Da dies ein privater Blog ist, stelle ich mich mit dem Vornamen vor, für die, die mich nicht persönlich kennen. Mein Name ist Mirella; ich werde oft auch mit Mira abgekürzt, beide Anreden sind o.k., da Mira sowieso die Kurzform von Mir(ell)a ist.
Ich bin gebürtige Darmstädterin, aber in Riedstadt-Goddelau habe ich meine Kindheit und Jugend zugebracht. Ich bin außerdem bilingual aufgewachsen, deutsch und italienisch, ich besitze auch zwei Pässe, aber meine dominante Sprache, die sich bei mir durchgesetzt hat, ist die deutsche, so wie auch meine Identität die deutsche ist, wenn auch tief in meinem Inneren ich mich als einen Weltmenschen begreife. Dadurch, dass ich meine Gedanken in deutscher Sprache denke, und nachts in deutscher Sprache träume, bezeichne ich mich auch unbewussst als Deutsche ... Und meine Wurzeln? Na, ganz einfach. Wenn ich mein ganzes Leben in Deutschland zugebracht habe, dann versteht sich das für mich von selbst, dass ich meine Wurzeln in Deutschland geschlagen habe. Dies führt bei kulturunreflektierten Leuten oftmals zu Irritationen, da sie noch immer im Glauben sind, die nationale Identitätsentwicklung würde genetisch gesteuert werden. Außerdem ist die Identitätsentwicklung kein abgeschlossener Prozess, ist bis zum Tod immerzu wandelbar ... Und für meine Taten, für meine Gedanken und Gefühle sind keine Gene, sondern für diese bin ich ganz alleine selbst verantwortlich.
Meiner bikulturellen Herkunft habe ich es jedoch zu verdanken, dass ich z.B. auch in der Literatur auf breitem, internationalem Gebiet kundig bin, was aber nicht heißen soll, dass andere Menschen, die aus einer Monokultur kommen, dazu nicht auch in der Lage wären. Aber die meisten Leute, die ich kenne, lesen hauptsächlich Bücher aus Deutschland, England, Frankreich, Amerika und aus dem hohen europäischen Norden... Und viele andere beschränken sich hauptsächlich auf deutsche Autor*innen.
Angefangen zu lesen habe ich, wie fast jedes andere Kind auch, in meiner Grundschulzeit und ich suchte regelmäßig unsere Jugendbibliothek auf, die es in Goddelau damals noch gab. Eigentlich hatte mein Interesse zu Büchern schon im Kindergartenalter begonnen, indem ich selber kreativ mit Stift und Papier Bücher herstellte. Außerdem hatte ich die Buchstaben in dem fiktiven Buch eher erfunden, wie mir viele Jahre später meine damalige Erzieherin mitgeteilt hat.
Ich war eine richtige Leseratte und ich verbrachte jede freie Minute mit meinen Büchern. Ich bevorzugte Bücher statt Spielgefährten. Nach Einschätzung meiner Eltern, die es wohl nur gut mit mir meinten, las ich zu viel, sodass man mir die Bücher wegnahm, um mich aus meiner Isolation zu befreien, mit der Konsequenz, dass ich nun erst recht begann, alles zu lesen, was ich nur in meine Hände kriegen konnte ... Auch Unsinniges wie z.B. Marmeladengläser.
Auch wenn Dickens manchmal, nun aus der Sicht einer Erwachsenen, schnulzig schreibt, liebe ich ihn wegen seiner Feinfühligkeit und dadurch wegen seiner Menschlichkeit dennoch sehr, obwohl ich mittlerweile wie aus einem beengten Kleidungsstück aus Dickens rausgewachsen bin. Ich merke, als ich jüngst seine Weihnachtsgeschichten mit meiner Lesefreundin Anne gelesen habe, dass ich nicht mehr in dieses Kleid passe und meine Euphorie dadurch deutlich nachgelassen hat. Weil die reale Welt draußen zu facettenreich ist, zu komplex .... Bei Dickens ist die Welt so geordnet. Hier die Guten und da die Bösen, und am Ende hat häufig die Gerechtigkeit gesiegt. Anders als im wirklichen Leben.
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Aber als Kind hat er mir geholfen, mich zu orientieren. Ein Gefühl zu entwickeln für die menschlichen Nöte ... Würde das Schicksal bei mir einschlagen und mir wie ein Dämon alle Bücher rauben wollen, dieser aber dennoch so gnädig wäre, mir die Wahl zu lassen, einen einzigen Autor wenigstens behalten zu dürfen, so leid wie es mir für die vielen anderen Autor*innen meiner Lieblinge ginge, es wäre aber Charles Dickens, den ich retten würde, wenn dieser Dämon tatsächlich unbesiegbar für mich wäre. Er ganz besonders hat in meiner Seele Wurzeln geschlagen.
Charles Dickens war mein Vorbild / Kindheitsprägungen
Viele meiner Mitmenschen bezeichnen mich heute als sehr emphatisch. Dies habe ich ausschließlich ihm zu verdanken, da ich meine Kindheit in einer recht kühlen Welt zugebracht hatte, wo es mir an warmen Vorbildern gefehlt hat. In der Schule gab es eine Lehrerin, die uns zu lehren versucht hatte, dass man Bettlern kein Geld geben dürfe, da sie Armut nur vortäuschen würden. Zu Hause ähnliches Bild Menschen gegenüber, die in der Gesellschaft als Versager gelten.
Meine Mutter erzählte, dass sie mir, als ich zehn Jahre alt war, eine kleine Tüte mit gesparten Münzen geschenkt hatte. Ich sollte raus gegangen sein, und hätte die Tüte einem Obdachlosen überreicht, worüber sie ziemlich erbost war. Schade, dass ich mich an diese Szene gar nicht erinnern kann. Nur mein Vater fand meine weiche Art toll, die ich nach außen hin häufig verborgen hielt.
Tränen sind mir gekullert, wenn ich Dickens gelesen habe, und auch die Verfilmungen hatten mich innerlich tief berührt.
In meiner Sammlung fehlt mir noch der Kinderklassiker Oliver Twist, mit dem nun mal bei mir mit Dickens alles begann. Ich habe mich nicht beeilt, ihn mir nachträglich anzuschaffen, da es ihn bei vielen Verlagen nachzukaufen gibt. Ein paar andere Werke konnte ich aber von meiner Jugend in mein erwachsenes Leben hinüberretten. Aber viele andere habe ich später völlig neu entdeckt.
Ich lese Bücher querbeet aus vielen Bereichen. Außer die Genres Krimi, Science Fiction und Liebesromane lasse ich aus. Ich informiere mich über ein Buch durch Literaturforen und durch Magazine und Kulturradio, aber ich befinde mich auch oft auf Entdeckungsreisen.
Habe schon an verschiedenen Literaturrätseln im Sonntagsradio erfolgreich teilgenommen, nur gewonnen habe ich bisher noch nichts. Das Los fiel immer auf einen anderen Erfolgreichen :).
Meine Lieblingsbuchhandlung ist die Bahnhofsbuchhandlung in Frankfurt/Main, die ziemlich gut sortiert ist. In Darmstadt habe ich gerne den Restseller-Laden Jokers besucht.
Ich führe ein recht ruhiges und unspektakuläres Leben. Zurückgezogen, wie damals in meiner Kindheit. Mein Beruf, meine Bücher, meine Katzen und das Musizieren auf meinen Flöten sind mir Abenteuer genug. Treffe mich mit ein paar wenigen Freunden und mit Familie.
Viele Grüße aus Darmstadt
Mirella Pagnozzi