Mittwoch, 19. März 2014

Haruki Murakami / Südlich der Grenze, westlich der Sonne (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen.

Es ist eine reine Liebesgeschichte und kann aus diesem Grund nicht allzu viel darüber schreiben, sonst nehme ich den anderen LeserInnen zu viel vorweg. Gäbe es noch Begleit- oder Unterthemen, dann könnte ich mein Geschreibsel ein wenig auf die anderen Themen verteilen.

Ich kann aber sagen, das Buch ist wie üblich ein wenig surreal ... Wie üblich ist es eine schräge, ernste und fantastische Liebesgeschichte, und auch grenzüberschreitend; alles typische Merkmale für Murakami.

Im Folgenden stelle noch mal den Klappentext rein:
 Wie eine Halluzination taucht die Kindheitsgeliebte des Barbesitzers Hajima nach Jahrzehnten wieder auf, unfassbar und geheimnisumwoben. Immer an regnerischen Abenden erscheint Shimamoto wie eine verführerische Andeutung aus einer fremden Welt und hebt das Leben des tüchtigen Geschäftmannes und Familienvaters aus den Angeln. ›Südlich der Grenze, westlich der Sonne‹ erzählt mit großer Magie vom Einbruch dämonischer Kräfte in ein Leben – und scheut dabei keine Tabus. Als ›Gefährliche Geliebte‹ in der Übersetzung aus dem Englischen erschien, führte der Streit über die Sprache des Romans und seine Darstellung von Sexualität zur Auflösung des »Literarischen Quartetts«.
Wie aus dem Klappentext hervorgeht, bemüht sich der Icherzähler Hajima um ein normales, durchschnittliches Leben, bis seine Jugendliebe Shimamoto nach 25 Jahren wieder in sein Leben tritt. Shimamoto, eine recht interessante Persönlichkeit, die nicht nur ihrem alten Jugendfreund Rätsel hinterlässt, sondern auch mir als Leserin.

Hajima ist ein Einzelkind gewesen und wuchs in seiner Jugend als Einzelgänger auf, dadurch war er für viele Menschen ein wenig unnahbar. Mit zwölf Jahren lernt er seine Klassenkameradin Shimamoto kennen, die ebenfalls ein Einzelkind ist, für die damalige Zeit, 1960er Jahre in Japan, recht ungewöhnlich. Shimamoto war durch einen Geburtsfehler ein wenig gehbehindert, doch Hajima störte das keineswegs. Hajima zog zusammen mit seinen Eltern in eine andere Stadt, sodass die beiden Kinder sich aus den Augen verlieren. Plötzlich taucht Shimamoto nach 25 Jahren wieder in seinem Leben auf.

Shimamoto verdrehte ihm ganz den Kopf und wäre sie nicht wieder so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war, bin ich sicher, er hätte seine Familie und seine abgesicherte Existenz aufgegeben, für die er so sehr gekämpft hatte, wenn man bedenkt, aus welchem beruflichen Milieu er einst gekommen ist. Ein langweiliger Angestellter in einem Schulbuchverlagswesen als Lektor tätig.

Ein wenig nachdenklich haben mich die anderen Liebespartnerinnen gemacht, die es alle ernst mit Hajima gemeint hatten, doch Hajima verletzte diese ungewollt, indem er sich zu anderen Frauen hingezogen gefühlt hatte. Wobei der Konflikt mit seiner Frau sich schließlich gelegt hatte, seine Frau verzieh ihm die Liebe zu einer anderen Frau.

Lest aber selbst.

Interessant fand ich zudem auch, zu erfahren, dass Hajima unter einer inneren Leere litt, von der er glaubt, dass nur Shimamoto sie ausfüllen könne. Das zeugt neue Probleme. Die Sucht und die Gier nach dieser Frau macht ihn fast wahnsinnig.
Wohin ich auch gehe, ich bleibe derselbe. Meine Unzulänglichkeiten bleiben dieselben. Meine Umstände mögen sich verändern, doch ich bleibe stets derselbe unvollkommene Mensch. Der ewig gleiche fatale Mangel, den ich mit mir herrumtrage, ruft einen unstillbaren Hunger in mir hervor. Dieser Hunger hatte mich stets gequält und wird mich wahrscheinlich immer weiter quälen. Denn gewissermaßen ist es dieser Mangel, der meine Person ausmacht. Das weiß ich inzwischen. Für dich will ich ein neues Ich werden. Und vielleicht gelingt es mir. Es wird nicht einfach sein, aber ich werde mein Bestes geben, und vielleicht kann ich mich ändern.
Das waren die Worte der Versöhnung an seine Frau. Diesen inneren Mangel, der zieht sich quasi durch das ganze Buch. Mehr verrate ich nun nicht.

Neben dem eigentlichen Thema, hier ist es die Liebesgeschichte, interessiert mich z. B. oft, was die Romanfiguren für ein Leben als LeserInnen führen.

Shimamoto galt als eine rege Leserin. Sie trifft Hajima lesend vor einem Sachbuch:
"Was liest du da?" Sie deutete auf mein Buch. Ich zeigte es ihr. Es behandelte die Geschichte des chinesisch-vietnamesischen Grenzkonflikts nach dem Vietnamkrieg. Sie blätterte darin und gab es mir zurück.
"Liest du keine Romane mehr?"
"Doch, aber nicht mehr so viel wie früher. Und neue Romane lese ich gar nicht. Nur die alten überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. Welche, die ich früher schon gelesen habe."
"Warum liest du keine neuen?"
"Vielleicht will ich nicht enttäuscht werden. Wenn ich ein langweiliges Buch lese, habe ich das Gefühl, meine Zeit zu verschwenden. Und das frustriert mich. Früher war das anders. Ich hatte viel Zeit, und selbst wenn ich etwas langweilig fand, glaubte ich, es käme auf die eine oder andere Weise doch etwas dabei heraus. Aber jetzt halte ich es nur noch für reine Zeitverschwendung. (…)Liest du noch viel?"
"Ja, die ganze Zeit. Neues und Altes. Romane und Sachbücher. Langweiliges und Spannendes. Im Gegensatz zu dir mag ich es, meine Zeit mit Lesen totzuschlagen."
Das fand ich interessant, denn auch ich lese viel, verbringe fast meine gesamte Freizeit mit dem Lesen. Ähnlich wie Shimamoto lese ich auch querbeet, davon Spannendes und aber auch Langweiliges, wobei ich gerade lerne, gewisse Bücher dann doch abzubrechen, wenn sie mir nicht zusagen. Vor allem wenn es sehr große Wälzer sind. Dafür reicht schließlich meine Ausdauer dann doch nicht. Kommt aber glücklicherweise nicht so oft vor. Wenn es aber vorkommt, bin ich ein wenig bedrückt, wenn ich das Buch abbreche.

