog www.ReadAllDay.org. In ihrem ersten Buch erzählt sie, wie "Projekt 365" ihr Leben veränderte. Nina Sankovitch lebt mit ihrer Familie in Connecticut. 
Mich hat der Klappentext total angesprochen. Muss aber zugeben, mir scheint es unrealistisch, täglich ein Buch zu lesen in einem Umfang zwischen dreihundert und vierhundert Seiten. Die Autorin liest innerhalb von einer Stunde siebzig Seiten. Ich lese ich einer Stunde ca. dreißig Seiten, zehn Seiten etwa zwanzig Minuten.

Unter der Woche schaffe ich oftmals täglich nicht mehr als fünfzig Seiten, an den Wochenenden pro Tag das Dreifache.

Mal schauen, ob sie das Tempo so beibehält. Sie hat sich eine Frist von einem Jahr gesetzt mit dem Ziel, 365 Bücher zu schaffen.

Natürlich mit Hilfe einer stringenten  Tagesstruktur... .




Sonntag, 29. September 2013

Mark Twain / Eine Bluttat, ein Betrug und ein Bund fürs Leben (1)

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Diese sehr kleine Erzählung hat mir sehr gut gefallen. Da sie wirklich so mini ist, habe ich beschlossen, mich inhaltlich nicht so sehr auszulassen, denn das Büchelchen hat mich vom Inhalt und dessen Abläufen so sehr überrascht, dass ich diese anderen LeserInnen nicht vorwegnehmen möchte.


Die Erzählung ist interessant geschrieben und auf so wenigen Seiten wie dieser ist so viel passiert. Manche Begebenheiten nahmen überraschende Ausgänge an.

Deshalb erhält das Buch von mir zehn von zehn Punkten.

Im Anhang gibt es noch ein Nachwort und eine Kurzbiographie zu Mark Twain.

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Der Mensch ist erst dann verloren, wenn er sich selbst aufgibt.
(Erich Maria Remarque)

Gelesene Bücher 2013: 60
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Mark Twain / Eine Bluttat, ein Betrug und ein Bund fürs Leben

Mein erstes Buch ohne Klappentext. Hatte ich bisher noch nicht gehabt. Mal sehen, was der Verlag Manesse, der Herausgeber dieser Lektüre,  zu dem Buch schreibt, bzw. mit welchem Inhalt er es vorstellt.
Leider scheint das Buch von dem Verlag aus dem Sortiment herausgenommen herausgenommen zu sein. Wird nicht mehr aufgeführt. Habe aber auf www.buecher.de ein wenig zu dem Buch gefunden:

Das schillernde Kabinettstück handelt von einem geheimnisvollen Fremden, der sprichtwörtlich vom Himmel gefallen ist, von einem Liebespaar, dem die Besitzgier anderer im Wege steht, und von einem heimtückischen Meuchelmord, für den ein Schuldiger schnell gefunden ist. Mit bewährtem kompositorischen Geschick versteht es Mark Twain, die Erzählstränge miteinander zu verknüpfen und dabei mit den Klischees der einzelnen Genres zu spielen. 





Autorenportrait
Mark Twain, eigentlich Samuel Clemens, geb. am 30.11.1835 in Florida (Missouri). Im Alter von 12 Jahren musste er die Schule abbrechen und begann eine Lehre als Schriftsetzer. Mit 17 Jahren ging er nach New York, dann nach Philadelphia, wo er die ersten Reiseskizzen schrieb.Von 1857 bis 1860 war er Lotse auf dem Mississippi, nahm am Sezessionskrieg auf der Seite der Konföderierten teil und war 1861 Silbersucher in Nevada. 1864 lebte er in San Francisco, 1866 als Reporter auf Hawaii und 1867 als Reisender in Europa und Palästina. Er gründete einen Verlag, mußte aber 1894 Konkurs anmelden und ging auf Weltreise, um mit Vorträgen seine Schulden abzutragen.Mark Twain starb am 21.4.1910 in Redding (Conneticut).
Von Mark Twain habe ich gelesen:

Bummel durch Europa
Das Tagebuch von Adam und Eva                                                             
Post aus Hawai                                                                             
Die Abenteuer Tom Sawyer und Huckleberry Finn

Dies ist nun mein letztes Buch aus meinem kleinen SuB von Juni 2013.



Samstag, 28. September 2013

Fjodor Dostojewski / Die Sanfte (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Der Ich-Erzähler dieses Buches ist mir eine recht unsympathische Person. Merkwürdige Vorstellungen von Liebe machen sich breit. Er heiratet ein junges Mädchen von gerade mal sechzehn Jahren. Das Mädchen ist mittellos, hat nicht einmal Geld für die Aussteuer. Von Beruf ist der Erzähler Pfandleiher und ist recht knauserig seiner jungen Frau gegenüber. Er denkt groß ans Sparen und verweigert jegliche kulturelle Aktivitäten. Attraktiv ist das nicht für die jugendliche Frau. Schließlich gibt der Pfandleiher nach und erlaubt einmal im Monat einen gemeinsamen Theaterbesuch.
Er spricht recht wenig, seine Sprache ist eigentlich eher das Schweigen. Und je mehr das Paar frustriert wird, desto mehr wird geschwiegen. Das Mädchen wird immer unglücklicher. Er versucht sie zu unterwerfen. Unter Liebe versteht der Pfandleiher die Unterwerfung durch die Frau... .

Die sanfte Frau, die eigentlich noch ein halbes Kind ist... versucht dieser Starre ihres Mannes zu entrinnen und hält ihm eines frühen Morgens, als dieser noch schlief, die Pistole an die Schläfe. Aber sie knallt ihn nicht ab als er durch das metallene Ding wach wird. Er reagiert nicht und stellt sich schlafend... .
Über diese Szene wird auch nicht geredet, sondern durchweg hinweggeschwiegen und nur durch symbolische Zeichen gibt er ihr zu verstehen, dass er sehr wohl die Pistole an der Schläfe gespürt habe, die seine Frau auch verstand. Sie hoffte erst, er hätte diese Bedrohung nicht mitbekommen.

Zu Beginn der Erzählung erfährt man schon auf den ersten Seiten, dass seine junge Frau sich das Leben genommen hat. Der Mann ist fassungslos und betrachtet sein Leben und das Leben seiner Frau aus der Retrospektive. Ein wenig zynisch und selbstkritisch geht er mit sich ins Gericht und seine Deutungen zu seiner Persönlichkeit fand ich recht passend. Ein Typ Mensch, der sich zwar nach Liebe sehnt, aber gar nicht weiß, was Liebe ist. Sucht er einen Freund? Ein Kind? Eine Geliebte? Oder eine Frau? Warum eine so junge? Will er sie zähmen? Was will er? Das sind Fragen, die sich mir in der kurzen Erzählung stellten... .
Jedenfalls glaubte ich, als ich sie in mein Haus führte, in ihr einen Freund gewonnen zu haben. Einen Freund brauchte ich aber notwendiger als irgendetwas. Zugleich wusste ich schon damals, dass ich mir diesen Freund erst vorbereiten, erziehen und sogar besiegen müsse. Hätte ich denn dieser Sechzehnjährigen, die noch alle Vorurteile ihres Alters hatte, überhaupt etwas erklären können? Wie hätte ich sie zum Beispiel ohne die zufällige Hilfe der Katastrophe mit dem Revolver überzeugen können, dass ich kein Feigling bin und dass das gegen mich ergangene Urteil der Regimentskameraden ungerecht war? Indem ich dem gegen mich gerichteten Revolver standhielt, rächte ich meine ganze finstere Vergangenheit, und wenn es auch kein anderer Mensch erfuhr, so erfuhr es doch sie. Das bedeutete für mich alles, denn sie selbst war mein alles, die ganze Hoffnung meiner Zukunft! Sie war der einzige Mensch, den ich an meiner Seite haben wollte. Ich wollte sie mir zu einem Freund erziehen, und eines anderen Menschen bedurfte ich nicht. (54f)
Aus der Textstelle geht sehr deutlich hervor, dass der Mann ein recht einsamer Mensch ist mit merkwürdigen Vorstellungen, was die Betrachtung eines Freundes betrifft. Erst als seine Frau sich ihm schließlich unterwarf, überschwemmte er sie mit Zärtlichkeiten und Küssen... .

Dieser Typ Mensch ist nichts anderes als selbstsüchtig, regelrecht egoman. Beobachtet sehr genau das Verhalten seiner Frau, das ganz nach ihm gerichtet sein sollte. Er hört sie zum ersten Mal singen, was ihn regelrecht irritiert, da er es nicht gewohnt ist, sie singen zu hören:
Man wird wohl über meine Aufregung lachen, doch niemand wird sie begreifen können, warum mich diese Aufregung überkam! Nein, es war noch kein Mitleid mit ihr, es war etwas ganz anderes. Zuerst, wenigstens in den ersten Minuten, stand ich dieser neuen Tatsache ganz verständnislos gegenüber. Ich war erstaunt und bestürzt, es war ein unheimliches, seltsames und krankhaftes Gefühl, beinahe etwas wie Rachsucht, das sich in mir regte: >Sie singt und dazu noch in meiner Gegenwart! Hat sie mich etwa vergessen?< (60)
Mir hat erst im Nachhinein das Buch gut gefallen. Zuvor konnte ich nicht richtig warm werden mit der Erzählung, oder viel mehr mit der Persönlichkeit des Erzähler, von dem ich nicht einmal den Namen kenne. Nun bin ich aber froh, sie doch gelesen zu haben. Ein dünnes Büchlein, recht ungewöhlich für einen Dostojewski... .
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Der Mensch ist erst dann verloren, wenn er sich selbst aufgibt.
(Erich Maria Remarque)

Gelesene Bücher 2013: 59
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Fjodor Dostojewski / Die Sanfte




Klappentext


Denken Sie sich einen Mann, der vor der Leiche seiner Frau steht, einer Selbstmörderin, die sich erst vor wenigen Stunden aus dem Fenster gestürzt hat." Fantastisch und realistisch zugleich - so bezeichnet Dostojewski im Vorwort seine meisterhafte Erzählung "Die Sanfte", 1876 erschienen. In einem inneren Monolog lässt er den Witwer sein Leben überdenken: An Leid und Gram und Schuld zerbrochen, ist er ebenso sehr Opfer wie Täter. Ein ergreifendes Stück Weltliteratur über Verletzlichkeit und Rachsucht, über späte Reue und die schmerzliche Plötzlichkeit der Liebe. 







Autorenportrait
Fjodor M. Dostojewski wurde am 11. November 1821 in Moskau geboren und starb am 9. Februar 1881 in St. Petersburg. 1849 wurde er wegen angeblich staatsfeindlicher Aktivität im Petraschewski-Kreis zum Tode verurteilt, dann zu vier Jahren Zwangsarbeit in Sibirien begnadigt. 1859 kehrte er nach St. Petersburg zurück.

