Sonntag, 18. Oktober 2015

Mein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse / 17.10.2015, Gastland Indonesien

Der Morgen verlief nicht wirklich nach Plan. Ich hatte mich am Abend zuvor recht ausführlich auf die Buchmesse vorbereitet, indem ich mir eine Skizze erstellte. Welche von mir favorisierten AutorInnen würden vertreten sein, und in welchen Foren bzw. an welchem Stand kann man an deren Lesungen teilnehmen?

Mein Zug sollte um 9:25 Uhr vom Darmstadt Hauptbahnhof abfahren, doch er kam mit zehnminütiger Verspätung. Als er dann schließlich anrollte, und eine Masse an Fahrgästen in den Zugabteilen sich hineinzwängten, fuhr der Zug dann so allmählich ab. Aber im Schneckentempo. Um 10:30 Uhr wollte ich an der Lesung von Paul Maar teilnehmen. Eigentlich benötigt man mit der Regionalbahn nur zwanzig Minuten bis nach Frankfurt. Das war heute nicht so. Leider kam ich verspätet an der Lesung an.


Auf dem Darmstädter Hauptbahnhof fand ich wie in den anderen Jahren zuvor erneut schicke Literaturfiguren. Eine hat mir besonders gut gefallen und so durfte ich mit ihrer Erlaubnis ein Foto schießen und in meinen Blog platzieren.


Für mich war sie Madame Bovary, geschrieben und literarisch porträtiert von Gustave Flaubert. 






Gut, dass ich für die Buchmesse vorbereitet war, so musste ich nicht erst suchen, wo ich Paul Maar finden konnte. Überall standen, auch an den Infoständen, lange Schlangen. Trotzdem war ich von der Fülle an Menschen arg überwältigt. Es ging größtenteils nur mit Trippelschritten voran. Das ist nicht jedes Jahr so gewesen. Am liebsten wollte ich mich wieder verkriechen, s. Foto unten. Ich hoffte anfangs, ich würde durch die AutorInnen schon noch entschädigt werden und bat mich selbst um Geduld. 




Ich komme nun zu Paul Maar, der wieder über seine Bücher gesprochen hat. Wie sei es dem Autor möglich, Kinderbücher zu schreiben, wo doch seine Kindheit schon so lange zurückliegen würde? Und die Kinder heute wachsen in einer digitalen Welt auf, ganz anders also als die Kinder vor zwanzig Jahren.

Paul Maar erwiderte, dass er tiefe Wurzeln in der Vergangenheit haben würde. Er bestätigte, dass sich die Kindheit heute gewandelt habe, aber es würden auch Themen existieren, die zeitlos seien, wie z. B. die Hierarchie unter den Geschwistern, oder die Trennung der Eltern, ect.

Was PC-Spiele betrifft, so kann auch Paul Maar ein Lied davon singen. Er musste alle seine Spiele vom PC löschen, sosehr ergriffen wurde auch er davon.


Die nächste Frage lautete, woher er seine Figuren und Ideen nehmen würde? „Meine Figuren wissen ganz genau, wann sie zu kommen haben. Wenn ich mich an den Schreibtisch setze, dann kommen sie auch.“

Paul Maar würde sehr viel Fanpost von seinen jungen LeserInnen erhalten, und er würde auch jeden Brief beantworten.
Was sind die blauen Punkte auf Sams Nase? 
Das sind Wunschpunkte.
Ein Beispiel eines kleinen Mädchens, das von ihrem dicken Kater schrieb, der an Krebs erkrankt sei. Sie fragte, ob Sams auch Krebs habe, weil auch er so dick sei. Nein, erwiderte Paul Maar, Sams habe keinen Krebs, er sei einfach  nur verfressen. Die junge Leserin fragte, ob sie auch einen Wunschpunkt haben könnte, um sich den Kater gesund zu wünschen. 


Weiter geht´s zu Mario Adorf. Ich habe noch ein wenig Zeit und kann in Ruhe den Stand aufsuchen, während ich zwischendrin mir noch Bücher anschaute.

Mario Adorf habe nicht nur schauspielerisches Talent, nein, er sei auch mit einer großen Portion Schreibtalent ausgestattet.
Seine erste Rolle erhielt er schon als Kind. Eine Zwergenrolle, er spielte den kleinsten Zwerg.

Mario Adorf war zu seiner Schulzeit der Klassenclown. Auch ahmte er gekonnt seine Lehrer nach, bei denen


er sich unbeliebt machte. Kann ich mir sehr gut vorstellen, hihihi.

Mario Adorf, Jahrgang 1930, war auch Mitglied in der Hitlerjugend. Doch die Ernsthaftigkeit hatte er aufgrund seines jungen Alters damals noch nicht erfassen können. Für ihn war die HJ nur ein Spiel. Mit dreizehn Jahren meldete er sich zum freiwilligen Kriegsdienst, zu dem es aber schlussendlich nicht gekommen sei.

Adorf über seine Schreib- und Erzählkunst. Schreiben sei eine viel strengere Disziplin als das Erzählen. Adorf habe während des Schreibens immer das Publikum vor Augen. Er schreibe auch nur für das Publikum, nie für sich selbst. Sein Ziel sei immer, Helligkeit und Heiterkeit in das Dunkle zu bringen. 

Und nun weiter zu Ilja Trojanow. Ein sehr ruhiger und recht sympathischer Schriftsteller. 

