Freitag, 23. November 2012

Daniel Kehlmann / Die Vermessung der Welt (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch, das ich letztes Wochenende ausgelesen habe, hat mir recht gut gefallen. Leider bin ich krank geworden, so dass ich fast eine ganze Woche aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu gekommen bin, mir meine Gedanken zu dem Buch aufzuschreiben..

Das Buch liest sich recht gut, an manchen Stellen humoristisch. Erzählt wird im Wechsel über das Leben Gauß` und Humboldts, erst auf den ca. letzten einhundertfünfzig Seiten kommen beide Wissenschaftler zusammen, die sich mir als zwei Gegensätze erweisen.

Gauß, Mathematiker und Astronom, ist jemand, der der Wissenschaft den höchsten Respekt zollt, während er die Beschäftigung anderer Fakultäten für vertane Zeit hält. Er betrachtet die Welt von seiner Studierstube aus, in der er alles, was er unter die Lupe nimmt, in Zahlen und Statistiken verwandelt.
Doch dazu später mehr.

Interessant fand ich die Kindheit von den Humboldts. Alexanders Bruder, der ältere, hatte ihn nicht grad liebevoll behandelt, gewisse Handlungen grenzten schon an Mobbing.
Die Kinder waren Halbwaisen und die Mutter wandte sich bei Erziehungsfragen ausschließlich an den großen Johann Wolfgang von Goethe.

Alexander von Humboldt wurde in Berlin 1769 geboren. Zwanzig Jahre später als Goethe.
Goethe, der Multitalent, galt damals sogar auch als Erziehungsberater.

Ein Multitalent war aber auch Alexanders Bruder, der im Alter von dreizehn Jahren schon zwei Fremdsprachen beherrschte und mit siebzehn sieben. Darunter befanden sich auch Sprachen aus dem nichteuropäischen Raum. (Im Studium studierte er auch Sinologie) und war hauptsächlich der Sprachen und Dichtung zugewandt.
In Berlin eröffnete der Bruder später die Humboldt-Universität.

Alexander von Humboldt selbst war bekannt für seine Expeditionen in den Tropen, bereiste die Welt, und bestieg die höchsten Berge. (Mit einem Sextanten ausgerüstet, um jeden Stein, jeden Felsen, Pflanze etc. auszumessen. Kann ich mir bildlich sehr gut vorstellen).
Frau von Humboldt konnte sich mit ihren beiden Söhnen glücklich schätzen, die eine große Bereicherung waren für die Familie Humboldt.
Alexander von Humboldt zeigte schon recht früh großes botanisches Interesse und erwähnte einem Bekannten gegenüber, dass er nun wissen würde, womit er sich befassen wolle. Und zwar mit dem Leben.
Daraufhin die Reaktion des Bekannten, die mich zum Schmunzeln brachte:

Das könne er nicht billigen, (…). Man habe auf der Welt andere Aufgaben, als einfach nur da zu sein. Leben allein, das sei kein Inhalt einer Existenz.

Der große Mathematiker ging als erwachsener Mann auch keine Eheschließung und auch keine sonstige Bindungen mit Frauen ein, denn

Man heirate nur, wenn man nichts Wesentliches im Leben vorhabe.

Wenn ich zwischen diesen beiden Männern wählen müsste, Gauß oder Humboldt, so würde ich mich für Humboldt entscheiden. Er zeigte großes menschliches Verständnis und Interesse. Ich erlebte ihn beim Lesen als sehr tolerant, und als recht tierlieb.
In Neuspanien verfolgte er mit, als Menschen versteigert wurden. Humboldt kaufte drei Sklaven und entließ sie daraufhin in die Freiheit.
Sklavenhandel empfand er mit eines der widerlichsten Wissenschaften, die ein Mensch nur begehen konnte. Er war seiner Zeit schon sehr weit voraus.
Auf seinen Reisen in den Tropen bekommt er es mit nackten und bemalten Menschen zu tun.
Daraufhin trifft er einen kastilischen Adligen mit seiner Frau und Tochter. Humboldt wundert sich über seine Lebens- und Wohnart und fragt, wo er denn kein Haus habe? Dieser antwortete ihm, dass die Welt sein Haus sei.

Und nun folgt erneut eine Stelle, die mich so sehr zum Schmunzeln brachte:

Humboldt verbeugte sich vor seiner  nackten Frau und seiner nackten Tochter und wusste nicht, wo er hinsehen sollte.

Ein paar Seiten später nimmt man teil an der Verwunderung Humboldts, dass er nicht wusste, dass Frauen an so vielen Körperstellen so stark behaart seien. (grins).
Seine Erkenntnisse und Betrachtungsweisen zu den Pflanzen aus den Tropen haben mich auch sehr fasziniert und ich diesen Gedanken hier auch festhalten möchte, da ich die Pflanzen so noch gar nicht betrachtet hatte. Der Erzähler gibt diese wieder:

Pflanzen besäßen keine Innerlichkeit, nichts verstecktes, alles an ihnen sei außen. Ausgesetzt und wenig geschützt, an die Erde und deren Bedingungen gefesselt, lebten sie doch und überdauerten. Vegetation, das sei die offen liegende, die in stumme Reglosigkeit aufgefaltete Spielart des Lebens. Insekten hingegen und Tiere und Menschen seien geschützt und gepanzert. Die konstante Temperatur ihres Inneren setzen sie in Stand, wechselnde Bedingungen zu ertragen. Wer ein Tier ansehe, wissen noch nichts, während das Gewächs dem Blick sein Wesen offenbare.

Humboldt spricht von seinen Theorien als befände er sich in Meditation:

So steigerte das Leben durch Stadien wachsender Verbergung seiner Organisation, bis es jenen Sprung mache, den man getrost den weitestmöglichen nennen könne: den Blitzschlag der Vernunft. Hin zu ihm findet keine Entwicklung in Graden statt. Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei. Die größte jedoch die Idee, er stamme vom Affen ab. 

Ein Gedanke, an den ich mich gewöhnen muss, von einem Wissenschaftler zu hören, dass es ein Irrtum sei, dass der Mensch von einem Affen abstamme.
Humboldt zeigte sich optimistisch, was die Zukunft betrifft, bezogen auf die Welt, die, wenn alle Rätsel des Lebens durch die Wissenschaft gelöst wären, der kosmische Mensch Einheit und Frieden erfahren werde, frei von Ängsten, Kriegen und Ausbeutung. (Leider haben wir diesen Zustand heute, nach mehr als zweihundert Jahren, noch lange nicht erreicht).
Im nächsten Zitat wird sein Optimismus auch in der Überwindung des Todes deutlich:

Die Wissenschaft werde ein Zeitalter der Wohlfahrt herbeiführen, und wer könne wissen, ob sie nicht eines Tages sogar das Problem des Todes lösen werde.

Gefallen hat mir der Begrifft Zeitalter der Wohlfahrt, der ja so falsch gar nicht ist, allerdings trifft er mehr in Ländern zu, die weniger von Armut und Kriegen betroffen sind.

Ich wende mich nun dem Mathematiker und Astronomen Carl Friedrich Gauß zu, der 1777 in Braunschweig geboren wurde. Er war demnach acht  Jahre jünger als Alexander von Humboldt und hoffe am Schluss nochmals eine Verbindung zu beiden  Persönlichkeiten herstellen zu können.
Gauß war ein recht ehrgeiziger Schüler, wenn auch seine Leistungen nicht zu den besten zählten. Doch ein Lehrer sah ihm seine Begabungen an. Es war ausgerechnet ein Lehrer, der nicht über eine abgeschlossene  Lehrerausbildung verfügte. Doch gerade dieser Lehrer hatte ein richtiges Gespür und setze sich für den Jungen ein, ein Gymnasium zu besuchen..
Obwohl Gauß die Mathematik nicht so beherrschte wie er sollte, erkannte er aber das Prinzip und die dahinterliegende Bedeutung der Zahlen. Interessant fand ich auch die Vorstellung, dass, wann Gauß immer unter Stress stand, er sich einige Primzahlen aufsagte. Er kannte über hundert Primzahlen.
Verglichen zu Humboldt ging Gauß eine Paarverbindung ein und vermählte sich mit Johanna. Die Hochzeitsnacht glückte allerdings nicht, da der denkende Kopf sich zu sehr mit Zahlen beschäftigte. Erst benötigte Gauß viel Mühe und Anstrengung, seine Vermählte von den vielen Kleidern und Schnüren zu befreien. Ich fand die Szene so rührend, vor allem auch danach, nachdem er seine Frau aus den Kleidern herausgepellt hatte, folgte die Bettszene, dass ich auch diese unbedingt niederschreiben möchte, obwohl mich solche privaten Belange im Allgemeinen wenig interessieren, doch bei Büchern mache ich  mal eine Ausnahme:

Als er seine Hand über ihre Brust zum Bauch und dann, er entschied sich, es zu wagen, obwohl ihm war, als müsse er sich dafür entschuldigen, weiterhin abwandern ließ, tauchte die Mondscheibe bleich und geschlagen zwischen den Vorhängen auf, und er schämte sich, dass ihm ausgerechnet in diesem Moment klar wurde, wie man Messfehler der Planetenbahnen approximativ korrigieren konnte. Er hätte es gern notiert, aber jetzt kroch ihre Hand an seinem Rücken abwärts. So habe sie es sich nicht vorgestellt, sagte sie mit einer Mischung aus Schrecken und Neugier, so lebendig, als wäre ein drittes Wesen mit ihnen. Er wälzte sich auf sie, und weil er fühlte, dass sie erschrak, wartete er einen Moment, dann schlang sie ihre Beine um seinen Körper, doch er bat um Verzeihung, stand auf, stolperte zum Tisch, tauchte die Feder ein und schrieb (eine Formel), ohne Licht zu machen.