Ich mache hier nun Schluss und verweise auf das Buch. Lest es selbst, kommt selbst in den Genuss, diese Art von Liebesroman in euch aufzunehmen.  
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Es gibt eine Grenze, und es gibt Menschen, die sie überschreiten können, und Menschen, die es nicht können.
(Haruki Murakami)

Gelesene Bücher 2014: 19
Gelesene Bücher 2013: 81
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Sonntag, 16. März 2014

Haruki Murakami / Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Klappentext
Wie eine Halluzination taucht die Kindheitsgeliebte des Barbesitzers Hajima nach Jahrzehnten wieder auf, unfassbar und geheimnisum-woben. Immer an regnerischen Abenden erscheint Shimamoto wie eine verführerische Andeutung aus einer fremden Welt und hebt das Leben des tüchtigen Geschäftmannes und Familienvaters aus den Angeln. ›Südlich der Grenze, westlich der Sonne‹ erzählt mit großer Magie vom Einbruch dämonischer Kräfte in ein Leben – und scheut dabei keine Tabus.Als ›Gefährliche Geliebte‹ in der Übersetzung aus dem Englischen erschien, führte der Streit über die Sprache des Romans und seine Darstellung von Sexualität zur Auflösung des »Literarischen Quartetts«. Nun wurde er zum ersten Mal direkt aus dem japanischen Original ins Deutsche übersetzt: Ursula Gräfe, die längst zur deutschen Stimme Murakamis geworden ist, legt dabei verborgene Schichten frei und enthüllt einen Roman, den wir alle zu kennen glaubten, auf aufregende Weise neu. Der ideale Zeitpunkt für neue Leser, diesen modernen Klassiker zu entdecken – und für alle, die seinem Zauber schon zuvor verfallen waren, sich neu zu verlieben.

Autorenporträt
Haruki Murakami ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren Japans. Die meisten seiner Bücher erzielten Millionenauflagen und wurden mit hohen japanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Der Autor wurde 1949 in Kyoto geboren, studierte Theaterwissenschaften und begann mit dem Schreiben von Drehbüchern. Von 1974 bis 1982 leitete er einen Jazzclub und bedauerte später, dass er während dieser Zeit nicht geschrieben hatte. Er lebte danach viele Jahre in Europa und bis 1995 in den USA. Dorthin war er geflüchtet, weil er die Popularität nach seinem Erfolgsroman "Naokos Lächeln" in Japan nicht mehr ertragen mochte. Murakami sagt selbst: "Ich möchte mich nur aufs Schreiben konzentrieren". In seinen Büchern vermischen sich westliche Ansichten vom Schicksal des Individuums mit Fantasy- Elementen aus der japanischen Götterwelt. 

Von Murakami habe ich die Trilogie IQ84 gelesen. Erst wollte ich es gar nicht lesen, da ich mit so einer fiktiven Welt, wie ich sie im Klappentext beschrieben sah, nicht zurechtzukommen glaubte. Aber mich zog es immer wieder zu ihm zurück, bis ich das das Buch schließlich doch gekauft habe und war von dem Inhalt total angetan. Eine so schöne literarische Sprache und dieser Mix zwischen Fiktion und Wirklichkeit hat mir auch total gefallen. Eine Welt für sich, als müsse diese Welt so sein, wie Murakami sie beschrieben hat. Wenn mir nun das vorliegende Buch auch gefallen wird, dann zählt Murakami auch zu meinen Favoriten als Autor.
Gestern Abend habe ich einige Seiten gelesen, die mir gut gefallen haben. Auf meinem großen SuB liegen noch drei ungelesene Bücher von dem Autor.

Weiteres schreibe ich im nächsten Post, wenn ich das Buch durchhaben werde.




Samstag, 15. März 2014

Lizzi Doron / Das Schweigen meiner Mutter (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch war mir ein wenig zu trocken … Habe es soeben durchgelesen. Der Schreibstil der Autorin ist nach meinem Geschmack gut gelungen und fantasievoll. Trotzdem weiß ich nicht, woran es gelesen haben könnte, dass mich das Buch nicht wirklich gefesselt hat.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Auf der Suche nach dem verlorenen Vater ein Foto. Ein Garten, Tel Aviv, 50er- Jahre. Im Vordergrund ein kräftiges kleines Mädchen, den Blick in die Kamera gerichtet, einen zweifelnden oder auch verzweifelten Blick, vielleicht blendet aber auch nur die Sonne. Im Hintergrund ein Gebüsch, und dort, eingerahmt von einem kleinen weißen Kreis, ein weiteres Gesicht. Fast unkenntlich, winzig und fern. Ist das der Vater, den das Mädchen nicht kannte? Nach dem es wieder und wieder vergeblich fragte und dann - längst erwachsen - zu forschen begann? Eine atemlose Suche nach Sinn und Begründung eines, wie sich zeigen wird, wahnwitzigen Geheimnisses.

Die Icherzählerin heißt Alisa.

