Foto: Wikipedia / Brouhaha |
Was für ein Buch!!!
Endlich habe ich es geschafft, durch alle Seiten zu kommen. Mir ging es nicht
schnell genug. Zu ungeduldig bin ich mit jeder gelesenen Seite geworden, je
weiter ich mich mit meinen Sinnen in dieser literarischen Welt vorangetastet
habe. So ein spannender Fantasieroman ist mir ja noch nie in die Finger
gekommen. Ich muss gestehen, dass ich nach ein paar Tagen es nicht mehr ausgehalten
habe, und musste nach vorne blättern, weil ich unbedingt wissen wollte, wer z. B. dieser namenlose Icherzähler nur ist, und mit welcher Realität die Geschichte
enden wird. Wie sollte die Kernbotschaft dieses Buches nur lauten? Dies und anderes wollte ich unbedingt
vorzeitig in Erfahrung bringen. Ich habe das Lesen wirklich nicht genießen
können, so sehr hat mich diese Geschichte in ihren Bann gezogen.
Hier geht es zum
Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.
Aber ich kann versichern,
dass inhaltlich alle meine Fragen beantwortet wurden, aber ob alle Probleme des Protagonisten in
den Griff zu bekommen waren, das soll jeder selbst herausfinden.
Die Buchbesprechung
muss ich bei dieser Lektüre ein wenig anders aufziehen. Ich kann auf vieles gar
nicht eingehen, denn ein Satz zu viel geschrieben, ein Detail zu viel verraten sprengt die ganze Auflösung, was ich keinesfalls möchte. Sollen andere
Leser*innen genauso leiden, wie ich gelitten habe, und sich schön von Frage zu
Frage lesend hocharbeiten. Das klingt böse, nein, ich wünsche jedem dieselbe
Spannung, die auch ich erfahren habe. Lasst euch überraschen!!!!
Die Handlung
Der Icherzähler befindet sich auf einer magischen Insel,
in der er sich mehrfach gefangen fühlt. Diese Gegend ist ihm völlig unbekannt.
Er weiß nicht, wie er dorthin gelangt ist und wie er wieder aus ihr herauskommen
wird. Auf dieser bewaldeten Insel leben sämtliche Fabelwesen wie Zwerge, Gnome,
Hexen, Zauberer, Einhörner, Drachen, etc. Der Wald ist verhext. Aber alles
scheint beseelt zu sein, wie z. B. auch der erstarrte Schneemann, der ein
Bewusstsein hat. Der Icherzähler wird in einem Schloss gefangen gehalten. Es
ist Winter und ein gefrorener See umschloss wie
eine Zange die Insel und hielt die Tiere, Fabelwesen und Schlossbewohner
gefangen. Unter der Eisfläche lauerte das Ungeheuer. (2019, 13)
Das Schloss, im Vergleich zum Wald, wirkte alles andere als in sich ruhend und wurde von unentwegter Hektik und ständigem Unbehagen beherrscht. Seine Bewohner waren in eine strikte Hierarchie gegliedert: Die Obrigkeit bestand aus dem König und den Rittern; die Mittelschicht bildeten die Wachen und Hofdamen; und die Unterschicht (…) setzte sich aus den Untertanen zusammen. (Ebd.)
Der Icherzähler, in dieser Sparte Physiker von
Beruf, wird von zwei Wachen jeden Morgen aus seiner Zelle geholt und in die
Lichtwerkstatt begleitet. Hier pflegt er den wissenschaftlichen Auftrag ausfüllen
zu müssen, die größte Glühbirne zu erstellen, die es jemals gab, damit diese
viel Licht ausstrahlen kann, um das lichtempfindliche Ungeheuer aus den Tiefen
des Sees auszumerzen ...
Der Icherzähler versucht, aus dem Schloss zu
fliehen. Er befindet sich im verzauberten Wald und macht Bekanntschaft mit
verschiedenen Märchenfiguren, die ihm helfen sollen, den Wald wieder zu verlassen,
um nach Hause zu kommen. Wäre da nicht die Hexe, die scheinbar eine Flucht unmöglich
macht …
Später findet sich der Icherzähler in einer
psychiatrischen Klinik wieder, die ihn dort wegen einer Wahrnehmungsverzerrung
festhält. In dieser Anstalt wird er gezwungen, Psychopharmaka einzunehmen, ohne
zu wissen, wie lange er schon festgehalten wird und unter welcher Erkrankung er
leidet. Er scheint von einer Amnesie befallen zu sein ... Die Psychiatrie lässt
an Zeiten der 1950 / 1960er Jahre erinnern, wo Erkrankte wie Schwerverbrecher
behandelt und von der Gesellschaft weggesperrt wurden.
