Donnerstag, 15. Oktober 2020

Alexander Gosztonyi / Betrachte dich mit den Augen der Liebe

 Klappentext   

Hast Du Dir schon einmal die Frage gestellt, weshalb für den einen Menschen töten legitim erscheint, während ein anderer sich in liebevoller Hingabe für Menschenleben einsetzt? Weshalb beobachten wir so unterschiedliche Lebensweisen in dieser Welt und welchem Zweck dienen sie?

Das letzte Buch von Alexander Gosztonyi beschäftigt sich mit den tiefgreifenden Entwicklungsphasen des Menschen. Darin zeigt er auf, welche Stadien der Entwicklung die Seele eines Menschen zur Liebe hin durchlaufen muss und weshalb all die Erfahrungen auf der Erde von besonderer Wichtigkeit sind.

Möchtest Du wissen, in welcher Entwicklungsstufe Du Dich gerade befindest? Wer Alexander Gosztonyis frühere Werke kennt, weiß, mit welcher Sorgfalt und Tiefe er dieses Thema aus seinen über 50 Erfahrungsjahren als Lebensberater und Rückführungstherapeut behandelt.

Ein Buch für alle, die wertvolle Impulse auf ihrem Weg zur vollkommenen Liebe hin finden möchten..

Autor*inporträt

Alexander Gosztonyi, Dr. phil. (1925-2011), führte 40 Jahre lang eine Praxis als Lebensberater und Rückführungstherapeut in Zürich. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen über naturwissenschaftliche Themen, Philosophie, Psychologie, Theologie und Religionsgeschichte, die ihn international bekannt machten.
Aus seinem Lebenswerk wurden von seiner Witwe Rita Gosztonyi die letzten beiden Werke vollendet, dessen zwei Bände im Herbst 2016 und im Herbst 2017 erscheinen werden. Sie kann zu Fragen seines umfassenden Werkes, das neben Büchern auch Mitschnitte seiner Vorträge umfasst, kontaktiert werden unter www.ritamaria.ch oder ritamaria.go@bluewin.ch.

Meine ersten Leseeindrücke

Ich befinde mich gerade auf der Seite 157. Ich finde das Buch richtig spannend und frage mich, in welcher Entwicklungsstufe ich mich wohl befinde? Es sind sieben, die der Mensch in seiner äonischen Entwicklung durchlaufen müsse, bis er von der Reinkarnation erlöst wird. Sieben klingt wirklich wenig, aber bis man diese Stufen erreicht hat, muss der Mensch unzählige Male wieder geboren werden, weil er sich nur sehr langsam entwickeln würde. Aber die Gesellschaft, in der ich mich befinde, scheint nach meiner Einschätzung in der Entwicklungsstufe drei zu stecken. Das Gros der Leute ist geprägt von Ratio, Vorschriften, Dogmen, Denksystemen, Moral, Belehrungen, Urteil, Perfektion, Grundsätze von Wissenschaft ...  Das mag auf den ersten Blick positiv erscheinen, aber das ist es nicht. Warum? Nicht nur, weil es an Empathie fehlt, die sog. Herzensbildung ... In unserer Gesellschaft denkt man häufig, dass die Intellektualität das Wichtigste sei, mit der man strebend die höchsten Ziele erreichen könne. Nein, ihr werdet euch wundern. Es ist die Intelligenz des Herzens, die uns ins Licht führen wird. Es sind die Weite des Herzens und die seelische Tragfähigkeit, die einen Menschen zur Persönlichkeit machen und seine innere Stärke erkennen lassen. (26) Weitere wichtige Gründe, weshalb die Ratio alleine für die Entwicklung einer Menschenseele nicht ausreichend ist, bespreche ich später in meiner Rezension. 

Das Gute dabei? Wir werden alle irgendwann erkennen, dass uns die Ratio alleine nicht befreien wird. Zu unterschiedlichen Zeiten werden wir alle aus uns hinauswachsen und mit dem Herzen dem Licht entgegenstreben. 

Dabei sind auch die Aspekte von Gut und Böse interessant ... Aber dazu später mehr.

Puh, ich könnte schon jetzt loslegen, über das Buch zu sprechen, weil der Autor mir teilweise aus der Seele spricht, da ich selbst in meinem Leben jede Menge Eingebungen hatte. 

Mittlerweile befinde ich mich auf der Seite 220 und denke so allmählich meine Stufe gefunden zu haben. 

Buchdaten

·         Taschenbuch : 280 Seiten, 14,95 €

·         ISBN-10 : 386410159X

·         Herausgeber: Windpferd Verlagsgesellschaft mbH; 1. Auflage 2017 (14. September 2017)

Hier geht es zur Verlagsseite von Windpferd.

Hier geht es zur Buchbesprechung.


Sonntag, 11. Oktober 2020

Proust und die Frage, wer sich hinter dem Rezensenten Louis Chevreuse verbirgt?

Auf den folgenden Seiten bekommt der Pariser Roman immer mehr Kontur. 

Foto: Journalist und Schriftsteller Robert Dreyfus, 1873 - 1939
sucht Anregungen oder Tipps bei seinem Freund Georg de Lauris bezogen auf die Figuren der Guermantes. Ach, wie vertraut mir doch dieser Name Guermantes nur ist. Aber 
die Antwort bleibt aus und Proust bohrt nach. (631)

Auf der Seite 648 gibt Proust seinem Freund Georges de Lauris am Ende seines Briefes bekannt, dass sein Roman kurz vor dem Abschluss stehen würde. Ui, denke ich mir, niemals kann die Recherche schon beendet sein. Ich bin so gespannt, wie sich dieser Prozess, von dem Proust selbst noch nichts ahnt, sich entwickeln wird. 

Leben Sie wohl, lieber Georg, ich schlafe nicht mehr, ich esse nicht mehr, ich arbeite nicht mehr, gibt noch vieles andere, was ich nicht mehr tue,  und zwar schon lange nicht mehr. Trotzdem, mit ein wenig Schwung wäre mein Buch in zwei Monaten fertig, aber werde ich diese zwei Monate je haben. (Februar 1911)

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Recherche sein Lebenswerk war. Kurz vor seinem Tod hatte er sie beendet. Hier ist er erst Ende 30 und gestorben ist er mit 51 Jahren.

Doch es gab einen Brief, der mich positiv schmunzeln ließ, als einer seiner besten Freunde unter einem Pseudonym einen lobenswerten Artikel zu Prousts Übersetzung über die Bible d`Amiens geschrieben hatte. Es ist charmant zu lesen, wie verblüfft Proust war, als sich herausstellte, wer sich hinter diesen Decknamen verbarg. 

An Robert Dreyfus
8. Oktober 1910, Proust ist hier 39 Jahre alt

Ich hätte ja nichts dagegen, wenn Du mich weiterhin für scharfsinnig hieltest, aber ich muss doch der Wahrheit die Ehre geben: Nicht eine Sekunde lang habe ich vermutet, dass Du Chevreuse bist, und habe völlig naiv an Dich geschrieben, ohne zu ahnen, dass ich an Chevreuse schreibe. Besonders töricht war es, dass ich mir zwar dachte, es könne ein Pseudonym sein, dass hinter diesem Pseudonym Bonnard, Beaunier (...) stecken könnten (ein sehr elastisches Pseudonym) und dass jedes Mal, wenn man sich irrt, mir nicht einmal die bloße Möglichkeit, dass Du es sein könntest, in den Sinn kam. Es ist mir im Traum nicht eingefallen! Vielleicht weil ich, da Du schon als D. sehr nett zu mir gewesen bist, gedacht habe, damit wäre es genug für das ganze Leben und Du würdest nie wieder auf die Idee kommen, meinen Namen zu erwähnen. (...) Was Du gesagt hast, ist überaus nett, aber vor allem ist es überaus nett, dass gerade Du es gesagt hast. Gewiss, es ist schmeichelhaft, unbekannte Freunde zu haben. (...) Und dieser Chevreuse, der an der Bible d`Amiens Gefallen fand - ich habe Dich zwar gefragt, ob das nicht das Pseudonym von jemanden sei, den ich kenne, aber im Grunde habe ich doch gehofft, dass es jemand ist, den ich nicht kenne, jemand ungeheuer Talentiertes, der die Bible d`Amiens so sehr mochte, dass er es unbedingt mitteilen musste. Aber eigentlich bin ich doch nicht enttäuscht, dass dieser sympathische Chevreuse mit jemandem verschmolzen ist, dessen Beifall nur ein Beweis seiner Freundschaft ist. Ich habe dem Unbekannten nicht nachgeweint, ich habe mich lebhaft gefreut, dass es der Freund war. So preise ich Dich, liebe Dreifaltigkeit, in drei Personen, ich bin D. und Chevreuse äußerst dankbar, aber Robert Dreyfus ist mir von den dreien der Liebste. (636f) 

Aus der Fußnote ist zu entnehmen, dass Proust am 6. oder 7. Oktober in einem Brief seinen Freund Robert Dreyfus um Auskunft bat, wer die Person Louis Chevreuse denn sei?