Kurze Zeit darauf gründete er eine Familie, es wurde ein Kind nach dem anderen geboren. Auch wenn er nicht gerade glücklich war mit der Familie, da, besonders der männliche Nachwuchs, nicht in Vaters Fußstapfen treten konnte. Gauß wünschte sich einen Sohn, mit dem er sich hätte wissenschaftlich austauschen können. Besonders Eugen machte ihm zu schaffen, der dichterische Fähigkeiten besaß. Dichtkunst sei keine Wissenschaft… .
Gauß ist zwar eine Größe auf seine Art, ausgestattet mit hoher Intelligenz, und doch ist er in meinen Augen nicht intelligent genug, um andere Begabungen als gleichwertig gelten zu lassen.

Ihm selbst habe Literatur ja nie viel gesagt. Bücher ohne Zahlen beunruhigten ihn. Im Theater habe er sich stets gelangweilt.

Dichter und Schriftsteller verglich Gauß eher mit Eseln, die es nie zu etwas bringen würden. Diese Leute erbten vielleicht ein wenig Geld und einen guten Namen, aber keine Intelligenz.
Als Gauß Professor wurde, stellte er so hohe Anforderungen, dass seine Studenten, mit einer einzigen Ausnahme, durch sämtliche Prüfungen durchgefallen sind.

Von allen Menschen, die er getroffen hatte, waren seine Studenten die dümmsten. Er sprach so langsam, dass er den Beginn des Satzes vergessen hatte, bevor er am Schluss war. Es nützte nichts. Er sparte alles Schwierige aus und beließ es bei den Anfangsgründen. Sie verstanden nicht. Am liebsten hätte er geweint. Er fragte sich, ob die Beschränkten ein spezielles Idiom hatten, dass man lernen konnte wie eine Fremdsprache. Er gestikuliert mit beiden Händen, zeigt auf seinen Mund und formte die Laute überdeutlich, als hätte er es mit Taubstummen zu tun.

Auch wenn dies eine trauriges Szene ist, so musste ich über diese doch in mich hinein lachen, aber mehr über den Professor Gauß, der mir wie eine lächerliche Figur vor Augen trat.
Von den menschlichen Leiden bleiben auch hohe Köpfe nicht verschont. Gauß bekommt höllische Zahnschmerzen und begibt sich in die Hände seines Barbiers, um sich den Zahn behandeln zu lassen. In der darauffolgenden Nacht nahmen die Schmerzen noch weiter zu, und Gauß stellte entsetzt fest, dass der Barbier den falschen Zahn gezogen hatte. Als Gauß sich am nächsten Morgen wieder dorthin wendete, gab der Barbier folgendes von sich:

Das komme vor, sagte der Barbier fröhlich. Schmerz strahle weit aus, aber die Natur sei klug, und der Mensch habe Zähne in Mengen (grins).

Gauß wünschte sich, hundert Jahre später geboren zu sein, denn bis dorthin wäre die Forschung schon recht fortgeschritten und man wisse, wie man Krankheiten behandeln müsse:

Zum Glück waren die Straßen frühmorgens noch leer. So sehe  niemand, wie er immer wieder stehen blieb, den Kopf gegen Hausmauern lehnte und schluchzte. Er hätte seine Seele dafür gegeben, in hundert Jahren zu leben, wenn es Mittel gegen den Schmerz geben würde und Ärzte, die diesen Namen verdienten. Dabei war es gar nicht schwer: Man brauchte bloß die Nerven am richtigen Ort zu betäuben, am besten mit kleinen Dosen von Gift. Das Curare musste besser erforscht werden!

Wie ich schon oben im Text erwähnte, kommen Gauß und Humboldt zusammen. Gemeinsam nehmen sie an einer nächtlichen Sitzung teil, die sich mit Geistheilung beschäftigt. Dem Buch ist ein ganzes Kapitel über Geister gewidmet. Man erfährt, dass Humboldt selbst schon mit Geistern Erfahrungen gemacht habe, aber man erfährt nicht, woraus sie bestanden. Humboldt zeigt sich empört darüber, wie diese Séance abgehalten wird:

Solch einem Medium gehöre das Handwerk gelegt, sagte Humboldt. So nähere man sich den Toten nicht. Ungebührlich sei es, dreist und vulgär! Er sei mit Geistern aufgewachsen und wisse, wie man sich ihnen gegenüber benehme.

Humboldt ist nicht der erste, der Geister gesehen hat, auch Goethe machte diese Erfahrung. Dennoch hätte es mich interessiert, in welcher Form Humboldt diese erlebte.
Ich komme nun zum Ende, und möchte nur noch einen Punkt einbringen, der die Verbindung zu beiden Wissenschaftlern schafft. Humboldt und Gauß, beide mittlerweile gealterte Wesen, vergleichen ihr Leben. Während der eine raus in die Welt ging, um die Welt zu messen und erfahrbar zu machen, blieb der andere drin, und stellte vom Zimmer aus seine Nachforschungen an. Beide fragen sich nun, was Wissenschaft sei, und wie man sie am besten betreibe? Dabei spiegeln sich beide gegenseitig mit versteckter Kritik ihre Lebensweise:

Projekte, schnaubte Gauß. Gerede, Pläne, Intrigen. Palaver mit den Fäusten und hundert Akademien, bis man irgendwo ein Barometer aufstellen dürfe. Das sei nicht Wissenschaft.
Ach, rief Humboldt, was sei Wissenschaft denn dann?
Ein Mann allein am Schreibtisch. Ein Blatt Papier vor sich, allenfalls noch ein Fernrohr, vor dem Fenster der klare Himmel. Wenn dieser Mann nicht aufgebe, bevor er verstehe. Das sei vielleicht Wissenschaft.
Und wenn dieser Man sich auf Reisen mache?
Gauß zuckte die Schultern. Was sich in der Ferne verstecke, in Löchern, Vulkanen oder Bergwerken, sei Zufall und unwichtig. Die Welt werde so nicht klarer.
Dieser Man am Schreibtisch, sagte Humboldt, brauche natürlich eine fürsorgliche Frau, die ihm die Füße wärme und Essen koche, sowie folgsame Kinder, die seine Instrumente putzten, und Eltern, die ihn wie ein Kind versorgten. Und ein sicheres Haus mit gutem Dach gegen den Regen. Und eine Mütze, damit ihm nie die Ohren schmerzten.

Mich hat diese Konversation auch recht amüsiert.

Humboldt reflektiert später nochmals sein Leben und tauscht sich mit einem anderen Wissenschaftler aus, so ist er es, der verglichen mit Gauß an Weisheit gewonnen hat. Dazu bringe ich nun  ein Abschlusszitat:

Fakten und Zahlen, sagte er mit unsicherer Stimme, die könnten einen vielleicht retten. Bedenke zum Beispiel, dass sie dreiundzwanzig Wochen unterwegs gewesen seien, vierzehntausendfünfhundert Werft zurückgelegt und sechshundertachtundvierzig Poststationen aufgesucht hätten und, er zögerte, zwölftausendzweihundertvierundzwanzig Pferde benutzt, so ordne sich die Wirrnis zu Begreiflichkeit, und man fasste Mut. Aber während sie die ersten Vororte Berlins vorbeiflogen und Humboldt sich vorstellte, wie Gauß eben jetzt durch ein Teleskop auf Himmelskörper sah, deren Bahnen er in einfachen Formeln fassen konnte, hätte er auf einmal nicht mehr sagen können, wer von ihnen weit herum gekommen war und wer immer zu Hause geblieben.

