Montag, 26. Juni 2017

Lars Vasa Johansson / Anton hat kein Glück (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin durch mit dem Buch. Ich habe dafür gerade mal zwei Tage benötigt. Ich habe mit allem gerechnet, nur nicht mit einem Märchen. Ein richtiger fiktiver Roman, der alles beinhaltet. Realitäten gemixt mit Fiktionen, die mich an verschiedene Märchen erinnern lassen und ein Mix aus Magischem Realismus. Außerdem ist der Schreibstil recht flüssig, sodass man es sehr leicht hat, in dieses Märchen reinzukommen.

Mir hat das Buch insgesamt recht gut gefallen, nur hätte ich mit dieser Art von Themenbearbeitung nicht gerechnet. Ich bin eben keine wirkliche Fantasieleserin, wobei ich bei bestimmten Autor*innen eine Ausnahme mache, wie z.B. bei Haruki Murakami. Aber bitte, dieses Buch nicht mit Murakamis Büchern vergleichen. Beide Autoren sind verschieden und nicht miteinander zu vergleichen.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Ein Anruf seiner Eltern und eine E-Mail vom Elektrodiscounter sind die einzigen Glückwünsche, die Anton zu seinem 45. Geburtstag erhält. Aber der grummelige Berufszauberer mag Menschen sowieso nicht besonders. Seit Jahren tingelt er mäßig erfolgreich mit seinen Auftritten von Altersheim zu Einkaufszentrum. An und für sich würde ihn all das gar nicht stören. Wäre da nicht sein Erzfeind Sebastian, der mit seiner spektakulären Zaubershow in ganz Schweden Erfolge feiert. Ausgerechnet mit Charlotta an seiner Seite, Antons Ex-Freundin. Früher waren Anton und Sebastian befreundet und haben gemeinsam gezaubert, nun sieht Anton überall die riesigen Plakate, die Sebastians und Charlottas Tournee ankündigen und auf denen groß in silbernen Buchstaben "Together in Magic Forever" steht. Es liegt auf der Hand: Für Anton läuft es nicht gut. Im Grunde läuft es überhaupt nicht. Aber niemand ist besser darin als er, sich das Leben schönzureden. Bis er sich eines Nachts im Wald verirrt und ein seltsames Mädchen trifft. Danach scheint Anton plötzlich vom Pech verfolgt zu werden. Als ernsthafter Zauberer glaubt Anton natürlich nicht an Magie. Aber langsam dämmert ihm, dass er etwas an seinem Leben ändern muss…Ein Zauberer, der nicht an Magie glaubt, erlebt das größte Abenteuer seines Lebens - schräg, komisch, herzerwärmend!

Um nicht zu viel vorwegzunehmen, halte ich mich kurz in dieser Buchbesprechung. Es sind sehr viele Abenteuer von Seiten des Protagonisten namens Anton zu bestehen, der sich scheinbar vom Pech verfolgt sieht. Eine Figur, wie man sie so oft im Alltag findet. Realtitätstreu, Alltagsprobleme, mit denen man versucht, bestmöglich mit der Vernunft fertigzuwerden, vor allem wenn es um seelische und emotionale Konflikte geht...  Anton wird plötzlich mit surrealen Situationen konfrontiert, an denen kaum ein Mensch, der wie Anton gestrickt ist, glauben kann, bis dieser Mensch dazu gezwungen wird, sich mit dieser anderen Realität auseinderzusetzen und sich ihr zu beugen. Realität und Fiktion habe ich als zwei Parallelwelten wahrgenommen und empfunden.

Anton, der aus einem wohlbehütetes Elternhaus stammt, scheint ein sehr einsamer Geselle zu sein. An seinem 45. Geburtstag gibt es außer seinen Eltern und dem Elektrodiscounter niemanden, der an ihn denkt, um ihm zu gratulieren. Anton ist von Kind auf eher ein Einzelgänger, der lieber alleine in seinem Zimmer gehockt hat, Fachbücher gelesen und mit seinem Zauberkasten Zaubertricks eingeübt hat, bis er eine Freundschaft mit seinem Klassenkameraden Sebastian eingeht. Seine erste richtige Freundschaft, obwohl Sebastian von seinem Naturell her eher das genaue Gegenteil von Anton ist. Aber sie entwickeln die Zauberei als ein gemeinsames Hobby, mit dem sie bald ihr Taschengeld aufbessern können. Aus dem Hobby sollte Profession werden. Doch die Wege der beiden trennen sich wieder, obwohl sich beide beruflich als Zauberer betätigen, aber mit unterschiedlichem Erfolg. Anton verlässt sein Mädchen Charlotte, um mehr Zeit für seine Zauberei zu haben. Charlotte tut sich mit Sebastian zusammen …

Man bekommt es mit zwei Geschichten zu tun. Einmal wird das Leben von Antons Kindheit erzählt und im Wechsel dazu liest man über sein Leben in der Gegenwart. Oftmals sind die Szenen recht skurril, über die ich herzhaft lachen musste.