Prost fragten in einen Brief an Dreyfus, den Dreyfus gerade beantwortet hatte: > Wer ist ein gewisser Monsieur Louis Chevreuse, der mich kürzlich ( ...) auf sehr liebenswürdige Weise zitiert hat, in einem äußerst interessanten Artikel über die Kathedrale von Straßburg. Ist es ein Pseudonym, ist es jemand, den ich kenne? < (638)

In den weiteren Briefen ging es wieder recht geistreich zu. Proust hat ein Theatrophon abonniert, das er allerdings wegen der schlechten Hörqualität wenig nutzen würde. Von zu Hause aus konnte er Opern und Theaterstücke verfolgen, ohne das Haus verlassen zu müssen. Mit dem Theatrophon wird nochmals deutlich, wie krank er ist, und immer wieder liest man in seinen Briefen, dass er wochenlang oder gar monatelang das Haus nicht verlassen hat.

Aber bei den Opern Wagner, die ich fast auswendig kenne, machen mir die Unzulänglichkeiten der Akustik nicht viel aus. (648)

Erstaunlich, dass er Wagners Opern zum großen Teil auswendig kennt. Er tauscht sich mit seinem Musikerfreund Reynaldo Hahn im März 1911 über verschiedene Opernstücke aus. Ich wusste nicht, dass Goethes Werther auch zu einer Oper komponiert wurde.

Und man liest viel Schmeichelhaftes. Reynaldo Hahn würde mehr Tiefgang haben als der große Wagner. Das war sicher wieder so eine Schleimerei von Proust.

Aber Proust kann auch sehr empathisch sein. Sein Freund Reynaldo Hahn hat am 09.11.1910 seinen Bruder Henri im Alter von 54 Jahren verloren, der in seiner Wohnung verstarb. Der ganze Brief an seinen Freund ist wundervoll geschrieben, ich aber nur die letzten Zeilen zitieren möchte.

Wenn ich etwas für Dich tun kann, sag es mir. Selbstlosigkeit ist ein Ablenkungsmittel für ohnmächtige Zuneigung. Was das Unglück selbst angeht, so kannst Du Dir all die Fragen denken, die ich mir stelle. Aber da ich sie nur Dir stellen will und in diesem Augenblick um nichts auf der Welt will, dass Du mir antwortest, begnüge ich mich damit, in Gedanken Deine Hand in der meinen zu halten und (nicht nur in Gedanken) mit Dir zu weinen. Dein tief trauriger Marcel Proust (642)

Puh, Proust ist nie um Worte verlegen. Er findet selbst in solchen schwierigen Momenten eines Menschen den richtigen Ausdruck, wo manch andere lieber schweigen würden.

Weiter geht es nächstes Wochenende von Seite 653 – 663.

______________

Proust Zitate

Man kann nur über das gut schreiben,
was man liebt.
(Marcel Proust zitiert Ernest Renan)

Kennzeichen wahrer Originalität ist,
über ein nichtssagendes Thema nichts zu sagen.
(Brief an Georg de Lauris)

Es genügt, mit den Menschen zusammen zu sein, die man liebt; man kann träumen, mit ihnen sprechen, nicht mit ihnen sprechen, an sie denken, an unwesentlichere Dinge denken, in ihrer Gesellschaft ist das alles gleich. Wenn man mit den Menschen zusammen ist, die man liebt, ist es ganz gleich, ob man mit ihnen spricht oder nicht.
(Marcel Proust zitiert 
Jean de La Bruyère)


Dienstag, 6. Oktober 2020

Michael Rosenberger / Der Traum vom Frieden zwischen Mensch und Tier (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Poster in meiner Wohnung

Ich fand das Buch sehr interessant, vor allem der Blickwinkel zur Tierethik fokussiert auf den christlichen Glauben hat mich stark inspiriert, wobei ich selbst zur Bibel eine ambivalente Haltung habe, da ich der Meinung bin, dass man sie so auslegen kann, wie es einem gefällt. Dennoch konnten für mich viele interessante Aspekte aus dem Buch gezogen werden, sodass ich mir beim Lesen viele Stichpunkte gemacht habe, und ich stelle fest, dass ich sie hier nicht alle einbringen kann, da es sonst zu sehr den Rahmen sprengen würde. Es zeigt einfach nur, wie vielseitig dieses Buch doch ist. Deshalb möchte ich schon vorab sagen, dass mich der Autor sehr bereichert hat, und hoffe, dass dieses Buch von vielen Kirchenleuten gelesen wird. Es ist ein wichtiges Sachbuch, das hilft, neue Sichtweisen zu gewinnen und könnte damit helfen, sinnlose Gewalt zu reduzieren, was für mich der Anfang zu einem Weltrieden bedeuten könnte, der aber bei jedem selbst erstmal anfangen muss.

In dieser Buchbesprechung gehe ich zum Schluss durch den Autor auch kurz auf das humane Schlachten ein und habe dazu zwei Youtube - Videos eingefügt. Meine Meinung dazu habe ich auch geäußert, die deutlich von der des Autors abweicht. 

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Schon das Vorwort macht auf die Problematik von Verbraucher*innen aufmerksam, diese unreflektierte schizophrene Haltung Tieren gegenüber, was ich gerne zitieren möchte, da diese immer wieder in den Büchern dieses Genres zum Thema gemacht wird:

Die einen umarmen wir, die anderen schlachten wir. Die einen vergöttern wir, die anderen machen wir zur Ware. Die einen verhätscheln wir, die anderen essen wir. Ob das daran liegt, dass wir die einen >zum Knuddeln gern< haben, die anderen aber > zum Fressen gern < ? In jedem Fall ist der menschliche Umgang mit den Tieren bisher wenig reflektiert und in vieler Hinsicht ziemlich widersprüchlich. Vieles geschieht, weil es schon immer so war oder weil das doch klar ist. Doch in den letzten Jahren werden die Stimmen jener lauter, die althergebrachte Überzeugungen in Frage stellen und eine Tierethik fordern, die diesen Namen verdient. ( 7)

Häufig höre ich, >>Überall auf der Welt werden Tiere für den Fleischkonsum getötet<<. Fazit? Es muss richtig sein, weil es alle so machen. Doch was sagt die Bibel dazu?

Stimmt es, dass die Bibel keine Rücksicht auf die Tiere nimmt? Eine Frage, die sich auch der Autor angelehnt an Eugen Drewermanns Protest stellt. Drewermann prangert die Kirche an, weil sie Tiere aus dem Schöpfungsplan ausblenden würde und er sich dagegen als Theologe für die Freiheit und das Leben der Tiere eingesetzt habe. Aus meiner eigenen Beobachtung heraus werden Tiere in der Kirche nicht einmal erwähnt, die Prediger*innen tun so, als gäbe es sie nicht. Die Theolog*innen betten in der Kirche in ihren Gebeten alle möglichen Heiligen und Menschen ein, nur die Tiere lassen sie außen vor. Doch der katholische Theologe Michael Rosenberger bringt Beispiele, die auch meinen Blick mehr zum Schärfen gebracht haben, auch wenn mir noch immer bewusst ist, dass viele Theolog*innen in ihrer Berufspraxis nicht nach diesen Beispielen leben, weil man eben Bibeltexte, wie ich oben schon geschrieben habe, so auslegen kann, wie es fürs eigene Konzept passt. Aber Michael Rosenberger widerspricht Drewermann. Denn die Bibel sei voll von Geschichten, in denen die Tiere einen hohen Stellenwert beigemessen bekommen. Es wird Platz für die Tiere geschaffen, wie ich weiter unten noch ausführen werde. Doch wenn Drewermann als Experte diese Geschichten nicht kennt, wie schwierig müssen sie erst für einen Laien wie mich zu finden sein?

Interessant war außerdem zu lesen, dass auch der Autor die Tiere als unsere Schwestern bezeichnet hat, da sie mit zum Schöpfungsplan dazuzählen. Außerdem seien Tiere fühlende und denkende Wesen, und er dadurch die Persönlichkeit der Tiere nicht anzweifelt.

Auch bezieht sich der Autor auf Vorbilder, wie z. B. Franz von Assisi, der mit den Vögeln sprach, außerdem zitiert er Papst Franziskus, der dafür plädiert, die Tiere in unsere universale Gemeinschaft einzubeziehen:

Wenn das Herz wirklich offen ist für eine universale Gemeinschaft, dann ist nichts und niemand aus dieser Geschwisterlichkeit ausgeschlossen. Folglich ist es auch wahr, dass die Gleichgültigkeit oder die Grausamkeit gegenüber den anderen Geschöpfen dieser Welt sich letztlich immer irgendwie auf die Weise übertragen, wie wir die anderen Menschen behandeln. Das Herz ist nur eines, und die gleiche Erbärmlichkeit, die dazu führt, ein Tier zu misshandeln, zeigt sich unverzüglich auch in der Beziehung zu anderen Menschen. (11)

Wir sind eine universale Familie

Außerdem geht aus seiner Enzyklika > Laudato si`< hervor, > dass sämtliche Geschöpfe des Universums, da sie von ein und demselben Vater erschaffen wurden, durch unsichtbare Bande verbunden sind und …  alle miteinander eine universale Familie bilden … < Diese Familie umschließt alle lebenden Arten und Individuen: > Wenn ... das Herz wirklich offen ist für eine universale Gemeinschaft, dann ist nichts und niemand aus dieser Geschwisterlichkeit ausgeschlossen. <  Wenden wir diesen Gedanken ethisch, ist evident: zwischen Geschwistern muss Gerechtigkeit herrschen. (135f)

Tierliebe wird in der Kirche häufig als "anthropomorph" bezeichnet, das heißt, dass Tiere von ihren Halter*innen zu sehr vermenschlicht werden würden. Das mag sein, dass für manche eine Lücke mit den Tieren gefüllt wird, aber dies lässt sich nicht auf alle Tierhalter*innen übertragen, denn echte Tierliebe hat nichts mit Ersatzansprüchen zu tun. Echte Tierliebe versorgt das Tier mit allem, was es zu einem glücklichen Leben seiner Art auf diesem Planeten benötigt. Die Tierliebe steht im Vordergrund und nicht die Selbstliebe. Das gilt sowohl für Haustiere als auch für Tiere aus der Landwirtschaft. (Ich weigere mich den Begriff Nutztiere zu gebrauchen).