Alisa erweist sich schon im Kleinkindalter zu einem fragenden Kind. Sie stellt viele, viele Fragen an die Erwachsenen, an sich, an ihre FreundInnen, an die Welt, sodass das Kind ein gefürchtetes Kind wurde. Alle hatten Angst vor ihren Fragen. Vor allem die Mutter, die es schaffte, die Fragen mit einem eisigen Schweigen zu umgehen.
Ich war wütend auf meine Freundin Dorit und auf meine Mutter, auf sie und auf alle, die geschwiegen hatten. Der Schweiß brannte auf meiner Haut, und all die wehen Stellen meiner Kindheit schmerzten, der Trost, die Küsse und Umarmungen, die mir nie zuteilgeworden waren.Plötzlich, nach Jahren, war es wieder da, dieses Wirken in der Kehle. Was habt ihr mir eigentlich ersparen wollen? Warum habt ihr mir nichts gesagt? Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass er lebt? Warum habt ihr mir nicht gesagt, dass er gestorben ist? Was war da? Gab es vielleicht noch etwas anderes, ein dunkles Geheimnis, irgendeinen Wahnsinn? Das fragte ich Dorit, das fragte ich meine tote Mutter, das fragte ich auch mich selbst. Ich hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren. (110)
Diese Fragen ziehen sich bis zum Ende des Buches hin.

Die Episoden reichen bis in die dritte Generation hinein. Ein Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit findet statt. Ein wenig gewöhnungsbedürftig.

Ich schreibe mir ein paar Szenen und Gedanken heraus, die mir besonders gut gefallen haben.

Alisa wird zum Flötenunterricht angemeldet, doch der Musiklehrer möchte sie im Unterricht nicht haben, da sie rhythmisch nicht mithalten konnte.
„Ich kann so nicht unterrichten“, sagte der Lehrer zornig.Meine Mutter warf ihm einen hochmütigen Blick zu."Mögen Sie sich ein langes Leben verdienen", sagte sie höflich und beendete damit die Unterredung. Dann nahm sie mich am Arm und führte mich hinaus. Ich war bestürzt.„Warum hast du ihm ein langes Leben gewünscht?", fragte ich wütend.„Damit er noch sieht, wie erfolgreich du sein wirst, und sich die Zähne daran ausreißen kann, bis er alt und grau ist, bis hundertzwanzig", antwortete sie mit einem Lächeln, und bei dieser Gelegenheit versprach sie mir, sie würde meine Flötenlehrerin werden.“ (71)
Diese Szene hat mir besonders gut gefallen. Hier bekommt man eine Mutter mit, die sich für ihr Kind einsetzt, und sie an die Fähigkeiten ihrer Tochter glaubt.

Die Mutter, eine Frau, die viel im Leben erlebt hat, und die alleinerziehend ist. Alisa ist ein Nachkriegskind. Es ist die Mutter, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat. Sie sind jüdischer Abstammung.

Alisa kennt ihren Vater nicht …
Wer ist er?? Wo ist er geblieben? Die kleine Alisa reißt vom Kindergarten aus, um ihn zu suchen.

Die Mutter gibt eine kleine Party, auf der viele Leute vertreten waren.
„Schau nur, wie sehr dich die Leute mögen", sagte meine Mutter aufgekratzt, als ihre Party zu Ende war.Ich konnte mich nicht beherrschen.
"Warum habe ich keinen Vater?"„Komm, ich frisiere dich auch." Sie tat, als hätte sie meine Frage nicht gehört. "Siehst aus wie Shirley Temple." Sie kämmt meine krausen Haaren, kämpfte gegen die verfilzten Knoten und die Locken."Warum habe ich keinen Vater?" Ich ließ nicht locker, bis ich spürte, wie sie die Kraft verlor, wie ihre Bewegungen mit dem Kamm immer schwächer wurden, wie die Nacht sie wieder niederzwang. (89)
Erst bekommt man Mitleid für die Kleine, doch später, wenn man mehr von der Mutters Vergangenheit erfährt, entwickelt man auch Mitgefühl für die Mutter, deren eisiges Schweigen nichts anderes war als Selbstschutz.

Alisa vergleicht die Mutter mit einem Safe. Alle Familiengeheimnisse trug sie darin verschlossen. (94)

Immer wieder tauchen Szenen auf, die mit dem Nationalsozialismus zu tun hatten, der die Juden innerlich verschlang. Alisa hat diese Zeit nicht miterlebt und doch hat sie eine Ahnung, wenn sie andere darüber erzählen hört. Alisa horcht heimlich an den Gesprächen der Erwachsenen:
Ich wusste, dass es auch heute, auch hier, ein geheimes Leben gab, Geheimnisse blühten im Eck.Das, was gewesen war, war das, was uns verband, dachte ich. Die Eltern, die Kindheit mit dem Stacheldraht um die Seelen, ein Stacheldraht zwischen uns und der Welt, zwischen uns und unseren Eltern. Was uns verband, hatte nichts mit Gemeinsamkeiten dieser Wesensart, der Interessen oder der Lebensweise zu tun.Ich spürte, dass das Zusammensein uns betrübte, die Erinnerungen uns belasteten. Ich wurde ungeduldig. (101)
Der Stacheldraht wird hier als Metapher gebraucht. Der Stacheldraht aus dem Nationalsozialismus. Kriegserlebnisse wirken bis weit in die dritte Generation hinein. Auch dann noch, wenn über die Erlebnisse nicht gesprochen wird, da sie innerlich stark traumatische Erlebnisse bergen.

Alisa wird erwachsen, und noch immer konnte sie nicht herausfinden, wer ihr Vater ist. Selbst ihre Freundinnen gaben keine Antworten auf ihre Fragen:
Deine Mutter wollte dir Leid und Schmerz ersparen. Sie hat jede Gefahr von dir ferngehalten, sie hat dir jede Information verschwiegen, die dich hätte traurig machen können. So hatte sie sich entschieden, das war ihre Art, dich zu schützen. Sie hat das ganze Leid und den ganzen Schmerz auf sich genommen." (210)
Das Kind hatte sich einen Vater ausgedacht. Sie dachte sich Geschichten über ihn aus. Ein Partisane soll er gewesen sein, der dann später nach Amerika emigrierte.