Natürlich gibt es noch mehr aus dem Buch zu holen, z.B. galt Humbldt als Verräter seiner Nation, da er Paris als seine Heimat begriff und nicht Berlin und auch nicht  Preußen.
Und  dass er einen stark verwilderten Hund aufgenommen hatte, den er sehr liebte, habe ich auch nicht erwähnt, u.a.m… .

Da ich dem Autor, Daniel Kehlmann, diese wunderbaren Zitate zu verdanken habe, die auch recht authentisch auf mich wirken, so gehe ich davon aus, dass Kehlmann gründlich über diese beiden Mathematikern recherchiert hat. Wie sonst hätte er ein solches Buch zu solch großen Berühmtheiten schreiben können?
Der ganze Aufbau des Buches ist ihm gut gelungen, und keineswegs trocken geschrieben, so dass auch NichtmathematikerInnen gut in das Leben dieser beiden Menschen hineinfinden können. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und kann es jedem weiter empfehlen.
Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, wie schwer es Gauß fällt, sich zu einer wissenschaftlichen Veranstaltung zu begeben, die fern von seinem Wohnort stattfinden soll.

Ich bin eine Nichtmathematikerin, nach Gauß trotz Studium eine Eselin (grins), und hätte Kehlmann das Buch nicht so interessant geschrieben, so wäre mir Gauß völlig unbekannt geblieben. Alexander von Humboldt wäre für mich nicht mehr als ein Mathematiker von vielen anderen Mathematikern. Alexander von Humboldt, der die Universität in Berlin gegründet hat. Ha, Irrtum, spätestens jetzt ist dieses Missverständnis aufgeklärt worden, wie ich oben schon auf den ersten Seiten erwähnt habe.

Alexander von Humboldt hat nun durch das Lesen dieses Buches für mich ein Gesicht erhalten.

__________________
„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 83
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 19. November 2012

Zu meinem Leben rund um meine Bücher 

Ein paar autobiografische Fakten

Ein paar Zeilen über meine Herkunft und über das Leben mit meinen Büchern 

Da dies ein privater Blog ist, stelle ich mich mit dem Vornamen vor, für die, die mich nicht persönlich kennen. Mein Name ist Mirella; ich werde oft auch mit Mira abgekürzt, beide Anreden sind o.k., da Mira sowieso die Kurzform von Mir(ell)a ist.

Ich bin gebürtige Darmstädterin, aber in Riedstadt-Goddelau habe ich meine Kindheit und Jugend zugebracht. Ich bin außerdem bilingual aufgewachsen, deutsch und italienisch, ich besitze auch zwei Pässe, aber meine dominante Sprache, die sich bei mir durchgesetzt hat, ist die deutsche, so wie auch meine Identität die deutsche ist, wenn auch tief in meinem Inneren ich mich als einen Weltmenschen begreife. Dadurch, dass ich meine Gedanken in deutscher Sprache denke, und nachts in deutscher Sprache träume, bezeichne ich mich auch unbewussst als Deutsche ... Und meine Wurzeln? Na, ganz einfach. Wenn ich mein ganzes Leben in Deutschland zugebracht habe, dann versteht sich das für mich von selbst, dass ich meine Wurzeln in Deutschland geschlagen habe. Dies führt bei kulturunreflektierten Leuten oftmals zu Irritationen, da sie noch immer im Glauben sind, die nationale Identitätsentwicklung würde genetisch gesteuert werden. Außerdem ist die Identitätsentwicklung kein abgeschlossener Prozess, ist bis zum Tod immerzu wandelbar ... Und für meine Taten, für meine Gedanken und Gefühle sind keine Gene, sondern für diese bin ich ganz alleine selbst verantwortlich.


Heimat ist da, wo man die Kindheit verbracht hat.
(Daniel Kehlmann)

Meiner bikulturellen Herkunft habe ich es jedoch zu verdanken, dass ich z.B. auch in der Literatur auf breitem, internationalem Gebiet kundig bin, was aber nicht heißen soll, dass andere Menschen, die aus einer Monokultur kommen, dazu nicht auch in der Lage wären. Aber die meisten Leute, die ich kenne, lesen hauptsächlich Bücher aus Deutschland, England, Frankreich, Amerika und aus dem hohen europäischen Norden...  Und viele andere beschränken sich hauptsächlich auf deutsche Autor*innen.


Angefangen zu lesen habe ich, wie fast jedes andere Kind auch, in meiner Grundschulzeit und ich suchte regelmäßig unsere Jugendbibliothek auf, die es in Goddelau damals noch gab. Eigentlich hatte mein Interesse zu Büchern schon im Kindergartenalter begonnen, indem ich selber kreativ mit Stift und Papier Bücher herstellte. Außerdem hatte ich die Buchstaben in dem fiktiven Buch eher erfunden, wie mir viele Jahre später meine damalige Erzieherin mitgeteilt hat. 

Ich war eine richtige Leseratte und ich verbrachte jede freie Minute mit meinen Büchern. Ich bevorzugte Bücher statt Spielgefährten. Nach Einschätzung meiner Eltern, die es wohl nur gut mit mir meinten, las ich zu viel, sodass man mir die Bücher wegnahm, um mich aus meiner Isolation zu befreien, mit der Konsequenz, dass ich nun erst recht begann, alles zu lesen, was ich nur in meine Hände kriegen konnte ... Auch Unsinniges wie z.B. Marmeladengläser. 

Aber lange konnten auch meine Eltern mein verhängtes Leseverbot nicht durchhalten ...

Wundervolle Erinnerungen habe ich auch mit Comics. Meine Geschwister und ich haben sie so geliebt. Häufig brachte unsere Mutter uns nach der Arbeit jedem von uns aus dem Schreibwarengeschäft ein Comic-Heft mit, das wir untereinander ausgewechselt haben, sodass wir in den dreifachen Genuss kamen, da wir zu dritt waren. Was für eine Gaudi. (In unserer Ortschaft gab es und gibt es noch immer keine Buchhandlung). Geprägt haben mich alle Figuren, vor allem der alte Geizhals Dagobert Duck, der seine Kopfsprünge im Geld tätigte und darin baden konnte. ich möchte alle nochmal aufschreiben, unsortiert. Mal schauen, welche Figuren mir von den wichtigsten noch kommen: Tick, Trick und Track. Goofy, Die Panzerknacker, Donald Duck, Mickey Maus, Daisy Duck. Snoopy, Fix und Foxy, Daniel Düsentrieb. Die heftigste Nummer war für mich Dagobert DuckSo wie der wollte ich z. B. nie werden. Und tatsächlich lebte ich als Kind und Jugendliche großzügig. Meine Mutter machte sich um mich Sorgen und bläute mir ein, wenn ich mein Verhalten nicht ändern würde, würde ich es nie zu Geld bringen ... Und tatsächlich, ich lebe bescheiden, Luxusgüter haben mich nie sonderlich angelockt. 


Angeblich zählt diese Art von Literatur nicht zur hohen Literatur. Für mich nicht. Sie hat mich nicht verdorben, denn ich konnte aus jeder Figur für mich Brauchbares herausziehen. 

Wer mich noch aus meiner Jugend nachhaltig geprägt und mir Weichen für mein späteres Leben gelegt hatte, das war ganz besonders der alte Klassiker von Charles Dickens.


Bildquelle: Wikipedia

Auch wenn Dickens manchmal, nun aus der Sicht einer Erwachsenen, schnulzig schreibt, liebe ich ihn wegen seiner Feinfühligkeit und dadurch wegen seiner Menschlichkeit dennoch sehr, obwohl ich mittlerweile wie aus einem beengten Kleidungsstück aus Dickens rausgewachsen bin. Ich merke, als ich jüngst seine Weihnachtsgeschichten mit meiner Lesefreundin Anne gelesen habe, dass ich nicht mehr in dieses Kleid passe und meine Euphorie dadurch deutlich nachgelassen hat. Weil die reale Welt draußen zu facettenreich ist, zu komplex .... Bei Dickens ist die Welt so geordnet. Hier die Guten und da die Bösen, und am Ende hat häufig die Gerechtigkeit gesiegt. Anders als im wirklichen Leben. 

Bildquelle: Pixabay

Aber als Kind hat er mir geholfen, mich zu orientieren. Ein Gefühl zu entwickeln für die menschlichen Nöte ... Würde das Schicksal bei mir einschlagen und mir wie ein Dämon alle Bücher rauben wollen, dieser aber dennoch so gnädig wäre, mir die Wahl zu lassen, einen Autor behalten zu dürfen, so leid wie es mir für die vielen anderen Autor*innen meiner Lieblinge ginge, es wäre aber Charles Dickens, den ich retten würde, wenn dieser Dämon tatsächlich unbesiegbar für mich wäre. Er ganz besonders hat in meiner Seele Wurzeln geschlagen. 