Er wünscht sich wieder zurück in die Märchenwelt, da
er die Psychiatrie noch weniger zu ertragen weiß. An allen Orten, wo er sich
allerdings befindet, ist er bedroht und dadurch ständig auf der Flucht …
Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Am Anfang waren das die Szenen in der Psychiatrie.
Aber auch die Szene mit der gierigen und gefräßigen
Eule fand ich widerlich.
Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Diese Aha-Erlebnisse in den letzten Kapiteln. Sehr
originell fand ich allerdings, als der Icherzähler bei der Flucht aus der
psychiatrischen Klinik draußen mit einer Glaswand zusammengestoßen ist und
nicht weiterkam, und er schmerzvoll erkennen musste, dass er und das gesamte
Umfeld in einer Schneekugel gefangen war. Was für eine tolle Idee.
Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Mir war der Schneemann sehr sympathisch aber auch
der Zauberer.
Welche Figur war mir antipathisch?
Die gesamte Belegschaft der Psychiatrie.
Meine Identifikationsfigur
Ich habe mich hin und wieder in dem Icherzähler gesehen ...
Diese ständige Suche nach Lösungen, selbst wenn eine Situation aussichtslos erscheint, hält ihn nichts davon ab, weiter zu suchen. Es rattert im Kopf und rattert und rattert, bis er neue Wege gefunden hat, neue Ideen, neue Antworten auf Fragen, die, wenn man den Fabelwesen glauben wollte, völlig unlösbar erscheinen würden. genauso bin auch ich. Auch der Widerstand gegenüber dem Klinikpersonal war für mich nachvollziehbar.
Diese ständige Suche nach Lösungen, selbst wenn eine Situation aussichtslos erscheint, hält ihn nichts davon ab, weiter zu suchen. Es rattert im Kopf und rattert und rattert, bis er neue Wege gefunden hat, neue Ideen, neue Antworten auf Fragen, die, wenn man den Fabelwesen glauben wollte, völlig unlösbar erscheinen würden. genauso bin auch ich. Auch der Widerstand gegenüber dem Klinikpersonal war für mich nachvollziehbar.
Mir hat das Cover sehr gut gefallen, das mich so sehr angezogen hat. Die Symbole darauf konnte ich im Buch alle
wiederfinden und so lernte ich nach und nach deren Bedeutung kennen. Was den
Buchtitel betrifft, so benötigt man hierbei sehr viel Geduld und Ausdauer, bis
man dessen Sinn und Zweck herausgefunden hat.
Zum Schreibkonzept
Auf den 324 Seiten ist der Roman in vier Teilen gegliedert.
Die Teile bestehen fortlaufend aus 60 relativ kurzen Kapiteln. Auf der
allerersten Seite bekommt man eine Widmung in Versform zu lesen, einleitend passend
zum Inhalt des Romans. Auf der folgenden Seite ist ein Vers von einem
tibetischen Yogi abgedruckt. Im ersten Teil lernt man die Ichfigur kennen, die Probleme
mit ihrer Identität hat und gar nicht weiß, wer sie ist und wie sie in diese skurrilen Welten eingedrungen ist. Bis zum dritten Teil ist der Roman in der
Ichperspektive erzählt. Im dritten Teil findet ein Wechsel zwischen dem
Icherzähler und dem neutralen Erzähler statt. Im ersten Teil ist die Welt
fiktiv, im zweiten Teil bekommt man es mit der Wirklichkeit zu tun, bis sich
beides auch hier vermischt. Surreale Handlungen werden im zweiten Teil zur
Normalität. Im dritten Teil gibt es eine neue Gegenwart, aus der ich meine
Aha-Erlebnisse gewonnen habe. Im vierten Teil liest man ein Nachwort von
Stephan Günzel, deutscher Philosoph und Medientheoretiker, der sich auf den
Roman mit wissenschaftlichen Theorien bezieht.
Man hat es hier mit vielen bekannten Figuren in abgewandelter
Form aus der Märchen- und der Fantasywelt zu tun. Aber man findet auch neue und
unbekannte Wesen. Des Weiteren sind in dem Roman auch Archetypen aus der
griechischen Mythologie mit eingewoben. Nicht, dass der Autor abgeschrieben
hätte, nein, er hat mithilfe der vielen bekannten aber auch der vielen
unbekannten Symbole eine eigene Geschichte kreiert.
Auch die Sprache fand ich sehr gelungen. Eine überaus
gewählte und elaborierte literarische Ausdrucksweise, die dennoch gut zu
verstehen ist.