Den tieferen Grund, weshalb die Mutter sich so verhielt, werde ich nicht verraten. ….
Auch die Frage, weshalb das Kind ihren Vater vermisste und ihn nie kennenlernen durfte, verweise ich auf das Buch.

Mein Fazit: Vielleicht hätte mich das Buch mehr erreicht, wenn ich nicht so viel erzählt bekommen hätte, sondern mir selbst meine Gedanken hätte machen können. Obwohl das Buch nur knapp über zweihundert Seiten hat, so finde ich, ist zu viel erzählt worden und immer wieder kreiste man um dieselbe Frage. Auch der Klappentext ist viel zu ausführlich. Ich meine nicht den Klappentext, den ich hier rein gepostet habe, nein, der Klappentext ist auf jeder Seite des Schutzumschlags mit verschiedenen Informationen bedruckt. Das muss nicht sein, man hegt den Anspruch, sich selbst Gedanken zu machen.

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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die danebenstehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein)

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Freitag, 14. März 2014

Lizzi Doron / Das Schweigen meiner Mutter

Klappentext
Auf der Suche nach dem verlorenen Vater
Ein Photo. Ein Garten, Tel Aviv, 50er- Jahre. Im Vordergrund ein kräftiges kleines Mädchen, den Blick in die Kamera gerichtet, einen zweifelnden oder auch verzweifelten Blick, vielleicht blendet aber auch nur die Sonne. Im Hintergrund ein Gebüsch, und dort, eingerahmt von einem kleinen weißen Kreis, ein weiteres Gesicht. Fast unkenntlich, winzig und fern. Ist das der Vater, den das Mädchen nicht kannte? Nach dem es wieder und wieder vergeblich fragte und dann - längst erwachsen - zu forschen begann? Eine atemlose Suche nach Sinn und Begründung eines, wie sichzeigen wird, wahnwitzigen Geheimnisses.




Autorenporträt
Lizzie Doron, geboren 1953 in Tel Aviv, studierte Linguistik, bevor sie Schriftstellerin wurde. Ihr erster Roman ›Ruhige Zeiten‹ wurde mit dem von Yad Vashem vergebenen Buchman Preis ausgezeichnet. 2007 erhielt sie den Jeannette Schocken Preis. In der Begründung der Jury heißt es: »Lizzie Doron schreibt über Menschen, die von ›dort‹ kommen, die den Holocaust überlebten und nun zu leben versuchen. In Israel. Fremd, schweigend, versehrt - und stets ihre Würde wahrend. Mit großer Behutsamkeit nähert die Autorin sich ihren Figuren und mit großem Respekt wahrt sie Distanz.«
›Das Schweigen meiner Mutter‹ ist ihr bisher persönlichstes Buch.
Das Buch ist mittlerweile auch als Taschenbuch zu haben.




Donnerstag, 13. März 2014

Morten H. Olsen / Das Kind aus dem Moor (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch gestern Abend ausgelesen und bin eher geteilter Meinung. Einerseits hat es mir gefallen, dass der Krimi nicht wie ein gewöhnlicher Krimi aufgebaut ist, andererseits hat mich die Thematik, wie der Autor diese verpackt, bzw. ausgeschmückt hat, nicht wirklich gefesselt.

Der Protagonist dieses Romans nennt sich Francis Falckenberg, der die Geschichte aus der Ichperspektive erzählt. Es liest sich auch ein ganz klein wenig wie ein Schauerroman. Francis erhält Wahrträume von den getöteten Opfern, die ihm den Tötungsort ansagen und den Verbleib der Leichen. Francis wendet sich damit an die Polizei und macht sich dadurch verdächtig ... Ursprünglich sah es so aus, dass die getöteten Personen durch einen (gelegten) Brand ums Leben kamen.

Die Opfer wünschen sich, dass der Mörder gefasst und die Leichen geborgen werden…, und wenden sich an Francis, da er so ziemlich für spirituell medial eingeschätzt wird, als könne er mit Toten kommunizieren.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext ein:
Als Antiquar gehört Francis Falckenberg zu den Honoratioren des norwegischen Städtchens Oscarshavn.   Seit Jahren führt er ein beschauliches Leben: doch plötzlich geschehen merkwürdige Dinge: Bei einem Großbrand im Armenviertel sterben eine stadtbekannte Prostituierte und ihre Tochter – aber die Leichen werden nicht gefunden. War es Mord? Als Francis an einem nebligen Abend nach Hause geht, erscheint ihm ein seltsames kleines Mädchen, das er noch nie zuvor gesehen hat. Es nimmt ihn bei der Hand und führt ihn zu den vermissten Toten – um genauso unbemerkt zu verschwinden, wie es gekommen ist. Als Francis der der Polizei den Fundort meldet, begegnet man ihm mit größtem Misstrauen und er verstrickt sich immer tiefer in ein Gespinst aus Verdächtigungen und Widersprüchen. Ist er der Mörder? Und bald darauf erscheint ihm das Kind erneut und führt ihn ins Moor – wo vor fünfundzwanzig Jahren ein kleines Mädchen spurlos verschwand …
Francis wirkt ein wenig naiv, was das Städtchen Norwegens betrifft. Kriminalität passt so gar nicht in sein Bild. Er bekommt ordentlich die Meinung einer guten Freundin verpasst:
"Es ist nur so, dass ich mich manchmal über dich ärgere, weil du so tust, als wäre Oscarshavm dermaßen liberal und anständig und sauber. Du weißt, dass ich in meinem Büro sitze und seit Jahren alle die anderen Geschichten höre. Manche davon sind Kleinigkeiten, schlimm für die Betroffenen, aber normale, kleine Alltagstragödien: wie die leichten Mädchen von ihren Beschützern behandelt werden, wie das Sozialamt seine Klientel abfertigt, dass die Asylbewerber sich am Freitagabend nicht auf die Straße trauen, aus Angst, zusammengeschlagen zu werden. Andere Geschichten sind schlimmer. Klar, die Stadt wirkt liberal, aber nur, weil einer sich verdammt wenig um den anderen kümmert. Die Stadt ist reich, weil sie geizig ist. Sie steht glänzend da, weil sie keine Rücksicht nimmt, weil diejenigen, die sie bewirtschaften, ihre Entscheidungen eigenmächtig treffen und keinerlei öffentliche Diskussion zulassen." (126f)
Ehrlich gesagt, wer hat nicht so ein perfektes Bild zu Norwegen? Was schreiben die Medien denn schon darüber? Nichts? Oder fast nichts? Nein, wenn etwas zu Norwegen geschrieben wird, dann sind das meistens nur die besten Schlagzeigen … Die innereuropäischen Journalisten beschäftigen sich lieber mit der Kriminalität der ausländischen Länder, die dafür bekannt sind. Darunter fallen alle südeuropäischen Länder. Über diese wird überwiegend negativ berichtet, und die guten Schlagzeilen, für diese interessiert sich kaum jemand. Das hässliche Südeuropa - Bild muss ja schließlich aufrechterhalten werden, so wie das gute Bild der nördlichen Länder ebenso. Deshalb habe ich mich über dieses Zitat so sehr gefreut, so gibt es doch wenigstens, wenn auch sehr wenige, AutorInnen, die sich kritisch und differenziert über ihr Land auslassen. Die meisten Menschen machen sich wenig Gedanken darüber und übernehmen blind die Schlagzeilen der Berichterstatter … Einseitig gut der Norden, einseitig bös der Süden.

