Eine Buchbesprechung
zur o. g. Lektüre
Meine Meinung
Das Buch hat mir gut gefallen, allerdings waren mir die vielen
Frauenfiguren zu negativ besetzt. Alle stehen zwischen Emanzipation und
Tradition im Konflikt, es gibt keine gelungene Paarbindung. Die Schicksale der
ersten drei Frauen fand ich anstrengend zu lesen, die letzten beiden Frauen
dagegen etwas differenzierter dargestellt, wobei auch sie ihre Konflikte mit
Partnerschaft haben, weshalb mir die ganze Thematik zu einseitig war. Ich werde
ein wenig oberflächlich darüber schreiben, ohne viele Details zu verraten, denn der
Roman lebt von den Geschichten, die alle im Geschlechterkampf auf
Beziehungsproblematiken fokussiert sind. Wenn man zu viel davon berichtet, hat
man keine anderen Themen, auf die man mit Spannung ausweichen könnte.
Hier geht es zum Klappentext, zum Autorinnenporträt, zu meinen ersten
Leseeindrücken und zu den Buchdaten.
Die Handlung
Die Handlung beginnt mit Paula und ihrer Jugendfreundin Judith,
die beide fünf Jahre gemeinsam in einer WG gelebt hatten. Außerdem kannten sich
die beiden schon von klein auf. Sie besuchten dieselben Krippen,
Kindergarten, dieselben Schulen. Judith zog nach Leipzig, um Medizin zu
studieren, und Paula nach Regensburg, um eine Lehre in der Buchbranche zu tätigen
...
Paula lernt Ludgar kennen, heiratet ihn, bekommen ein gemeinsames Kind, das
mittlerweile 13 Jahre alt ist. Leider geht diese Ehe in die Brüche, da beide
ihren Erwartungen nicht gerecht werden können.
Kein Mensch war, wie man ihn haben wollte. (2019,16)
Das zusätzlich belastende in dieser Ehe war der Tod des zweiten Kindes,
den beide nicht richtig verwinden konnten.
Paula ist eine stark reflektive und eine introvertierte Persönlichkeit,
die wenig von sich preisgibt. Sie ist auch uns Leserinnen wenig greifbar
gewesen, siehe Berichte auf Whatchareadin.
Die zweite Figur ist Judith. Judith zeigt auf allen Ebenen ihres Berufes
großen Erfolg. Sie ist sehr zielstrebig und ehrgeizig. Doch leider lässt sich
der berufliche Erfolg nicht auf die Partnersuche übertragen. Sie durchforstet
via Internet regelmäßig Kontaktanzeigen und zieht hauptsächlich Nieten, bis sie
Gregor kennenlernt …
Die dritte Figur ist Brida. Brida ist mit Götz verheiratet. Auch diese Ehe
scheitert, da Brida Götz`Erwartungen nicht erfüllen kann. Götz ist von der
alten Garde, erwartet von der Frau, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse
zurückstellt, und sich ganz auf Familie gibt. Götz und Bride haben zwei
gemeinsame Kinder. Brida ist Schriftstellerin von Beruf, und schafft es nicht,
alles unter einen Hut zu bringen. Beruf, Kindererziehung, Haushalt und Ehefrau.
Brida sehnt sich danach, ihre Schriftstellerinnenrolle in Ruhe ausführen zu
können, mehr Zeit für sich zu haben, und sitzt häufig zwischen allen
Verpflichtungen: Götz ist Schreiner und dadurch beruflich auch viel unterwegs.
Vieles bleibt bei Brida hängen.
Malinka und Jorinde sind beides Schwestern mit unterschiedlichen
Lebenserwartungen. Malinka sehnt sich danach, Kinder zu bekommen, und bekommt
keine. Ihre Schwester bekommt Kinder und ist unzufrieden. Als Jorindes Kinder groß
genug sind, fragen sie ihre Tante Malinka, weshalb sie keine Kinder haben würde, ob sie KInder nicht mögen würde? Es ist, als müsse Malinka sich für ihre Kinderlosigkeit rechtfertigen
…
Die Eltern von Malinka und Jorinda sind sehr leistungsbezogen und prägen
damit das Leben der beiden damaligen Mädchen nachhaltig.
Welche Szene hat mir gar nicht gefallen?