Von Dostojewski habe ich gelesen:

Der Spieler
Der Idiot (Vor mehr als zwanzig Jahren)




Freitag, 27. September 2013

Wilhelm von Sternburg / Als wäre alles das letzte Mal (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich durch und es ist sehr literaturwissenschaftlich verfasst. War mir oftmals ein wenig zu abstrakt, zu theoretisch, zu trocken. Aber Literaturkritiker werden mit dem Buch ihre Freude haben.

Ganz klar ist, was ich bei jedem Remarque-Buch vermutet habe, dass er darin autobiographisches Gedankengut hat miteinfließen lassen. Eigene Erlebnisse aus der Weimacher Republik, aus dem ersten und zweiten Weltkrieg. Demnach gibt es in dem Buch hauptsächlich politische Aspekte zu lesen.

Das biografische Element in seinen Geschichten besitzt allerdings von einem ganz anderen Blickwinkel aus gesehen für seine Themen und seine Ästhetik einen hohen Stellenwert. Ohne das grauenhafte Geschehen an der Front gesehen zu haben, wäre er nicht fähig gewesen, seinen >Kriegsroman< so zu schreiben, wie er es dann zehn Jahre später tat.


Remarque hat die inflationären Jahre Weimars, das Leben in der Emigration hautnah erlebt, und was er gesehen hatte, wurde zum literarischen Grundstoff seiner Romane. Autobiografisch interessant ist so auch das Denken und Empfinden seiner männlichen Protagonisten.(25)

Remarque selbst sagt dazu:
Mein Buch beruht nicht auf der Fantasie, der Erfindung. Ich war an der Front - lange genug, um selbst fast alles erlebt zu haben, was ich geschildert habe. Ich habe keine Lehren zu verkünden. Ich verstehe nichts von Politik. (163) Ich habe den Krieg für eine literarische Arbeit gebraucht. (165)
Trotz der sehr ernsten und düsteren Themen, mit denen Remarque sich beschäftigt hatte, war ihm Humor ganz wichtig. Humor, Selbständigkeit und Unabhängigkeit.

Remarque stammt aus einer kleinbürgerlichen Familie, die geprägt war von Armut, Sorgen und viel Arbeit.

Er pflegte Beziehungen mit Frauen, die von ihrer Persönlichkeit her recht anstrengend waren. In dem Buch "Arc de Triomph" ging es auch um eine Beziehung zu einer Frau, die psychisch mehr als labil war und ich mich im Stillen wohl gefragt hatte, wer diese Frau denn sei? Die Antwort habe ich nun in dieser Biographie gefunden. Diese labile Frau war Marlene Dietrich, mit der Remarque tatsächlich eine partnerschaftliche Beziehung pflegte. Marlene Dietrich machte sich abhängig von Männern, ohne selbst Verantwortung übernehmen zu wollen und war alkoholabhängig.

Remarque fühlte sich als Kind von der Mutter nicht ausreichend geliebt, nicht weil die Mutter ihn nicht liebte, sondern weil zu wenig Zeit für das Kind war. Des Weiteren verstarb Remrques älterer Bruder und er diesen nun ersetzen sollte. Auch Remarque war als Erwachsener ständig auf der Suche nach wahrer Liebe... .

Was Remarques Kreativität betrifft und der Hang zum Schreiben, so  entwickelte er diese Fähigkeit schon im frühen Kindesalter. Ich entnehme aus dem Buch eine Schulszene, die mich sehr zum Nachdenken angeregt hat:
Der Lehrer liest der Klasse aus einem Aufsatz vor, den die Schüler über die kurz zuvor verlebten Sommerferien schreiben mussten: >Stolz und erhaben durchschneidet das weiße Segelschiff Albatros die strahlenden Fluten des weiten Meeres.< Der Lehrer schaut auf seine Schüler, das Heft in der zitternden Hand. Dann nähert er sich der Bank der Besten, holt Erich zu sich heran und schlägt ihm vor den Augen aller Mitschüler das Heft mehrere Male um die Ohren und fragt, vor Zorn hochrot im Gesicht, wo der Schlingel das abgeschrieben habe? Erich antwortet nicht sogleich, er ist verstockt, und versteht nicht. Der Lehrer wütet, Erich lässt alles über sich ergehen, bleibt aber dabei, nichts abgeschrieben zu haben;(63)
Welche literarischen Ambitionen Remarque im Laufe seines Lebens noch entwickelt hatte, war ein Mix aus trivialer- und Unterhaltungsliteratur. Allerdings befanden sich unter seinen Vorlieben auch Bücher von recht anspruchsvollen Schriftstellern, wie zum Beispiel Wedekind, Hofmannsthal und die Gedichte von Franz Werfels, außerdem die Bücher eines französischen Autors, der ein guter Freund von Emile Zola war.

Remarque lebte gut durch seine Bücher, hatte weltweit, besonder in Amerika, viele Leser. Seine Bücher wurden in hoher Auflage gedruckt und verkauft. Er erwarb dadurch eine sichere Einnahmequelle, sodass manch andere deutsche Autoren, wie zum Beispiel Thomas Mann, ein wenig neidvoll auf Remarque aufgeblickt hatten. Thomas Mann hat es nicht so leicht gehabt, seine Bücher zu vermarkten. Remarque schrieb allerdings nicht nur Bücher, er schrieb auch Artikel in Illustrierten über Gummireifen, Autos, Faltboote, Motorrad etc.. Zeitweise tat er dies, weil er davon leben musste. (124)

Seine Bücher waren stark geprägt mit der Sehnsucht nach mehr Humanität und diese Sehnsucht von den Literaturwissenschaftler als zu idealistisch betrachtet wurde, manche hielten ihn für zu sentimental, denn die Liebe des Menschen zum Menschen allein sei kein Mittel, um die Verwirklichung des Humanen zu gewährleisten.
Hier bleibt er im Gespinst idealistischer Vorstellungen befangen.
Eine letzte Szene möchte ich noch aufschreiben, die mich tief berührt hat. Seine ältere Schwester lehnte sich gegen Hitler auf und gab staatsfeindliche Äußerungen von sich und sie dadurch von der Gestapo hingerichtet wurde, mit einem Hackbeil wurde sie geköpft. Sie ging mit erhobenem Kopf zu ihrer Exekution. Remarque erfuhr davon sehr viel später, und widmete daraufhin eines der Bücher seiner mutigen Schwester.

Remarque war ein Exilant. Er lebte in der italienischsprechenden Schweiz und in Amerika. Er wurde wurzellos, als er seine deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt bekommen hatte.

Als wäre alles das letzte Mal, der Buchtitel, dessen Bedeutung ich nicht vorwegnehmen möchte. Die Schilderung dieses Titels wird im Buch erläutert.

Da ich nicht alles verraten möchte, was es in dem Buch noch zu lesen gibt, beende ich somit meine Buchbesprechung und gebe dem Buch zehn von zehn Punkten.

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Der Mensch ist erst dann verloren, wenn er sich selbst aufgibt.
(Erich Maria Remarque)

Gelesene Bücher 2013: 58
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Samstag, 21. September 2013

Wilhelm von Sternenburg / Als wäre alles das letzte Mal

Erich Maria Remarque. Eine Biographie


Klappentext

Erich Maria Remarque hat mit seinen Romanen, ähnlich wie Emile Zola, ein gewaltiges Sittengemälde seiner Zeit geschaffen, einer Epoche, die durch Krieg, Terror, Vertreibung, Gewalt und Lüge beherrscht war und in der menschliche Werte und Qualitäten, Liebe und Freundschaft, stets bedroht blieben. Remarques Leben war geprägt von den politischen Umständen, aber auch von Reichtum, zahllosen Affairen – z.B. mit Marlene Dietrich, Greta Garbo, Elisabeth Bergner – und vom Alkohol. 


Der renommierte Publizist und Buchautor Wilhelm von Sternburg hat die erste umfassende Biographie dieses Autors vorgelegt, dessen Bücher Millionenauflagen erreicht haben und vielfach verfilmt wurden und über dessen schillerndes, ebenso mondänes wie schwieriges, engagiertes wie zerrissenes Leben dennoch so genau und kenntnisreich bislang nie Auskunft gegeben wurde. Sternburgs Biographie, brillant und anschaulich geschrieben, verknüpft das Lebensbild Remarques mit der Werk- und Zeitgeschichte, wobei der Autor auf viele bislang nicht breit zugängliche Materialien, wie Briefe und Tagebücher, zurückgreifen konnte.


Autorenportrait
Wilhelm von Sternburg, Jahrgang 1939, war über dreißig Jahre lang Journalist für verschiedene Zeitungen sowie für Rundfunk und Fernsehen, u.a. Chefredakteur Fernsehen des_ Hessischen Rundfunks_. Seit 1993 arbeitet er als freier Schriftsteller und Publizist. Sternburg hat u. a. Biographien über Konrad Adenauer, Lion Feuchtwanger, Carl von Ossietzky, Arnold Zweig und Erich Maria Remarque veröffentlicht sowie weitere Titel zu historischen und kulturellen Themen.

Remarque zählt zu meinen Lieblingsschriftsteller und habe schon einiges von ihm gelesen..


Donnerstag, 19. September 2013

Ursula Krechel / Shanghai fern von wo (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Inhaltlich und sprachlich ist es recht anspruchsvoll geschrieben. Nicht nur die Recherchen zur deutschen Geschichte sind gut gelungen dargestellt. Die Autorin konnte diese in eine wunderschöne, fantasievolle und poetische Sprache verpacken. Eine Kunst... .

Der Roman behandelt das Leben mehrerer deutsch -.jüdischer Exilanten fern von Europa, im Osten von China, in der Hafenstadt Shanghai.

Zur Erinnerung hier noch einmal der Klappentext:

Shanghai am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Für Tausende Juden ist es das letzte Schlupfloch. Sie kamen ohne Visum und Illusionen mit einem Koffer und zehn Reichsmark in der Tasche: Anwälte, Handwerker, Kunsthistoriker, und wenn sie in dieser überfüllten Stadt und dem feucht drückenden Klima zurechtkommen wollten, dann waren Erfindungsgabe und Tatkraft gefordert. 