Auf Seite 166 macht sich Francis Gedanken über den Menschen, der die kriminelle Tat verübt hat. Und diesen Gedanken fand ich auch sehr schön.
Und doch ist das Erschreckendste für mich, dass der Mörder immer noch ein Mensch ist. Auch ein zerbrochener Spiegel ist noch ein Spiegel. Sie müssen ihn sich als zerbrochenen Spiegel vorstellen. Der Spiegel reflektiert nicht das ganze Bild, weil ihm Stücke fehlen; unserem Mann fehlen die Stücke, die ihn zu einem kompletten Menschen machen würden. Aber er ist trotzdem ein Mensch mit einer Reihe menschlicher Gefühle, nur dass sie so lückenhaft sind, verglichen mit der Komplexität eines normalen Menschen. Aber er leidet. Er träumt, hofft, sehnt, vermisst.
Und hier mache ich nun Schluss. Möchte nicht zu viel verraten. Allerdings schaffe ich es nie, mich lange über einen Krimi auszutauschen. Ich weiß nicht, weshalb Krimis mich immer wieder langweilen.
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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die danebenstehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein)

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Sonntag, 9. März 2014

Morten H. Olsen / Das Kind im Moor

Klappentext
Als Antiquar gehört Francis Falckenberg gehört zu den Honoratioren des norwegischen Städtchens Oscarshavn.   Seit Jahren führt er ein beschauliches Leben: doch plötzlich geschehen merkwürdige Dinge: Bei einem Großbrand im Armenviertel sterben eine stadtbekannte Prostituierte und ihre Tochter – aber die Leichen werden nicht gefunden. War es Mord? Als Francis an einem nebligen Abend nach Hause geht, erscheint ihm ein seltsames kleines Mädchen, das er noch nie zuvor gesehen hat. Es nimmt ihn bei der Hand und führt ihn zu den vermißten Toten – um genauso unbemerkt zu verschwinden, wie es gekommen ist. Als Francis der der Polizei den Fundort meldet, begegnet man ihm mit größtem Mißtrauen und er verstrickt sich immer tiefer in ein Gespinst aus Verdächtigungen und Widersprüchen. Ist er der Mörder? Und bald darauf erscheint ihm das Kind erneut und führt ihn ins Moor – wo vor fünfundzwanzig Jahren ein kleines Mädchen spurlos verschwand …


Autorenporträt
Morten Harry Olsen wurde 1960 in Narvik, im hohen Norden Norwegens geboren. Er studierte Kriminologie und Philosophie, musste einige Jobs hinter sich bringen, bevor sein erstes Buch auf den Markt kam. So war Morten Harry Olsen Buchhalter in der norwegischen Armee, Taxi-Fahrer, Herrenkleidungsverkäufer und Bürosekretär an der Universität Oslo. Morten Harry Olsen war in mehreren Schriftstellervereinigungen tätig, auch in deren Vorständen. Außerdem arbeitete er als Lektor bei den Verlagen »Oktober« und »Aschehoug« und als Chef-Lektor für den »Bokklubben Krim og Spenning«. Seit 1998 ist er angestellter Berater für den »Gyldendal Norsk Forlag«.
Morten Harry Olsen lebt geschieden in der norwegischen Hauptstadt Oslo und ist Vater eines Kindes.
Das Buch habe ich beim Bücher - Oxfam antiquarisch erworben.



Samstag, 8. März 2014

Álex Rovira und Francesc Miralles / Einsteins Versprechen (2)

Zweite von zwei Buchbesprechungen

Da ich meine Meinung zu dem Buch in der ersten Buchbesprechung schon kundgegeben habe, mache ich mich nun dran, die schönen und poetischen Textpassagen herauszuschreiben. Diese vorliegende Buchbesprechung ist allerdings nicht für LeserInnen geeignet, die das Buch selber lesen möchten …

In dem Buch findet man jede Menge weise Sprüche von mehreren Autoren. Immer vor dem Beginn eines neuen Kapitels.

Auch zu dem Leben Einsteins fand ich manches recht interessant und ein wenig widersprüchlich. Das hat mich nicht wirklich gestört. Das Widersprüchliche gehört zum Menschsein einfach dazu. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Autoren im Anhang eine Bemerkung hinterlassen hätten mit dem Hinweis, wie sie recherchiert haben, um über den Physiker zu schreiben. Was ist neben dem Kriminalistischen Wahrheit? Was ist Dichtung?