Meine Meinung
Eigentlich bin ich genauso
getäuscht und gefoppt worden, wie auch die Hauptfigur dieses Romans getäuscht worden ist.
Im zweiten Kapitel hatte ich gedacht, die Botschaft des Romans schon erfasst zu
haben, aber nein, ich lag völlig falsch. Meine gesamten Deutungstheorien haben
mich fehlgeleitet. Alle meine Hypothesen wurden negiert. Ich hatte heute Nacht
sogar von dem Buch geträumt, von ganz viel Algorithmen, sogar vom Satz des
Pythagoras????
Nichts, aber auch gar nichts ließ
sich voraussehen. Selbst mit einer Kristallkugel wäre man nicht weitergekommen. Einen so tollen Fantasieroman dieser Art habe ich noch nie vor mir liegen gehabt. Am
Anfang wird Fiktion und Wirklichkeit getrennt, dann aber vermischt sich beides,
und selbst die Wirklichkeit, wie wir sie kennen, wie wir sie leben, gibt es in
mehreren Dimensionen. Richtig gut. Aber das Lesen hat mich erschöpft. Weil die
Hauptfigur so überwältigend war, und man mit ihr fiebern konnte, mit ihr
fliehen, mit ihr nach Lösungen suchen, war man eigentlich immer mit der Figur
mitten im Geschehen und mitten auf der Flucht. Ich dachte, ich sitze in einem 3-D-Kino,
weshalb mich die ganze Handlung innerlich gestresst hat ...
Diesen Roman muss ich auf jeden
Fall ein weiteres Mal lesen. Unbedingt.
Mein Fazit
Dennoch fragt man sich immer wieder, was real ist, aus was Wirklichkeit gemacht
ist, woraus sie letzten Endes besteht. Was ist Fiktion? Wenn man diesen Roman
gelesen hat, weiß man es nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen, weshalb das
Klinikpersonal so Probleme hatte, den Protagonisten zu verstehen, da es für sie
nur eine Wirklichkeit gab. Für diese war alles erklärbar, alles erfassbar,
alles berechenbar, verrückt waren
demnach die Menschen, die über andere Bewusstseinsebenen als die der Realität verfügten. Und
weil dies nicht sein darf, müssen solche Menschen eben weggesperrt werden. Dies
allerdings ist nur ein kleiner Radius dieser monumentalen Geschichte, der vielleicht auch
nur nebensächlich ist ...
Eine klare Leseempfehlung.
Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Der Kadmos, Kulturverlag hat mir eine Anfrage
gestellt und ich freue mich so sehr, diese angenommen zu haben. Ganz herzlichen
Dank hierfür an den Verlag und an den Autor Matthias Alexander Kristian
Zimmermann.
Ich habe noch vergessen zu erwähnen, dass das Buch auch einen Buchpreis gewonnen hat. Dadurch, dass ich mit Buchpreisen so etwas auf Kriegsfuß stehe, habe ich das hier völlig ignoriert. Ich hole es nach und möchte noch erwähnen, dass sich der Autor die Ehrung aber wirklich richtig gut verdient hat.
Das Buch ist ausgezeichnet worden mit dem Ersten Deutschen Verlagspreis.
Amazon hat meine Rezension auf den Namen Marianne freigeschaltet. Nur zur Klärung. Nicht dass man mir vorwerfen könnte, ich hätte von Marianne abgeschrieben. Nächstes Mal suche ich mir meinen Nick selber aus.
Ich habe noch vergessen zu erwähnen, dass das Buch auch einen Buchpreis gewonnen hat. Dadurch, dass ich mit Buchpreisen so etwas auf Kriegsfuß stehe, habe ich das hier völlig ignoriert. Ich hole es nach und möchte noch erwähnen, dass sich der Autor die Ehrung aber wirklich richtig gut verdient hat.
Das Buch ist ausgezeichnet worden mit dem Ersten Deutschen Verlagspreis.
Amazon hat meine Rezension auf den Namen Marianne freigeschaltet. Nur zur Klärung. Nicht dass man mir vorwerfen könnte, ich hätte von Marianne abgeschrieben. Nächstes Mal suche ich mir meinen Nick selber aus.
Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck
(Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2
Punkte: Differenzierte Charaktere
2
Punkte: Authentizität der Geschichte
2
Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2
Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen
mit dem Inhalt überein
Zwölf von zwölf Punkten.
________________
Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein wenig besser machen.
(Charles Dickens)
Gelesene Bücher 2020: 08
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86
Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)
Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil
sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen
tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden
und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.
Es lebe die menschliche
Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)
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