Mich haben diese vielen deutschen Flüchtlinge betroffen gestimmt. Sie sind alle dem Nationalsozialismus zwar entkommen, wurden aber in dem fremden Land anderen schweren Belastungen ausgesetzt. Es ging um das nackte Überleben. Ein Visum wurde für die Einreise zwar nicht verlangt, aber ihre (berufliche) Fähigkeiten wurden abgefragt. Während ein erfahrener Jurist, der viele Jahre eine hohe gesellschaftliche Stellung inne hatte, verliert im fremden Land diesen Status. Berufliche Fertigkeiten lassen sich im Ausland nicht anwenden. Diese u.a. Akademiker durchlaufen dadurch eine Identitätskrise und kommen sich auf einmal nutzlos vor. Was will ein deutscher Jurist im Ausland mit deutschen Gesetzen? Eine Hausfrau dagegen konnte es deutlich leichter haben, in Shanghai eine Arbeit zu finden, um den Lebensunterhalt für sich und für ihren Mann ein wenig aufzustocken. Es waren praktische Fertigkeiten aus dem Alltag gefragt... .  Die existentielle Grundlage war auf ein Minimum beschränkt. Die meisten Juden genossen in Deutschland einen wohlhabenden Standart, und mussten nun lernen, in China mit dem Wenigsten auszukommen. Oftmals blieben die Grundbedürfnisse unerfüllt, was vielen das Leben kostete...
 Die deutschen Juden bekamen in Shanghai durch das deutsche Konsulat die deutsche Staatsbürgerschaft abgesprochen. Sie wurden nicht mehr als deutsche Flüchtlinge bezeichnet, sondern nur noch als Juden... .

Einen Protagonisten gibt es nicht in dem Buch, da alle Romanfiguren sich wie Hauptfiguren lesen lassen. Jede Person mit ihrem eigenen Schicksal wird beleuchtet... . Und sie waren alles Helden... .

Als Hitler den Krieg verloren hatte, ging es nun darum, wieder nach Deutschland zurückzureisen, was für viele Überlebende nicht sehr leicht war, auch weil sie quasi als staatenlos zählten. Es hieß, die deutsche Staatsbürgerschaft zurückzuerlangen und einen Antrag auf Wiedergutmachung zu stellen. Dabei wurden viele zurückgekehrte Juden erneut Diskriminierungen ausgesetzt, und bei vielen dadurch eine Retraumatisierung ausgelöst wurde.

Weitere Aspekten zu dem Thema sind dem Buch zu entnehmen.

Doch es gab auch eine Textstelle, die mich ein wenig schmunzeln ließ. Es ging um die Haltung von Haustieren der europäischen Flüchtlinge, wofür die Chinesen wenig Verständnis aufbringen konnten, was mich aber nicht wundert, wenn man bedenkt, was die Chinesen alles an Tierfleisch auf ihrem Speiseplan stehen haben. Hunde- und Katzenfleisch wird dort als Delikatesse angepriesen und die Tiere bekommen bei lebendigem Leib größtenteils ihr Fell abgezogen.
Ein kleiner Hund war damals in China eine Sensation, die Kinder lachten, wenn sie einen weißen Hundebesitzer und sein Tier sahen, sie krähten vor Vergnügen und zeigten mit dem Finger auf ihn. Warum ließ sich ein Weißer von einem Tier an einem Strick zerren? Warum besaß und behielt er ein Tier, das er auch jederzeit schlachten und aufessen konnte? Warum fütterte er es mit Brocken, die jedem Kind auch Freude gemacht hätten? Diese Weißen waren rätselhafte Leute. (448)
Da ich eine große Tierfreundin bin, ist es klar, dass ich solche tierische Ereignisse nicht einfach überlesen werde.

Das Buch erhält von mir aus den oben genannten Gründen zehn von zehn Punkten.
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Du musst überleben, auch wenn es dich umbringt.
(Jidisches Sprichwort, zitiert von Ursual Krechel)

Gelesene Bücher 2013: 57
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Donnerstag, 12. September 2013

Ursula Krechel / Shangai fern von wo

Klappentext
Shanghai am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Für Tausende Juden ist es das letzte Schlupfloch. Sie kamen ohne Visum und Illusionen mit einem Koffer und zehn Reichsmark in der Tasche: Anwälte, Handwerker, Kunsthistoriker, und wenn sie in dieser überfüllten Stadt und dem feucht drückenden Klima zurechtkommen wollten, dann waren Erfindungsgabe und Tatkraft gefordert. Ursula Krechels bewegender Roman erzählt von Menschen, die versuchen, das Überleben zu lernen.


Autorenportrait
Ursula Krechel wurde 1947 in Trier geboren. Studium der Germanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte. Lehrtätigkeit an verschiedenen Universitäten. Erste Lyrikveröffentlichungen 1977, danach erschienen Gedichtbände, Prosa, Hörspiele und Essays. Zahlreiche Auszeichnungen für ihr Werk, insbesondere ihren großen Exil-Roman "Shanghai fern von wo". Für den Roman "Landgericht" wurde sie 2012 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Ursula Krechel lebt in Berlin.

Nach den ersten dreißig Seiten kann ich schon mal sagen, dass mir das Buch sehr gefällt. Es ist recht authentisch geschrieben. Von der Autorin habe ich bisher gelesen:

Landgericht, das mir auch gut gefallen hatte, weshalb ich mir ein weiteres Buch von Krechel zugelegt habe.





Dienstag, 10. September 2013

Orhan Pamuk / Schnee (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mich geschafft und bin so langsam Pamuk-müde. Obwohl es recht interessant geschrieben ist, aber zwischen drin war es ein wenig zäh. Habe schon bessere ausländische Bücher gelesen.

Das Buch gibt mir stark zu denken. Hier geht es wieder um die Türkei, die zerrissen ist zwischen Tradition und Moderne, zwischen Orient und Okzident. Modern, wie in der westlichen Welt säkular, traditionell, wie man dies oft aus der Presse her zu den islamistischen Ländern  liest, oftmals auch arg fundamentalistisch geprägt. Auf den ersten Seiten des Buches ist ein so schönes Gedicht abgedruckt, das genau die Problematik der Türkei ausdrückt. Ein Land voller Widersprüche... . Ein Land, dem das nötige Selbstbewusstsein fehlt, sich zu der eigenen Kultur zu bekennen. Und was Kultur ist, sieht man in dieser Lektüre, die recht vielseitig ist.





Im Folgenden das Gedicht:
Unsere Aufmerksamkeit gilt gilt den gefährlichen Rändern der Dinge 
Dem ehrlichen Dieb, dem zärtlichen Mörder, 
Dem abergläubischen Atheisten.
(Vom Autor Robert Browning zitiert, Fettdruck durch mich hervorgehoben)
Dieses Gedicht ist für mich recht ausdrucksstark. Später wurde mir deutlich, was die Ursachen dieser Widersprüche sein könnten...

Der Protagonist in dem Roman ist ein Dichter, nennt sich abgekürzt Ka und bekommt von der Istanbuler Zeitung einen journalistischen Auftrag zugesprochen, mit der Fragestellung, weshalb sich in der türkischen Stadt Kars so viele junge Mädchen das Leben nehmen? Eigentlich lebt Ka in Frankfurt Main im Exil, reist für eine unbestimmte Zeit wieder in die Türkei. Ka wird nicht mehr als Türke angesehen und wird von einigen Landsleuten als Vaterlandsverräter  geschimpft, der sich ganz der westlichen Welt verschrien habe. Dem aber ist nicht so... .
Seine journalistische Arbeit begibt ihn in gefährliche Bahnen... .

Mir völlig unerwartet zeigten sich die Suizidabsichten der jungen Mädchen darin, dass sie gezwungen wurden, ihr Haupt zu entblößen, waren nicht bereit, auf ihr Kopftuch zu verzichten, und mussten mit einem disziplinarischen Schulverweis rechnen. Das Kopftuchtragen ist sowohl an Schulen, als auch an den Universitäten verboten. Diese Mädchen fühlten sich in ihrer religiösen Ehre gekränkt, und nahmen sich das Leben.
Mich stimmt die vorgeschriebene Kleiderordnung ein wenig skeptisch, so dass sich mir die Frage stellt; übertreibt der Autor nicht ein wenig? Sich wegen eines Kopftuches das Leben nehmen?  Falls nicht, so versuche ich die Suizidentinnen von einer anderen Seite zu verstehen; es baut sich bei Menschen, in diesem Fall sind es die jungen Mädchen, so etwas wie eine Trotzbewegung auf, und Aggressionen gegen sich selbst entwickeln, aber auch um Leute zu bestrafen, die ihnen diese Ehre nehmen... . Durch den Suizid bezeichnen sich die Mädchen als die eigentlichen Gewinner in dem Kampf um das Kopftuch. Ein wenig absurd, kann mir aber trotzdem diese Art von Sieg gut vorstellen, wie er gemeint ist.

Ka zeichnet sich als einen Menschen aus, bei dem nicht deutlich wird, zu welchen religiösen und kulturellen Absichten er neigt. Für mich tritt er auf wie ein Fähnchen im Wind... .

Der Buchtitel Schnee trägt hier eine symbolische Bedeutung, und steht eigentlich für Unschuld und Reinheit, bis Ka mit dem Schnee eine ganz andere symbolische Erfahrung macht.
Schnee hatte in Ka stets das Gefühl einer Reinheit erweckt, die den Schmutz, den Schlamm und das Dunkel der Stadt bedeckte und dadurch vergessen machte; aber in seiner ersten Nacht in Kars hatte Ka das Gefühl verloren, Schnee sei etwas Unschuldiges. Hier war Schnee eine ermüdende, erschöpfende, erschreckende Angelegenheit. (23)
Ziemlich erschüttert war ich, als ein modern denkender Universitätsdirektor von einem Fundamentalisten erschossen wurde. Die Art, wie er es tat, fand ich erschütternd. Diese Dialoge zwischen Täter und Opfer passten zu dem obigen Gedicht, zu der Beschreibung, bezogen auf den zärtlichen Mörder. Jene Szene fand ich gelungen beschrieben und hatte mich lange noch beschäftigt.

Doch in dem Buch kommt sehr deutlich rüber, wie diese Hassgefühle entstehen zwischen Menschen, die an Traditionen festhalten und den westlich orientierten Türken, den sog. Säkularisten. Ähnlich wie bei den jungen Mädchen fühlen sich die AndersgläubigerInnen abgewertet und als minderentwickelt tituliert. Sie nehmen sehr wohl den Druck, der weltweit auf islamistisch geprägte Länder gerichtet ist, wahr und hegen Rachegefühle.

Ich habe das Buch dadurch ein wenig als ein Appell aufgefasst, jeden Menschen in seinem Denken und Handeln, in seinem Glauben und Nichtglauben zu achten und zu respektieren, solange es andere Meschen in ihrer persönlichen Entwicklung nicht beeinträchtigt.