Zur Erinnerung gebe ich noch mal den Klappentext rein:
Kurz vor seinem Tod machte Albert Einstein eine revolutionäre Entdeckung. Er fand heraus, was die Welt im Innersten zusammenhält. Doch er behielt diese Wahrheit für sich. Einsteins junge Biografin Sarah und Drehbuchautor Javier suchen nach dem Geheimnis des Genies. Ihre magische Reise in die Vergangenheit führt sie um die halbe Welt. Sie stoßen auf ein Mädchen, das Einstein viel bedeutete und seinem Leben eine neue Wendung gab. Wer war die Unbekannte? 
Der Protagonist des Romans ist der Drehbuchautor Javier Costa. Verschiedene andere Romanfiguren sind ebenfalls beteiligt, um an Einsteins letzte Erkenntnis zu gelangen, auch wenn die Figuren völlig unabhängig voneinander sind. Die beiden Autoren ziehen dies ein wenig wie einen Krimi auf. Denn wer es schafft, an die letzte Erkenntnis zu gelangen, der kann damit an die Öffentlichkeit gehen, ein Patent anmelden und reich dabei werden.

Eine weitere protagonistische Figur ist Sarah Brunet, gibt sich als junge Französin aus und ist Biografin Einsteins. Beide, Sarah und Javier, entwickeln sich zu einem gemeinsamen Team, woraus sich auch eine Liebesgeschichte zwischen diesen beiden auftut, die für eine große Überraschung sorgt. Wer ist Sarah Brunet denn wirklich? Diese Frage stellt sich Javier irgendwann, als er merkt, dass es im Internet keine Sarah Brunet zu googeln gibt. Sarah Brunet ist Doktorandin und aufgrund ihres beruflichen Status müsste sie schon etwas an wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht haben, aber Google kennt sie einfach nicht.

Eine ominöse Figur ist auch Sarahs achtzehnjährige Schwester Lorelei. Javier findet erst sehr viel später heraus, dass Lorelei Sarahs Schwester ist. Sie hat blaue Haare und sorgt dafür, andere Wissenschaftler, die an dem Einstein Projekt beteiligt sind, aus dem Verkehr zu ziehen, bringt damit aber auch Javier in lebensbedrohliche Gefahren. Lorelei nimmt ein wenig die Figur einer Psychopathin an. Sie schickt die Leute in den blauen Tod auf eine ganz mysteriöse Weise.
Dies fand ich ein wenig oberflächlich. Später und bis zum Schluss des Romans bleibt Lorelei unerwähnt, und so vermisste ich irgendwie den roten Faden dazu. Auch die vielen Morde blieben nicht weiter Thema. Tauchten thematisch im Text einfach nicht mehr auf. Es ist so, als haben die Autoren aufgehört, über Lorelei zu erzählen.

Der Schluss bringt eine Wende, was Sarah Brunets Identität betrifft und sorgt somit für Überraschung.

Javier und Sarah begeben sich weltweit auf die Suche nach Einsteins Angehörigen. Einsteins Frauen, zur Adoption freigebegebe Tochter und seine Enkelin …

Und nun zu Einsteins Leben und Theorien:

Einstein gilt zwar als eine Größe in der Wissenschaft, aber er ist auch Mensch. Er war mehrmals verheiratet und seine Tochter aus erster Ehe gab er zur Adoption frei, um seinen Ruf als Professor nicht zu gefährden. Es war damals nicht üblich, uneheliche Kinder in die Welt zu setzen. Auch bei Einstein kam es vor, dass er seine Frauen als billige Hausmägde benutzte. Es findet dazu ein Dialog zwischen Javier und Sarah statt:

Sarah:
Zum Beispiel hat Einstein, als die Beziehung schon schlecht lief, seiner Frau drei Bedingungen für eine Fortsetzung ihres Zusammenlebens gestellt: Sie sollte auf jegliches persönliches Verhältnis mit ihm verzichten, das Zimmer immer widerspruchslos verlassen, wenn er es verlangte, und sich darum kümmern, dass seine Bettwäsche stets in Ordnung war.
Javier zeigt sich Sarah gegenüber enerviert, zu Recht, wie ich finde:
„Also, das hat mich an Intellektuellen wie dir schon immer genervt. Einen Mann von der Straße würdet ihr wegen einer unglücklichen Bemerkung, die ihr sofort als Machospruch deuten würdet, bei lebendigem Leibe aufspießen. Aber Genies wie Picasso oder Einstein verzeiht ihr, wenn sie ihre Frauen schlecht behandeln und an den Rand des Selbstmords treiben. (…) Man kann zwar eine Eins in Physik haben, aber eine Sechs in Herzenskunde." (197f)
Interessant fand ich auch, dass Einstein, wie man weiß, die Atombombe zwar erfunden hatte, aber kurze Zeit darauf wurde er Gegner der Atomwaffe. Ihm wurden plötzlich die fatalen Folgen beim Abwurf der Atombombe bewusst.
Einmal hatte ich den Kommentar eines Militärs gehört, der gesagt hatte, auf der Welt müsse es mehr gute Menschen geben als gemeinhin vermutet, da von den ungeheuren Mengen existierender Atombomben bisher nur zwei abgeworfen worden seien.Das Problem sei allerdings, dass diese Bomben weiterhin existierten und die weltweiten Konflikte natürlich nicht einfacher geworden seien. (308)
Nach Einsteins Tod wurde veranlasst, dass sein Gehirn zu Forschungszwecken benutzt wurde. Den Untersuchungen zufolge unterschied sich Einsteins Gehirn nicht besonders von dem Gehirn normaler Menschen.

