Sonntag, 19. November 2017

Richard David Precht / Tiere denken (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch wirkt recht tiefgründig, bietet viel Stoff zum Nachdenken. Sieht nach gründlicher Arbeit aus, allerdings kann ich nicht sagen, ob Prechts Thesen, die nicht nur aus vielen philosophischen Gedanken bestehen, sondern auch aus factualen, nicht auch etwas zu populistisch sind. Auch weiß ich nicht, wie sehr das Buch ernst zu nehmen ist, denn ich habe von anderen LeserInnen auf Facebook erfahren, dass Prechts Haltung zum Tierkonsum recht zwiespältig sei. Darunter befanden sich einige enttäuschte Gesichter, die im Tierachutz aktiv sind. Precht würde sich selbst nicht an seine Theorien halten, weshalb sie durch diesen Vertrauensbruch keine Bücher mehr von ihm lesen können.

Was für mich am wichtigsten war, das sind die vielen Fragen, die ich mir im Laufe der letzten Jahre im Hinblick der weltweiten misslichen Lage in der Tierhaltung gestellt hatte. Viele Fragen konnte ich in diesem Buch wiederfinden, wie z. B. wie sich der Mensch definiert verglichen zum Tier? Wie definiert der Mensch das Tier? Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Warum muten Menschen den Tieren grausame Lebensformen zu? Wie könnte die Zukunft aussehen? Löst sich diese Massentierhaltung wieder auf? Wird es eine gerechtere Lebenshaltung für Tiere geben?

Recht häufig fragte ich mich, warum Gott diese entsetzlichen Qualen an Tieren zulässt? So sind es gerade die Tiere, die vor dem Gesetz am schutzlosesten sind. Antworten dazu finde ich nicht hier, weshalb ich sehr häufig auch spirituelle Bücher zurate gezogen habe, Bücher aus der Esoterik. Ich hoffe, ich werde deswegen nicht angeprangert ... 

Viele Fragen blieben aber auch ungeklärt. Die schizophrene Haltung von Tierkonsumenten, die einerseits empathisches Verständnis ihrem Haustier gegenüber aufbringen, und anderseits wiederum Tiere verspeisen, und sie damit stillschweigend das Morden in den Schlachthäusern unterstützen.

Mir hat es gefallen, dass der Autor zum Beginn eines neuen Kapitels ein passendes Tierzitat eingefügt hat. Ich habe mir viele Zitate  rausgeschrieben. Zitate von großen Meistern und Denkern aus dem Abendland bis hinein in die Gegenwart …
Ich wusste gar nicht, dass selbst Platon über beseelte Planeten nachgedacht hat und diese in Erwägung gezogen hat, dass die Seelen immer wiederkehren könnten. Immerzu in andere Körper, in andere Tier-oder Menschenrassen. Die esoterische Tierkommunikatorin Diana Cooper hat in ihrem neusten Buch Die Botschaft der Tiere genau das beschrieben, und ich sie nicht für voll genommen habe ... So viele Reisen auf den verschiedenen Planeten wurden von Wissenschaftlern unternommen und kein Astronaut ist zurückgekehrt und hat von Lebewesen auf den Planeten berichtet ... 

Prechts Buch beginnt mit einem Vorwort, anschließend mit einer Einleitung, bis man zu den Hauptthemen gelangt. In mehreren Kapiteln folgt die Evolutionstheorie. Man bekommt es z. B. mit den Ansichten von dem bekannten Naturforscher Charles Darwins zu tun. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Weltreligionen beschrieben, welche Rangordnung bzw. welche Wertigkeit diese den Tieren entgegenbringen. Anschließend behandelt Precht die Tierethik und wie sie erneuert werden sollte, damit das Tier einen höheren Stellenwert bekommen könnte. In den Schlusskapiteln entwickelt der Autor eine Vision darüber, wie der Massentierbetrieb auslaufen und abgelöst werden könnte durch neuere Verfahren wie z. B. die Herstellung von Kunstfleisch, wofür kein Tier mehr sterben müsse. Diese Vorstellung hat mir sehr gut gefallen, auch wenn viele Fleischkonsumenten es sicher verwerfen würden. Aber die nächste Generation könnte davon profitieren ...  Dann gäbe es keine Nutztiere mehr. Welch eine Befreiung für die vielen armen Tierseelen.