Aus der Sicht eines Jugendlichen wird dies noch einmal deutlich, was ich oben geschrieben habe:
Vielleicht hat man mit einzelnen Armen Mitleid, aber wenn ein Volk arm ist, glaubt die ganze Welt zunächst, dass dieses Volk dumm und blöd ist, dass es ein faules, dreckiges und ungeschicktes Volk ist. Man lacht es aus, statt es zu bemitleiden. Man findet seine Kultur, seine Sitten und Bräuche lächerlich. Später schämt man sich vielleicht für diese Gedanken, hört auf zu lachen und findet diese Kultur interessant, wenn zugewanderte Arbeiter aus diesem Volk den Boden wischen und die niedrigsten Arbeiten übernehmen, damit sie nicht rebellieren, ja man so tut, als ob sie gleich wären. (524)
Ich fand dieses Zitat schon recht eindeutig. Ich verfolge auch oft in den Medien Diskussionen, die sich recht abfällig zu Kulturkreisen äußern, die anders leben als in der eigenen Kultur.
Das einzige, was man tun kann, um nicht erniedrigt zu werden, ist, zu beweisen, dass man denkt wie sie. Das aber ist unmöglich und außerdem würdelos. (…) Wir können keine Europäer werden!" sagte ein anderer islamistischer Jugendlicher hochmütig. "Die Leute, die sich bemühen, uns ihr Modell aufzuzwingen, werden das am Ende mit Panzer und Gewähren vielleicht schaffen, wenn sie uns nur genug Gewalt antun. Aber unsere Seele können sie nicht ändern. (526 f)
Die Türkei ist aber auch ein Staat, der geographisch geteilt aus zwei Kontinenten besteht. Man kann daraus Ressourcen ziehen, es können Stärken entstehen, oder im negativen Fall kann man an dieser Vielfalt zerbrechen. Ich finde es natürlich, dass die Menschen dort so vielgläubig an Religion und Kultur gebunden sind.

Eine Gesellschaft, die geteilt ist in Türken, Kurden, Aserbaidschain, Säkularisten und Fundamentalisten. Eine große Herausforderung für alle Menschen dieser Welt.

Ich beende hiermit meine Gedanken zu dem Buch. Habe für mich die Botschaft herausgezogen, wie oben schon erwähnt, den Anderen in seinem Anderssein zu achten und zu respektieren, wie man das Eigene achtet und respektiert. Das Buch ist wirklich recht interessant geschrieben und es gibt noch jede Menge andere Blickwinkel, andere lesenswerte Zitate, die ich hier der Länge wegen nicht erwähnt habe.

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Das Leben ist nicht um der Prinzipien willen da,
sondern damit man glücklich wird.
(Orhan Pamuk)

Gelesene Bücher 2013: 56
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 1. September 2013

Orhan Pamuk / Schnee

Klappentext
Ka soll für eine Istanbuler Zeitung eine merkwürdige Serie von Selbstmorden untersuchen: Junge Mädchen haben sich umgebracht, weil man sie zwang, das Kopftuch abzulegen. Eingebettet in eine raffinierte und spannende Kriminalgeschichte steht der Konflikt zwischen Verwestlichung und Islamismus -

Autorenportrait
Orhan Pamuk, 1952 in Istanbul geboren, studierte Architektur und Journalismus und lebte mehrere Jahre in New York. Für seine Romane erhielt er 1990 den Independent Foreign Fiction Award, 1991 den Prix de la découverte européenne, 2003 der International IMPAC Dublin Literary Award, 2005 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und in demselben Jahr den Ricarda-Huch-Preis, 2006 den Nobelpreis für Literatur und 2007 die Ehrendoktorwürde der FU Berlin als »Ausnahmeerscheinung der Weltliteratur.«



Literaturpreise und Auszeichnungen
2005: »Friedenspreis des Deutschen Buchhandels«
2006: »Nobelpreis für Literatur«

Von dem Autor habe ich bereits gelesen:
Das stille Haus
Istanbul  
Istanbul hat mir recht gut gefallen. während Das stille Haus mir nicht wirklich zugesagt hat. In meinem Blog gibt es zu den beiden Büchern auch eine Buchbesprechung, s. Label AutorInnen international.

Nun bin ich gespannt, wie das folgende Buch auf mich zu sprechen kommt. Habe die ersten fünfzig Seiten schon durch, und es gefällt mir bis jetzt recht gut.




Samstag, 31. August 2013

Thomas Hardy / Die Woodlanders (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist ein gesellschaftskritischer Liebesroman gewesen, den ich mit Spannung verfolgt habe. Hat mich ein wenig an Die Buddenbrooks erinnert, in der Beziehung zwischen Toni Buddenbrook und dem Medizinstudenten, den sie auf Travemünde kennenlernt. Der Vater Buddenbrook war gegen diese Verbindung, da der Medizinstudent nicht in seine Kreise passte. Toni wurde zu der Heirat eines wohlhabenderen jungen Mannes angehalten. Mit väterlicher Liebe sprach der Vater stark auf Tonis Gewissen ein und sie dadurch manipulierte, als sie schließlich die Heirat zu dem Mann, den sie nicht liebte, zustimmte, um es ihrem Vater recht zu machen. 

Nicht anders auch in diesem Buch. Zur Erinnerung noch einmal der Klappentext:

Als die junge Grace Melbury nach der Schulausbildung heimkehrt aufs Land, ist sie für ihre einstige Liebe, den einfachen Waldarbeiter Giles Winterborne, eine Nummer zu groß. Zudem fühlt sich Grace zu dem feinen Dr. Edred Fitzpiers hingezogen – darin nach Kräften von ihrem Vater unterstützt. Giles beginnt um sie zu kämpfen. Thomas Hardys Roman von 1887, vielgerühmt in seiner englischen Heimat, ist für die deutschen Leser noch zu entdecken. Er schildert eine scheinbar wohlgeordnete kleine Welt, die zwischen leidenschaftlichem Begehren und sozialen Schranken in Aufruhr gerät.

Wobei ich nicht alles, was im Klappentext steht, unterschreiben könnte... . Grace Melbury fühlt sich nicht wirklich zu Dr. Edred Fitzpiers hingezogen. Sie liebt eigentlich seit ihrer Jugend Giles Winterborn, wird aber von ihrem Vater beeinflusst, lieber den Doktor zu heiraten. Grace lässt sich beeinflussen und zeigt wenig Widerstand, auf ihre Jugendliebe zu verzichten, nur damit sie in bessere Kreise gerät. Mr. Melbury liebt seine Tochter über alles, erst recht, nach dem er seine erste Frau, die Mutter von Grace, durch einen Todesfall schon recht früh verloren hatte. 

Als Grace die höhere Mädchenschule beendet, geht sie wieder aufs Land zurück und hofft, sich mit Giles zu verloben. Das war auch das Anliegen ihres Vaters, bis schließlich ein vornehmer Herr, Arzt von Beruf, sich beruflich auf Little Hintock niederlässt. Graces Vater ist von der Vornehmheit des Mannes so völlig angetan, und versucht nun seine Tochter die Verlobung mit Giles auszureden, als er schließlich zu Graces Stiefmutter spricht: 
Ich weiß, Grace wird nach und nach wieder auf unsere Ebene herabsinken und unsere Manieren und Redeweise annehmen und eine schläfrige Zufriedenheit fühlen, Giles Frau zu sein. Aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sich ein so hoffnungsvolles Mädchengeschöpf, wie es nur je gelebt hat, auf diese alte Ebene herabzerren soll - wo sie eine Zierde für jeden Palast wäre und ich mir so viel Mühe gegeben habe, sie emporzuheben. Stell dir vor, wenn ihre weißen Hände jeden Tag älter werden und ihre Zunge beim Reden ihren hübschen binnenländlichen Schnörkel verliert und ihr hüpfender Gang zu dem üblichen Hintocker Schlurf- und Torkelschritt wird! (98)
Grace geht nicht in die Offensive, und beugt sich den Wünschen ihres Vaters, lässt sich verlocken, eine vornehme Dame zu werden, einmal durch die Schulbildung, die sie erfahren hat und ein weiteres Mal durch die Heirat mit einem Gentleman, der auf einer höheren Leiter der Gesellschaftsordnung steht. 

Die erste Enttäuschung, die der Vater erfährt, als er zusammen mit seiner Tochter im Wald im Spaziergang unterwegs ist und sie einen Jäger treffen, der ein wenig grob zu Grace sich verhält, als sie in den Wald hineinruft und nicht mit gebührendem Respekt behandelt wurde. Daraufhin der empörende Vater, als er sich wieder alleine mit seine Tochter befindet:
"Er hätte nicht so zu dir sprechen dürfen!" sagte der alte Mann im Ton eines ins Herz getroffenen Mannes, wenngleich es nicht an dem auf ihn selbst angewendeten Attribut lag. "Und das hätte er auch nicht getan, wenn er ein Gentleman wäre. So redet man nicht mit einer Frau, die einigermaßen auf sich hält. Du bist so belesen und kultiviert - wie konnte er von dir erwarten, dass du Hussa schreist wie ein Bauerntrampel! Hat es mich nicht fast hundert im Jahr gekostet, dich aus dem allem herauszuheben, und der Nachbarschaft ein Beispiel zu zeigen, was eine Frau werden kann? Grace, soll ich dir das Geheimnis verraten? Es lag daran, dass ich bei dir war. Wäre statt meiner ein Gutsbesitzer oder Pfarrer im schwarzen Rock mit dir gegangen, hätte er nicht so gesprochen. (104)
Es kommt noch dicker. Mr. Melbury verlangt von seiner Tochter, wenn sie den Gentleman zum Manne genommen habe, dass sie ruhig auf der Straße ihren eigenen Vater verleugnen solle, um ihre Herkunft nicht zu verraten. Der Vater ist zwar wohlhabend, aber von Beruf ist er "nur" ein Holzhändler:
"Wir sind genauso lange in Hintock" erwiderte Grace zu ihrem Vater, "wie die in Oackbury waren; so ist es doch? Du sagst, unser Name taucht ständig in alten Dokumenten auf."
" O ja - als Freisassen, Lehnbesitzer und dergleichen. Aber denke doch, wie viel besser das hier für dich ist. Du lebst dann ein vornehmes, studierliches Leben, wie es für dich jetzt ganz natürlich geworden ist; und wenn der Doktor hier auch bloß eine kleine Praxis hat, sobald er richtig in Übung ist, zieht er bestimmt in eine elegante Stadt und hält eine flotte Kutsche, und du lernst eine ganze Menge Damen von bester Gesellschaft kennen. Wenn du mir dann einmal begegnen solltest, Grace, kannst du ruhig an mir vorbeifahren und wegsehen. Ich würde da nicht erwarten, dass du mit mir spricht, und es auch gar nicht wollen - es sei denn, es wäre zufällig eine einsame versteckte Stelle, wo es dich nicht herabwürdigen würde. Halte bloß nicht Menschen wie Nachbar Giles für deinesgleichen."(194)
Grace stimmt der Vermählung mit dem Doktor schließlich zu und Giles findet sich damit ab. Auch er geht nicht in die Offensive. Ich bin nicht der Meinung, Giles habe um seine Grace gekämpft, doch was hätte ein Kampf bewirkt, wo Graces Vater alle Fäden in der Hand hält? 
Und nun ist es auch der vornehme Arzt und Gentleman, der von Grace erwartet, ihre Herkunft in seinen Kreisen zu vertuschen.
"Nun möchte ich dich gern behutsam, so behutsam wie möglich, darauf hinweisen, wie wenig ratsam es wäre, so viel Aufsehen zu erregen, wenn wir Hintock verlassen und ich mich in die Praxis einkaufe, die ich zu kaufen vorhabe, in Budmouth - knapp 20 Meilen von hier. Verzeih mir, wenn ich sage, dass es viel besser ist, wenn niemand dort genau weiß, wo du her kommst, und auch nichts von deinen Eltern. Deine Schönheit und Bildung und Lebensart trägt dich überall, wenn dich nicht solche rückgreifende Kritik behindert." (200) 
Wie der Roman weitergeht und wie er enden wird, möchte ich nicht weiter verraten. Wer den Roman von Thomas Mann Die Buddenbrooks kennt, kann vielleicht ahnen, wie der von Thomas Hardy in den Abläufen sich weiter entwickeln könnte, wenn auch der Schluss ein ganz anderer ist. . 

