Eine
Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Eine nach meinem
Geschmack sehr gelungene Biografie zu der Schwester von Johann Wolfgang von
Goethe. Die Autorin Sigrid Damm hat ziemlich gut recherchiert. Obwohl einige
Zeugnisse aus verschiedenen Gründen vernichtet wurden, fand ich die Biografie
im Ganzen rund. Sehr flüssig geschrieben und die Lücken fallen kaum auf. Ein
Buch, das ich jeder Frau empfehlen kann, aber auch jedem Mann, dem das intellektuelle
Wohl einer Frau am Herzen liegt.
Johann Wolfgang von
Goethe und andere berühmte deutsche Dichter jener Zeit wie zum Beispiel Friedrich Schiller waren nicht um das geistige Wohl
ihrer Frauen interessiert. Auch der österreichische Komponist Johann Amadeus
Mozart sah auf seine intellektuelle Schwester herab ... Weiteres ist dem Buch
zu entnehmen.
Kurz ein paar
Zeilen zu dem Senior Johann Caspar Goethe, der sich seinen Kindern gegenüber
wie ein Despot verhielt.
Er studierte Jura
und aufgrund der problematischen politischen Lage hatte er seinen Beruf nicht
mehr weiter ausgeübt und setzte sich mit 32 Jahren zur Ruhe. Er bezeichnete
sich ab diesem Zeitpunkt als Privatier. Genaueres ist auf der Seite 20 zu
entnehmen.
Wie verbringt
Senior Goethe seine Zeit? Er hatte genug Hobbys, unterhielt in seinem großen
Haus Gesellschaften … Spannend
allerdings fand ich, als er Erzieher und Hauslehrer seiner eigenen Kinder wurde,
weil er viel zu viel Zeit zur Verfügung hatte. Ganz zum Leidwesen seiner Sprösslinge.
Besonders Johann Wolfgang und Cornelia litten unter seinem strengen Regime.
Cornelia, 1750
geboren, ist ein Jahr jünger als Johann W. Die beiden Kinder verbrachten die
meiste Zeit zusammen. Eine enge Geschwisterliebe bildete sich zwischen den
beiden heran. Sie verbündeten sich auch gegen den Vater und witzelten hinter
seinem Rücken über ihn, z.B., dass die Kinder schlauer seien als er …
Mit drei Jahren
schickte der Vater die Kinder auf eine Spielschule in Frankfurt. Aber sie
lernten dort nicht spielen, sondern rechnen und schreiben. Auch wurden sie so
früh schon mit der ersten Fremdsprache konfrontiert. Der Vater hatte, was die
Schulbildung betrifft, Cornelia und den Bruder in der Behandlung gleichgestellt.
Das war schon sehr revolutionär. Die Geschwister wurden schließlich dann
getrennt, als der Bruder nach Leipzig zum Studieren zog. Cornelia musste zu
Hause bleiben, und betrieb weitere Studien über Privatlehrer und über den Vater.
Nun musste Cornelia den Vater alleine ertragen ...
Der Vater war so
streng, dass Cornelia anfing, ihn mehr zu hassen als zu lieben. Sie vermisste
schmerzlich ihren Bruder. Doch der Bruder veränderte sich Cornelia gegenüber
und kam ganz nach dem Charakter seines Vaters. Auch J. W. nahm immer mehr herrische
Züge an. Er und seine Schwester hielten Briefkontakt und der Bruder schrieb der
Schwester im Befehlston vor, wie sie zu schreiben und welche Art von Büchern
sie zu lesen habe. Dies schien wie ein Schock für Cornelia gewesen zu sein. Sie genoss zwar eine intensive
Bildung, die sie aber leider nicht ausleben konnte. Die Biografin Damm vergleicht
Cornelias Leben mit den Leiden des jungen
Werthers in weiblicher Form.
Cornelia machte
sich Gedanken, wie sie nicht nur dem autoritären Vater entrinnen konnte, sondern
auch ihrem Bruder, wobei ihre Gefühle zu J. W. recht ambivalent waren.
Cornelia vermisst den Bruder. Haben Schwester und Bruder seit der Kindheit in solidarischem Miteinander, in kindlich, heiterer Verschwörungen gegen den Vater gelebt, so ist Cornelia nun allein, kann sich nicht mit dem Bruder aussprechen. Selbst in den Briefen nicht, sie passieren die Zensur des Vaters. (2015, 63)
Die Flucht ging
nur über eine Heirat. Da Cornelia aber nicht dem Schönheitsideal entsprach,
glaubte sie an keine romantische Liebe, sondern nur an eine Zweckehe. Sie hatte
zu wenige Bewerber. Innerlich hatte Cornelia aber ganz andere Träume. Zum
Beispiel der Welt mit all ihren Talenten nützlich sein zu wollen.
Auch J. W. von
Goethe, der große Dichter und Denker, setzte trotz der gemeinsamen intensiven
erlebten Geschwisterliebe später Cornelia herab. Frauen seien nur Schwatzbasen,
mit gackernden Hühnern zu vergleichen. Doch auch er entwickelte Cornelia gegenüber zwischen
Aufwertung und Abwertung ambivalente Gefühle.
Mehr verrate ich
nicht und verweise Weiteres auf das Buch. Es gibt darin noch viel mitzuerleben.
Diese Biografie erhält von mir zehn von zehn Punkten.
Diese Biografie erhält von mir zehn von zehn Punkten.
Weitere Informationen zu dem Buch:
Ich möchte mich recht herzlich für dieses Leseexemplar beim Suhrkamp/Inselverlag bedanken.
D: 12,00 €
A: 12,40 €
CH: 17,90 sFr
A: 12,40 €
CH: 17,90 sFr
Erschienen: 07.11.2015
insel taschenbuch 4417, Broschur, 251 Seiten
ISBN: 978-3-458-36117-6
Auch als erhältlich
Auf der Verlagsseite sind von der Autorin Sigrid Damm auch sehr interessante Audiobeiträge zu finden.
insel taschenbuch 4417, Broschur, 251 Seiten
ISBN: 978-3-458-36117-6
Auch als erhältlich
Auf der Verlagsseite sind von der Autorin Sigrid Damm auch sehr interessante Audiobeiträge zu finden.
______
Gelesene Bücher 2016: 52
Gelesene
Bücher 2015: 72
Gelesene
Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher
2013: 81
Gelesene
Bücher 2012: 94
Gelesene
Bücher 2011: 86