Sarah und Javier befinden sich in Amerika und finden Einsteins Enkelin als eine alte Frau auf, die in den Bergen wie eine Eremitin in einer Höhle lebt. Sie ist bekannt als die Steinfrau. Eine sehr weise Frau. Javier und Sarah nehmen Kontakt zu ihr auf und erfahren von ihr mancherlei.
Albert Einsteins Gehirn sah genauso aus wie das jedes anderen Menschen. Deshalb muss seine Einzigartigkeit anderswo gelegen habe, wenn schon nicht dort. Und ich weiß auch, wo. (…) Das Geheimnis liegt im Herzen.
Javier wurde skeptisch:
Als Spezialist in Populärwissenschaften hatte ich meine Zweifel an den Behauptungen von Einsteins Enkelin, und ich scheute mich nicht, meine Bedenken zu äußern. Die Steinfrau sah mich freundlich an und entgegnete:"Ich werde dir einen endgültigen Beweis dafür geben, dass nicht das Gehirn unser Schicksal lenkt. Weißt du, welches von allen lebenswichtigen Organen nicht an Krebs erkrankt?""Das Herz", antwortete ich beeindruckt."Genau. Und dafür muss es einen guten Grund geben." (342)
Das war mir bisher noch gar nicht bewusst gewesen, dass das Herz als das einzige Organ keinen Krebs bekommen kann.

Das Herz würde schon anfangen zu schlagen, selbst wenn es noch die Größe eines kleinen Punktes habe.

Das Herz bleibt nun bis zum Schluss des Buches Bestandteil des Themas und führt uns zur Liebe:
Es gibt kein Heilmittel gegen die Liebe, aber Liebe ist das Heilmittel gegen alle Übel. (Autor zitiert Leonard Cohen).
Herz, Liebe, Licht. Im Herzen liegt die Liebe, in der Liebe das Licht ...
Liebe ist Licht, denn sie erleuchtet dem, der sie schenkt und empfängt. Liebe ist Schwerkraft, denn sie bewirkt, dass Menschen sich von anderen Menschen angezogen fühlen. Liebe ist stärker, denn sie vervielfacht das Beste, was wir haben, und ermöglicht es der Menschheit, nicht in ihrem blinden Egoismus zu erlöschen. Liebe offenbart und enthüllt. Aus Liebe lebt man und stirbt man. Liebe ist Gott, und Gott ist Liebe. (…)
Dass Gott Liebe sein soll, fand ich ein wenig oberflächlich, zu abgedroschen, da im ganzen Buch nicht von Gott die Rede ist, taucht jetzt der Begriff Gott zum ersten und zum letzten mal auf, in einem einzigen Satz. Mich hätte interessiert, welche tiefere Einstellung denn Einstein zu Gott hatte?

Nun weiter im Zitat:
Wenn wir wollen, dass unsere Spezies überlebt, wenn wir einen Sinn im Leben suchen, wenn wir die Welt und jedes fühlende Wesen, das in ihr lebt, retten wollen, ist Liebe die einzige und letzte Antwort.Vielleicht sind wir noch nicht so weit, eine Liebesbombe zu bauen, ein Artefakt, das stark genug ist, Hass, Egoismus und Geiz, alles was unseren Planeten verwüstet, zu zerstören. Doch jedes Individuum trägt einen kleinen, aber mächtigen Liebesgenerator in sich, dessen Energie darauf wartet, freigesetzt zu werden.Wenn wir eines Tages gelernt haben, diese universelle Energie zu schenken und zu empfangen, (…) können wir nachweisen, dass Liebe alles besiegt, alle Grenzen überwindet und alles vermag, denn Liebe ist die Quintessenz des Lebens. (373f)
Das fand ich ein wunderschönes Zitat …

Was die Welt im Innersten zusammenhält, dieses Zitat ist mir von Goethes Faust wieder eingefallen, als ich das vorliegende Buch durch hatte.

Es ist die Liebe …
Nicht die Liebe, wie SchlagersängerInnen sie anpreisen, wie z. B. diese im Partner zu finden, der uns glücklich machen soll. Nein, hier geht es um die Liebe, die in uns selber liegt und wer sie nicht in sich spürt, müsse sie in sich noch entdecken...

Die Welt wäre schon längst untergegangen, die Atombomben schon längst geworfen und die Menschheit schon längst vernichtet.

Einstein hat auch an das Gute im Menschen geglaubt ... Ohne dieses Gute wäre die Menschheit schon längst verloren.

Dies führte Einstein zu der Quintessenz, dass jedes echte Wissen aus dem Herzen stammen würde, und nicht, wie WissenchaftlerInnen zu glauben geben, dass alles Wissen alleine der Verstand hervorbringen würde.

Ich hätte mir gewünscht, die Autoren hätten noch einen Anhang beigelegt, indem sie den LeserInnen mitgeteilt hätten, aus welchen Quellen die Theorien zu Einsteins Leben und Wirken sie erworben hätten. Das habe ich vermisst.

Und weil mir auch das Fiktive, Kriminalistische wenig authentisch war, erhält das Buch von mir sechs von zehn Punkten. Siehe auch erste Buchbesprechung ...

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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein)

Gelesene Bücher 2014: 16
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86



Álex Rovira und Francesc Miralles / Einsteins Versprechen (1)

Eine von zwei Buchbesprechungen zur o. g. Lektüre

Die letzten Kapitel fand ich am schönsten. So richtig gefallen hat mir das Buch nicht wirklich und ich mich gefragt habe, warum mein Unbewusstes gerade dieses Buch gezogen hat? (Ich besitze eine Bücher-Lose-Kiste, aus der ich ein Los herausfische, wenn ich nicht weiß, welches Buch ich als nächstes lesen soll. Die Lose habe ich selbst gebastelt. Es sind knapp vierhundert Stück.) Und erst am Schluss erhielt ich die Antwort.

Das Buch enthält ein Thema, das mich ein Leben lang beschäftigt hat. Der Sinn des Lebens, und was es ist, was die Welt im Innersten zusammenhält?(Goethe Faust) Was ist es, für das es sich zum leben lohnt?