Bevor Anton diese fiktive Welt betritt, erleidet er ein paar Katastrophen, die aber irgendwie schicksalshaft gesteuert waren. Erst trauert er an seinem Geburtstag und verfällt in Selbstmitleid, weil niemand an ihn gedacht hat, dann verliert er als Zauberer seine Aufträge, schließlich wird er als nächstes an der Tankstelle des Stehlens bezichtigt, und kurz darauf ersäuft sein Wagen in einem Fluss …

Bis Anton am Waldrand mit einem kleinen Kind konfrontiert wird, das ihn bittet, ihm zu helfen, sieben verschiedene Blumen zu pflücken. Ist klar, dass Anton dafür keine Zeit hat, da er damit beschäftigt ist, sein Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Als er das Kind abgewiesen hat, wird er von einem Fluch behaftet. Später stellte sich heraus, dass das Kind kein gewöhnliches Kind ist, sondern eher eine Waldfee, die belohnt oder auch bestraft, je nach dem, was sich ein Mensch, genannt Straßenläufer, verdient hat. Es gibt die Waldbewohner, und es gibt die Straßenläufer …

Anton hatte drei Prüfungen zu bestehen, um von diesem Fluch wider loszukommen und bei Nichtbestehen der Prüfung wird er für immer und ewig in einer Perle verzaubert sein. Diese Perle ist an der Haarspange der Waldfee befestigt.

Anton lernt ein älteres Ehepaar kennen, das im Wald wohnt, Gunnar und Greta, die recht merkwürdige Dinge tun, die aber Anton helfen, sich in dieser ominösen Märchenwelt zu orientieren. Anton kann es nicht fassen. Er glaubt weder an Waldfeen, noch an Hexen namens Miststück, noch an andere übersinnliche Dinge …

Wie es weitergeht, und ob Anton es schafft, sich in dieser Märchenwelt zu orientieren, um seine Prüfungen zu bestehen, ist Weiteres dem Buch zu entnehmen.


Mein Fazit?

Hätte ich von Anfang an gewusst, dass dies ein Fantasyroman ist, ich hätte mir das Buch nicht angeschafft. Wenn ich bedenke, dass ich von dem Cover so sehr angelockt wurde, und ich den Klappentext eher oberflächlich behandelt habe, habe ich doch einen guten Riecher gehabt. Ich dachte erst, dass Anton in einer Midlifecrisis steckt und dadurch sein Leben auf den Kopf stellt, um wieder rauszukommen.
Nein, die Thematik ging in eine ganz andere Richtung, die mir aber trotzdem gut gefallen hat. Welch eine Wesenveränderung… Manchmal muss sich der Mensch mit seinen eigenen Schatten befassen, um diese in Licht zu verwandeln. Je mehr der Mensch gegen sein Schicksal hadert, desto schwerer verlaufen seine Lebensprüfungen.

Und ich habe Heißhunger auf einen Himbeer- und/oder einen Erdbeerbiskuit bekommen, und ich jetzt schauen muss, wo ich den Biskuit kaufen kann, der so lecker ist wie in diesem Zauberbuch.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkten.


Telefonischer Austausch mit Tina, 26.06.2017, 17:45 Uhr

Tinas und meine Leseeindrücke konnten sich wieder gut decken. Dadurch, dass das Buch sich als ein Märchen entpuppt hat, hat Tina sich die Frage gestellt, ob dieses Märchen auch Kinder lesen könnten, so verneinten wir beide diese Frage, wobei sich mir diese Frage nicht gestellt hat. Es ist definitiv ein Märchen für Erwachsene. Auch haben wir uns gefragt, wie viel wir von dem Märchen preisgeben dürfen? Ich habe versucht, mich recht bedeckt zu halten, aber es ist gut, wenn Tina in ihrer Besprechungen Dinge aufgreift, die ich weggelassen habe. Irgendwo wird sich die Mitte schon finden.  

Zur Mitte des Buches hin hatten wir beide eine kleine Flaute, es hat sich etwas gezogen, der Autor hätte seine Thematik etwas abkürzen können. Aber wir haben beide wieder die Kurve gekriegt. Das Ende hat uns recht gut gefallen, auch wenn sich alles in Wg ... auflöst und wir uns gefragt haben, wie realistisch das Ende tatsächlich ist? Aber dadurch, dass es ein Märchen ist, passt der Ausgang recht gut. 

Anton, der Protagonist, schien für Tina ein wenig unsympathisch zu sein, ich dagegen konnte mich gut von ihm distanzieren. Er wirkte schon ein wenig arrogant, und hatte große Defizite zwischenmenschlicher Art. Wir bemängelten beide den schlechten Umgang mit alten Menschen. Oder auch wie abfällig er von  psychisch kranken Menschen dachte. In diesem Zauberwald wurde er gezwungen, sich mit seinen eigen Schwächen auseinanderzusetzen ... 

Tina stellte sich zum Autor noch die interessante Frage, woher er seinen Stoff her hat? Sind diese märchenhafte Figuren nicht Teil der schwedischen Mythologie, deren Literatur von Elfen, Feen, Waldtrollen etc. erfüllt ist? Schade, dass der Autor dazu im Anhang den Leser*innen keine Spuren hinterlassen hat. 

So, Weiteres ist aus Tinas Buchbesprechung zu entnehmen, die allerdings erst morgen früh freigeschaltet wird. Ich werde morgen Abend dann erst dazu kommen, Tinas Link hier reinzusetzen. 


Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
·         Verlag: Wunderlich; Auflage: 1 (21. Oktober 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 380520387X

Und hier geht es auf die Verlagsseite von Rowohlt / Wunderlich. 
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Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, 
dass alles sich verändert.
(Eintrag aus einem Poesiealbum der Familie Six)

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