Eine
Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Boa, was für ein Buch. So viel
Recherche, die sich über einen Zeitraum von mehr als acht Jahrhunderten
bezieht. Eine langwährende Familiendynastie namens Six, und in der die
männlichen Personen immer wieder mit Jan benannt werden. Die Dynastie beginnt
1535 und geht bis ins Jahr 2013. Hinten im Buch ist ein Stammbaum abgebildet,
der hilft, die vielen Generationen aus den unterschiedlichsten Epochen auseinanderzuhalten.
Ein Geschichtsbuch, das die
niederländische und die französische Geschichte behandelt. Immerhin galten die
Six einst als von Frankreich vertriebener Adel…
Aber auch mit dem Nationalsozialismus, der in
den Niederlanden eingebrochen ist, waren die Six konfrontiert …
Zur Erinnerung gebe ich erneut den
Klappentext rein:
Sie sind die Buddenbrooks der Niederlande: Die Six-Dynastie gehört seit dem Goldenen Zeitalter zu den politisch und kulturell bedeutendsten Familien des Landes. Bestsellerautor Geert Mak folgt den Spuren dieser Familie, die seit mehr als vierhundert Jahren in Amsterdam ansässig ist, und erweckt ihre Geschichte und Geschichten zu neuem Leben. Er erzählt die Biographie der Familie bis heute und entwirft zugleich ein ebenso farbiges wie schillerndes Panorama ihrer unterschiedlichen Epochen.
Jan Six – Mäzen, Aufklärer, Kunstsammler, Amsterdamer Regent und verewigt auf einem der schönsten Porträts, das Rembrandt je schuf – gilt als Begründer der Dynastie und hatte eine ganze Reihe von Nachkommen, von denen der jeweils Erstgeborene seinen Namen trug. Wie er gelangten viele von ihnen in den darauffolgenden Jahrhunderten in Kunst, Politik und Wissenschaft zu Reichtum und Ruhm. Andere Familienmitglieder wiederum verbrachten ihr Leben in Armut und Einsamkeit. Zahlreiche Tagebücher, Briefe, Notizen und Aufzeichnungen, die sich zusammen mit dem Rembrandt-Bildnis bis heute im Besitz der Familie befinden, zeugen davon. »Die vielen Leben des Jan Six« ist die Geschichte einer Familie und ihrer Stadt über viele Generationen hinweg. Es ist eine Geschichte von Ambitionen und Scheitern, von Größe und der ewigen Angst vor dem Niedergang.
Ich kannte die Six bisher gar nicht
... Das Buch hatte mich lediglich wegen der Buddenbrooks gelockt. Ich habe es
gelesen und mehrmals die Verfilmung aus den 1970er Jahren gesehen. Dieser Film
wurde sehr nah am Buch gedreht, selten, dass mir beides, Buch und Film,
gefallen haben. Die Six selber waren mir fremd, und ich habe noch immer nicht dieselben Empfindungen,
die ich für die Buddenbrooks hatte, deshalb werde ich mich hier in der
Buchbesprechung recht kurz halten. Was soll ich noch schreiben, was der Autor
mit seiner überaus gelungenen Recherche nicht schon geschrieben hat? Ich habe
keine Lücke zu füllen, die Recherchen sind topp.
Der vorliegende Band hatte nicht nur
jede Menge Buddenbrook‘sches, sondern auch Proust‘sches. Noble und hohe
Gesellschaftsformen, Adel und Patrizier, ähneln sich von ihrer Lebensweise alle
sehr, ganz gleich, aus welchen Ländern sie stammen. Alle sind geprägt mit dem
selben Verhaltenscodex. Aber es gibt auch in dieser Gesellschaftsschicht
Außenseiter, die aus diesen vergebenen gesellschaftlichen Normen versucht haben
auszubrechen ...
Allerdings ist das vorliegende Buch
eher ein Sachbuch, es geht um Personen, die es in der Tat gegeben hat, und die
in Amsterdam ansässig waren, während die Boddenbrooks eine fiktive norddeutsche
Familiengeschichte ist, die gerade mal vier Generationen umfasst. Die vier Generationen
konnte man viel leichter verinnerlichen. Man konnte mit ihnen bangen, man
konnte mit ihnen Freude teilen, traurig sein, als die Familie sich in der
letzten Generation aufgelöst hat. Familie Buddenbrook erlitt einen
folgenschweren Untergang, und die Ursache dazu konnte man sich als Leser*in
denken … Die vielen Jan Six dagegen konnte ich schwer verinnerlichen und
auseinanderhalten, demnach war mir der Stammbaum auf der hinteren Seite eine
große Hilfe. Im Gegensatz zu den Buddenbrooks existieren die Sixe außerdem noch
heute …
Dennoch fand ich dieses
Geschichtsbuch spannend, die darin vorkommenden Probleme waren mir allzu
menschlich. Kindersterblichkeit, Epidemien und andere Probleme rafften auch
Angehörige reicher Menschen weg ... Und der Sklavenhandel in den Niederlanden
war mir fremd … Auch die Frauen in den Niederlanden lebten, verglichen mit den
Frauen anderer europäischer Länder, recht fortschrittlich. Sie waren aktiv in
der Politik, Literatur, in der Kunst, etc.
Wer sich etwas
besser als ich mit den Six auskennt, dem ist unbedingt dieses Sachbuch ans Herz
zu legen. Wer gerne über die gesellschaftliche Entwicklung aus den Niederlanden
erfahren möchte, kann dieses vorliegende Buch auch wie ein reines
Geschichtsbuch betrachten, wie sehr diese Familiendynastie das Land geprägt
hat.
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe
Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere 2 Punkte: Authentizität der Geschichte 2 Punkte: Sehr gute Recherchen 2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
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12 von 12 Punkten.
Weitere Informationen zu dem Buch
Ich möchte mich recht herzlich beim Siedler-Verlag für das zur Verfügung gestellte
Leseexemplar bedanken.
€ 26,99 [D] inkl. MwSt.
€ 27,80 [A] | CHF 35,90*
(* empf. VK-Preis)
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Gebundenes Buch mit SchutzumschlagISBN: 978-3-8275-0087-8
Erschienen: 17.10.2016
Und hier geht es auf die Verlagsseite von Siedler, Random House München, auf der es noch mehr zu entdecken gibt.
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Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, dann ist nötig, dass alles
sich verändert.
(Eintrag aus einem Poesiealbum der Familie Six)
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