
Leider ist dieses Buch
kein Lennon und auch keine Charlotte. Von den drei Büchern, die ich
bisher vom David Foenkinos gelesen habe, hat mir das vorliegende Buch am wenigsten
gefallen. Obwohl es ganz gut angefangen hat, konnte mich die Geschichte später
nicht mehr wirklich überzeugen, trotz der besonderen Thematik.
Hier geht es zum Klappentext, Autorenporträt, zu meinen ersten
Leseeindrücken und zu den Buchdaten.
Die Handlung
Anfangs geht es um eine fiktive amerikanische Bibliothek, die von gescheiterten
Autor*innen abgelehnte Manuskripte entgegennimmt und sie dort archiviert. Nun machte
ein Bretone namens Jean-Pierre Gourvec aus dieser fiktiven Bibliothek eine
reelle. Gourvec liebte das gedruckte Wort. Er war ein recht besonnener und
überlegter Mensch, der zurückgezogen lebte. Er benötigte nicht viel
Gesellschaft, aber er benötigte die Bücher als Lebensbegleiter*innen. Ähnlich wie
ein Buch im Regal konnte Gourvec ganz in sich ruhen.
Einzige Bedingung: Die abgelehnten Autor*innen sind gezwungen, ihr Manuskript hier persönlich abzugeben.
Einzige Bedingung: Die abgelehnten Autor*innen sind gezwungen, ihr Manuskript hier persönlich abzugeben.
Einmal hatte Courvec geheiratet, eine deutsche Frau, in den 1950er Jahren. Die
Ehe ging recht schnell wieder in die Brüche, da es nur eine politische Zweckheirat war.
Seine Frau Marina wurde durch die Nazivergangenheit von den Französ*innen eher
verstoßen. Dabei hatte Marina wenig mit den Nazis zu tun. Es waren eher ihre
Eltern, die sich den Nazis angeschlossen hatten und Marina dadurch Probleme mit
ihrer Identität bekam und sie aus diesem Grund ihr Land und ihre Eltern nach
dem Krieg verlassen hatte. Um ihre deutsche Herkunft zu verschleiern, damit sie
in Frankreich konfliktfrei leben konnte, heiratete sie den Bibliothekar. Gourvec
war mit dieser Zweckehe einverstanden. Als Marina ihn kurze Zeit später verlassen
hatte, wusste sie noch nicht, dass Gourvec ganz allein im Stillen in
diese Frau verliebt war.
Die Handlung spielt in Crozon, in einem kleinen abgeschiedenen Dorf
Bretaniens.
In dieser Bibliothek war eine Assistentin namens Magali Croze beschäftigt.
Magali hatte kein sonderliches Interesse an Büchern. Sie brauchte aber dringend diesen Job, den sie mittlerweile schon über viele Jahre ausübt …
Die Bibliothek der abgelehnten Manuskripte sollte ein Denkmal gegen das Vergessen darstellen.Eine Wertschätzung Autor*innen gegenüber, die von den Verlagen eben keine Anerkennung entgegengebracht bekommen haben.
Als könnte man öffentliche Anerkennung mit Verstandenwerden gleichsetzen. Niemand wird je verstanden, und Schriftsteller am allerwenigsten. Sie irren durch ihre Königreiche der wankelmütigen Gefühle und verstehen sich meist selber nicht. (2016, 125)
Die junge Delphine Despero, die in Paris als Lektorin im Verlagswesen
beschäftigt ist, scheint ein Händchen zu haben, unter den vielen unverlangten
Manuskripten das Richtige zu finden. Delphine ist auch Bretonin, lebt aber seit
zehn Jahren aus beruflichen Gründen in Paris. Jedes Jahr zu den Sommerferien
fährt sie nach Hause zu den Eltern.
Zusammen mit ihrem Schriftstellerfreund Frédéric fuhr sie in die
Bibliothek nach Crozon. Obwohl der Bibliothekar schon längst verstorben ist,
wird sie von der Gemeinde noch immer durch die Assistentin Magali weitergeführt.
Delphine und ihr Freund interessierten sich für die unveröffentlichten
Manuskripte. Aus dieser Masse fischten sie das Manuskript von Henri Pick
heraus. Der Titel:
Die letzten Stunden einer Liebe.
Das Buch wird zur Veröffentlichung freigegeben und alle Welt wundert
sich, dass der Autor Pizzabäcker war und selbst keine Bücher gelesen haben soll.
Henri Pick kann nicht mehr befragt werden, da er nicht mehr am Leben ist. Und
so wendet man sich an die Ehefrau Madeleine. Auch sie wundert sich, da sie ihren
Mann niemals hat schreiben gesehen und fragt sich, ob er Geheimnisse vor ihr
gehabt hat? Ein Literaturwissenschaftler, Jean-Michel Rouge, macht sich
detektivisch auf die Suche nach dem wahren Autor, nachdem seine Recherchen
ergeben haben, dass Henri Pick nicht einmal die Rechtschreibung beherrscht
hatte …
Eine Szene, die mir besonders gefallen hat
Gefallen hat mir, als die fünfzigjährige Bibliotheksassistentin Magali
ihren Ehegatten dazu bewegen konnte, von jetzt auf gleich aus dem monotonen Alltag auszubrechen ...
Eigentlich wollte sie mit dem jungen Schriftsteller Jérémie, der auch sein
abgelehntes Manuskript in dieser Bibliothek abgeliefert hat, aus ihrem muffigen Alltag entfliehen und um mit ihm in einer Nacht-und-Nebelaktion in Paris eine neue Zukunft aufzubauen.