Trojanow liest aus seinem neuesten Roman: Macht und Widerstand. In dem Buch geht es um einen totalitären Staat Bulgariens, der schwer zu überwinden sei. Die Menschen seien so schwer traumatisiert, dass sie es nicht wagen würden, über ihre Erfahrungen, bzw. über ihren Schmerz zu erzählen. Dominanz würde in der Stille, im Schweigen liegen. Wenn geredet werden würde, dann nur über das Unwesentliche, um vom Wesentliche abzulenken. Wie könne es sich eine Gesellschaft leisten, über die eingeprügelte Gewalt zu schweigen? 

Trojanow bezeichnet das Volk in Bulgarien zwar als machtlos, aber es sei nicht ohnmächtig. 
Die Kostümierung von Macht und Herrschaft würden abfallen, wenn man genug Humor aufbringen könne. Die Herrscher würden alles andere als Humor mögen ... 

Ich habe beschlossen, mir auch dieses Buch von dem Autor zu beschaffen.

Nach der Lesung hatte ich bis zur nächsten Lesung ein klein bisschen Zeit und schaute mir die Bücher aus den verschiedensten Verlagen an. Habe zu unserer derzeitigen politischen Lage etwas Schönes gefunden, das ich meinen jungen Neffen zu Weihnachten schenken werde.







Versehentlich bin ich im Anschluss an Trojanow in ein falsches Forum geraten. Ich erwartete Rafik Schami, der nicht kam. Ich wusste allerdings, dass er auch vom Hessischen Rundfunk, ARD, eingeladen wurde. Also begab ich mich erneut auf die Tour und suchte das F0 - Forum auf.



Rafik Schami kann man schlecht sehen auf dem Foto aber zumindest konnte ich ihn live erleben und das Interview hat dazu geführt, dass ich sein neuestes Buch in der Frankfurter Bahnhofsbuchhandlung käuflich erwerben konnte.


Ich hätte das Foto zuschneiden können, aber das wollte ich in diesem Fall nicht. Ich möchte die Wirklichkeit in der Buchmesse so festhalten, wie sie war. 

Man hatte aber auch die Möglichkeit, das Interview in dem Forum während der Live-Übertragung über TV zu verfolgen.

Rafik Schami äußerte sich recht ausführlich über die europaweite Flüchtlingswelle und dass Deutschland den Namen Mutter Theresa verdient habe, während andere Länder Stacheldraht oder Mauern hochziehen würden, die damit den Flüchtlingsstrom aber nicht abreißen würden können. 

Ganz so einseitig sehe ich diese sog. Willkommenskultur nicht, denn ich kenne genug andere Leute, die auf hohem Niveau jammern, dass man so viel für die Fremden tun würde und zu wenig für das eigene Volk. Es gibt relativ viele treue Merkel-WählerInnen, die die Absicht haben, sie bei der nächsten Bundestagswahl abzuwählen. Es herrschen ja diesbezüglich Unruhen auch in anderen Teilen Europas. Rafik Schami gab ein paar hilfreiche Statements von sich, wie man diesen Flüchtlingen innerhalb ihres eigenen Landes und Kontinents helfen-, so dass ein Abwandern verhindert werden könnte.
Schami appellierte an die Menschen mit dem muslemischen Glauben um mehr Toleranz den Menschen der westlichen Welt gegenüber und plädierte für eine Selbstkritik des Islams.

Zwei AutorInnen, Peter Härtling und Verena Luecken sind doch nicht am Wochenende zur Buchmesse erschienen, was ich sehr schade fand, da sie erst angekündigt waren. Aber ganz so traurig bin ich nicht. Es wäre mir vielleicht zu viel geworden. Ich musste schon das Autorenforum platzen lassen.


Nun geht es weiter in das Forum F1, in dem Indonesien gastierte.

Es war recht dunkel in dem Saal, aber angenehm, denn er wurde von vielen schönen Buchseiten, Lampen, beleuchtet. Indonesien bringt viel Licht in das Dunkle. Und teilweise ohne viel Worte und ohne jegliche Buchstaben.





Jede Menge Stände mit landesüblichen Gewürzen. Ich fotografierte aber nur einen Gewürzstand.




Musikinstrumente, die ich zuvor noch nie gesehen habe. 





Jede Menge Comics gab es zu sehen. Wegen der Reizüberflutung habe ich nur einen Band fotografiert. 





Eine Lesung in der Muttersprache. Man begegnete hier recht viele Indonesier mit ihren Familien. Fand ich höchst interessant.




Und hier der deutsche Inselkenner Lothar Reichel und sein neuestes Werk Insel der Dämonen. Mir ist der Autor eigentlich unbekannt. Habe aus dem Klappentext entnehmen können, dass Reichel ein Weltenbummler sei und sich sehr gut in Asien auskennen würde. Er hat zudem jede Menge Krimis verfasst. Das vorliegende Buch scheint wohl auch ein Krimi zu sein, aber es findet alles auf der Insel Bali statt. 


Und zum Abschluss ein Nationalgericht auf einem Bambusteller. Und auch noch alles vegan.

Nach dem Essen begab ich mich auf dem Weg nach Hause. Ich muss schon sagen, ich leide schon ein wenig unter dieser Reizüberflutung, der man auf der Buchmesse ausgesetzt sein kann. Zu Hause musste ich alles von mir abfallen lassen; Taschen, Jacken, Gedanken wie eine zweite Haut von mir abwerfen, und den Kopf wieder frei machen. Habe meinen Fernseher eingeschaltet und mir eine DVD gegönnt, um ein wenig die Buchmesse zu vergessen, die ich, wie anfangs schon berichtet, als sehr anstrengend empfunden habe. Und trotzdem bereue ich es nicht, mich dieser Strapaze ausgesetzt zu haben.

Würde ich jedes Jahr wieder tun. Ich habe mich durch die AutorInnen entschädigt gefühlt.