Rosenberger denkt zweigleisig, in dem er sich mit der Tierethik philosophisch und theologisch sehr gründlich auseinandersetzt. Mit dem philosophischen Blick beschreibt er, was er unter einem humanen und gerechten Umgang mit den Tieren versteht und mit dem theologischen, Tiere als gottgewollte Geschöpfe einzubeziehen. (10)

Aber wie kommt es, dass Tiere so missverstanden werden, dass wir Probleme haben, sie als fühlende und denkende Wesen anzuerkennen und sie stattdessen vom Schöpfungsplan ausschließen? Gerade die großen Denker wie z. B. René Descartes verbreitete mit seinen Lehren, die für die Tiere fatale Folgen hatten, Unwahrheiten. Er hatte sie mit Menschen verglichen und sie als vernunftlos bezeichnet, da sie z. B. nicht sprechen können, denn alle Menschen lernen sprechen, selbst Menschen mit geistiger Behinderung. Er hatte nicht berücksichtigt, dass Tiere anatomisch anders gebaut sind.

Dies beweist nicht bloß, dass die Tiere weniger Vernunft als die Menschen, sondern dass sie gar keine haben. Denn wie man sieht, gehört nur sehr wenig dazu, um sprechen zu können. Und da man unter den Tieren einer und derselben Art ebenso unter den Menschen Ungleichheit findet und die einen leichter abzurichten sind als die anderen, so ist es unglaublich, dass ein Affe oder ein Papagei, die zu den vollkommensten ihrer Art gehören, darin nicht einem der dümmsten Kinder oder wenigstens einem Geisteskranken gleichkommen würden, wenn ihre Seele nicht von einer ganz anderen Natur wäre als die unsrige. (14)

Fatale Folgen wären, die Tiere ökonomisch zu verzwecken und auszubeuten, wie wir dies von der Fleischindustrie her kennen.

Zusammen mit Thomas von Aquin und Immanuel Kant zählt auch René Descartes zu den Anthropozentrikern. Wie unterscheiden sie sich?

Während für Descartes Tiere Maschinen sind, sind sie für Aquin Instrumente.

Wenn nur der Mensch einen Geist besitzt und eine > denkende Sache < ist, dann sind die Tiere nichts als Maschinen. Man kann sie nach Belieben ausbeuten. (91) 

Für Thomas v. Aquin sind Tiere im Gegensatz zum Menschen Instrumente, weil aus seiner Sicht Tiere fremdgesteuerte Wesen seien. 

Kant dagegen ...

… hält die grundlose Quälerei an Tieren für verwerflich, > weil dadurch das Mitgefühl an ihrem Leiden im Menschen abgestumpft und dadurch eine der Moralität im Verhältnisse zu anderen Menschen sehr diensame natürliche Anlage geschwächt und nach und nach ausgetilgt wird.<  Die schmerzfreie Tötung von Tieren und ihre Nutzung als Arbeitstiere ist für ihn legitim, wären Tierversuche in der Grundlagenforschung, > martervolle physische Versuche zum bloßen Behuf der Spekulation, wenn auch ohne sie der Zweck erreicht werden könnte, zu verabscheuen sind.<  (93)

Kant bezeichnet die Tiere sehr wohl als leidensfähige Persönlichkeiten mit eigenen Bedürfnissen. (94) 

Doch selbst im Alten Testament finden sich Bibelstellen, die auf die Intelligenz der Tiere eingehen würden. Sämtliche Tierarten sind dort zu finden. Und … 

… Anders als bei Descartes wird also nicht die Intelligenz der Tiere bestritten, sondern die des Menschen. (122) 

Jesus, der sich in der Wüste zum Meditieren für vierzig Tage zurückgezogen hat, lebte dort friedlich bei den wilden Tieren. 

An welcher Stelle in der Bibel steht, dass Tiere von Gott gewollte Geschöpfe sind? 
Rosenberger zitiert einige Bibelstellen, in denen die Tiere in Erscheinung treten. In Genesis gibt es jede Menge Bibeltexte dazu, dass Tiere zum Schöpfungsplan dazugehören. Man denke dabei an die Arche Noah.

So wird Noah, der einzige Gerechte, beauftragt, von jeder Art Lebewesen zwei Exemplare mit in das Rettungsboot der Arche zu nehmen. Die Arche ist daher das Ursymbol der > schicksalhaften < Überlebensgemeinschaft von Mensch und Tier. Die Formulierung in Gen 8,1 > Da gedachte Gott an Noah und an alle (Wild-) Tiere und an alles Vieh < veranschaulicht, wie eng Mensch und Tier miteinander verbunden sind. Beiden gilt die schier grenzenlose Barmherzigkeit Gottes. Und so kann Noah zwei Vögel aussenden, die für alle Lebewesen in der Arche austesten, ob die Erde wieder bewohnbar ist. (112)

Auf diesen Seiten findet man noch mehr Belege, ich beschränke mich aber auf das Noah-Zitat. Außerdem muss man mich nicht überzeugen, ich weiß, wenn es einen Schöpfer gibt, dann sind wir in seinen Augen alle gleich, das heißt, dass auch die Tiere unsere Brüder und Schwestern sind. 

Doch wie ist es mit dem Fleischverzehr? Wie steht die Bibel dazu?

Tiere und Menschen werden gleichermaßen als BewohnerInnen der Lebensräume charakterisiert, erhalten den gleichen Vermehrungssegen und gleicherweise nur die Pflanzen als Nahrung (wenn auch die Kulturpflanzen in Gen 1,29 dem Menschen vorbehalten werden). Fleischverzehr ist in dem von Gen 1 beschrieben Idealzustand verboten. Schon die erste Schöpfungserzählung entwirft also die positive Utopie für den Umgang mit der Schöpfung ein friedliches und gewaltfreies Verhältnis zwischen Mensch und Tier. (114f)

Auf Seite 199 geht der Autor auf die Gier der Menschen ein und zitiert eine Bibelstelle, als Gott dem Volk eine moderate Fleischmenge zugesteht. Sehr langes Zitat, das ich nicht zerstückeln möchte; jeder kann bei Interesse nachschlagen und selbst lesen. 

Die Stellung der Tiere in der Bibel
Auch verweist der Autor auf die ersten fünf Bücher der hebräischen Bibel, die Tora, in denen über 20 Gebote enthalten sein sollen, die sich allein auf die Tiere beziehen. 

Natürlich kann auf ihnen allein keine Tierethik entworfen werden. Aber gewisse Grundorientierung im Umgang mit Tieren zeichnen sich unmissverständlich ab. Diese manifestieren eine doppelte Perspektive: Einerseits sind domestizierte Tiere ein wertvoller Besitz des Menschen, andererseits haben alle Tiere - wildlebende oder domestizierte - eine eigene Bedeutung als gerecht zu behandelnde Mitgeschöpfe. (119)

Ich gehe jetzt nicht näher auf Einzelheiten ein, weil es den Rahmen zu sehr sprengen würde. Wichtiger ist für mich, die Quellen der Bibel zu benennen, aus denen eine christliche und tierfreundliche Haltung zu finden ist, die ich später zur Vertiefung für mich selbst nochmals nachschlagen möchte, und hoffe, auch anderen damit etwas weitergeben zu können.

Empathie
Mit Empathie ist keine Gefühlsduselei gemeint, wie viele denken, denn viele haben eine falsche Vorstellung davon. Empathie bedeutet, mit Herz und Verstand auf sein Gegenüber einzugehen.