Auch die Ehe mit ihrem Mann schien mit den Jahren (sexuell) einseitig und
einfältig geworden zu sein. Von dem Jungen, der auch hätte ihr Sohn sein können,
hatte sie sich dagegen sexuell aufgewertet gefühlt … Ich finde, es hat jeder
eine Chance verdient, vor allem ihr Gatte, um zur eventuellen Konfliktbewältigung
auch beitragen zu können. Einfach mit einem jungen Mann abzuhauen, schien mir eine
unreife Lösung zu sein. Aber klar, solche Menschen gibt es …
Auch Magali fand in ihrer Arbeit keine Ruhe mehr, denn nun liefern alle ihr Manuskript hier ab, weil sie die Hoffnung hatten, entdeckt zu werden, und die Chance sei hier größer als in den Verlagen. Aus allen Regionen kamen sie angereist. Und tatsächlich. Die Verlage haben Kontakt mit unbekannten Autor*innen aufgenommen und die mit den höchsten Ablehnungen fielen in die engere Wahl. Dabei schaute man gar nicht mal mehr auf den Inhalt ... Nun hatte es den Anschein, dass es mehr Autor'innen als Leser*innen gab ...
Auch Magali fand in ihrer Arbeit keine Ruhe mehr, denn nun liefern alle ihr Manuskript hier ab, weil sie die Hoffnung hatten, entdeckt zu werden, und die Chance sei hier größer als in den Verlagen. Aus allen Regionen kamen sie angereist. Und tatsächlich. Die Verlage haben Kontakt mit unbekannten Autor*innen aufgenommen und die mit den höchsten Ablehnungen fielen in die engere Wahl. Dabei schaute man gar nicht mal mehr auf den Inhalt ... Nun hatte es den Anschein, dass es mehr Autor'innen als Leser*innen gab ...
Eine Szene, die mir nicht gefallen hat
Ich fand es nervig, dass die Presse ein so großes Aufsehen über dieses
Pick-Buch erregte. Noch nerviger habe ich die Leser*innen empfunden, die sich
so stark haben beeinflussen lassen. Sie suchten die ehemalige Pizzeria auf, und
wühlten in dem Leben der Picks (Ehefrau und Tochter) und brachen jegliche Privatsphäre.
Auch auf dem Friedhof wurde man gestört, besonders Madeleine fand hier keine Ruhe mehr. Die Leute schienen wie in einem Wahn behaftet zu sein. Alle
wollten sie das Buch lesen, alle wollten sie wissen, wo und wie Henri Pick
gelebt hat …
Zum Schreibkonzept
Auf den 330 Seiten ist das Buch in neun Teilen gegliedert und in jedem
Teil beginnen die Kapitel wieder mit dem ersten. Die Kapitel sind recht
kurzgehalten und mit vielen Absätzen bestückt, was das Lesen noch zusätzlich leicht macht. Der
Schreibstil ist flüssig und leichtverständlich. Sehr ungewöhnlich finde ich in
einem belletristischen Buch die Fußnoten. Aber die haben mich nicht gestört. Französische
Dichtverse wurden ins Deutsche übersetzt. Es gibt keine Einleitung aber ein
Epilog.
Mich hat eher der Buchtitel beschäftigt. Auf jeder gelesenen Seite habe
ich mich anfangs gefragt, was der Buchtitel bedeuten könnte? Wer ist denn dieser
Monsieur Pick? Das hat mir sehr gut gefallen, als schließlich die Lösung kam,
und dieser Mann, obwohl er nicht mehr lebte, bis zum Schluss eine wichtige
Figur blieb ...
Meine Identifikationsfigur
Keine
Meine Meinung
Die Thematik mit den abgelehnten Manuskripten, diese in einer Bibliothek
zu archivieren, fand ich gut, hat mich gepackt. Mir hat es dadurch sehr gut
gefallen, dass es ein Buch über Bücher ist, und man so die verschiedenen
Perspektiven zu lesen bekommen hat, welche Beziehung Menschen zu Büchern haben.
Manche gar keine, manche ganz viel. Und viele lassen sich von dem Rummel eines
Buches beeinflussen, jagen den journalistischen Kritiken und Bewertungen hinterher, und
am Ende würde ich mich gefoppt fühlen, würde ich eine von diesen fanatischen
Leser*innen sein, die sich keine eigene Meinung bilden können und angewiesen sind auf fremde Beurteilungen, die doch sehr gelenkt sind. Aber auch mir ist das schon passierrt, besonders wenn ich mir die preisgekrönten Bücher anschaue ...
Manche Episoden waren mir zu klischeehaft, (der italienische Macho und der deutsche Nazi lassen grüßen … ) und die verschiedenen Liebesbeziehungen, mit einer
Ausnahme, waren mir alle zu glatt. Auch verschiedene Ausgänge zu bestimmten
Ereignissen waren mir viel zu einfach inszeniert. Es gab kaum Reibungsfläche.
Die Figuren wirkten auf mich zu facettenarm. Alle nach einem selben Muster
gestrickt. So einfach geht es aber auf der wirklichen Lebensbühne nicht zu. Der
Mensch ist viel zu komplex, als dass immer alles in Wohlgefallen sich auflöst.
Der Schluss hat mich nur teilweise überzeugen können.
Und viel zu viele Figuren ...
Und viel zu viele Figuren ...
Mein Fazit
Eine nette Unterhaltungsgeschichte.
Meine Bewertung
2 Punkte:
Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
1 Punkte: Differenzierte Charaktere 1 Punkte: Authentizität der Geschichte 2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt 1 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover, Titel
und Klappentext stimmen mit dem Inhalt überein
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9 von 12 Punkten
Vielen Dank an den Penguin Verlag für das Leseexemplar.
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Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)
Gelesene Bücher 2018: 55
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