Thomas Hardy ist es mit seinem Roman wieder einmal gelungen aufzuzeigen, wie Moral und  gesellschaftliche Zwänge das Schicksal der Menschen bestimmen. ´Die Kälte, die dadurch entsteht, wenn Menschen versuchen, diesen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, kommt in seinem Werk recht deutlich zur Geltung. 

Ich gebe dem Buch zehn von zehn Punkten. 

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Im Leben kommt man nirgends an, man geht nur!
(Isabel Allende)


Gelesene Bücher 2013: 55
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 26. August 2013

Thomas Hardy / Die Woodlanders

Klappentext

Als die junge Grace Melbury nach der Schulausbildung heimkehrt aufs Land, ist sie für ihre einstige Liebe, den einfachen Waldarbeiter Giles Winterborne, eine Nummer zu groß. Zudem fühlt sich Grace zu dem feinen Dr. Edred Fitzpiers hingezogen – darin nach Kräften von ihrem Vater unterstützt. Giles beginnt um sie zu kämpfen. Thomas Hardys Roman von 1887, vielgerühmt in seiner englischen Heimat, ist für die deutschen Leser noch zu entdecken. Er schildert eine scheinbar wohlgeordnete kleine Welt, die zwischen leidenschaftlichem Begehren und sozialen Schranken in Aufruhr gerät.

Autorenportrait aus Wikipedia
Der Sohn eines Baumeisters ging nach der Architektenlehre nach London. 1867 kehrte er nach Dorset zurück und begann, neben seiner Arbeit als Kirchenrestaurator zu schreiben. 1871 erschien der erste seiner berühmten „Wessex“−Romane, die alle in seiner heimatlichen Umgebung angesiedelt sind. 1878-1881 lebte er wieder in London, ab 1883 wieder in Dorchester. Hardy hinterließ ein umfangreiches Werk, darunter 14 Romane, viele Kurzgeschichten mit sehr unterschiedlichem Umfang und fast 1.000 Gedichte. Die Veröffentlichung von Jude the Obscure verursachte einen Skandal, nach dem er sich entschloss, keine Romane mehr zu schreiben. Nach 1895 schrieb er nur noch Gedichte.Hardys Geburtshaus „Hardy’s Cottage“ in Higher Bockhampton, in dem er bis zum 35. Lebensjahr gewohnt hat und das spätere Wohnhaus „Max Gate“ in Dorchester sind im Besitz des National Trust.Das Spektrum der Werke Hardys reicht von der realistischen und detailreichen Schilderung des Landlebens bis hin zur Darstellung des Unerwarteten, Außergewöhnlichen, Verdächtigen, vom Tragischen bis zum Humorvollen. Dabei versucht er Sentimentalitäten zu vermeiden. Oft bedient er sich des Tons der mündlichen Erzählung, beispielsweise in A Tradition of Eighteen Hundred and Four (in Wessex Tales).

Von Thomas Hardy habe ich Herzen im Aufruhr gelesen, das mir sehr gut gefallen hat. Bin nun auf das folgende Buch gespannt.



Sonntag, 25. August 2013

Isabel Allende / Fortunas Tochter (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir ganz gut gefallen, auch wenn dieser Band nicht zu den besten zählt, die ich bisher von der Autorin gelesen habe.
Aber was typisch für Allendes Bücher ist, sind immer die politischen Hintergründe. Sie behandelt eine englische Familiengeschichte, die sich Mitte des 19. Jahrhundert abspielt. Familie Sommers, bestehend aus drei Geschwistern, die von England nach Chile eingewandert sind, um dort ein neues Leben zu beginnen.

Zur Erinnerung im Folgenden noch ein mal der der Klappentext:
Fortunas Tochter erzählt die bewegte Geschichte der Eliza Sommers, einer lebenshungrigen jungen Frau, die zwischen zwei Kulturen lebt und einen abenteuerlichen Weg geht. Als chilenisches Findelkind in der Obhut einer englischen Familie aufgewachsen, bricht sie, kaum 17jährig, aus ihrer wohlbehüteten Welt aus und stürzt sich auf der Suche nach ihrem Geliebten in die Wirren des kalifornischen Goldrauschs.


Wobei ich warnen möchte: Es trägt sich nicht alles so zu wie im Klappentext geschrieben steht, möchte aber nichts vorwegnehmen, da ich Überraschungen in Büchern überaus liebe und gehe davon aus, dass es andere LeserInnen auch tun.

Den Buchtitel fand ich ein wenig verwirrend, konnte wenig damit anfangen, lässt viele Interpretationen zu, war mir nicht ganz schlüssig.

Das Ausgangsthema habe ich mit großem Interesse verfolgt, als das Leben des Findelkindes Eliza Sommers´ erzählt wird, und die Erzählung mit einer außergewöhnlichen Liebesgeschichte endet, jedoch nicht so, wie das Buch einen erst erwarten lässt. Wobei das Buch keine Erzählung im herkömmlichen Sinne ist... Eigentlich lese ich keine Liebesromane, wobei das vorliegende Buch auch kein typischer Liebesroman ist. Es geht hier viel um Menschenrechte, Rassismus und um Mädchenhandel Chinas und Kaliforniens. Allendes Figuren kämpfen auch hier um politische Rechte, Freiheit und um Gleichberechtigung der Geschlechter und der vielen unterschiedlichen Menschen anderer Hautfarben. Typisch sind auch transzendente Erlebnisse in Form von Geistersehen und Wahrträume... .

Eigentlich hatte ich gedacht, Eliza begibt sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter, um ihre Identität zu finden, da sie von den Erwachsenen von Kind auf unterschiedliche und widersprüchliche Geschichten über ihre Herkunft erzählt bekommen hat. Etwas wird dem Kind aber tatsächlich verschwiegen. Ein tiefes Geheimnis, das nicht mal in der Familie Sommers allen bekannt ist.

Im Alter von sechzehn Jahren verliebt Eliza sich in einen sehr armen chilenischen Jungen namens Joaquín Andieta, mit dem sie hinter dem Rücken ihrer Adoptivmutter Miss Rose ein starkes Liebesleben führt, das Mutter Rose strikt abgelehnt, da ein Chilene partout nicht erwünscht ist. Sie hegte mit Eliza ganz andere Heiratspläne... .Joaquín Andieta verlässt Eilza und seine Mutter, um als Goldgräber nach Kalifornien zu reisen, um sich und seine Mutter aus der Armut zu holen. Eliza, siebzehnjährig, begibt sich von Chile nach Kalifornien, um ihren Geliebten zu suchen, ohne irgendwelche Anhaltspunkte, wo sich ihr Geliebter aufhält. Eine absurde Weltreise, die ich mir so schlecht ausmalen konnte. Diese unreife Aktion kam mir vor wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Auch in diesem Buch haben Frauen einen schlechten Stand, für die damalige Zeit wohl normal. Es gibt kein Land, in dem alle Menschen gleich behandelt wurden, das macht uns Allende immer wieder bewusst. Indios, Chilene, Mädchen / Frauen, Arme, Bauern, Schwarze... jeder verhält sich gegen irgendwen seines Gegenübers rassistisch. In Chile und China nicht anders als in Kalifornien, in dem der Rassismus auf der einen Seite noch stärker grassierte, auf der anderen Seite zählte Kalifornien zu einem Bundesstaat der unbegrenzten Möglichkeiten, und man dort, wenn man über gute Begabungen verfügte, die man einbringen konnte, besser lebte als im Herkunftsland, wie z.B. China, wo arme Familien ihre Mädchen zum Verkauf anboten... . Es hatte aber den Preis, sich der anderen Kultur zu unterwerfen, sich zu assimilieren, wenn man von den Nordamerikanern nicht verstoßen werden wollte... .

Am besten hat mir die Beziehung zwischen Eliza und dem chinesischen Arzt und Matrose Tao Chien gefallen. Wie sich die beiden begegneten und wie sie zueinander finden, fand ich gut beschrieben.

Ich mache nun hier Schluss und verweise Weiteres auf das Buch... .
Das Buch erhält von mir neun von zehn Punkten.
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Im Leben kommt man nirgends an, man geht nur!
(Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2013: 54
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 19. August 2013

Isabel Allende / Fortunas Tochter

Klappentext

Fortunas Tochter erzählt die bewegte Geschichte der Eliza Sommers, einer lebenshungrigen jungen Frau, die zwischen zwei Kulturen lebt und einen abenteuerlichen Weg geht. Als chilenisches Findelkind in der Obhut einer englischen Familie aufgewachsen, bricht sie, kaum 17jährig, aus ihrer wohlbehüteten Welt aus und stürzt sich auf der Suche nach ihrem Geliebten in die Wirren des kalifornischen Goldrauschs.

Autorenportrait

Isabel Allende wurde am 2. August 1942 in Lima/Peru geboren. Nach Pinochets Militärputsch am 11. September 1973 ging sie ins Exil. 1982 erschien ihr erster Roman La casa de los espíritus (dt. Das Geisterhaus, 1984), der zu einem Welterfolg wurde. Der dänische Regisseur Bille August verfilmte den Roman 1993. 


Allende arbeitete unter anderem als Fernseh-Moderatorin und war Herausgeberin verschiedener Zeitschriften. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Kalifornien. Ihr Werk erscheint auf deutsch im Suhrkamp Verlag.