Charles Dickens war mein Vorbild / Kindheitsprägungen

Viele meiner Mitmenschen bezeichnen mich heute als sehr empathisch. Dies, so glaube ich, habe ich ausschließlich ihm zu verdanken, da ich meine Kindheit in einer recht kühlen Welt zugebracht hatte, wo es mir an warmen Vorbildern gefehlt hat. In der Schule gab es eine Lehrerin, die uns zu lehren versucht hatte, dass man Bettlern kein Geld geben dürfe, da sie Armut nur vortäuschen würden. Zu Hause ähnliches Bild Menschen gegenüber, die in der Gesellschaft als Versager gelten.

Meine Mutter erzählte mir, dass sie mir, als ich zehn Jahre alt war, eine kleine Tüte mit gesparten Münzen geschenkt hatte. Ich sollte raus gegangen sein, und hätte die Tüte einem Obdachlosen überreicht, worüber sie ziemlich erbost war. Schade, dass ich mich an diese Szene gar nicht erinnern kann. Nur mein Vater fand meine weiche Art toll, die ich nach außen hin häufig verborgen hielt.

Tränen sind mir gekullert, wenn ich  Dickens gelesen habe, und auch die Verfilmungen hatten mich innerlich tief berührt. 

In meiner Sammlung fehlt mir noch der Kinderklassiker Oliver Twist, mit dem nun mal bei mir mit Dickens alles begann. Ich habe mich nicht beeilt, ihn mir nachträglich anzuschaffen, da es ihn bei vielen Verlagen nachzukaufen gibt. Ein paar andere Werke konnte ich aber von meiner Jugend in mein erwachsenes Leben hinüberretten. Aber viele andere habe ich später völlig neu entdeckt.




In meinem Regal sehen meine Dickens`recht bescheiden aus. 


Demnach war mein Leben schon immer von Büchern und anderer Art von Literatur umgeben. Habe heute in der Buchhandlung Kinderbücher 
gefunden, Kinderklassiker, die jeweils haargenau dasselbe Cover tragen wie damals die Bücher zu meiner Zeit. Mein Herz ging auf und ich musste zugreifen. Zum Andenken, zum Wiedererinnern. Büchererlebnisse frühester Zeit, während es bei den ersten Buchbänden die Abbildungen sind, die Erinnerungen in mir wachrufen ... 

Mit Beginn meines Studiums der Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt Main hörte ich allerdings auf, belletristische Bücher zu lesen. Ich begann nur noch Fachbücher zu lesen, was sich auch noch nach meinem Studium fortgesetzt hatte. Diese humanwissenschaftliche Literatur aus verschiedenen Fachrichtungen wie z. B. der Psychologie, Pädagogik, Soziologie und Empirie fand ich faszinierend, die ich so schnell nicht wieder verlassen wollte. Ich war massiv wissenshungrig, war faustisch geprägt ... Erst zehn Jahre nach meinem Studium, habe ich begonnen, erneut Belletristik zu lesen. Und mittlerweile lese ich beide Formen von Literatur, wenn auch die Belletristik gerade überwiegt, da ich beruflich schon viel mit Fachliteratur eingedeckt bin.

Ich lese Bücher querbeet aus vielen Bereichen. Außer die Genres Krimi, Science Fiction und Liebesromane lasse ich aus. Ich informiere mich über ein Buch durch Literaturforen und durch Magazine und Kulturradio, aber ich befinde mich auch oft auf Entdeckungsreisen.

Habe schon an verschiedenen Literaturrätseln im Sonntagsradio erfolgreich teilgenommen, nur gewonnen habe ich bisher noch nichts. Das Los fiel immer auf einen anderen Erfolgreichen :).


Meine Lieblingsbuchhandlung ist die Bahnhofsbuchhandlung in Frankfurt/Main, die ziemlich gut sortiert ist. In Darmstadt habe ich gerne den Restseller-Laden Jokers besucht.  

Nachtrag 25.01.2021: Leider musste der Buchladen Jokers vor mehreren Jahren schließen. Das was sehr schmerzvoll für mich. 

Ich führe ein recht ruhiges und unspektakuläres Leben, zurückgezogen, wie damals in meiner Kindheit. Mein Beruf, meine Bücher, meine Katzen und das Musizieren auf meinen Flöten sind mir Abenteuer genug. Treffe mich mit ein paar wenigen Freunden und mit Familie.


Viele Grüße aus Darmstadt 

Mirella Pagnozzi


Freitag, 16. November 2012

Daniel Kehlmann / Die Vermessung der Welt

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 


Das Buch, das ich letztes Wochenende ausgelesen habe, hat mir recht gut gefallen. Leider bin ich krank geworden, so dass ich fast eine ganze Woche aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu gekommen bin, mir meine Gedanken zu dem Buch aufzuschreiben..

Das Buch liest sich recht gut, an manchen Stellen humoristisch. Erzählt wird im Wechsel über das Leben Gauß` und Humboldts, erst auf den ca. letzten einhundertfünfzig Seiten kommen beide Wissenschaftler zusammen, die sich mir als zwei Gegensätze erweisen.

Gauß, Mathematiker und Astronom, ist jemand, der der Wissenschaft den höchsten Respekt zollt, während er die Beschäftigung anderer Fakultäten für vertane Zeit hält. Er betrachtet die Welt von seiner Studierstube aus, in der er alles, was er unter die Lupe nimmt, in Zahlen und Statistiken verwandelt.
Doch dazu später mehr.

Interessant fand ich die Kindheit von den Humboldts. Alexanders Bruder, der ältere, hatte ihn nicht grad liebevoll behandelt, gewisse Handlungen grenzten schon an Mobbing.
Die Kinder waren Halbwaisen und die Mutter wandte sich bei Erziehungsfragen ausschließlich an den großen Johann Wolfgang von Goethe.

Alexander von Humboldt wurde in Berlin 1769 geboren. Zwanzig Jahre später als Goethe.
Goethe, der Multitalent, galt damals sogar auch als Erziehungsberater.

Ein Multitalent war aber auch Alexanders Bruder, der im Alter von dreizehn Jahren schon zwei Fremdsprachen beherrschte und mit siebzehn sieben. Darunter befanden sich auch Sprachen aus dem nichteuropäischen Raum. (Im Studium studierte er auch Sinologie) und war hauptsächlich der Sprachen und Dichtung zugewandt.
In Berlin eröffnete der Bruder später die Humboldt-Universität.

Alexander von Humboldt selbst war bekannt für seine Expeditionen in den Tropen, bereiste die Welt, und bestieg die höchsten Berge. (Mit einem Sextanten ausgerüstet, um jeden Stein, jeden Felsen, Pflanze etc. auszumessen. Kann ich mir bildlich sehr gut vorstellen).
Frau von Humboldt konnte sich mit ihren beiden Söhnen glücklich schätzen, die eine große Bereicherung waren für die Familie Humboldt.
Alexander von Humboldt zeigte schon recht früh großes botanisches Interesse und erwähnte einem Bekannten gegenüber, dass er nun wissen würde, womit er sich befassen wolle. Und zwar mit dem Leben.
Daraufhin die Reaktion des Bekannten, die mich zum Schmunzeln brachte:

Das könne er nicht billigen, (…). Man habe auf der Welt andere Aufgaben, als einfach nur da zu sein. Leben allein, das sei kein Inhalt einer Existenz.

Der große Mathematiker ging als erwachsener Mann auch keine Eheschließung und auch keine sonstige Bindungen mit Frauen ein, denn

Man heirate nur, wenn man nichts Wesentliches im Leben vorhabe.

Wenn ich zwischen diesen beiden Männern wählen müsste, Gauß oder Humboldt, so würde ich mich für Humboldt entscheiden. Er zeigte großes menschliches Verständnis und Interesse. Ich erlebte ihn beim Lesen als sehr tolerant, und als recht tierlieb.
In Neuspanien verfolgte er mit, als Menschen versteigert wurden. Humboldt kaufte drei Sklaven und entließ sie daraufhin in die Freiheit.
Sklavenhandel empfand er mit eines der widerlichsten Wissenschaften, die ein Mensch nur begehen konnte. Er war seiner Zeit schon sehr weit voraus.
Auf seinen Reisen in den Tropen bekommt er es mit nackten und bemalten Menschen zu tun.
Daraufhin trifft er einen kastilischen Adligen mit seiner Frau und Tochter. Humboldt wundert sich über seine Lebens- und Wohnart und fragt, wo er denn kein Haus habe? Dieser antwortete ihm, dass die Welt sein Haus sei.

Und nun folgt erneut eine Stelle, die mich so sehr zum Schmunzeln brachte:

Humboldt verbeugte sich vor seiner  nackten Frau und seiner nackten Tochter und wusste nicht, wo er hinsehen sollte.