Malinka ist Musiklehrerin und spielt Violine. Da der Vater Cellist ist,
sind die musischen Ansprüche in dieser Familie sehr hoch. Malinka sollte als
Schulmädchen an einem Musikwettbewerb teilnehmen und wurde von der Mutter um
fünf Uhr morgens geweckt, damit sie noch Zeit zum Üben hatte. Sie hatte schon
öfters Erfolg, da sie musisch sehr begabt ist. Malinka wollte aber nicht aufstehen, und kam
erst später aus dem Bett. Anstatt zu üben, setzte sie sich an den
Frühstückstisch und nahm genüsslich Müsli zu sich. Malinka leidet unter einer Essstörung, ist adipös, ist kein schlankes
Mädchen, da sie über das Essen viel Ärger mit ihren Eltern in sich hineinfrisst. Die Mutter
zieht sie noch abfällig auf, dass ihr das Essen wichtiger sei als die Musik und sie
immer dicker werden würde. Malinka steht vom Frühstückstisch auf, nimmt den
Violinenbogen und bricht ihn in der Mitte durch.
Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Mir hat gefallen, dass Malinka sich gegen die Eltern hat durchsetzen
können, wobei sie in ihrem Leben nicht wirklich glücklich werden konnte, zum Teil,
weil sich viele ihrer Wünsche nicht erfüllen konnten.
Welche Figur war für mich ein Sympathieträger?
Mir standen alle Figuren neutral gegenüber.
Welche Figur war mir antipathisch?
Der von Frauen vielbegehrte Götz hat mir nicht gefallen. Und die Eltern von Malinka und Jorinde.
Meine Identifikationsfigur
Judith stand mir am nächsten.
Es gibt eine Szene im Buch, die Ähnlichkeiten mit dem Foto auf dem Cover
haben könnte. Den Titel Die Liebe im
Ernstfall war gut verständlich, aber für mich ist die Liebe einer Paarbeziehung nie ein
leichtes Spiel. Sie ist immer eine ernste Angelegenheit und sollte in ihr stets gut bedacht sein.
Zum Schreibkonzept
Obwohl das Buch als ein Roman deklariert ist, hat es eher einen
Erzählcharakter in Reihenfolge der fünf Frauen Paula, Judith, Brida, Malinka
und Jorinde, die sich gegenseitig ablösen, wenn deren Geschichten erzählt werden.
Judith und Paula waren später nur noch Randfiguren. Am besten haben mir die Erzählungen von Malinka und Jorinda gefallen, da sie psychologischen Tiefgang
hatten und die familiäre Herkunft der beiden Frauen mitbeleuchtet wurde.
Am Ende des Buches gibt es eine Danksagung.
Die Geschichten sind mit vielen Absätzen konstruiert.
Meine Meinung
Leider waren mir die Geschichten zu einseitig, zu negativ dargestellt, zu
problembehaftet. Wie ich eingangs schon geschrieben habe, waren sie mir psychisch betrachtet zu anstrengend, was zur Folge hatte, dass ich vieles, was ich
gelesen habe, wieder vergaß. Typsiche Verdrängungsmechanismen, die bei mir gut ausgestattet sind. Es gab wenig Positives in der Biografie dieser
fünf Frauen, auch wenn bei Paula eine positive Entwicklung anberaumt wurde. Traurig fand ich Judith, dass sie es nicht geschafft hat, sich einen Wert als Frau auch ohne Partner zuzuschreiben. Eine hoch intellektuelle Frau scheitert an ihren eigenen und womöglich auch an den gesellschaftlichen Erwartungen. Ich würde niemals einen Partner über Zeitungsannoncen suchen.
Den Schreibstil finde ich gut. Manche Textstellen waren sehr bildhaft
ausgedrückt. Und jede Menge Weisheit konnte ich vernehmen und möchte gerne eine
Textstelle dazu, zum Thema Liebe in einer Paarbeziehung, zitieren:
Die Liebe ist nicht das Miteinander zweier unabhängiger Individuen, die sich jederzeit wieder auf die Selbständigkeit zurückziehen können. Der geschützte Raum einer friedlichen Welt, in der Mann und Frau tagtäglich entscheiden, was es heißt, ein Mann oder eine Frau zu sein, hat sie vergessen lassen, dass es darunter etwas anderes gibt. Eine alte Ordnung, deren Notwendigkeit nur vorübergehend außer Kraft gesetzt ist. Sobald Gefahr heraufzöge, würde sie sich ganz von selbst wiedereinstellen. (2019, 150)
Mein Fazit
Viele gute Gedanken, ohne Frage.
Mir waren es nur zu viele Figuren mit der gleichen Thematik im Kampf der
Geschlechterrollen.
Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe
Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere 1 Punkte: Authentizität der Geschichte 2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt 2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
|
Zehn von zwölf Punkten.
Weitere Information zu dem Buch
Vielen herzlichen Dank
an den Diogenes Verlag für das Bereitstellen des Leseexemplars.
Herzliches Dankeschön
auch an die Moderator*innen von Whatchareadin für ihren Einsatz.
Hier geht es zur Leserunde von Whatchareadin, in der man viele interessante Gedanken entnehmen kann.
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Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)
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