Von der Autorin habe ich eine ganze Reihe von Büchern gelesen:

Das Geisterhaus
Das Portrait aus Sepia
Die Insel unter dem Meer
Die Stadt der wilden Götter
Mayas Tagebuch

Mir haben alle Bände gut gefallen, der beste Band allerdings war mir Die Insel unter dem Meer. Isabel Allende ist mit ihren 71 Jahren nicht mehr jung, aber ich ich hoffe, dass sie noch viele, viele Jahre leben wird, damit sie noch viel Zeit bekommt, weitere Bücher zu schreiben.


Sonntag, 18. August 2013

Khaled Husseini / Tausend strahlende Sonnen (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Wieder ein männlicher Schriftsteller, der sich mit dem Schicksal der Frauen seines Heimatlandes befasst. Es ist ihm gelungen...
Das Buch ist super gut geschrieben. Ich mag ausländische AutorInnen, die über ihr Land schreiben, mehr als wenn deutsche AutorInnen über andere Länder schreiben, da die meisten sich recht einseitig, klischeehaft und stereotypisch sich auslassen. In diesem Buch erlebe ich Afghanistan recht differenziert. Auf jeden Fall bin ich dem Autor dankbar für dieses Buch, da es mir hilft, Vorurteile abzulegen und mehr Mitgefühl für die dortigen Menschen zu entwickeln, die man keineswegs alle als rückständig bezeichnen kann. Ich habe das Buch als eines der besten ausländischen Bücher, die ich bisher gelesen habe, erlebt. Ich werde mir von dem Autor noch weitere Bücher besorgen.

Das Buch hat mich so tief bewegt, dass ich gar nicht weiß, ob ich darüber überhaupt schreiben möchte. Man muss das Buch selbst gelesen haben, jede Zeile, jede Seite. Oftmals haben mich Szenen stocken lassen, mich aufblicken lassen, weil ich nicht weiter lesen konnte, so sehr hatte es mich beschäftigt.


Es ist nicht so, dass alle Menschen, die aus einem islamischen Land kommen, rückständig sind. Man kann auch mit einem Glauben modern sein. In dem Buch gibt es so viele unterschiedliche Menschen, wie sie in jedem anderen Land auch zu finden sind. Am häufigsten findet man eher die einfachen Menschen, die sklavisch an Traditionen festhalten, doch auch hier kann man überhaupt nicht pauschalisieren.

Zur Erinnerung hier noch einmal der Klappentext:
Die unehelich geborene Mariam wird mit fünfzehn ins ferne Kabul geschickt, wo sie mit dem dreißig Jahre älteren Witwer Rashid verheiratet wird. Zwanzig Jahre später erlebt Leila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ein ähnliches Schicksal. Auch ihr bleibt keine Wahl: Nachdem ihre Familie bei einem Bombenangriff getötet wurde und sie erfährt, dass auch ihr Jugendfreund Tarik, den sie seit gemeinsamen Kindertagen liebt, angeblich ums Leben gekommen ist, wird sie Rashids Zweitfrau. In dem bis dahin kinderlos gebliebenen Haushalt bringt Leila nacheinander eine Tochter und einen Sohn zur Welt.Während der Taliban-Herrschaft machen Bombardierungen, Hunger und physische Gewalt das Leben der Familie zur Qual. Die Not lässt die an sich so unterschiedlichen Frauen zu engen Freundinnen werden und ihre Stärke schließlich ins Übermenschliche wachsen.
Die politische Lage, s. Klappentext, fand ich recht gut dargestellt und hat mich zum Nachdenken bewegt. Interessant, wie Mudschahiddins nicht nur das Leben der Frauen diktierten, sondern auch das der Männer. Wie so oft in einer Regierung, die sich gegen die Menschenrechte richtet, war auch hier Kultur nicht erlaubt und viele Kulturschätze wurden zerstört, wie z.B. Bücherverbrennung, Museen demoliert und geschlossen, TV- und Kinoverbot... Afghanistan galt als eines der reichsten kulturellen Länder der Welt. Es galt als ein Land der Dichter und Denker, und es war reich durch verschiedene Künste und der Architektur... .

Dem Menschen wurden Kleiderverordnungen aufgezwängt, sowohl Männern als auch Frauen... In der Öffentlichkeit war sogar das Lachen verboten. Was muss das doch für ein verbitterter Gott sein, der es nicht erlaubt, dass Menschen glücklich leben?

Die Richter fand ich interessant, indem sie sich Gott vorstellten und glaubten, im Namen Gottes Urteile aussprechen zu können. Frauen sind hier die größten Verlierer, s. Buch, da sie als geistig minderwertige Wesen bezeichnet wurden, obwohl viele Frauen in der Wissenschaft tätig waren. Die Richter hatten sich auf wissenschaftliche Studien der westlichen Welt berufen...
 Mädchen machen sich allein durch die Geburt schon schuldig. Nicht Neues, das weiß man alles, was man aber nicht immer weiß, ist, dass es in diesen Ländern viele Menschen gibt, die mit dem System nicht konform gehen... .  Es gibt viele Menschen, die sich gegen so ein System auflehnen und damit ihr Leben gefährden.

Viele Frauen tragen die Burka, nicht, weil sie von dem Glauben überzeugt sind, sondern um sich zu schützen, wenn sie aus dem Haus gehen.. Einigen mir bekannten Fällen gelang sogar durch die Verschleierung die Flucht... .

Im Anhang findet man sogar ein Interview mit dem Autor. Desweiteren sind dem Buch noch Arbeitsmaterialien für Lesekreise beigefügt.

Ich mache hier nun Schluss und gebe dem Buch zehn von zehn Punkten.
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Man kann selbst dann anderen Menschen etwas schenken, wenn man nichts zu verschenken hat.
(Walter Zweig an seine Tochter)

Gelesene Bücher 2013: 53
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Mittwoch, 14. August 2013

Khaled Husseini / Tausend strahlende Sonnen

Klappentext

Die unehelich geborene Mariam wird mit fünfzehn ins ferne Kabul geschickt, wo sie mit dem dreißig Jahre älteren Witwer Rashid verheiratet wird. Zwanzig Jahre später erlebt Leila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ein ähnliches Schicksal. Auch ihr bleibt keine Wahl: Nachdem ihre Familie bei einem Bombenangriff getötet wurde und sie erfährt, dass auch ihr Jugendfreund Tarik, den sie seit gemeinsamen Kindertagen liebt, angeblich ums Leben gekommen ist, wird sie Rashids Zweitfrau. In dem bis dahin kinderlos gebliebenen Haushalt bringt Leila nacheinander eine Tochter und einen Sohn zur Welt.
Während der Taliban-Herrschaft machen Bombardierungen, Hunger und physische Gewalt das Leben der Familie zur Qual. Die Not lässt die an sich so unterschiedlichen Frauen zu engen Freundinnen werden und ihre Stärke schließlich ins Übermenschliche wachsen.




Khaled Hosseini gelingt es wie beim Drachenläufer auf unvergleichliche Weise, seine Figuren so lebendig und authentisch werden zu lassen, dass der Leser sie lange nicht vergisst.

Autorenportrait

Khaled Hosseini wurde 1965 in Kabul, Afghanistan, geboren. Er ist das älteste von fünf Kindern eines Diplomaten und einer Lehrerin. 1976 zog seine Familie nach Paris, wo sein Vater eine Stelle in der Botschaft Afghanistans übernahm. 1980 sollte ihn der diplomatische Dienst wieder nach Afghanistan zurückführen. Doch zu diesem Zeitpunkt befand sich das Land, nach einem blutigen kommunistischen Staatsstreich, im Krieg mit den sowjetischen Invasoren. Khaled Hosseini und seine Familie erhielten 1980 politisches Asyl in den Vereinigten Staaten und zogen nach San Jose in Kalifornien. Nach Abschluss der San Diego Universität lebt Kahled Hosseini heute als Arzt in Nordkalifornien. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. 

Sein erster Roman Drachenläufer erschien in 40 Sprachen mit einer Weltauflage von 12 Millionen Exemplaren und wurde 2007 mit großem Erfolg von Marc Forster verfilmt.

Gelesen habe ich von dem Autor noch nichts, ist mir aber durch ein Kinofilm Der Drachenläufer bekannt. Auf das hiesige Buch bin ich neugierig.

Dienstag, 13. August 2013

Stefanie Zweig / Nirgendwo war Heimat (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch nun durch und bin ganz angetan davon. Das Buch besitzt so viel Seele, dass ich nur staunen kann. Das Kind Stefanie Regina Zweig hat mich von ihrer Persönlichkeit her stark an Anne Frank erinnert... . Das Buch hat mich tief bewegt. So viel Liebe, so viel Intelligenz, so viel Achtung sich und anderen Menschen und Kulturen gegenüber, so viel Mut, so viel Fantasie und so viel Menschlichkeit, zusammengefasst so viel innerer Reichtum war in der ganzen Familie Zweig zu finden, trotz der vielen existentiellen Umstände und der traumatischen Erlebnisse, die ihnen der Nationalsozialismus bescherte. Doch besonders die kleine Regina war eine Besonderheit an Kind... .

In dem Buch sind alle Korrespondenzen festgehalten, die die Familie Zweig während ihres Exils in Afrika durchlaufen sind. Zur Erinnerung hier noch einmal der Klappentext:




»Ich bin fest entschlossen zu vergessen, wer ich war, was ich gelernt habe und was ich kann«, schreibt Walter Zweig am 3. Januar 1938 seiner Frau Jettel. »Ich verspreche Dir, ich werde keine Chance ungenutzt lassen, um Fuß zu fassen in einem Land, von dem ich im Augenblick nur weiß, dass die Menschen dort schwarz sind.« Als Jettel diesen Brief liest, ist sie in Breslau und in Todesangst, ihr Mann unterwegs nach Mombasa. Im letztmöglichen Moment gelingt es ihm, seine Frau und seine fünfjährige Tochter Steffi nach Kenia zu holen. Stefanie Zweig hat die Menschen, die Farben, die Düfte und Tiere, die ihre Kindheit zu einem Erlebnis machten, nie vergessen können, aber auch nicht die Härte, Hoffnungslosigkeit und Not, die das Leben ihrer Eltern belasteten. Die Großeltern und Tanten, die nicht rechtzeitig aus Deutschland fliehen konnten, hat sie nie wiedergesehen. Tortz aller Verfolgung kehrt Walter Zweig 1947 in das Land zurück, das er immer noch als Heimat empfindet. Er wird in Frankfurt am Main zum Richter berufen und ein Jahr später Rechtsanwalt. Es ist die Zeit von Trümmern, Hunger und Not, aber auch von Hilfsbereitschaft, Hoffnung und Träumen. Steffi ist nach einem Jahr in Frankfurt so unterernährt, dass sie in die die Schweiz geschickt wird. Ihre Gasteltern, deren Kunstsinn und Bilder bestimmen ihr Leben ebenso wie in ihrer Kindheit die Farm am Fuße des Mount Kenya. Ihrem Vater hat sie, der Liebe wegen, nie gestanden, dass ihr Herz in Afrika geblieben ist. In einem bewegenden Epilog schildert Stefanie Zweig die Zeit von 1948 bis heute. Sie erzählt mit Humor, Distanz und Leidenschaft von Liebe und Schmerz, vom Journalismus, der für sie berufliche Erfüllung wurde, von späten Erfolgen und frühen Erkenntnissen, von den Rosen und Dornen des Lebens.
Flüchtlinge wurden in Afrika als Refugees bezeichnet. Die noch dreiköpfige Familie Zweig waren somit keine Deutschen mehr, sondern Refugees.