Ein paar Seiten später nimmt man teil an der Verwunderung Humboldts, dass er nicht wusste, dass Frauen an so vielen Körperstellen so stark behaart seien. (grins).
Seine Erkenntnisse und Betrachtungsweisen zu den Pflanzen aus den Tropen haben mich auch sehr fasziniert und ich diesen Gedanken hier auch festhalten möchte, da ich die Pflanzen so noch gar nicht betrachtet hatte. Der Erzähler gibt diese wieder:

Pflanzen besäßen keine Innerlichkeit, nichts verstecktes, alles an ihnen sei außen. Ausgesetzt und wenig geschützt, an die Erde und deren Bedingungen gefesselt, lebten sie doch und überdauerten. Vegetation, das sei die offen liegende, die in stumme Reglosigkeit aufgefaltete Spielart des Lebens. Insekten hingegen und Tiere und Menschen seien geschützt und gepanzert. Die konstante Temperatur ihres Inneren setzen sie in Stand, wechselnde Bedingungen zu ertragen. Wer ein Tier ansehe, wissen noch nichts, während das Gewächs dem Blick sein Wesen offenbare.

Humboldt spricht von seinen Theorien als befände er sich in Meditation:

So steigerte das Leben durch Stadien wachsender Verbergung seiner Organisation, bis es jenen Sprung mache, den man getrost den weitestmöglichen nennen könne: den Blitzschlag der Vernunft. Hin zu ihm findet keine Entwicklung in Graden statt. Die zweitgrößte Beleidigung des Menschen sei die Sklaverei. Die größte jedoch die Idee, er stamme vom Affen ab. 

Ein Gedanke, an den ich mich gewöhnen muss, von einem Wissenschaftler zu hören, dass es ein Irrtum sei, dass der Mensch von einem Affen abstamme.
Humboldt zeigte sich optimistisch, was die Zukunft betrifft, bezogen auf die Welt, die, wenn alle Rätsel des Lebens durch die Wissenschaft gelöst wären, der kosmische Mensch Einheit und Frieden erfahren werde, frei von Ängsten, Kriegen und Ausbeutung. (Leider haben wir diesen Zustand heute, nach mehr als zweihundert Jahren, noch lange nicht erreicht).
Im nächsten Zitat wird sein Optimismus auch in der Überwindung des Todes deutlich:

Die Wissenschaft werde ein Zeitalter der Wohlfahrt herbeiführen, und wer könne wissen, ob sie nicht eines Tages sogar das Problem des Todes lösen werde.

Gefallen hat mir der Begrifft Zeitalter der Wohlfahrt, der ja so falsch gar nicht ist, allerdings trifft er mehr in Ländern zu, die weniger von Armut und Kriegen betroffen sind.

Ich wende mich nun dem Mathematiker und Astronomen Carl Friedrich Gauß zu, der 1777 in Braunschweig geboren wurde. Er war demnach acht  Jahre jünger als Alexander von Humboldt und hoffe am Schluss nochmals eine Verbindung zu beiden  Persönlichkeiten herstellen zu können.
Gauß war ein recht ehrgeiziger Schüler, wenn auch seine Leistungen nicht zu den besten zählten. Doch ein Lehrer sah ihm seine Begabungen an. Es war ausgerechnet ein Lehrer, der nicht über eine abgeschlossene  Lehrerausbildung verfügte. Doch gerade dieser Lehrer hatte ein richtiges Gespür und setze sich für den Jungen ein, ein Gymnasium zu besuchen..
Obwohl Gauß die Mathematik nicht so beherrschte wie er sollte, erkannte er aber das Prinzip und die dahinterliegende Bedeutung der Zahlen. Interessant fand ich auch die Vorstellung, dass, wann Gauß immer unter Stress stand, er sich einige Primzahlen aufsagte. Er kannte über hundert Primzahlen.
Verglichen zu Humboldt ging Gauß eine Paarverbindung ein und vermählte sich mit Johanna. Die Hochzeitsnacht glückte allerdings nicht, da der denkende Kopf sich zu sehr mit Zahlen beschäftigte. Erst benötigte Gauß viel Mühe und Anstrengung, seine Vermählte von den vielen Kleidern und Schnüren zu befreien. Ich fand die Szene so rührend, vor allem auch danach, nachdem er seine Frau aus den Kleidern herausgepellt hatte, folgte die Bettszene, dass ich auch diese unbedingt niederschreiben möchte, obwohl mich solche privaten Belange im Allgemeinen wenig interessieren, doch bei Büchern mache ich  mal eine Ausnahme:

Als er seine Hand über ihre Brust zum Bauch und dann, er entschied sich, es zu wagen, obwohl ihm war, als müsse er sich dafür entschuldigen, weiterhin abwandern ließ, tauchte die Mondscheibe bleich und geschlagen zwischen den Vorhängen auf, und er schämte sich, dass ihm ausgerechnet in diesem Moment klar wurde, wie man Messfehler der Planetenbahnen approximativ korrigieren konnte. Er hätte es gern notiert, aber jetzt kroch ihre Hand an seinem Rücken abwärts. So habe sie es sich nicht vorgestellt, sagte sie mit einer Mischung aus Schrecken und Neugier, so lebendig, als wäre ein drittes Wesen mit ihnen. Er wälzte sich auf sie, und weil er fühlte, dass sie erschrak, wartete er einen Moment, dann schlang sie ihre Beine um seinen Körper, doch er bat um Verzeihung, stand auf, stolperte zum Tisch, tauchte die Feder ein und schrieb (eine Formel), ohne Licht zu machen.

Kurze Zeit darauf gründete er eine Familie, es wurde ein Kind nach dem anderen geboren. Auch wenn er nicht gerade glücklich war mit der Familie, da, besonders der männliche Nachwuchs, nicht in Vaters Fußstapfen treten konnte. Gauß wünschte sich einen Sohn, mit dem er sich hätte wissenschaftlich austauschen können. Besonders Eugen machte ihm zu schaffen, der dichterische Fähigkeiten besaß. Dichtkunst sei keine Wissenschaft… .
Gauß ist zwar eine Größe auf seine Art, ausgestattet mit hoher Intelligenz, und doch ist er in meinen Augen nicht intelligent genug, um andere Begabungen als gleichwertig gelten zu lassen.

Ihm selbst habe Literatur ja nie viel gesagt. Bücher ohne Zahlen beunruhigten ihn. Im Theater habe er sich stets gelangweilt.

Dichter und Schriftsteller verglich Gauß eher mit Eseln, die es nie zu etwas bringen würden. Diese Leute erbten vielleicht ein wenig Geld und einen guten Namen, aber keine Intelligenz.
Als Gauß Professor wurde, stellte er so hohe Anforderungen, dass seine Studenten, mit einer einzigen Ausnahme, durch sämtliche Prüfungen durchgefallen sind.

Von allen Menschen, die er getroffen hatte, waren seine Studenten die dümmsten. Er sprach so langsam, dass er den Beginn des Satzes vergessen hatte, bevor er am Schluss war. Es nützte nichts. Er sparte alles Schwierige aus und beließ es bei den Anfangsgründen. Sie verstanden nicht. Am liebsten hätte er geweint. Er fragte sich, ob die Beschränkten ein spezielles Idiom hatten, dass man lernen konnte wie eine Fremdsprache. Er gestikuliert mit beiden Händen, zeigt auf seinen Mund und formte die Laute überdeutlich, als hätte er es mit Taubstummen zu tun.

Auch wenn dies eine trauriges Szene ist, so musste ich über diese doch in mich hinein lachen, aber mehr über den Professor Gauß, der mir wie eine lächerliche Figur vor Augen trat.
Von den menschlichen Leiden bleiben auch hohe Köpfe nicht verschont. Gauß bekommt höllische Zahnschmerzen und begibt sich in die Hände seines Barbiers, um sich den Zahn behandeln zu lassen. In der darauffolgenden Nacht nahmen die Schmerzen noch weiter zu, und Gauß stellte entsetzt fest, dass der Barbier den falschen Zahn gezogen hatte. Als Gauß sich am nächsten Morgen wieder dorthin wendete, gab der Barbier folgendes von sich:

Das komme vor, sagte der Barbier fröhlich. Schmerz strahle weit aus, aber die Natur sei klug, und der Mensch habe Zähne in Mengen (grins).