Einfühlung ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass wir mit den Geschöpfen gut umgehen. Sie umfasst ein möglichst gutes Wissen von den Zusammenhängen der Natur, ist aber weit mehr als nur die Kenntnis der Fakten. Sie ist die vernunftgemäß durchgearbeitete, argumentativ sich ausweisende Form der Sympathie, die über die Nächstenliebe hinausgehend Rücksicht nimmt auch auf andere Lebewesen. Einfühlung ermöglicht so erst eine wirkliche Beziehung zu anderen Geschöpfen aufzubauen und mit ihnen zu kommunizieren. Denken, Fühlen und Handeln finden in ihr zu einer Einheit. (145)

Barmherzigkeit ist das biblische Wort für die Grundhaltung, die hier gemeint ist: mit Kopf und Herz den Nächsten oder das Mitgeschöpf zu verstehen suchen und entsprechend handeln. Während aber > Barmherzigkeit < im deutschen Sprachgebrauch eher an ein sich herablassendes Helfen denken lässt, bezeichnet die Bibel mit diesem Wort eine konkrete Folge der Gerechtigkeit: Der Gerechte spürt und weiß, was sein Vieh braucht, und gibt ihm das Notwendige. (Ebd) 

Wie steht der Autor zur Tierschlachtung?
Ein paar kurze Sätze zu den Tieren in der Landwirtschaft. Der Autor lehnt das Schlachten der Tiere nicht ab, aber er ist für ein humanes Töten und für einen begrenzten Fleischverzehr. (Puh, humanes Töten bereitet mir auch Schwierigkeiten). Das bedeutet, die Tiere sollen artgerecht gehalten werden. Sie sollen das bekommen, was sie für ein glückliches Leben benötigen, und wenn die Zeit gekommen ist, sollen sie schnell und schmerzfrei in ihrer gewohnten Umgebung getötet werden. Ich habe mir auf Youtube Dokus angeschaut, wie so eine Tötung aussehen könnte. Ich lebe schon mehr mehr als mein halbes Leben fleischlos, und ich stelle mir immerfort die Frage, wenn alle aufhören würden, Fleisch zu essen, gäbe es dann noch Tiere aus der Landwirtschaft? In einer Doku wurde die Kuh nach zehn Jahren geschlachtet. Sie hatte zehn glückliche Jahre, und die Tötung ging schnell. Dennoch bleibe ich dabei, ich entziehe mich weiterhin dem Fleischkonsum und höre nicht auf, von einer Welt zu träumen, in der niemand mehr töten muss, um selbst am Leben zu bleiben. Wobei wir heute wunderbar auch ohne Fleisch auskommen könnten, wenn man die vielen Lebensmittel in Betracht zieht, die es auf unserem Markt mittlerweile gibt.

Aber ich respektiere die Sichtweise des Autors, ich prangere ihn nicht an, der immerhin 75% die Sichtweise die der Tierschützer*innen teilt. Das ist eine Menge. Wie gesagt, wenn wir das Massentöten abschaffen könnten, dann könnten die Tiere auch länger am Leben bleiben. Aber das entscheiden allein die Konsument*innen, ob sie bereit sind, mehr für gutes Fleisch auszugeben. Und dafür weniger davon zu essen.

Meine Meinung dazu
Wenn wir alle als eine universale Familie gelten, dann dürften wir niemanden töten. Darf man Geschwister töten? Eigentlich nicht. Wenn die Tiere auf der gleichen Stufe stehen wie wir Menschen, dann dürfte man sie auch nicht töten. Töten ist für mich nicht christlich. Wir töten ja auch keine Menschen, obwohl man dessen Fleisch auch verzehren könnten. Sind Tiere uns ebenbürtig oder nicht? Deshalb sollte das Töten abgeschafft werden.

Cover und Buchtitel 

Fand ich beides sehr gut getroffen. Auch wenn mir bewusst ist, dass dieser Traum, der im Titel steckt, noch ein langer Weg sein wird, bis dieses Ziel erreicht wird. Ich weiß gar nicht, ob ich wirklich daran glaube, aber jede kleine Errungenschaft ist schon ein Weg dorthin. 

Meine Identifikationsfigur
Auch wenn dies ein Sachbuch ist, habe ich dennoch meine Identifikation finden können, wenn auch anders als bei einem belletristischen Buch. Ich habe mich nämlich mit dem Buchtitel identifizieren können, denn dieser Traum ist ganz tief in meiner Seele verankert. Wie für mich gemacht.

Wie kam das Buch zu mir?
Durch Internetrecherche, da mich das Leid der Tiere wieder und wieder beschäftigt hatte, und ich wissen wollte, weshalb gerade Menschen, die sich Christ nennen, so wenig Anteil daran nehmen und ich mir die zusätzliche Frage gestellt habe, welche Stellung die Tiere tatsächlich im Christentum haben?

Mein Fazit
Ein wundervolles gut recherchiertes Buch mit so viel Sachkenntnis und gleichzeitig mit viel Empathie und Liebe geschrieben. Es vermittelte mir jede Menge Aha-Erlebnisse, sodass in mir erneut das Interesse zur Bibel geweckt werden konnte. 

Ich fühle mich beschenkt und viele Fragen konnte er mir dadurch beantworten. Vor allem finde ich es schön, dass ich nun Quellen habe, die ich selbst in der Bibel nachschlagen kann, wenn ich weiter auf den Spuren des Autors wandeln möchte, um sie im nächsten Schritt zu vertiefen. Auch wenn ich nicht bibeltreu lebe, man kann ein guter Mensch auch ohne diese werden, aber es ist zumindest gut zu wissen, wo was in der Bibel steht, damit ich kontern kann, wenn es immer mal wieder Thema werden sollte. 

Deshalb geht es in die Phase II, die Bibel nochmals herauszurücken, und alle Bibelstellen, die der Autor mir hinterlassen hat, nachzulesen und mir auch selbst meine Gedanken dazu machen.

Abschließen möchte ich nun mit einem Zitat:

> Dass das kostbarste Gut im Lebenshaus der Schöpfung das glückende Leben aller Lebewesen ist, entfaltet Gen-1,29 f mit einem Friedensbild, das wir gerade heute als fortschrittskritisches Paradigma meditieren und konkretisieren müssen ... Der zentrale Punkt dieser Utopie ist ein Zusammenleben aller Lebewesen ohne Gewalt. < (221)  

Sachbuch

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck und Verständlichkeit
2 Punkte: Sehr gute Umsetzung der Thematik.
2 Punkte: Sehr gute aufklärerische und kritische Verarbeitung
2 Punkte: Logischer Aufbau, Struktur und Gliederung vorhanden.
2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

 12 von 12 Punkte

Videos aus Youtube zum humanen Töten.



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Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein kleinwenig besser machen.
(Charles Dickens)

Gelesene Bücher 2020: 18
Gelesene Bücher 2019: 34
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich lese mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)

Die Herkunft eines Menschen

Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.


Donnerstag, 1. Oktober 2020

Michael Rosenberger / Der Traum vom Frieden zwischen Mensch und Tier

 Klappentext  

Tiere haben teil an der Auferstehung und am ewigen Leben, auch sie sind gesegnet und frei in der Liebe Gottes geboren. Aufgrund dieser Prämisse können und dürfen wir Tiere als gleichwertige Mitgeschöpfe wahrnehmen und damit endlich ein glückliches, würdevolles Miteinander leben.

Gleichgültigkeit oder Grausamkeit gegenüber anderen Geschöpfen dieser Welt überträgt sich immer auf die Weise, wie wir unsere Mitmenschen behandeln und wie unsere Beziehung zu Gott ist. Insofern ist die Mensch-Tier-Beziehung der Gradmesser jeglicher Moralität. Mit der Erfüllung des Traums vom Frieden zwischen Tier und Mensch ist also sowohl den Tieren, als auch darüber hinaus ganz besonders den Menschen geholfen. Nur so kann es ein Miteinander aller Lebewesen geben, das von Achtung und wahrer Wertschätzung geprägt ist

Autorenporträt

Prof. Dr. Michael Rosenberger, geb. 1962, lehrt Moraltheologie an der KTU Linz. Seit 2004 ist er Mitglied der Gentechnik-Kommission beim österreichischen Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und Umweltsprecher der Diözese Linz. Er leitet die „Interdisziplinäre Arbeitsgruppe zur Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung“.

Meine ersten Leseeindrücke

Erst dachte ich, ich erfahre nichts Neues in dem Buch, und merkte, wie mein Interesse abzuflauen begann. Glücklicherweise blieb ich aber geduldig, und bin froh darum, da es mich nun nach mehreren Kapiteln richtig anzieht, es weiter zu lesen. Es wäre sehr schade gewesen, wenn es nicht zu dieser Wende gekommen wäre, da ich mich schon allein mit dem Buchtitel identifiziert hatte.

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Broschiert : 240 Seiten, 19,- €

·         ISBN-10 : 346637135X

·         Herausgeber : Kösel-Verlag (23. November 2015)

 

Hier geht es zu der Verlagsseite von Kösel..


Hier geht es zur Buchbesprechung. 


Samstag, 26. September 2020

Marcel Proust und seine Angst vor Ideenräubern

Wieder jede Menge Gedanken zu seinem Pariser Roman. Proust bittet die

Briefpartner*innen immer wieder um Stillschweigen, da er befürchtet, auf Ideenräuber zu stoßen und ausgeplündert zu werden 💓.

