Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Meine Meinung
Das Buch habe ich vor
drei Tagen beendet, komme erst jetzt dazu, die Buchbesprechung zu schreiben.
Mir hat das Buch recht
gut gefallen, wo ich anfangs ein wenig ungeduldig war, siehe Buchvorstellung, Meine ersten Leseeindrücken. Es hat ein
wenig gedauert, bis ich hinter die Fassade der Protagonist*innen eindringen
konnte. Da dies als ein Gesellschaftsroman deklariert ist, kann man sich
denken, dass man es mit überaus vielen Figuren zu tun bekommt. Aber Juli Zeh
kommt uns Leser*innen entgegen, in dem sie hinten im Anhang zum Nachschlagen eine
Personenliste erstellt hat, was ich sehr nützlich und hilfreich fand.
Wegen der Vielzahl an Leuten in Unterleuten werde ich meine Buchbesprechung dieses Mal ein wenig
anders aufziehen, werde mehr über meine Eindrücke schreiben.
Hier geht es zum
Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.
Die Handlung
Unterleuten ist ein sehr kleines fiktives Dorf aus
der ehemaligen DDR, das sich nicht weit von Berlin befindet. Viele Menschen
sind nach der Wende weggezogen aber andere sind der Idylle wegen hinzugezogen. Die
Handlung spielt im Jahr 2010/2011. Für die Dagebliebenen ist Unterleuten eine
Herausforderung. Zu DDR – Zeiten kämpften sie gegen den Kommunismus, nach der
Wende kämpfen sie gegen den Kapitalismus. Richtig glücklich sind sie nie
gewesen, wenn sie sich auch wieder nach alten Zeiten zurücksehnten.
Die Zugezogenen erleben in Unterleuten durch die malerische
Landschaft eine Idylle. Eine Figur ist von Beruf Pferdeflüsterin und benötigt,
um ihren Beruf auch ausführen zu können, dafür viel Weideland. Mit eigenen
Pferden möchte sie anderen Menschen den richtigen Umgang zu den Tieren
beibringen. Ein anderer ist Vogelschützer, und möchte alles tun,
außergewöhnliche Vogelarten, die es in Unterleuten gibt, in ihrer Art zu
erhalten. Dieser setzt sich für die Vögel, damit sie ihren gesunden Lebensraum erhalten
können, wären da nicht die Windräder, die wiederum eine andere Figur unbedingt
bauen möchte.
Der Roman spitzt sich zu einem Drama ab, da jede
Figur andere Ziele verfolgt, die auch politisch nicht unter einem Hut zu bringen
sind. Man hat den Eindruck, dass jede wie ein Band mit der anderen verbunden
ist, da sie, um ihre Pläne umsetzen zu können, von den anderen
Dorfbewohner*innen angewiesen ist.
Welche Szene hat mir so gar nicht gefallen?
Mir hat gar nicht gefallen, dass Gerhard Fließ, 50
Jahre alt, von Beruf Soziologe und Hochschuldozent, zusammen mit seiner jungen
Frau Jule und ihrem kleinen Säugling Sophie die ganze Zeit passiv geblieben
sind, als der Nachbar absichtlich Brände gelegt hat, um ihnen zu schaden. Der
Nachbar hieß Schaller, den Juli Zeh aber lange Zeit nur als das Tier von nebenan
bezeichnet hat. Ich war etwas irritiert. Was meinte sie mit Tier? Erst sehr
viel später verriet den Namen dieser grässlichen Person, die die Luft seiner
Nachbarn verpestet. Schaller ist von Beruf Automechaniker. Absichtlich
verbrennt er Autoreifen und anderes, sodass die Luft der Familie Fließ einfach
verpestet wird. Die Familie kann die Räume im Haus nicht mehr lüften, da sie
sonst die ganzen Schadstoffe einatmen würden. Der Rasen war nicht mehr grün,
sondern pechschwarz. Mich hat gewundert, dass die Familie hinter verschlossener
Türe ihren Frust zollte, aber sonst lange Zeit nichts dagegen unternahmen. Erst
am Ende wird Fließ gegenüber Schaller gewalttätig und schlägt den Mann krankenhausreif.