Gauß wünschte sich, hundert Jahre später geboren zu sein, denn bis dorthin wäre die Forschung schon recht fortgeschritten und man wisse, wie man Krankheiten behandeln müsse:

Zum Glück waren die Straßen frühmorgens noch leer. So sehe  niemand, wie er immer wieder stehen blieb, den Kopf gegen Hausmauern lehnte und schluchzte. Er hätte seine Seele dafür gegeben, in hundert Jahren zu leben, wenn es Mittel gegen den Schmerz geben würde und Ärzte, die diesen Namen verdienten. Dabei war es gar nicht schwer: Man brauchte bloß die Nerven am richtigen Ort zu betäuben, am besten mit kleinen Dosen von Gift. Das Curare musste besser erforscht werden!

Wie ich schon oben im Text erwähnte, kommen Gauß und Humboldt zusammen. Gemeinsam nehmen sie an einer nächtlichen Sitzung teil, die sich mit Geistheilung beschäftigt. Dem Buch ist ein ganzes Kapitel über Geister gewidmet. Man erfährt, dass Humboldt selbst schon mit Geistern Erfahrungen gemacht habe, aber man erfährt nicht, woraus sie bestanden. Humboldt zeigt sich empört darüber, wie diese Séance abgehalten wird:

Solch einem Medium gehöre das Handwerk gelegt, sagte Humboldt. So nähere man sich den Toten nicht. Ungebührlich sei es, dreist und vulgär! Er sei mit Geistern aufgewachsen und wisse, wie man sich ihnen gegenüber benehme.

Humboldt ist nicht der erste, der Geister gesehen hat, auch Goethe machte diese Erfahrung. Dennoch hätte es mich interessiert, in welcher Form Humboldt diese erlebte.
Ich komme nun zum Ende, und möchte nur noch einen Punkt einbringen, der die Verbindung zu beiden Wissenschaftlern schafft. Humboldt und Gauß, beide mittlerweile gealterte Wesen, vergleichen ihr Leben. Während der eine raus in die Welt ging, um die Welt zu messen und erfahrbar zu machen, blieb der andere drin, und stellte vom Zimmer aus seine Nachforschungen an. Beide fragen sich nun, was Wissenschaft sei, und wie man sie am besten betreibe? Dabei spiegeln sich beide gegenseitig mit versteckter Kritik ihre Lebensweise:

Projekte, schnaubte Gauß. Gerede, Pläne, Intrigen. Palaver mit den Fäusten und hundert Akademien, bis man irgendwo ein Barometer aufstellen dürfe. Das sei nicht Wissenschaft.
Ach, rief Humboldt, was sei Wissenschaft denn dann?
Ein Mann allein am Schreibtisch. Ein Blatt Papier vor sich, allenfalls noch ein Fernrohr, vor dem Fenster der klare Himmel. Wenn dieser Mann nicht aufgebe, bevor er verstehe. Das sei vielleicht Wissenschaft.
Und wenn dieser Man sich auf Reisen mache?
Gauß zuckte die Schultern. Was sich in der Ferne verstecke, in Löchern, Vulkanen oder Bergwerken, sei Zufall und unwichtig. Die Welt werde so nicht klarer.
Dieser Man am Schreibtisch, sagte Humboldt, brauche natürlich eine fürsorgliche Frau, die ihm die Füße wärme und Essen koche, sowie folgsame Kinder, die seine Instrumente putzten, und Eltern, die ihn wie ein Kind versorgten. Und ein sicheres Haus mit gutem Dach gegen den Regen. Und eine Mütze, damit ihm nie die Ohren schmerzten.

Mich hat diese Konversation auch recht amüsiert.

Humboldt reflektiert später nochmals sein Leben und tauscht sich mit einem anderen Wissenschaftler aus, so ist er es, der verglichen mit Gauß an Weisheit gewonnen hat. Dazu bringe ich nun  ein Abschlusszitat:

Fakten und Zahlen, sagte er mit unsicherer Stimme, die könnten einen vielleicht retten. Bedenke zum Beispiel, dass sie dreiundzwanzig Wochen unterwegs gewesen seien, vierzehntausendfünfhundert Werft zurückgelegt und sechshundertachtundvierzig Poststationen aufgesucht hätten und, er zögerte, zwölftausendzweihundertvierundzwanzig Pferde benutzt, so ordne sich die Wirrnis zu Begreiflichkeit, und man fasste Mut. Aber während sie die ersten Vororte Berlins vorbeiflogen und Humboldt sich vorstellte, wie Gauß eben jetzt durch ein Teleskop auf Himmelskörper sah, deren Bahnen er in einfachen Formeln fassen konnte, hätte er auf einmal nicht mehr sagen können, wer von ihnen weit herum gekommen war und wer immer zu Hause geblieben.

Natürlich gibt es noch mehr aus dem Buch zu holen, z.B. galt Humbldt als Verräter seiner Nation, da er Paris als seine Heimat begriff und nicht Berlin und auch nicht  Preußen.
Und  dass er einen stark verwilderten Hund aufgenommen hatte, den er sehr liebte, habe ich auch nicht erwähnt, u.a.m… .

Da ich dem Autor, Daniel Kehlmann, diese wunderbaren Zitate zu verdanken habe, die auch recht authentisch auf mich wirken, so gehe ich davon aus, dass Kehlmann gründlich über diese beiden Mathematikern recherchiert hat. Wie sonst hätte er ein solches Buch zu solch großen Berühmtheiten schreiben können?
Der ganze Aufbau des Buches ist ihm gut gelungen, und keineswegs trocken geschrieben, so dass auch NichtmathematikerInnen gut in das Leben dieser beiden Menschen hineinfinden können. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und kann es jedem weiter empfehlen.
Schon auf den ersten Seiten wird deutlich, wie schwer es Gauß fällt, sich zu einer wissenschaftlichen Veranstaltung zu begeben, die fern von seinem Wohnort stattfinden soll.

Ich bin eine Nichtmathematikerin, nach Gauß trotz Studium eine Eselin (grins), und hätte Kehlmann das Buch nicht so interessant geschrieben, so wäre mir Gauß völlig unbekannt geblieben. Alexander von Humboldt wäre für mich nicht mehr als ein Mathematiker von vielen anderen Mathematikern. Alexander von Humboldt, der die Universität in Berlin gegründet hat. Ha, Irrtum, spätestens jetzt ist dieses Missverständnis aufgeklärt worden, wie ich oben schon auf den ersten Seiten erwähnt habe.

Alexander von Humboldt hat nun durch das Lesen dieses Buches für mich ein Gesicht erhalten.

__________________
„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 83
Gelesene Bücher 2011: 86

Donnerstag, 15. November 2012

Javier Mariás / Die Reise über den Horizont (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Der literarische Ausdrucksstil hat mich durchaus befriedigt, so dass ich für mich sagen kann, dass der Autor gute Literatur schreibt. 

Was den Inhalt betrifft, so denke ich, da können wohl Männer besser mitreden als ich als Frau, denn in dem Buch treten Frauen eher als Nebenfiguren auf.

Der Roman spricht von einer Expedition auf dem Meer. Es wird eine geschlossene Gesellschaft gegründet, um auf einem großen Seegelschiff eine gemeinsame Reise zu starten, mehr in Richtung Abenteuer. Es finden sich hauptsächlich Künstler ein, ein Romancier, ein Pianist, eine Cellistin etc. Auf dem Schiff kommt es zu größereren Auseinandersetzungen, wo sich zwei Männer duellieren, nur weil der eine, namens Victor Arledge - der Romancier, einen Mitreisenden, den Dichter Mr. Meffre, höflich gebeten hatte, seinen Platz für ihn und seine Leute freizumachen, weil das, was er mit seinen Bekannten zu bereden habe, nicht für alle Ohren bestimmt sei. Der Dichter dachte nicht daran, ihnen seinen Platz zur Verfügung zu stellen. Zum einen, weil er neugierig auf dem Gesprächsinhalt war und zum anderen, weil an der Gesprächsgruppe eine Frau beteiligt war, für die er stilles Interesse empfand. Nun kam es zu keiner Einigung zwischen diesen beiden Männern. Nun, wie wurde das Problem gelöst? Sie duellierten sich, zumal noch Mr. Meffre wusste, dass Arledge ein Meister in der Anwendung von Pistolen sei. Obwohl eine Frau zu schlichten versuchte, ließen sich diese beiden Pseudohelden von ihrem Vorhaben nicht abbringen. 

Und auch hier, bei diesem Duell, bewies unser Meister sein Können. Der Dichter verlor, wurde getötet. Doch sein Sterben wurde eher als harmlos berichtet, in der Form, dass der Getötete gar keine Zeit mehr hatte, zu begreifen, dass er an der Stirn getroffen wurde. Dadurch wurde dieser Mord auch irgendwie bagatellisiert. Ist es wert, sein Leben zu opfern, nur weil niemand von den beiden Herren nachgeben konnte? 