An Alfred Vallette
Mitte August 1909, Proust 38 Jahre alt

Dieser Brief hatte übrigens die Besonderheit, wenn schon leider höchst belanglos, so doch zugleich äußerst vertraulich zu sein. Ob meine Vorschläge Ihnen zusagen oder nicht, ich bitte Sie, Sie wenigstens in einem Punkt geheim zu halten. Sie werden gleich sehen, warum. Ich beende ein Buch, das trotz seines vorläufigen Titels gegen Saint Beuve, >Erinnerungen an einem Vormittag< ein echter Roman ist, und zwar in manchen Teilen ein höchst unsittlicher. Eine der Hauptfiguren ist ein Homosexueller. Und ich zähle darauf, dass Sie dies buchstäblich geheim halten. Würde es vor Erscheinen des Buches bekannt, dann würden zahlreiche treu ergebene und furchtsame Freunde mich bestürmen, nur ja darauf zu verzichten. Außerdem denke ich mir, dass in alldem (mit Verlaub!) Neues steckt, und ich möchte nicht von anderen ausgeplündert werden. (607)

Auch an Geneviève Straus spricht er über sein umfangreiches Buch, das er ihr als beendet bekannt gibt. Damals war ihm selbst noch nicht bewusst, dass zu diesem Band noch sechs weitere Folgen anschließen sollten.

An Geneviève Straus
Mitte August 1909
Cabourg

Ich möchte nicht, dass Sie die schon oft geäußerten, aber diesmal vielleicht ernster zunehmenden Drohungen allzu ernst nehmen, glaube jedoch, dass Sie mich dieses Jahr recht häufig in Paris sehen werden. Und zuvor werden Sie mich lesen - und zwar mehr, als Ihnen lieb ist - denn ich habe vor kurzem ein langes Buch begonnen - und beendet. Leider hat die Reise nach Cabourg meine Arbeit unterbrochen, und ich muss mich erst wieder daransetzen. Vielleicht erscheint ein Teil davon in Fortsetzungen im Figaro, aber nur ein Teil. Denn es ist zu unschicklich und zu lang, als dass man es insgesamt herausbringen könnte. Aber ich möchte damit zu Ende, ans Ziel kommen. Wenn alles fertig ist, bleibt noch viel umzuarbeiten. (611f)

Da ich ja alle Bände dieses Pariser Romans gelesen habe, finde ich es jetzt richtig spannend an der Entstehung, wenn auch nur geistig beteiligt zu sein. Es fühlt sich gut an zu erleben, wie diese Größe an Kunstwerk entstanden und welche Entwicklung es durchlaufen ist.

In der Fußnote geht hervor, dass es hier schon Zyklen zu Swanns Liebe zu erkennen gab. Ich denke, dass Proust selbst noch nicht ahnte, dass seine Arbeit sich zu einem Jahrzehnte langes Werk entpuppen wird.

In diesem Brief werden auch Weisheiten ausgetauscht. Und darüber, wie sich sein Schriftstellerfreund Robert de Montesquioi sich in Paris neu eingerichtet haben soll, und bringt einen Vergleich mit Romanen.

Wir glauben, wir sind hübscher Häuser überdrüssig, weil alles gleich ist und uns langweilt. Aber damit steht es wie mit den Romanen, wir sind sie leid bis zu dem Tag, da ein originelles Buch erscheint, das uns wieder aufnahmebereit und leselustig macht. Ich bin sicher, dass die ganze ausgesuchte geschmackvolle Einrichtung Ihnen sehr gefallen würde und dass es ihm große Freude machen würde, sie Ihnen zu zeigen. Denn er hat die ganz schlichte Natur wahrer Künstler, und wenn nur sehr wenige Menschen ihm gefallen können, so gefällt ihm an diesen wenigen alles. Sie kennen La Bruyères Ausspruch: >Mit geliebten Menschen zusammen sein, mit ihnen sprechen, nicht mit ihnen sprechen - das bleibt sich gleich, wenn man nur mit ihnen zusammen ist< (ich zitiere sehr ungenau). Das ist leider ein Vergnügen, das ich nicht habe, ich bin nie mit den Menschen zusammen, die ich liebe. in Paris habe ich wenigstens den Trost, nicht mit denen zusammen zu sein, dich ich nicht liebe, in Cabourg habe ich ihn nicht. (612)

Damit äußert Proust auch seine Unzufriedenheit mit den gegenwärtigen Kontakten, weshalb er Jean de La Bruyère dabei zitiert. Der französische Moralist und Schriftsteller Jean de La Bruyère ist 1645 in Paris geboren und 1696 in Versailles gestorben.

Proust sehnt sich nach geliebten Menschen. Ich denke immer noch, dass ihm seine 1905 verstorbene Mutter sehr stark fehlt. Sie war ihm einfach eine seelische Stütze, sowohl in seinen geistigen Aktivitäten als auch wenn er krank war.

 Zurück zu seinem Pariser Roman, über den er mit einem weiteren Freund spricht und zeigt, wie groß sein Bedürfnis ist, sich darüber mitzuteilen. Und auch hier bittet er um Vertraulichkeit.

An Georges de Lauris
Anfang Dezember 1909

Was die Diskretion betrifft, so können Sie sehr gern sagen, dass ich Ihnen den Anfang meines Buches zu lesen gegeben habe, und falls jemand finden sollte - worauf ich mir keinerlei Hoffnung mache!-; dies sei ein exklusives Privileg, so erklärte und betone ich nur allzu gern meine Vorliebe für Sie. Worum ich Sie bitte, ist, dass sie weder das Thema noch den Titel weitererzählen, kurzum nichts, was Einblick verschaffen könnte (…). Aber außerdem will ich weder bedrängt noch belästigt, weder erahnt noch überholt, weder kopiert noch kommentiert, weder kritisiert noch geschmäht werden. Wenn mein Denken und sein Werk vollendet hat, wird immer noch Zeit sein, der Dummheit der anderen das Feld zu räumen! (618f)

Was meint Proust damit? Ist sein Werk nur gut, wenn er auf positive Stimmen stößt, und dumm sind die Leser*innen, die es kritisch beäugen? Wie kritikfähig ist Proust selbst?

Wenn ich an meine eigenen Schreibtexte denke, war ich mein strengster Richter gewesen, der mir dadurch viel Kraft geraubt hat, bis ich das Schreiben aufgeben musste. Rückblickend betrachtet hätte es mir gutgetan, mit einem liebevolleren Blick darauf zu schauen. Bei Proust denke ich allerdings ganz häufig, dass er zu geschwollen daherredet. Viel zu viele Worthülsen, wo ich mir mittlerweile nicht mehr sicher bin, ob er sie auch wirklich ernst meint. Im Grunde will er immer nur Gutes über sich reden hören. Psychologisch betrachtet grenzt dieser Charakterzug schon gewaltig an Selbstsucht, ohne seine Schreibkunst schmälern zu wollen.

Weiter geht es hoffentlich nächstes Wochenende von Seite 630 - 640.

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Proust Zitate

Man kann nur über das gut schreiben,
was man liebt.
(Marcel Proust zitiert Ernest Renan)

Kennzeichen wahrer Originalität ist,
über ein nichtssagendes Thema nichts zu sagen.
(Brief an Georg de Lauris)

Es genügt, mit den Menschen zusammen zu sein, die man liebt; man kann träumen, mit ihnen sprechen, nicht mit ihnen sprechen, an sie denken, an unwesentlichere Dinge denken, in ihrer Gesellschaft ist das alles gleich. Wenn man mit den Menschen zusammen ist, die man liebt, ist es ganz gleich, ob man mit ihnen spricht oder nicht.
(Marcel Proust zitiert 
Jean de La Bruyère)


Montag, 21. September 2020

Raffaella Romagnolo / Bella ciao (1)

 Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Foto: Italienisches Buchcover

Ein Buch, das nach Leben und Menschlichkeit schreit

Ich habe viel über dieses Buch schon während des Lesens nachgedacht, dass ich gerne darüber schreiben möchte. Es ist mit so vielen Post it beklebt, dass es mir zeigt, mit wie viel Facetten mich diese Lektüre doch begleitet hat. Ich werde leider nicht alle Buchseiten bearbeiten können und stehe vor einer schwierigen Entscheidung.

Es gibt so viele Szenen, die mich innerlich beschäftigt haben, dass ich sie unbedingt hier festhalten möchte. Wie soll man sonst über ein Buch sprechen, wenn man so viele Gedanken unterdrücken muss??? Ich schreibe gerne, und ich denke gerne, das bin ich, wenn ich mich durch eine so gute Lektüre wie diese ausdrücken darf und mir keine Verbotsschilder aufgesetzt werden. Schweigen kann ich später in meinem Grab, wenn mein Leben vorbei ist. Ich lese, also bin ich …

Wer inhaltlich im Vorfeld nicht so viel erfahren möchte, bitte ich nur die Buchvorstellung zu lesen, mit der man sich hier weiter unten verlinken kann ... Wer aber Dinge über Italien lesen möchte, die bislang weitestgehend unbekannt waren, lade ich zum Weiterlesen ein. Es bleiben trotzdem noch viele wichtige Punkte übrig, die ich hier unerwähnt gelassen habe.

Ich nutze durch Romagnolo die Gelegenheit, zu ihrem Buch an mein Wissen anzuknüpfen, das ich durch verschiedene Fachbücher zu Italien mir erworben habe.