Mir schien diese Szene partout nicht glaubhaft. Jeder normale Mensch würde
schon viel früher etwas unternehmen, um dem Mann Einhalt zu gebieten. Und wenn
es über eine Anzeige bei der Polizei auslaufen würde, wenn sonst nichts anderes
greifen würde. Aber wie das Dorf eben so eingestellt ist, regeln die Menschen
hier ihre Probleme selbst, und zur Not greifen sie zur Selbstjustiz. Die
Zugezogenen haben sich dem Milieu der langansässigen Dorfbewohner*innen
angepasst. Trotzdem fand ich es widernatürlich, dass das Paar nicht einen
Versuch unternommen hat, sich beim Nachbar zu beschweren.
Für mich war zudem auffallend, dass die Autorin in
der Personenbeschreibung sehr viele Vergleiche zu Tieren aufgestellt hat.
Leider haben die Tiere dabei sehr schlecht abgeschnitten. Doch es gibt keine
bösen Tiere und das größte Monster ist nicht das Tier, sondern ganz allein der
Mensch.
Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Dass am Ende jede Figur das bekommen hat, was er
verdient hat. Ich habe mit einem offenen Ende gerechnet.
Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Keine, da auf mich alle Figuren irgendwie gestört
gewirkt haben, mit Ausnahme von Schallers Tochter Miriam, die sich mit Erfolg
für Familie Fließ gegenüber ihrem Vater eingesetzt hat.
Welche Figur war mir antipathisch?
Ein wenig alle.
Meine Identifikationsfigur
Keine.
Cover und Buchtitel
Beides passend. Der Vogel auf dem Cover zeigt diese
besondere Vogelart, die in Unterleuten leben.
Zum Schreibkonzept
Auf den 650 Seiten besteht das Buch aus sechs Teilen
und insgesamt aus 62 Kapiteln. Zu Beginn eines jeden Teils bekommt man einen
kleinen einleitenden Spruch zu lesen, den ich immer gut fand. Das Buch endet
mit einem Epilog.
Meine Meinung
Wie ich eingangs schon geschrieben habe, bin ich zu
Beginn schlecht in die Handlung reingekommen. Erst später nahm für mich die
Spannung zu, als mir die Figuren von Seite zu Seite immer vertrauter wurden.
Ich habe den Schreibstil sehr bewundert und viele tolle Gedanken, die ich mir
im Buch alle markiert habe. Schade, dass ich es aus Zeitgründen nicht schaffe,
sie hier herauszuschreiben, wie ich es sonst immer getan habe. Juli Zeh hat mit
ihrem Buch sehr neutral die Missstände der Menschen aus der Zeit der DDR
aufzeigen können, aber auch die Missstände aus dem Westen Deutschlands. Viele Westdeutsche
denken, dass in der DDR alles schlecht verlief, während sie die BRD im Gegenzug
idealisieren und vergessen dabei die eigene Geschichte und die eigenen Mängel
im Land. Nein, auch in Westdeutschland gibt es viele Missstände. Und dies ist Juli
Zeh gelungen, die Probleme beider Welten aufzuzeigen. Und das hat mir
eigentlich am meisten imponiert.
Mein Fazit
Beharrlichkeit hat sich hier gelohnt. Nicht jedes Buch hat es verdient,
bis zum Ende durchzuhalten. Doch hier freue ich mich sehr, dass ich dieses Buch
gelesen habe, und habe es gleich meiner Freundin Anne weiterempfohlen, die das
Buch auch lesen wird. Ich hoffe bald, dann können wir uns darüber noch
austauschen.
Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe
Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere 1 Punkte: Authentizität der Geschichte 2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt 2 Punkte: Frei von Stereotypen,Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
|
Zehn von zwölf Punkten.
________________
Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)
Gelesene Bücher 2019: 27
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86
Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur weil sie
eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen.
Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und /
oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.
Es lebe die Vielfalt.
(M. P.)