Donnerstag, 18. April 2013

Ferdinand von Schirach / Verbrechen (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe nicht alle kriminologische Erzählungen geschafft, da sie recht heftig sind, aber psychologisch gut getroffen und schnell auf den Punkt gebracht.

Schriach kann schreiben, ohne Zweifel. Sein Schreibstil gefällt mir recht gut.

Lediglich die Verbrechen sind insgesamt recht grausam und von Menschen getätigt, die eigentlich nicht zu den klassischen Verbrechern zählen, sondern nur Einmaltäter, die aus Liebe zu einem liebenden Menschen eine Verzweiflungstat verüben.

Ich denke, dass der Autor damit deutlich machen möchte, dass wir Menschen alle solche Anteile zu Verbrechen in uns haben, ob wir es wahr haben wollen oder nicht.

Nur damit ihr eine Vorstellung bekommt, was ich unter hart und grausam verstehe:
Eine Leiche liegt in der Badewanne. Niemand hat die Person getötet, während eines Sexakts bei einer Prostituierten bekam der Kunde einen Schlaganfall und stirbt. Das Mädchen Irina, 19 Jahre alt, die illegal sich in Deutschland aufhält, hat Angst, als Mörderin entlarvt  zu werden, so rennt sie aus der Einzimmer-Wohnung raus, in der sie zusammen mit ihrem Freund Kalle lebt. Als Kalle nach Hause kommt, sieht er die Leiche, und geht von der Annahme aus, dass Irina von dem Kunden schlecht behandelt wurde. Also krempelt er die Ärmel hoch, und  legt die Leiche in die Badewanne. Nun ist er es, der sich um die Leiche kümmert, aus Angst, dass seine Freundin des Mordes angeklagt wird.
Er hatte dem Mann eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, er wollte ihn dabei nicht ansehen. Zuerst hatte er es falsch gemacht und versucht, den Knochen zu durchtrennen. Dann fiel ihm ein, wie man ein Hühnchen zerteilt, und er drehte dem dicken Mann den Arm aus der Schulter. Es ging nun besser, nur die Muskeln und Fasern musste er zerschneiden. Irgendwann lag der Arm auf dem gelben Fussbodenkacheln, die Uhr war noch am Handgelenk. (...) Später kniete er auf dem Boden und nahm die Säge. Drei Stunden später hat er die Gliedmaßen abgetrennt. (Aus der Erzählung "Glück").

Kalle legt die Leichenteile in einen Sack und fährt damit in einen Park, um die Leichenteile dort zu begraben.

Ich möchte jetzt nicht das Ende vorwegnehmen, doch auch hier wird eine Handlung, die normalerweise sofort der Polizei zu melden ist, aus Liebe vertuscht, indem versucht wird, den Tod des Kunden zu vertilgen, damit die Freundin nicht wegen Totschlags ins Gefängnis kommt. Das Besondere an dieser Erzählung ist, dass eigentlich kein Mord vollzogen wurde, die Figuren sich aber verdächtig verhalten… .

Wem solche gruseligen Handlungen nichts ausmachen und Krimis liebt, dem kann ich dieses Buch wärmstes empfehlen. Wie gesagt, die Erzählungen sind dennoch mit viel psychologischer Tiefe geschrieben. Gefallen haben mir die Erzählungen, weil sie zudem so ganz untypisch kriminalistisch aufgezeichnet sind.

Ich gebe dem Buch zehn von zehn Punkten. 

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Manchmal muss die Wahrheit erfunden werden
(Siegfried Lenz)

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