Und am Ende der Buchbesprechung verlinke ich zu einem amerikanischen Spielfilm mit dem Titel Im Teufelskreis der Armut, den man sich kostenlos anschauen kann. 

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Handlung gebe ich sprunghaft wieder, wie ich dies beim Lesen erlebt habe.

Die Heldin dieses epochalen Familienepos ist Giulia Masca, die als ganz junges Mädchen schwanger von zu Hause ausgebrochen ist. Sie hat all ihre Ersparnisse zusammengekratzt und sich auf ein Schiff nach Amerika begeben. Geschuldet war die Flucht nicht der Schwangerschaft, sondern dem Partner Pietro Ferro, der sich mit einem anderen Mädchen namens Anita Leone zusammengetan hat. Pietro und Giulia kennen sich seit frühster Kindheit und waren sicher, wenn sie groß sind, würden sie gemeinsam in den Bund der Ehe treten ...

Die Handlung beginnt in New York, als Giulia über ihre Vergangenheit im italienischen Piemont reflektiert. Es ist das Jahr 1946. Giulia ist 1901 von zu Hause abgehauen, ohne ein Sterbenswörtchen der Mutter zu hinterlassen. Der Vater, der unter einer Alkoholsucht litt, kam ums Leben, als Giulia gerade mal acht oder neun Jahre alt war. Die Handlung bewegt sich in der Erzählweise im Wechsel zwischen Borgo di Dentro und New York ...

Das Schicksal wollte es anders. Giulia ging nun nicht die Ehe mit Pietro ein, sondern mit einem nach Amerika eingewanderten Italiener namens Libero Manfredi, der doppelt so alt ist wie Giulia selbst. Während Manfredi vorurteilslos sich dem jungen schwangeren Mädchen annimmt, wird Giulia von dessen Familie als Hure verspottet … Als Giulias Kind auf die Welt kommt, nimmt Manfredi diesen Sohn wie einen eigenen an und gibt sich als seinen Vater aus. Manfredi ist Krämer von Beruf. Er ist ein Illiterat, hat nur Rechnen gelernt. Als Krämer hat er es dennoch geschafft, sich in Amerika durch mehrere Läden einen Namen zu machen. Verkauft werden viele italienische Produkte.

Pietro ging hingegen die Ehe mit Anita ein, die zur selben Zeit schwanger wurde wie Giulia. Beide junge Frauen fühlten sich zu Pietro hingezogen, nur wusste die ahnungslose Giulia dies nicht.

Als sie wortlos verschwand und sie nicht wiedergefunden werden konnte, plagten Anita und Pietro stille Schuldgefühle.

 Auch Anita bringt einen Sohn zu Welt, der den Namen Nico erhält ...

Ihren Mann Pietro verliert Anita im Zweiten Weltkrieg. Später auch ihren Sohn, indem er von deutschen Soldaten tödlich verletzt wurde.

Giulia ist aber durch die Flucht auch der Armut und der harten Arbeit entronnen. Sie stammt wie viele ihrer Landsleute aus ärmlichen Verhältnissen, die weder lesen noch schreiben konnten. Die Reichen im Land übten Druck auf die Kleinen aus und ließen für einen Hungerlohn für sich arbeiten. Trotz der Schulpflicht wurde Giulia nach drei Grundschuljahren von der Bildungseinrichtung genommen, um zusammen mit ihrer Mutter in einer Seidenspinnerei zu arbeiten. Durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte sind die Menschen unzufrieden und es kommt zu schweren politischen Unruhen und Krawallen. Die Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Freiheit und Gleichheit, nach Barmherzigkeit ist groß, wofür die Menschen bereit waren zu kämpfen…

Giulia fragt sich häufig, ob sie mutig war, einfach auszubrechen oder war sie nur zu feige, ihre Konflikte zu klären und auszutragen?

Nach über vierzig Jahren kehrt Gulia mit ihrem erwachsenen Sohn Michele für drei Wochen nach Piemont zurück und hofft, ihre Mutter, Pietro und Anita wieder zu sehen … 

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Es waren recht viele Szenen, die mich beim Lesen sehr traurig und nachdenklich gestimmt haben. Ich entscheide mich für drei folgende Episoden, die ich hier gerne niederschreiben möchte.

Episode 1- Giulias Bruch mit ihrer Nation und der Mutter
Sehr traurig fand ich den plötzlichen Abbruch Giulias zu ihrer Mutter. Giulia selber ist mit ihrem Gewissen geplagt, weshalb sie nie den Namen ihres Mannes hat annehmen können. Sie trug auch nach der Heirat noch ihren Mädchennamen Giulia Masca.

>Ich bin nicht du, Mama< Hat sie es deshalb nie geschafft, sich ganz als Giulia Manfredi zu fühlen, oder auch einfach als Giulia? War sie zu sehr damit beschäftigt, mit Assunta zu streiten, sogar aus 6500 km Entfernung? Zu viel Wut. >Mama, hörst du mich? Ich bin nicht du!< (2019, 193)

Giulia hatte versucht, von Amerika aus erneut Kontakt zur Mutter aufzunehmen, hat ihr ein Foto ihres Sohnes geschickt, eine Einladung und Geld, damit sie sie in Amerika besuchen könne. Assunta Masca war so gekränkt, dass sie die Briefe unbeantwortet ließ, sie nahm lediglich das Geld heraus, um damit für ihr späteres Begräbnis zu sparen.

Im Laufe der Jahre musste die mittlerweile Identität geplagte Amerikanerin erkennen, dass ihre Mutter einen harten Überlebenskampf führen musste. Giulia begann zu verstehen, dass die Mutter keine böse Natur war, sondern nur arm.

Assunta hat getan, was sie konnte, das weiß Giulia jetzt. Es gibt keine Rechnungen zu begleichen, es gibt nichts zu verzeihen. Alle tun wir unser Bestes. (514)

Einen schönen Satz hat Romagnolo geschrieben, den ich unbedingt festhalten möchte, der allen anderen Familien Mut machen soll: Familie heißt, füreinander da sein. Leider finden die meisten Zerwürfnisse ganz besonders in Familien statt, die häufig bis zum Tod unversöhnt bleiben, wie ich dies aus meiner psychiatrischen Berufspraxis von meinen Klient*innen heraus kenne und erfahren habe. Auch die Seniorenheime sind voll von alten Menschen, bei denen der Kontakt von den Kindern aus unterschiedlichsten Gründen abgebrochen wurde, und so vereinsamen die alten Leute vor sich hin. Ebenso im Freundeskreis gibt es Fälle dieser Art.

Episode 2 – Libero Manfredis depressive Krise
Giulias Mann sollte einberufen werden, der Zweite Weltkrieg war ausgebrochen. Libero Manfredi bestand die medizinische Untersuchung nicht, da er Analphabet war und wurde als imbezil eingestuft. Er wurde dadurch ausgemustert und wieder zurückgeschickt. Er fiel in eine schwere depressive Krise, lag apathisch im Bett, verlor jegliches Interesse am Leben. Giulia ging das sehr nahe und meinte, dass niemand das Recht habe, einfach stehen zu bleiben, „denn Gehen heißt Leben“. Gehen heißt Leben und das Beste aus seiner Lage machen …

>Niemand hat die Freiheit, einfach stehen zu bleiben, nicht wahr, Miss Liberty?< (131)

Keine Wertschätzung vonseiten Amerika, das bekannt ist als das Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten, wofür die Freiheitsstatue steht, vor der Giulia ihren Gedanken nachgeht. Dass Manfredi trotz der Bildungsarmut dennoch ein erfolgreicher Geschäftsmann wurde, galt in Amerika nicht als nennenswerter Erfolg.

Episode 3 – Pietro Ferro im Krieg
Pietro ist im Krieg und ist kriegsmüde und sehnte sich nach seiner Frau Anita. Er möchte ihr einen Brief schreiben, und es fehlen ihm aber die richtigen Worte. Es fällt ihm schwer, ihr zu schreiben, wie es ihm wirklich geht, wie schrecklich dieser Krieg doch sei. Er möchte seine Frau nicht beunruhigen. Im Graben liegt ein toter deutscher Soldat. Pietro findet bei ihm einen Liebesbrief an dessen Frau. Er ist angetan von seinen Worten und möchte am liebsten diesen Brief stehlen und seiner Frau schicken. Aber da stehen auch Worte von Vaterlandsliebe, die Pietro am liebsten auslöschen würde, da er dieses Gefühl selbst nicht kennen würde.

Diese Episode hat mich tief berührt, dass der italienische Soldat betäubt vom Krieg einen Brief stehlen wollte, die Worte stehlen, die der deutsche Soldat an seine Frau gerichtet hatte. Und die These zur fehlenden Vaterlandsliebe, wo doch viele hier denken, dass die Italiener*innen alle stolz auf ihr Land aufsehen, was aber in Wirklichkeit nicht stimmt. Weiter unten habe ich geschrieben, warum die Italiener*innen Identitätsprobleme haben. Nicht nur wegen der schwachen italienischen Regierung seit eh und je …

Welche Szene hat mir gefallen?