In Kenia hat die Familie versucht, sich als Farmer eine neue existentielle Grundlage zu schaffen. Für einen Juristen, der es gewohnt ist mit dem Kopf zu arbeiten, kein leichtes Unterfangen. Aber immer mit der zurückgelassenen Familie wie Eltern und Geschwister im Herzen.
Unser Deutschland ist tot. Es hat unsere Liebe mit Füßen getreten. Ich reiße es mir jeden Tag aufs Neue aus dem Herzen. Nur unser Schlesierland will nicht weichen. Wilhelm Kohler würde hier Karriere machen. Mechaniker nennen sich Ingenieure und finden schnell Arbeit. Wenn ich jedoch behaupten würde, ich sei zu Hause Justizminister gewesen, würde mich das auch keinen Schritt weiter bringen. Dafür habe ich meinen Boy Owuor beigebracht, "ich hab´ mein Herz in Heidelberg verloren" zu singen. Wenn einer so viel Mühe mit jedem Wort hat wie er, dauert das genau viereinhalb Minuten und eignet sich wunderbar als Eieruhr." :). (94) Brief von Walter Zweig an seine Frau Jettel.
Humor haben die Zweigs nicht verloren, hat ihr Überleben auf einem anderen Kontinent mit möglich gemacht, wie man noch im folgenden Zitat nachlesen kann. Es geht um Jettel, Walter Zweigs Frau, die sich auf der Farm erst ordentlich eingewöhnen musste. Keine Abendveranstaltungen, keine Abendkleider mehr, sondern das Leben total auf das Einfachste reduziert, so beschreibt ihr Mann Walter brieflich an seine FreundInnen Ruth und Heini die Problematik seiner Frau:
Liebe Ruth! Lieber Heini! Habt Ihr nicht Lust, uns wieder mal zu besuchen? Es wäre ein Euphemismus zu behaupten, dass Jettel die Decke auf den Kopf fällt, denn bekanntlich hat mein Arbeitgeber mir das Holz für die Zimmerdecken in unserer Villa verweigert. Also haben wir nur ein Dach, und durch das regnet es, sobald die erste Wolke pinkelt. (186)
Die kleine Steffi Zweig, erst acht Jahre alt, geht auf ein englisches Internat, da es weit und breit in der Hausnähe keine andere Schule gibt und lernt mit den schweren schulischen Bedingungen umzugehen. Judenkinder wurden zwar toleriert, waren aber nicht wirklich willkommen. Die Engländer bezeichnenden die Juden als Anhänger Hilters. Welch eine bittere Ironie. Denn wegen Hitler mussten die Refugees ihr Land verlassen, wenn sie überleben wollten. Stefanie schafft es trotzdem, sich dort zu sozialisieren und wird Klassenbeste. Regelmäßig schreibt sie nach Hause an die Eltern und umgedreht die Eltern an das Kind. Steffi ist von ihrer neuen Lehrerin ganz angetan:
Wir haben eine neue Klassenlehrerin. Sie heißt Miss Blandford fort und ist sehr schön. Sie mag Kinder (auch Juden). Leider ist die schon dreißig und wird also bald sterben. (164)
Wie man sehen kann, ist Alter doch sehr relativ... .

Über den Radiosender trifft den Zweigs die traurige Nachricht zu dem Suizid von Stefan Zweig, der sich in Brasilien das Leben genommen hat, obwohl er dort als Schriftsteller angesehen und beliebt war. Ein Brief eines guten Freundes an das Ehepaar Zweig:
Ich vermute, ihr habt durch den so informativen Schweizer Sender, der auf eurer Farm ja so besonders klar ist, mitbekommen, dass sich Stefan Zweig in Brasilien mit Schlafmitteln das Leben genommen hat. Seine Frau - es war seine zweite - ebenfalls. Und das, obwohl die Brasilianer ihn so geehrt und gefeiert haben und er in ausgezeichneten finanziellen Verhältnissen lebte. Wenn wir alle unsere Sehnsucht nach der verlorenen Heimat nachgeben würden, in dem wir uns bei Nacht und Nebel aus dem Leben stehlen, hätte Hitler sein Ziel erreicht. Wenigstens zu einem großen Teil. (180)
Das Ehepaar Zweig haben sich ihre Ideale bewahrt, auch in dem fremden Land, in einer völlig anderen Kultur, in der sie zehn Jahre lebte. Sie hat gelernt, über andere nicht zu urteilen, sondern alles und jeden Menschen  von zwei Seiten aus zu betrachten. Die Tochter Stefanie Zweig war mit einem reichen Innenleben gesegnet, und die Eltern besaß, die ihr Ideale vorlebten. Stefanie war kein gewöhnliches Kind, sie wirkte wie ein Kind mit einer erwachsenden Seele... , obwohl ihre Eltern schwere Krisengespräche nicht vor dem Kind besprachen, um es zu schonen, dennoch war das Kind sensibel genug, um die Nöte ihrer Eltern wahrzunehmen, das ihr Denken und Fühlen nachhaltig prägte.
Wer noch einem anderen hilft, Gutes zu tun, tut selbst Gutes.
Aus einem Brief eines Freundes an das Ehepaar Zweig. Mir hat dieser Spruch sehr gut gefallen.

Es existieren noch mehr so schöner Gedanken in den Briefen, beschränke mich aber und verweise auf das Buch, die Briefe selbst zu lesen.

Mir hat besonders gut gefallen, wie die Familie zusammengehalten hat und sie sich alle drei gegenseitig unterstützt haben. Die Unmenschlichkeit in Deutschland hat ihre Menschlichkeit bewahrt, obwohl sie Grund gehabt hätten, Menschenhass zu entwickeln.
Gute Menschen muss man besonders beschützen. Die Bösen sorgen für sich selbst (208)
In keiner Zeit, wie die Zeit einer Diktatur, war das so klar und deutlich zu definieren, was gut und was böse ist.

Hier mache ich nun Schluss und gebe dem Buch aus den oben genannten Gründen zehn von zehn Punkten.

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Man kann selbst dann anderen Menschen etwas schenken, wenn man nichts zu verschenken hat.
(Walter Zweig an seine Tochter)

Gelesene Bücher 2013: 52
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86



Sonntag, 11. August 2013

Stefanie Zweig / Nirgendwo war Heimat


Klappentext
»Ich bin fest entschlossen zu vergessen, wer ich war, was ich gelernt habe und was ich kann«, schreibt Walter Zweig am 3. Januar 1938 seiner Frau Jettel. »Ich verspreche Dir, ich werde keine Chance ungenutzt lassen, um Fuß zu fassen in einem Land, von dem ich im Augenblick nur weiß, dass die Menschen dort schwarz sind.« Als Jettel diesen Brief liest, ist sie in Breslau und in Todesangst, ihr Mann unterwegs nach Mombasa. Im letztmöglichen Moment gelingt es ihm, seine Frau und seine fünfjährige Tochter Steffi nach Kenia zu holen. Stefanie Zweig hat die Menschen, die Farben, die Düfte und Tiere, die ihre Kindheit zu einem Erlebnis machten, nie vergessen können, aber auch nicht die Härte, Hoffnungslosigkeit und Not, die das Leben ihrer Eltern belasteten. Die Großeltern und Tanten, die nicht rechtzeitig aus Deutschland fliehen konnten, hat sie nie wiedergesehen. Tortz aller Verfolgung kehrt Walter Zweig 1947 in das Land zurück, das er immer noch als Heimat empfindet. Er wird in Frankfurt am Main zum Richter berufen und ein Jahr später Rechtsanwalt. Es ist die Zeit von Trümmern, Hunger und Not, aber auch von Hilfsbereitschaft, Hoffnung und Träumen. Steffi ist nach einem Jahr in Frankfurt so unterernährt, dass sie in die die Schweiz geschickt wird. Ihre Gasteltern, deren Kunstsinn und Bilder bestimmen ihr Leben ebenso wie in ihrer Kindheit die Farm am Fuße des Mount Kenya. Ihrem Vater hat sie, der Liebe wegen, nie gestanden, dass ihr Herz in Afrika geblieben ist. In einem bewegenden Epilog schildert Stefanie Zweig die Zeit von 1948 bis heute. Sie erzählt mit Humor, Distanz und Leidenschaft von Liebe und Schmerz, vom Journalismus, der für sie berufliche Erfüllung wurde, von späten Erfolgen und frühen Erkenntnissen, von den Rosen und Dornen des Lebens.


Autorenportrait
 Stefanie Zweig wurde 1932 in Leobschütz (Oberschlesien) geboren. Im Jahr 1938 zwang die Verfolgung der Nationalsozialisten die jüdische Familie zur Flucht. Sie emigrierte nach Kenia. Dort wurde der Vater, ein Jurist, ein schlecht bezahlter Angestellter auf einer Farm im Hochland. Seine Tochter hat Kenia nie vergessen können und sie ist, wann immer sie konnte, in das Land ihrer Liebe zurückgekehrt. Im Jahre 1947 ging die Familie nach Deutschland zurück. Stefanie Zweig hat dreißig Jahre lang das Feuilleton einer Frankfurter Tageszeitung geleitet. Für ihre Jugendbücher erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Ferner hat sie es ein ganzes Leben lang nicht lassen können, sich mit den Absonderlichkeiten des Alltags zu beschäftigen. Für die in Frankfurt unvergessene Abendpost-Nachtausgabe schrieb sie jahrzehntelang Glossen und Kolumnen, die Frankfurter Neue Presse setzt diese heitere Tradition fort. Dort erscheint jeden Samstag unter dem Titel „Meine Welt“ eine Kolumne von Stefanie Zweig.
Stefanie Zweigs Romane standen wochenlang auf den Bestsellerlisten und erreichten eine Gesamtauflage von über 7 Millionen Exemplaren und wurden in fünfzehn Sprachen übersetzt. „Nirgendwo in Afrika“ wurde von der preisgekrönten Regisseurin Caroline Link fürs Kino verfilmt. Der Film gewann 2002 sowohl den Bayerischen als auch den Deutschen Filmpreis, und bekam 2003 den „Oscar“ für den besten ausländischen Film verliehen.
Mit dem Buch habe ich gestern begonnen zu lesen.