Precht entwickelt noch eine weitere Vision, wohin die Entwicklung noch gehen könnte; dass Tiere so gezüchtet werden, damit sie keine Schmerzen in der Haltung und beim Schlachten mehr empfinden würden. Was ich davon halte? Jedes Lebewesen möchte leben und Tiere sind gerne auf der Welt. Ich bin für den Erhalt von Leben. Tierkinder entwickeln eine so große Lebens- und Spielfreude, die sich nicht sonderlich von denen der Menschenkinder unterscheiden lassen.

Was die Tierversuche betreffen, so fand ich dieses Kapitel schockierend; ich war nah dran, dieses Kapitel zu überspringen. Ich war in noch keinem Tierversuchslabor. Aber man liest genug darüber.
Auch hier weiß ich nicht, ob die Thesen, die der Autor in seinem Buch einbringt, richtig sind. Affen, die bei vollem Bewusstsein Elektroschocks über sich ergehen lassen müssen, noch schlimmer, wenn ihnen auch noch der Kopf durchgesägt wird, um an das Gehirn zu gelangen. Grauenvolle aber keineswegs neue Bilder, die ich am liebsten wieder vergessen möchte.
Welchen Sinn machen Tierversuche, wenn die Tiere sowieso ein anderes Immunsystem besitzen als Menschen, oder wenn das Gehirn eines Tieres anders beschaffen ist als das von Menschen? Das Tier als eine Sache, als ein Objekt zu betrachten, das keine Gefühle kennen würde? Für mich total absurd, denn man kann doch sehen, dass Tiere leiden, wenn ihnen Schaden zugefügt wird. Wie kann man daran zweifeln, dass Tiere fühlende Geschöpfe sind? In der Schweineindustrie bekommen die kleinen Schweinchen ohne Narkose ihre Hoden entfernt. Diese kleinen Ferkel quicken sehr laut vor Schmerzen und zappeln in den Händen ihrer Peiniger. Jeder kann sehen, dass diese Tiere Schmerzen empfinden. Das muss man doch wissen, Menschen, die mit Tieren arbeiten. Das ist für mich mutwillige Boshaftigkeit den Tieren gegenüber. 

Ich wäre dafür, die Tierversuche abzuschaffen. Viele sind völlig nutzlos wenn ich an die Kosmetik denke. Für die Medizin sollen doch die Triebtäter und Mörder hingehalten werden ...

Das Leben in einem Zoo? Alles nicht wirklich artgerecht. Hierin habe ich auch nichts Neues erfahren, bin selbst recht kritisch, wenn ich durch Tierparks laufe, denn artgerecht ist nur die Freiheit.


Mein Fazit zu dem Buch?

So wirklich weiser bin ich nun nicht geworden. Vieles habe ich vorher selbst schon auch gewusst, trotzdem habe ich das Buch mit großem Interesse gelesen, aber immer als Laie. Ich weiß nicht, wie Chemiker, Biologen, Naturwissenschaftler dieses Buch bewerten würden. Wahrscheinlich viel kritischer, als ich es getan habe.

Dass hochentwickelte Tiere häufig die besseren Menschen abgeben würden, philosophisch gedacht, und Menschen die schlechteren Tiere, daran habe ich noch nie gezweifelt. Ist es doch der Mensch, der den Planeten Erde bis zur völligen Zerstörung ausbeutet. Mitgefühl von menschlicher Seite ist, wenn man die globale Entwicklung in der Umweltpolitik und bei den Verbrauchern im Umweltverhalten betrachtet, nicht zu erwarten. 


Weitere Informationen zu dem Buch

ORIGINALAUSGABE
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 512 Seiten
ISBN: 978-3-442-31441-6
€ 22,99 [D] | € 23,70 [A] | CHF 30,90* (* empfohlener Verkaufspreis)
Verlag: Goldmann

Erschienen: 17.10.2016

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Der Mensch ist, was er isst.
Doch der Mensch ist nicht nur, was er isst, 

denn unabhängig von dem, isst der Mensch, 
was er glaubt zu sein.
(Richard David Precht)


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2 Kommentare:

Querleserin hat gesagt…

Liebe Mira,
schade, dass du nicht noch mehr aus dem Sachbuch herausziehen konntest. Du bist nicht weiser geworden, weil du schon so viel über Tiere und ihr Denken und Fühlen weißt. Das ist doch auch eine schöne Erkenntnis,
liebe Grüße
Tina

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Das ist aber ein schönes Kompliment, liebe Tina. Dankeschön. Wenn ich meine Gedanken nur so schön ausdrücken könnte, wie die Schriftsteller das tun, dann hätte ich noch mehr zu sagen.
Ich grüße dich, Mira