Was mich aber an dieser Szene noch beschäftigt hatte, ist, als der Leichnam quasi ins Meer geworfen wurde und man eine menschliche Existenz so einfach auflösen konnte. Kaum befand sich der Getötete noch auf dem Schiff in der Gesellschaft von Menschen, so verschwand er in den Tiefen der Meere und ward nicht mehr gesehen. Ein Leben wurde so schnell ausgelöscht und ebenso schnell aus dem Blickfeld beseitigt. Auch für mich so sehr absurd... .

In dem Buch gibt es noch andere merkwürdige Figuren: Ein Betrunkener, Mr. Kerrigan, stolpert über einen Liegestuhl, auf dem eine Cellistin saß, und warf die Frau um. Kerrigan reagierte wutentbrannt, nachdem er sich von seinem Sturz wieder erhoben hatte, griff der Cellistin um die Hüfte und warf sie über Bord.

Gibt es diese Szenen wirklich, oder hat der Autor auch hier viel zu dick aufgetragen, um seinem Spannung zu verleihen? Mich hat diese Art von gekünstelter Spannung eher gelangweilt.

Mr. Kerrigan ist eigentlich die Hauptfigur dieses Romans. Ein reicher Mann um die vierzig, der seinen Reichtum allerdings nicht durch Fleiss und Arbeit erworben hatte, sondern durch Betrügereien... . Dass es solche Subjekte gibt, das wage ich nicht zu bezweifeln, und trotzdem stimmten mich gewisse Szenen einfach kritisch. 

Hier mache ich nun Schluss. Ich gebe mich mit diesen zwei Szenen zufrieden. Mich hat irgendwie keine Figur wirklich fasziniert oder mir gar imponiert... .

Normal finde ich in Büchern immer gewisse Helden, die mir als Vorbild dienen. Hier befand sich niemand darunter. 

__________________________
„Musik ist eine Weltsprache“ 
            (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 82
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 12. November 2012

Javier Marías / Die Reise über den Horizont



 Verlag Klett - Cotta
Jubiläumsausgabe 2002
204 Seiten
ISBN: 978-3-608-93239-3
18,00 €

Ist ein Restseller und war bei Jokers  für nur 4,99 € zu erwerben.

Klappentext

Wie die großen Abenteuerromane des ausgehenden 19. Jahrhunderts, als deren Hommage »Die Reise über den Horizont« zu verstehen ist, hat auch dieser Roman als roten Faden die Geschichte einer Expedition: Kapitän Kerrigan, ein exzentrischer Millionär, keineswegs ein »unbeschriebenes Blatt«, stellt eine Antarktis-Expedition zusammen, an der Wissenschaftler und Schriftsteller teilnehmen sollen.



Autorenportrait

Javier Marías, 1951 in Madrid geboren, hat bisher zehn Romane, zwei Erzählbände und mehrere Sammelbände mit Essays und Zeitungsartikeln veröffentlicht. Seine Romane wurden in 34 Sprachen übersetzt, erscheinen in 44 Ländern und wurden mit vielen Preisen ausgezeichnet: »Mein Herz so weiß« mit dem Spanischen Kritikerpreis und dem IMPAC Dublin Literary Award; »Morgen in der Schlacht denk an mich« mit dem Rómulo-Gallegos-Literaturpreis, dem Prix Femina étranger und dem Mondello-Preis. Für sein Gesamtwerk wurde er mit dem Nelly-Sachs-Preis geehrt. Weltweit wurden seine Bücher mehr als fünf Millionen mal verkauft.

Mir ist der Autor noch unbekannt. Ich habe gestern mit dem Probelesen begonnen, und mittlerweile bin gut in im Geschehen drin.

Mich hat das Cover eigentlich angesprochen, da ich das Meer liebe. Ich liebe das Meer aber nur als Beobachterin, nicht mitten drin, sondern neben dran und ein wenig auf Distanz. Mich berühren so merkwürdige Phantasien, dass das Meer mich mit seinem ganzen Fleisch verschlingen könnte. Ja, das fleischliche Meer, ihr habt schon richtig gelesen, es ist kein Ausdrucksfehler.


Sonntag, 11. November 2012

John Ronald Reuel Tolkien / Der Hobbit (1)

Eine kurze Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Selten habe ich ein Buch gelesen und ich dabei nur wenig Text markiert habe, von daher werde ich hier in dieser Buchbesprechung kaum Zitate einfügen.



Und es ist nicht annähernd so gut wie die Trilogie Der Herr der Ringe, wobei ich die Bücher noch lesen muss, kenne nur die Verfilmung. In dem obigen Buch fehlt mir hier ein wenig die Weisheit, oder aber die Übersetzung ist nicht so gut gelungen.   

Ich werde mir trotzdem den Film anschauen, der ab dem 14. Dezember in den deutschen Kinos anlaufen wird, erwarte aber nicht die selbe Größe wie Herr der Ringe... .

Am Anfang des Buches konnte ich mich total gut in den armen kleinen Hobbit Bilbo Beutlin hineinversetzen. Bilbo Beutlin genießt sein Leben in seinem Häuschen knapp unter der Erde. Er liebt die Sicherheit und seinen regelmäßigen Lebensrhythmus. Er liebt sein Heim und die Natur, von der er umgeben ist. Nun kommt Gandalf, der Zauberer und bringt Bilbos Leben total durcheinander. Zusammen mit dreizehn Zwergen ist er dazu prädestiniert, sich auf lange, weite Reisen zu begeben, den Einsamen Berg aufzusuchen, und dem dort lebenden Drachen die Schätze wegzunehmen. Der arme Bilbo, dem alles andere als recht ist, sein gemütliches Domizil zu verlassen und sein Leben zu riskieren, mitten im Herbst bei Sturm und Wetter. Während ich im Warmen gesessen habe und mit den Gefährten nur geistig mitgelaufen bin, hoch oben auf einem Berg, wo es verregnet und bitterkalt ist, und ich Zeuge wurde, als sich der arme Bilbo Beutlin so sehr nach seinem warmen, und gemütlichen Zuhause sehnte. Die Kälte, unter der sie alle litten, durchlief auch durch meine Knochen, mich hat es echt gefroren, *brrrrrrr*. Die Gefährten waren von dem kalten Regen völlig durchnässt und ich benötigte in meiner Lesestube noch zusätzlich eine warme Decke.

Irgendwie ähneln sich die Geschichten alle sehr, weisen alle irgendwie dasselbe Muster auf. Man weiß eigentlich schon recht bald, wie das Buch ausgehen wird und man kann auch recht bald den Zauberer Gandalf einschätzen- Ich wusste nach ein paar Seiten schon, dass Gandalf die Reisegruppe vorübergehend verlassen wird, was in der Trilogie auch der Fall war, denn die Abenteurer müssen auch hier Lebensprüfungen bestehen, damit sie am Ende gereift aus ihren Abenteuern nach Hause zurückkehren können. 

Es geht auch hier wieder um viele Prüfungen, Gut und Böse, die Überwindung des Bösen. Und dass dies gelingt, weiß man auch recht schnell. Und es sollen nicht irgendwelche Gefährten sein, sondern die, die Gandalf auserwählt hat. Die Zwerge mochten erst den Beutlin nicht, hielten ihn für die Abenteuer als recht ungeeignet, doch Gandalf gab Widerpart, dass nur er wissen könne, wer sich für diese sonderbare Reise eignen würde. 

Eigentlich blieben die Zwerge bis zum Schluss Bilbo gegenüber misstrauisch, und Bilbo musste sich immer wieder anstrengen, sich unter Beweis stellen, damit ihr Urteil sich nicht bestätigen würde.

Bilbo Beutlin wurde von Gandalf zum Reiseführer ernannt. Es gab drei Kriterien,  die nur er erfüllte: Glück, ein wenig Verstand und Güte. Desweiteren galt Beutlin als Meister im Stehlen.

Das Stehlen galt hier als eine hohe Tugend und man erfährt erst später den Grund. Ich verrate ihn nicht. 

Der Drache hütete den Schatz, obwohl er nichts mit ihm anfangen konnte. Er wurde den Hobbits einst mal gestohlen und sollte wieder zurückerobert werden. 

Ein Zitat möchte ich doch noch einbringen: 
Es gibt Menschen, die mehr Geld besitzen als sie brauchen.
In dem Buch wurde der Wunsch geäußert, dass mit dem Überfluss mehr für die Bedürftigen getan werden sollte. In dem Buch tauchen immer wieder Stellen auf, dass Gold nicht essbar sei:
Wie wollt ihr euch ernähren ohne die Freundschaft und das Wohlwollen eurer Nachbarn? 
Obwohl Bilbo Beutlin seine Prüfungen mit Erfolg bewältigt hat, träumte er bis zum Ende seiner Abenteuer immer wieder von seinem trauten Heim.

