Donnerstag, 25. Mai 2017

Simon Mason / Mondpicknick (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Mit dem Buch bin ich ein wenig zwiegespalten. Am Anfang hat es mir so gar nicht zugesagt. Ich fand die Geschichte, die ja eher an Kinder gerichtet ist, nicht wirklich glaubwürdig. Aber ich lese ja mit der Brille einer Erwachsenen, so fällt mein Urteil vielleicht anders aus als das eines Kindes.

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Ein komischer Einfall war das von Papa, mitten in der Nacht und im Dunklen draußen im Park ein Picknick zu veranstalten. Aber Papa ist auch sonst seltsam in letzter Zeit. Manchmal trägt er den ganzen Tag seine Schlafsachen und manchmal ist er einfach weg, und wenn er dann nach Hause kommt, ist er noch seltsamer als vorher. Darum ist Martha diejenige, die „einen klaren Kopf bewahrt“, wie Mama immer gesagt hat. Früher war sie es, die sich um alles gekümmert hat – aber jetzt ist sie ja nicht mehr da. Also kümmert Martha sich um Tug, putzt und macht Essen. Und auch um Papa kümmert sie sich. Doch irgendwann werden Papas Probleme für Martha zu groß.„Wenn ich älter bin“, denkt Martha, „werde ich mich an dieses Mitternachtspicknick erinnern und denken, wie schön es war. Ich werde vergessen, dass ich Angst vor der Dunkelheit hatte und dass Papa komisch war. Ich werde mich an die Kerzen im Gras erinnern, die wie Flammenblumen aussahen, und an Tug, der von seinem Lieblingsauflauf träumte, und dass Papa gesagt hat, er hätte mich lieb.“

Man hat es hier mit einem alkoholisierten Vater zu tun, der seiner Verantwortung in der Kindererziehung nicht nachkommt, seit seine Frau, die Mutter der Kinder, vor zwei Jahren gestorben ist. Woran die Mutter gestorben ist, lässt der Autor offen. Er beschreibt nur kurz ein paar wenige Symptome und dass der Vater für den Tod von seinen Schwiegereltern verantwortlich gemacht wird ...

Die kleine Martha, gerade mal elf Jahre alt, übernimmt für den kleinen fünfjährigen Bruder Tug nicht nur die Mutterrolle, sondern auch die Rolle der Hausfrau und Ehefrau. Ein Eltern- und Ehegattensubstitut? Denn auch für ihren Vater sorgt Martha. Sie bewältigt alles perfekt, sodass ich mich frage, wie die kleine Martha die Schule noch bewältigen kann? Darauf geht der Autor auch nicht ein. Nur kurz wird erwähnt, dass Marthas Schule dem Vater einen Brief geschrieben hat, und ihn darüber in Kenntnis setzt, dass Martha in der Schule häufig fehlen würde …

Der Vater macht komische Dinge, die den Kindern fremd vorkommen. Erst durch eine Freundin Marthas, deren Vater auch Alkoholiker war, der sich sogar zu Tode trank, kommt Martha dahinter, dass ihr Vater tatsächlich Alkohol konsumiert. Erst wollte sie ihrer Freundin nicht glauben, da sie ihren Vater noch nie hat Alkohol trinken gesehen, bis sie sich schließlich auf die Suche macht, die Alkoholflaschen im Haus ausfindig zu machen. Sechs Flachen Whisky konnte sie finden. Der nächste Schritt führte sie in die Bibliothek, um sich über Bücher zur Alkoholsucht zu informieren …

Die Großeltern haben schon lange bemerkt, dass der Vater trinkt und seiner Sorgepflicht den Kindern gegenüber unzureichend nachkommt … Sie drohen ihm, das Jugendamt einzuschalten …

Das Alkoholproblem wird nicht besser, als schließlich ein Verkehrsunfall mit dem Auto zu einer Anzeige beim Jugendamt führte, da Marthas Vater für den Unfall verantwortlich gemacht wurde. Martha liegt im Krankenhaus mit Knochenbrüchen und einer Gehirnerschütterung ...

Die Kinder wurden schließlich dem Vater weggenommen und wurden den Großeltern zugesprochen. Dem Vater wurde durch eine richterliche Verfügung das Sorgerecht entzogen. Martha musste sich nun nicht mehr um den kleinen Bruder, um den Haushalt und um die Küche kümmern. Die Umstellung fällt ihr schwer ...

Als die Großeltern die Kinder zu sich nehmen, stellten sie erstmal jede Menge Regeln auf, nach denen sich die Kinder zu richten haben …

Was mit dem Vater wird, das Leben der Kinder bei den Großeltern, und ob sie jemals wieder nach Hause zum Vater dürfen, dies alles möchte ich nicht verraten.


Mein Fazit zu dem Buch?

Hier frage ich mich, ob der männliche Autor die Arbeiten einer Mutter- und Hausfrau nicht unterschätzt, dass er einem elfjährigen Kind diese in so einer perfekten Art und Weise zuträgt. Man gewinnt den Eindruck, dass Haushalt, Kindererziehung ... kinderleicht sei. Martha entwickelt zwar in einigen Szenen Erschöpfungssymptome wie Kopfschmerzen, aber ansonsten wurden keine Probleme beschrieben, die ein kleines Mädchen in diesem Alter mit dieser großen Verantwortung eigentlich haben müsste.

Erst als die Geschichte eine Wende bekam, fing das Buch an, mich zu interessieren. Als die Kinder bei den Großeltern lebten, wirkte die Geschichte für mich viel authentischer, sodass sie noch aufpunkten konnte, siehe unten.

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck, kindgerecht
2 Punkte: Differenzierte Sichtweisen
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Titel und Cover stimmen mit dem Inhalt überein

Deshalb elf von zwölf Punkten.

Telefongespräch mit Tina:

Da Tina Gymnasiallehrerin ist, hat sie natürlich mit jungen Menschen mehr Erfahrungen als ich. Sie kann sich durchaus Kinder vorstellen, wenn auch nur wenige, die den Anforderungen, die Martha ungefragt gestellt wurden, gewachsen waren. Aber wir sind uns beide einig, dass Martha drei / vier Jahre älter hätte sein müssen, um diese Geschichte glaubhafter zu machen. Ich sprach mit Tina von meinen Erfahrungen mit psychisch kranken Menschen, dass viele darunter waren, die an den Erwartungen ihrer Eltern zerbrochen sind, weil sie dafür zu jung waren. Und dies nicht erst im erwachsenen Alter. Auffälligkeiten zeigen sich schon in jungen Jahren. Was die Eltern selbst nicht schafften, sollte das Kind für sie erledigen. Hierbei empfehle ich unbedingt das Buch von Alice Miller Das Drama des begabten Kindes.
Das Schöne an dem Jugendbuch aber war die Liebe, die der Vater für seine Kinder empfand …

Tina möchte das Buch ihrer vierzehnjährigen Tochter zum Lesen geben und wir sind beide gespannt darauf, wie die Tochter das Buch erleben wird.

Und hier geht es auf Christinas Buchbesprechung. 

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