Es gibt zwei Episoden angelehnt an Zitate …

Episode 1 – Giulias Schulerfolg – Die Anerkennung ihrer Familie

Am letzten Schultag stehen sie alle beide draußen. Er nüchtern, rasiert, in sauberem Hemd, sie im Sonntagskleid, mit glänzenden Stiefelchen und einem Schildpattkamm im Haar. Es sind noch andere Eltern da, wegen der Zeugnisse. Sie setzten sich zu dritt auf die Stufen, Giulia in der Mitte. Sie liest ihnen vor: Drei, Zwei, viele Einsen, doch die beiden sahen sie zweifelnd an. 

In dem Augenblick tritt Primo Leone mit Anita an der Hand zu ihnen. Er will die Noten sehen, wirft einen raschen Blick darauf, macht große Augen, um sie zu belustigen, und drückt ihr zum Schluss die Hand, wie es unter den Großen Brauch ist: >Meine Hochachtung, Signorina Masca. Sogar in Rechnen eine Eins!<

Die Piazetta leert sich, auch der Herr Lehrer (…) geht davon, nickt ihrer Mutter zu und zieht vor dem Vater den Hut. Als sie allein sind, holt Erminio Masca ein größeres Päckchen aus der Tasche. >Zur Feier des Tages<, sagte er. >Du kannst doch so gut rechnen, teil es gerecht auf.<

Auf ihren Knien faltet Giulia das Päckchen auseinander und zählt im Kopf siebenundzwanzig glasierte Haselnüsse. Dann sagt sie ganz leise, als wäre der Lehrer noch dabei: > ja, ist teilbar<, und macht drei Häufchen von je neun. Sie ist so aufgeregt, dass sie nicht einmal herausbringt: > Bitte sehr, nehmt Euch.< Sie blickt auf das greifbare Ergebnis aus Zuckerglasur, mustert aus dem Augenwinkel die gerade Linie des frisch gestutzten Schnurrbarts ihres Vaters und die Handschuhe, die die Mutter aus der Kommodenschublade gefischt hat, um ihre verunstalteten Finger zu verbergen: (Die Finger waren durch die harte Arbeit in der Seidenraupenspinnerei entstellt, Anm. d. Verf.) Sie möchte für immer so bleiben, in diesem Augenblick vollkommenen Glücks, während die Menschen, in ihre Geschäfte und Gedanken vertieft, ahnungslos vorübergehen. Doch dann hat Assunta einen Handschuh ausgezogen, Erminio Masca hat sich eine Haselnuss genommen, und alles war zu Ende. (345)

Obwohl die darauffolgenden Sätze den Tod des Vaters ankündigen, woran, ist im Kontext nicht festgelegt, fand ich diese Szene, den Schulerfolg durch die Eltern mitgetragen zu haben, als eine zwar nur kurzlebige Glückseligkeit, dennoch wunderschön. Ich habe noch lange daran gezehrt. Zu schön, sich vorzustellen, wie sich die Eltern für die Tochter rausgeputzt haben. Und dass der eigentlich alkoholisierte Vater doch einen sehr weichen Kern besaß, wie man dies bei vielen männlichen Alkoholikern beobachten kann. Sie trinken aus purer Verzweiflung durch schwierige Lebensumstände, mit denen sie nicht fertig werden. (336)

Episode 2 – Der weinende Arzt und die Vergebung
Doktor Costa muss im Beisein von Anita, die durch die Todesfälle in ihrer Familie schon vorbelastet ist, Pietros älteren Bruder Achille Ferro, der den italienischen Partisanen sich angeschlossen hatte und von den Feinden erwischt und übelst zugerichtet wurde, eine Todesspritze setzen lassen, um diesen von dem Leid zu erlösen, da er nicht mehr zu retten war. Der Arzt konnte auch Anitas Sohn Nico nicht mehr retten, was ihm zu schaffen macht.

>Glauben Sie mir? Sie müssen mir glauben, Anita< Schwarzhemd, Kniehosen. Die Arroganz. Anita bringt keine Antwort heraus.

Der Arzt schlug die Hände vors Gesicht. >Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid<, schluchzte er, und Anita begreift, dass dieses Weinen alles enthält, was der Arzt nicht mit Worten ausdrücken kann: seine Jugend und die von Nico, die Entscheidungen, der Zufall, das Schicksal.

Sie tritt zu ihm, nimmt seinen Kopf zwischen die Hände, und er klammert sich an ihre Rockschöße.

Seine Schultern beben. Sie lässt ihn sich ausweinen, streicht über seine schütteren Haare. Auch Nico wären sie ausgegangen, alle Ferros bekommen früh kahle Schläfen. Sie denkt an die jungen Widerstandskämpfer, zu denen der Arzt nachts hinaussteigt, um sie zu behandeln. Dutzende. Sie denkt an Gatto und an Hamlet. Kleine Tränen der Erleichterung rollen über ihre Wangen. Ihr wird leicht ums Herz, sie fühlt, wie der Hass, der sich in all den Jahren abgelagert hat, sich auflöst, wie angetrocknete Seife und fortgespült wird. Ist das die Vergebung, von der die Pfarrer sprechen? Dieses unvermutete Vermächtnis füreinander, diese Verbindung zwischen dem, der vergibt, und dem, dem vergeben wird? (492)

Welche Figur war für mich Sympathieträgerin?
Am Ende waren es Anita und Giulia, aber auch Giulias Sohn Michael und Libero Manfredi. Auch Adelhaid fand ich sympathisch, die sich als Frau für Politik interessierte. Sie sich in Männerkleidung begab, um für das Land mitzukämpfen. 

Welche Figur war mir antipathisch?
Alfonso Risso, der hinterhältig war und mit einem Fußtritt einen Hund der Leonis getötet hat.

Meine Identifikationsfigur
Es hat lange gedauert, bis ich mich in eine der Figuren habe spiegeln können. Ich sah mich anfangs in Anita, doch erst am Ende war ich mir sicher, dass sie es ist, deren Namen ich hier festhalten möchte. Anita Leone-Ferro.

Cover und Buchtitel
Den Titel Bella ciao fand ich unpassend. Besser finde ich den Originaltitel Destino – Schicksal.


Bella ciao ist nichtsagend, auch wenn der Titel auf der Seite 509 in die Nationalhymne gepackt wird, sodass ich im Internet mir die gesamte Nationalhymne runtergeladen habe, und habe dort allerdings nirgends etwas von „Bella ciao“ entnehmen können. Das Cover von der Büchergilde finde ich etwas zu bunt, aber die Idee, beide Staaten, Italien und Amerika, auf den Kopf zu stellen, soll die Gegensätze aufzeigen, finde ich künstlerisch gelungen, wenn es aber auch viele Gemeinsamkeiten gibt, die man auch mal ruhig in den Fokus hätte rücken können.

Das Cover von Diogenes finde ich für mich ansprechender, wobei die Figur darauf sicher die Hauptfigur Giulia Masca darstellen soll. Aber warum dunkelhaarig? Giulia hat blonde Haare und blaue Augen. Überhaupt fand ich es schön, dass die Figuren im Buch bunt waren, es gab auch Rothaarige. Figuren mit blauen

und grünen Augen, große und kleine Italiener*innen. Warum dürfen Italiener*innen nicht blond … und hellhäutig sein? Warum halten ausländische Verlage so an diese Stereotypen fest? Selbst meine Herkunftsfamilie, die nicht aus dem Norden Italiens kommt, ist bunt gemischt. Viele Blondhaarige, viele mit blauen und grünen Augen, nicht alle haben schwarze Augen bzw. schwarze Haare. Warum darf Vielfalt im Süden nicht sein? Sowohl im Auftreten als auch von der Genetik her werden sie immer als Exoten dargestellt. Ein Schwarz-Weiß-Bild, das ich in meiner Familie nicht bestätigen kann. Hell ist der Norden Europas, dunkel der Süden. Doch auch der Norden ist bunt und ist keineswegs nur hell. Es wird ein Wunschbild kreiert, wie man sich wünscht, wie Menschen aus anderen Ländern auszusehen haben. Und diese Bilder sind fest in den Köpfen der Leser*innen programmiert. Man verbindet damit auch bestimmte Verhaltensweisen, wie z. B. Heißblütigkeit, u. a. negative Attribute.

Verbrecher und Kriminelle werden zum Beispiel meist dunkelhaarig dargestellt. Die Hellen werden häufig als sanft und sensibel beschrieben. Ich bin froh, Romagnolo gelesen zu haben, denn in ihrem Roman gibt es auch weinende, italienische Männer. Selbst in meiner Familie gibt es sehr sensible Männer, die in belastenden Situationen durchaus Tränen vergießen können. Nicht alle sind hart gesottene Machos. Aber will man solche Männer? Hier in Deutschland werden sie als Weicheier beschimpft.