Ich konnte mir so gut vorstellen, wie schwer es ihm gefallen ist, sich den Abenteurern anzuschließen. Ein gewisses Schicksal, dem er sich nicht widersetzen konnte, dafür achtete schon Gandalf.

In dem Buch erfährt man auch, wie Beutlin zu dem goldenen Ring kam. Der Ring, den in den späteren Bänden Frodo übergeben wurde. Ein Wiedersehen mit Gollum.

So, ich mache jetzt hier Schluss. Möchte nicht noch mehr verraten. Wer mehr erfahren möchte, sollte das Buch selbst lesen oder auf den Kinofilm warten. 


Mir hat das Buch, trotz des geringen Anspruchs, gut getan, mal in ganz andere Gefilden von Welt abzutauchen. Obwohl Fantasiebücher nicht meine bevorzugten Genres sind.
__________________
„Musik ist eine Weltsprache“
        (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 81
Gelesene Bücher 2011: 86







Mittwoch, 7. November 2012

John Ronald Reuel Tolkien / Der Hobbit



Klett-Cotta Verlag

Hobbit Presse

Vierte Auflage, 2012

396 Seiten

ISBN: 978-3-608-93800-5

Klappentext


Ohne große Ansprüche lebt Bilbo Beutlin im Auenland, bis er von dem Zauberer Gandalf und einer Horde Zwerge aus seiner Beschaulichkeit und seinem gemütlichen Alltag gerissen wird. Auf einmal findet er sich mitten in einem Abenteuer wieder, das ihn zu dem riesigen und gefährlichen Drachen Smaug führt, der einen kostbaren Schatz in seinen Besitz gebracht hat und eifersüchtig hütet ... Mit 26 Farbtafeln und 38 Schwarzweißzeichnungen des bekannten Tolkienkünstlers Alan Lee, der für den Herr-der-Ringe-Film maßgeblich die Visualisierung von Tolkiens Welt und Figuren gestaltet hat.

Autorenportrait

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein (Südafrika) geboren und wuchs in England auf. Von 1925 an war er Professor für englische Philologie in Oxford und erwarb sich schon bald großes Ansehen als einer der angesehensten Philologen weit über die Grenzen Englands hinaus. Seine besondere Vorliebe galt den alten nordischen Sprachen.
Seine weltbekannten Bücher »Der Hobbit«, »Der Herr der Ringe«, »Das Silmarillion« haben die Fantasyliteratur entscheidend geprägt und wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Millionen von Lesern werden seither von den Ereignissen in Mittelerde in Atem gehalten. J. R. R. Tolkien starb 1973 in Bournemouth.

Ich habe zwei verschiedene Ausgaben, eine vom dtv-Verlag (Der kleine Hobbit)  und diese vom Klettverlag. Die vom Klettverlag hatte ich erst später entdeckt, die viel schöner ist als die vom dtv. Sie war auch um einiges teurer, dafür jede Menge schöne Illustrationen.
Heute habe ich mir dann zusätzlich die Trilogie Herr der Ringe gekauft. Die Verfilmung dazu habe ich mir mehrmals angeschaut, da ich sehr von dem Inhalt angetan war. Ich bin nicht sicher, ob ich das Buch durchhalten werde wegen der vielen brutalen Kämpfe. Aber die Kämpfe haben alle eine starke symbolische Bedeutung, und sind deshalb nicht einfach nur sinnlose Kämpfe, ein sinnloses Hinmorden ohne Ende.

Ich habe gestern Abend damit begonnen und bin neugierig, ob ich die vielen Abenteuer durchhalte. Ich bin ein wenig wie Bilbo Beutlin, der auch eine enorme Angst davor hat, doch ausgerechnet Bilbo Beutlin wird auserwählt, an dem Abenteuer teilzunehmen und muss sich den dreizehn Zwergen anschließen. Der arme Hobbit, der lieber zu Hause im Gemütlichen und in Sicherheit sitzt. Eigentlich ist er ja zufrieden mit seinem kleinen Leben, und nun erscheint dieser unverschämte Zauberer Gandalf und hetzt ihm diese dreizehn Zwerge auf den Hals. Die dreizehn Zwerge können nur dann die Abenteuerreise antreten, wenn sie ein letztes Mitglied gefunden haben. Dieses Mitglied muss die Diebeskunst beherrschen, was Bilbo Beutlin auszeichnet :mrgreen:, denn er gilt als der Meister der Diebe. Hier, in dieser Welt, scheint ja das Stehlen eine wertschätzende Tugend zu sein... . 

Die Reise geht auf einen einsamen Berg und Die Reisetruppe muss einen Drachen bezingeln, der umgeben ist von wichtigen und den Zwergen gestohlenen Schätzen, den der Drache freiwillig nicht herausgeben möchte, obwohl er mit den Schätzen rein gar nichts anfangen kann, eigentlich ohne jeglichen Wert für ihn ist. 

Man ahnt schon, dass sowohl die Zwerge als auch Bilbo Beutlin eine wichtige Lebensprüfung zu bestehen haben, aber wohl mehr Bilbo Beutlin... 




Fabio Geda / Emils wundersame Reise (1)

Selten kommt es vor, dass ich keine Lust habe, den Inhalt eines Buches zu besprechen. Selten, aber es kommt vor. Fabio Geda hat mich mit seinem Buch alles andere als inspiriert.

Ich gehe mal davon aus, dass es ein Jugendbuch ist, ist aber als solches nicht deklariert. Ich lese Jugendbücher nur gerne, wenn sie auch wirklich gut geschrieben, und die Themen nicht all zu unreif wirken. 


Gefallen hat mir, als Emils Großvater ihm Briefe aus Deutschland, Berlin, mit verdrehten Buchstaben geschrieben hat. Er hat herausgefunden, dass, wenn an einem Wort der Anfangs-  und der Endbuchstabe richtig sind, so kann man ruhig die restlichen Buchstaben vertauschen, ohne dass der Sinn verloren geht. Die Wörter lassen sich flüssig runter lesen. Und das stimmt auch.


Ich bruhcae mcih nchit mher um lstäige Behcutsenbrhaerdhr zu kmmüren... . 

So, das war das einzige, das mir gefallen hat. Deshalb verweise ich auf den Klappentext, s. Post. weiter unten im Blog, Buchvorstellung, wer mehr wissen möchte.


 ___________________________


„Musik ist eine Weltsprache“
            (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 80
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 5. November 2012

Fabio Geda / Emils wunderbare Reise



DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 256 Seiten,

ISBN: 978-3-8135-0487-3

€ 17,99  





Klappentext


Quer durch Europa – dem eigenen Glück entgegenEmil ist erst 13 und hat doch schon mehr gesehen, als ein Kind je sehen sollte. Ohne Papiere hat er sich mit seinem Vater von Rumänien bis nach Italien durchgeschlagen. Doch als der ausgewiesen wird, ist Emil ganz auf sich allein gestellt. Seine einzige Hoffnung: Er muss seinen Großvater finden, den er nur aus Briefen kennt und der mit seiner Artistentruppe in Berlin gastiert. Mit einer Gruppe Jugendlicher – alle schräge Außenseiter wie er selbst – macht er sich auf die abenteuerliche Reise. Sie führt ihn quer durch Europa, immer ein Stück dem eigenen Glück entgegen.

Autorenportrait

Fabio Geda, 1972 in Turin geboren, arbeitete viele Jahre mit Jugendlichen und schrieb für Zeitungen. Bereits sein erster Roman „Emils wundersame Reise“ war in Italien ein Überraschungserfolg; das Buch „Im Meer schwimmen Krokodile“ brachte ihm auch international den Durchbruch.
 „Ich wollte einen Abenteuerroman schreiben, so etwas wie Huckleberry Finn. Eine optimistische Geschichte, denn trotz aller widrigen Umstände schafft Emil es am Ende. Er ist der Typ Junge, den sich jeder Erzieher wünscht.“

Das Buch habe ich durch Zufall entdeckt. In einer Buchhandlung. Nun ist es aber Anne zu verdanken, die das Buch auf meine kleine SuB-Liste gesetzt hat, und ich nun das Buch lesen werde.

Der Autor selber ist mir unbekannt. Die ersten fünfzig Seiten lesen sich recht locker, glaube aber nicht, dass er eine Chance hat, ihn zu meinen Favoriten einzureihen. Oftmals sind mir seine Beschreibungen zu Menschen aus den verschiedenen Ländern zu einseitig. Überall auf der Welt sind Menschen verschieden, im Aussehen und im Charakter. Ein gutes Buch sollte dies berücksichtigen, was der Autor leider nicht tut. Gerade ein Autor / eine Autorin sollte darin vorbildlich sein.