Die Autorin ist mir durch andere Werke von ihr vertraut.

Gelesen habe ich:

Das Haus in der Rothschildallee                                              
Die Kinder in der Rothschildallee          
Heimkehr in die Rotschildallee                                                
Irgendwo in Deutschland  

Mir haben alle Bücher von ihr gut gefallen.

Das obige Buch, bestehend aus der Korrespondent der Familie Zweig, lese ich auch mit großem Interesse, obwohl sich vieles durch die anderen gelesenen Werke schon wiederholt aber dadurch, dass hier sämtliche Briefe abgedruckt sind, die die Familie Zweig durch ihr Exil in Afrika an Freunden und Familie verfasst hatte, sind die Gefühle, Ängste und die Gedanken der damaligen Menschen noch authentischer geschrieben.. Ein reger Briefwechsel, den ich gerne verfolge.

Mitunter sind den Briefen noch schöne Fotografien der dreiköpfigen Zweig-Familie mit abgedruckt.


Samstag, 10. August 2013

Leo Tolstoi / Die Kreutzersonate



















Klappentext
Auf einer nächtlichen Bahnreise durch das winterliche Russland entspinnt sich zwischen wechselnden Fahrgästen ein Gespräch über Liebe, Ehe, Moral und Gesellschaft. Gegen Ende erzählt der ehemalige Gutsbesitzer Posdnyschew einem Mitreisenden vom tragischen Verlauf seiner Ehe und legt ein erschütterndes Geständnis ab: Zunehmend enttäuscht und von unbegründeter Eifersucht zerfressen hat er seiner Frau das Leben genommen. Meisterhaft setzt Leo Tolstoi die authentische Geschichte in Literatur um und entfaltet subtil das innere Drama seiner Figuren. Zugleich ist dieses bedeutende Alterswerk Ausdruck der eigenen sozialkritischen und moralischen Positionen. 

Autorenportrait
Leo Tolstoi wurde 1828 in Jasnaja Poljana als Sohn eines Grafen und Großgrundbesitzers geboren. 1847 brach er sein Studium ab, um sich um die Verwaltung des elterlichen Gutes zu kümmern. Durch Landreformen versuchte er die Situation der Leibeigenen zu verbessern. Nach Militärdienst und diversen Reisen durch Europa zog er sich schließlich nach Jasnaja Poljana zurück, wo er seine großen Romane schrieb. Tolstois lebenslange Suche nach der geeigneten Lebensform kulminierte 1910 darin, daß er seine Frau verließ, da diese nicht bereit war, sich von den gemeinsamen Besitztümern zu trennen. Er starb kurze Zeit darauf an einer Lungenentzündung.
Von Tolstoi habe ich gelesen:
Der Tod von Iwan Iljitsch
Kindheit und Jugend      
Anna Kararina vor mehr als zwanzig Jahren

Aus meinem Blog musste ich einige Titel russischer Autoren löschen, da ich mir ein Schadprogramm eingefangen hatte.
Aus diesem Grunde habe ich hier auf dieser Seite sowohl die Buchvorstellung als auch die Buchbesprechung stehen. Die separate Buchvorstellung musste ich wieder löschen.


Buchbesprechung

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Ich bewerte sie als eine Erzählung, stand zwar im Buchband nicht dabei, liest sich aber aus dem Kontext heraus. Und nicht nur das. Die Erzählung hatte einen dramatischen Hintergrund. Kann demnach zusätlich auch als Drama durchgehen.

Was typisch für Leo Tolstoi ist, er macht sich viele, viele Gedanken zur Ehe, darüber, ob die Ehe etwas taugt, macht sich jede Menge Gedanken über die Liebe, über das gesellschaftliche Verhalten dazu, s. Klappentext oben.

Ich schreibe mir die wichtigsten Szenen heraus. Im Zug treffen ein paar Fahrgäste zueinander und sie dadurch ins Gespräch kommen. Man nimmt an der Konversation über die Liebe teil. In diesem Abschnitt erlebe ich die Liebe in idealisierter Form. Ein weiblicher Fahrgast ist z.B. der Meinung, dass nur die Liebe die Ehe heiligen würde. Das klingt recht nett, doch man stellt sich automatisch die Frage, was sie unter Liebe versteht?
Die wahre Liebe... Ist diese Liebe zwischen Mann und Frau, dann ist auch die Ehe möglich. 
Die wahre Ehe nur die ist, die von der Liebe geheiligt wird. (13)
Interessant finde ich die These, wenn auch sie nicht ganz neu für mich ist, dass viele Männer sich von Äußerlichkeiten blenden lassen. Kann daraus denn wahre Liebe entstehen, die eher körperorientiert ist und der Mann sich einbildet, dass er die Frau lieben würde?
Merkwürdig, wie vollkommen die Täuschung ist, dass das Schöne und das Gute ist. Eine schöne Frau mag Dummheiten schwatzen, wir lauschen ihr und hören nichts Dummes, hören sogar Gescheites heraus. Sie spricht, sie macht hässliche Dinge, und wir sehen etwas Anmutiges darin. Spricht sie aber weder Dummes noch Hässliches und ist sie schön, gleich bilden wir uns ein, sie sei Wunder wie gescheit und tugendhaft. (27)
Die Frauen spüren jene Erwartungen der Männer und reagieren darauf:
Ihr wollt, wir sollen nur Gegenstand der Sinnlichkeit sein? Gut, wir sind ein Gegenstand der Sinnlichkeit und machen euch zu Sklaven. (35)
Ich finde schon, dass Tolstoi sehr kritisch mit dem eigenen Geschlecht umgeht. Wer kann das schon? Wer schafft es schon, sich ein paar Meter von sich selbst zu entfernen und Gedanken so objektiv zu äußern, als wäre man  davon gar nicht betroffen:
Gehen Sie alle Fabriken durch. Ein ungeheurer Teil von ihnen fertigt unnützen Schmuck, Möbel, Equipagen, Spielereien für die Frauen. Millionen von Menschen, Geschlechter von Sklaven gehen zu Grunde in dieser Galeerenarbeit der Fabriken, nur um die Launen der Weiber zu befriedigen. Wie Fürstinnen auf dem Throne halten die Frauen neun Zehntel des Menschengeschlechts in den Fesseln der Knechtschaft und schwerer Arbeit. Und alles nur, weil man sie erniedrigt hat, weil man ihnen die Gleichberechtigung mit den Männern genommen hat. Und dafür rächen sie sich, indem sie auf unsere Sinnlichkeit einwirken und uns in ihren Nutzen zu fangen suchen. (36)
Ich wusste gar nicht, dass die Frau jemals gleichberechtigt zum Manne stand.

Manchmal triften die Gedanken darüber, was wahre Liebe ist, stark ins Philosophische. Gedanken darüber, ob es sich lohne, das Menschengeschlecht aufrecht zu erhalten, bzw. es weiter fortleben zu lassen, sind auch oft Inhalt der Gespräche. Stark pessimistische Figuren sehen darin keinen Sinn.
" Warum muss es denn fortleben, das Menschengeschlecht?"
" Wie, warum? Dann wären wir doch nicht."
" Warum müssen wir denn sein?"
" Wie, warum? Nun, damit wir leben."
" Und warum leben? Wenn wir kein Ziel haben, wenn uns das Leben ward um des Lebens willen, so ist kein Grund da zum Leben." (42)
Aus meiner Sicht ist der Mensch da, um Erfahrungen zu machen. Und die Erfahrungen sind es, die zur Weiterentwicklung führen.

Der Protagonist der Erzählung ist der ehemalige Gutsbesitzer Posdynschew, der über ein sehr negatives Weltbild verfügt. Auch emotional scheint er recht unreif zu sein, aber auch dieser bekennt sich später zu seinen Handlung mit seiner Frau. Lernt aus seinen Handlungen... .

Kaum waren sie verheiratet, geriet die Frau in eine Depression, da die Ehe etwas Endgültiges dargestellt. Sich bewusst zu werden, dass man sich auf einen Mann für den Rest des Lebens festgelegt hat, kann einen mürbe machen. Wer kann schon sicher sein, dass dies gelingt? Normen und Gesetze diktieren den Menschen Regeln auf.
Was das Widerwärtigste an der Sache ist, (…) ist, dass man in der Theorie annimmt, die Liebe sei etwas Ideales, Erhabenes; in Wirklichkeit ist die Liebe etwas Gemeines, Schweiniches; von ihr zu reden, an sie zu denken ist eine Gemeinheit und eine Schande. Nicht umsonst hat die Natur es so eingerichtet, dass es gemein und hässlich ist. Weckt die Liebe aber Abscheu und Scham, so muss man sie auch so auffassen. Indessen reden sich die Menschen ein, dass das Hässliche und Unsaubere - schön und erhaben ist. (49)
Dadurch, dass der Mensch zu sehr mit Alltagspflichten behaftet ist, so habe er keine Chance, sich wirklich mit seinem eigenen Ich auseinanderzusetzen.
Wir leben in der Stadt. In der Stadt kann der Mensch hundert Jahre leben und merkt es gar nicht, dass er längst tot und verfault ist. Man hat gar keine Zeit, sich mit seinem Ich auseinanderzusetzenn -immer ist man beschäftigt. Geschäfte, geselliger Verkehr, die Gesundheit, die Künste, die Gesundheit der Kinder, ihre Erziehung. Bald muss man diesen und jenen empfangen, bald diesen und jenen besuchen; bald muss man diese sehen oder diese oder jene hören. (69)
Worauf sich in der Erzählung das Dramatische bezieht, möchte ich nicht verraten. Auf den ersten achtzig Seiten, das Büchelchen hat gerade mal 143 Seiten, wunderte ich mich noch immer über den Titel. Erst später lernt man einen Geiger kennen, der Bekanntschaft mit Posdynschews Frau macht, die selbst auch Musikerin ist, und beide eine musikalische Beziehung zu einander entwickeln, zu der Posdynschew recht eifersüchtig reagiert. Eigentlich hat mir die Erzählung erst ab hier gefallen. Das davor war mir zu intellektuell und über die Liebe zu reden empfinde ich als recht mühsam, da jeder eine andere Vorstellung davon hat. Ich bin sicher, dass es eine Liebe gibt, tief im Inneren, die frei von Zwängen ist, und die bei allen gleich ist. Diese aber kann man mit Worten nicht ausschmücken, man würde sie zerreden, aber man muss sich dort hin entwickeln können, sonst bleibt diese Form von Liebe verschüttet.
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Wir lernen auf Erden eine Menge Menschen kennen, aber am wenigsten uns selber!
(Erwin Strittmatter)

Gelesene Bücher 2013: 51
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86