Woher mein kritischer Blick? 
Durch mein Hauptstudium der Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt, als ich damals neben meinen anderen Nebenfächern auch das Fach der Migrationspädagogik mitbelegt hatte, wurde uns Student*innen der Blick geschärft, Bilder in der Literatur, auch durch Wort und Schrift gegenüber den Personenbeschreibungen kritisch anzugehen. Selbst in Schulbüchern ist häufig versteckter Rassismus verbreitet. Kinder werden frühzeitig geimpft, in dem sie Migrant*innen mit bestimmten Mustern im Wir und Ihr-Modus dargestellt bekommen, die zusätzlich ausgrenzende Wirkungen erzeugen sollen. Türken wurden in Schulbüchern häufig der Berufsgruppe Müllabfuhr, Türkinnen waren Putzfrauen, Italiener waren Pizzabäcker, etc. während Deutsche in akademische Berufe gepackt wurden. Dies ist sicher auch ein Grund, weshalb sich keine italienischen Akademiker*innen in Büchern zu Italien finden lassen, die von deutschen Autor*innen geschrieben werden. Es ist schwer, sich mit diesen stereotypen Bildern im Kopf z. B. eine*n italienische Wissenschaftler*in etc. vorzustellen.

Zum Schreibkonzept
Das Buch ist auf den 518 Seiten in drei Büchern mit insgesamt neun Kapiteln gegliedert. In manchen Kapiteln findet man weitere Überschriften, die thematisch aufgebaut sind. Die Erzählform hat reflektierenden Effekt. Außerdem besitzt die Lektüre eine gut verständliche Sprache. Manchmal allerdings bedient die Autorin auch Fäkalbegriffe, die wahrscheinlich gewollt sind, um die Misere Italiens besser verdeutlichen zu können. Für Scheiße hätte man aber auch den Begriff Kot einsetzen können. Hätte für mich denselben Effekt, klingt nur nobler. Aber diese primitiven Begriffe sprengen keineswegs den Rahmen.

Auf der ersten Seite schenkt uns die Autorin zwei wunderschöne einleitende Verse zu ihrem Roman.

Auch findet man zu Beginn jedes neuen Buches einen Stammbaum der Familien Leone, Masca und Manfredi. Separat dazu Namen anderer Figuren. Am Ende des Buches ist eine Anmerkung der Autorin abgedruckt, die beschreibt, wie sie zu ihrem Erzählstoff gelangt ist.

Meine Meinung
Nach dem Ende des Buches weiß ich noch nicht mit absoluter Sicherheit zu sagen, wie ich zu der Autorin Raffaella Romagnolo stehen soll, die immerzu von Italien spricht, aber die Grenzen bis nach Piemont gezogen sind. Es gibt noch nicht einmal die Hauptstadt Rom, in der von dort aus seit der Staatsgründung von 1861 sämtliche politische Fäden gesponnen wurden. Vor dieser Zeit war Italien in mehreren Staaten gesplittet. Florenz hatte zum Beispiel eine eigene Festung, fremd war jeder, der nicht dieser Bastion angehörte. Durch die gewaltigen Machtkämpfe aus anderen europäischen Länder wie z. B. das Eindringen durch Österreich in den Norden, der Süden wurde sogar von arabischen Ländern fremdbesetzt, haben sich die vielen italienischen Kleinstaaten zusammengetan und gründeten ein großes Staatsgebiet, um sich gegen die Fremdherrschaft oben wie unten besser schützen zu können. Aber eine Liebe zwischen diesen Staaten konnte als ein geeintes Italien nie wirklich erworben werden. Zu groß waren die Vorurteile, zu groß der Ressentiment unter den vielen kleinen Staaten, die zu einem einzigen Volk Italiens hätten zusammen wachsen sollen …

Wenn auf diesen Buchseiten mal über eine Figur aus Süditalien geschrieben wird, dann eher auf eine recht abfällige und rassistische Form durch die Romanfigur Giulia Masca. Es herrschen hier dieselben rassistischen Vorurteile, wie man sie von anderen Ländern zu Italien her kennt. Giulia befindet sich in Manhattan, als sie folgenden Gedanken spinnt:

In der Wohnung im 1. Stock wohnen jetzt acht kürzlich angekommene Kalabresen, vielleicht auch neun, Mrs. Giulia Masca ist sich nicht sicher Sie vermehren sich rasch. Ungebildete Italiener, Analphabeten mit zu vielen Kindern (…), (37).

Klagte sie doch über die Bildungsarmut ihres eigenen Landes, auch ihre Mutter war Analphabetin, ihr Mann Manfredi ist es, hackt sie nun auf die Süditaliener, ohne zu wissen, was das tatsächlich für Leute sind. Das war oder ist sogar noch italienischer Alltag zwischen Nord und Süd und dies hat Romagnolo in dieser einzigen Szene sehr gut darstellen können.

Auch Äußerlichkeiten verwenden Norditaliener*innen dieselben Stereotypen wie die Deutschen. Die Süditalien*innen werden alle als dunkelhäutig und schwarzhaarig abgebildet. Dabei sind sie durch das milde und heiße Klima eher sonnengebräunt.

Auf nur 518 Seiten ein Familienepos über italienische Geschichte zu schreiben, finde ich für jemanden, der sich mit dieser Materie nur wenig auskennt, eine Überfrachtung. Zu große Zeitsprünge hin und her, während Menschen, die in dem Land groß geworden sind und in der Schule italienische Geschichte gelehrt bekommen haben, es sicher leichter haben, sich in dem Buch historisch zu orientieren. Mir hat in der Erzählstruktur mitunter ein Zeitraffer gefehlt. Mitten im Text bekommt man völlig unerwartet mit einer anderen Epoche zu tun und dann wieder mit anderen Figuren aus den verschiedenen Stammbäumen, die aber alle miteinander verbunden waren.

Auf die Weltwirtschaftskrise, die in den 1920er und 1930er-Jahren in Amerika grassierte, so wie auch die Bankenkrisen, die Schuldendeflation … erwähnte die Autorin kaum. Amerika ging es zu dieser Zeit existenziell auch sehr schlecht. Viele Amerikaner*innen nagten ähnlich wie die Italiener*innen am Hungerstuch ...

Das Buch hat dennoch mein Interesse geweckt, dass sich in mir eine innere Lust entwickelt hat, weitere Bücher zur Geschichte Italiens zu lesen. Der italienische Faschismus ist mir durch den deutschen Nationalsozialismus vertraut, aber nicht nur auf Piemont bezogen. Ich habe dazu viele Fachbücher gelesen, aber keine belletristischen Romane, die es in Italien zuhauf gibt, wie ich mir habe sagen lassen. Leider werden zu wenige davon ins Deutsche übersetzt.

Doch im Nachhinein fand ich das Buch sehr gut. Diese Kühle, die die Autorin in die Seelen ihrer Figuren hineingelegt hat, konnte am Ende in Empathie und Menschlichkeit umgewandelt werden. Ich fand das Ende daher richtig genial, das mich sehr tief bewegt hat.

Schützt Bildung vor Armut? In vielen Ländern schon, leider nicht in Italien. In den 1990er Jahren sind viele italienische Akademiker*innen ausgewandert, da sie im eigenen Land keine Arbeitsplätze haben finden können. Die Ressourcen der jungen und gut ausgebildeten Menschen hatte der Staat regelrecht verschwendet, die auch heute noch zu wenig für das eigene Land eingesetzt werden. 

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Durch die Buchmesse von 2018. Es fand wieder das alljährliche Bloggertreffen durch den Diogenes Verlag statt, das von der Pressereferentin S. B. moderiert wurde. Hier wurden sämtliche Neuerscheinungen für das erste Halbjahr 2019 vorgestellt. Mir war klar, dass ich durch mein Leseprojekt italienische Autor*innen Literatur gesucht habe. Romagnolo kam mir hier sehr recht, da ich mit meinem Projekt noch in den Startlöchern steckte. Entdeckt und fertig gedruckt hatte ich es allerdings etwas später bei der Büchergilde bei meinem Quartalseinkauf. Die Büchergilde bekam eine Lizenzausgabe durch die Genehmigung des Diogenes Verlages, der zuerst die Autorin aufgespürt hatte.

Auch wenn in Amerika von den Medien häufig nur die Glitzerseiten gezeigt werden, gibt es auf Youtube kostenlos einen Spielfilm über die Armut in Amerika zu sehen. Der Film heißt  Im Teufelskreis der Armut. Ich hatte ihn mir vor mehreren Jahren mehrmals angeschaut, noch bevor ich Romagnolo kannte.


Auch in diesem Film wird deutlich, wenn in einer Familie die Existenzgrundlage fehlt, dann geht es um das nackte Überleben, und man einfach nicht die Mittel hat, das Kind (weiter) zur Schule zu schicken. In diesem Film bettelt das Kind regelrecht darum, in die Schule gehen zu dürfen. Aber seht selbst.

Mein Fazit
Ein Buch nicht nur über Krieg und Armut, sondern auch über eine echte Freundschaft mit der Weisheit behaftet, die alles vergibt und nichts vorwirft. Gehen heißt Leben und Leben heißt, das Beste aus seinem Schicksal zu machen. Bella ciao.

Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte, Spannung
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
1 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Elf von zwölf Punkten.

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Familie heißt, füreinander da sein.

Niemand hat die Freiheit, einfach stehen zu bleiben.
Gehen heißt Leben.
(Raffaella Romagnolo)

Gelesene Bücher 2020: 17
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Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)

Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)