Des Weiteren bin ich froh, geistig mit so viel Weisheit verschiedener Dichter gefüttert worden zu sein, andererseits kann ich so viel Weisheit auf einmal schwer verdauen. Des Weiteren die Weisheit und das Leben von Albert Einstein. Da bin ich nicht sicher, was ist recherchierte Wahrheit und was ist Dichtung? Um das herauszufinden, müsste ich wahrscheinlich selbst eine (Auto) Biographie zu dem Physiker lesen.  Ein wenig hat es mich an Zafón erinnert. Das Buch ist etwas mit Kriminalistischem behaftet, liest sich aber auch ein wenig wie ein Thriller. Aber insgesamt nicht heftig genug. Nicht genug Thriller, nicht genug Krimi. Und gerade dieses Kriminalistische war mir nicht wirklich ausreichend authentisch. Hat mich nicht überzeugt. Man hätte diese Actionpointe auch ruhig weglassen können, das Buch anders aufbauen, dann hätte es mir vielleicht besser gefallen. Ich weiß nicht, warum manche AutorInnen denken, sie müssten eine gewisse Spannung künstlich erzeugen, mischen ihrer Thematik ein paar Morde unter, damit es schön brisant bleibt, um dadurch viele Leserschaft damit anzuwerben???  Mich hat gerade dieses Actiongetue eher gelangweilt. Brauche ich nicht unbedingt. Passt nicht zu Einstein.

Es ist kein richtiger Krimi, aber auch kein richtiger Psychothriller. Was ist es denn? 

Ich werde morgen eine zweite Buchbesprechung zu dem Werk schreiben. Ich lasse das jetzt erst einmal sacken. 
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Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben- nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.
(Albert Einstein) 

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Mittwoch, 5. März 2014

Àlex Rovira und Francesc Miralles / Einsteins Verprechen

Klappentext
Kurz vor seinem Tod machte Albert Einstein eine revolutionäre Entdeckung. Er fand heraus, was die Welt im Innersten zusammenhält. Doch er behielt diese Wahrheit für sich. Einsteins junge Biographin Sarah und Drehbuchautor Javier suchen nach dem Geheimnis des Genies. Ihre magische Reise in die Vergangenheit führt sie um die halbe Welt. Sie stoßen auf ein Mädchen, das Einstein viel bedeutete und seinem Leben eine neue Wendung gab. Wer war die Unbekannte?

Autorenporträts
Àlex Rovira, geboren 1969 in Barcelona, ist ein anerkannter und erfolgreicher Sachbuchautor. Seine Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt. Weitere Informationen finden Sie unter: » www.alexrovira.com
Francesc Miralles, geboren 1968, arbeitete einige Jahre als Verleger, bevor er zu schreiben begann. 2009 wurde er mit dem renommierten Premio de la Ciudad de Torrevieja ausgezeichnet. Miralles, der auch Musiker ist, lebt in Barcelona.» www.francescmiralles.com
Ich bin mir nicht sicher, ob mir das Buch gefallen wird.




Dienstag, 4. März 2014

Erich Maria Remarque / Drei Kameraden (1)


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Mir hat das Buch von Remarque wieder sehr gut gefallen, auch wenn ich den Ausgang des Geschehens mir schon selbst habe denken können…
 Remarque besitzt so viel Schreibtalent, und er schreibt mit so viel Humor, dass ich nicht anders kann, als ihm treu zu bleiben. Das heißt, dass ich die beiden noch ungelesenen Bände mir irgendwann auch noch vornehmen werde.

Remarque ist ja bekannt dafür, dass er in seinen politisch geprägten Romanen immer eine Liebesgeschichte mit einfließen lässt und diese war die schönste Liebesgeschichte, die Remarque bisher geschrieben hatte. Geschrieben aus der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs, wo die Menschen alle noch um das nackte Überleben kämpften und sie die Nachwehen des Krieges markant zu spüren bekamen. Und nicht nur die Liebesgeschichte, die mehr als authentisch war, auch die wahre Freundschaft der drei Kameraden, die sich zueinander verbunden fühlten,  nachdem der Krieg sie durch die gemeinsamen Erlebnisse zusammengeschweißt hat.

Der Icherzähler nennt sich Robert Lohkamp. Er ist Klavierspieler und gemeinsam mit den anderen beiden Kameraden führt er eine Autowerkstatt. Lohkamp ist dreißig Jahre alt.

Hauptsächlich geht es hier um die einfachen Menschen, kleinbürgerlich, und wie sie es schaffen, mit dieser schwierigen Nachkriegszeit zurechtzukommen. Auch die drei Kameraden, ehemals Soldaten, können ihre Kriegserlebnisse nicht mit dem Ende des Krieges ad acta legen, oder einfach über Bord werfen. Sie versuchen auf ihre Art und Weise im neuen Deutschland zu überleben. Fast schon wie Lebenskünstler.

Was der Krieg aus Menschen macht, kann aus meiner Sicht Remarque zusammen mit Fallada am besten beschreiben.

Einige Textpassagen fand ich aber auch richtig witzig, dass ich, neben dem Ernsthaften, trotzdem Gelegenheit bekam, manches einfach lustig zu finden. Die drei Kameraden hatten ihren Humor nicht in den Kämpfen des Krieges gelassen. Wenn es Schwierigkeiten gab, fanden sie immer einen Ausweg. Sie haben felsenfest zusammengehalten.

Eine schwarze Katze läuft ihnen über den Weg. Einer der Kameraden reagiert ängstlich darauf:

Die Straße war leer. Eine schwarze Katze huschte vor uns her. Lenz zeigte hin. "Jetzt müssten wir eigentlich umkehren." „Lass man“, sagte ich, „wir haben vorhin eine weiße gesehen; das hebt sich auf.“ (360)

Drei ganz einfache Männer, die total philosophisch sein können und für ihre Probleme immer eine Lösung gefunden haben, aber immer auf eine naive aber sympathische Art. Die Kriegserlebnisse hatten sie zu Philosophen gemacht. Ihnen war der Tod zu jeder Zeit präsent.

Brüder, das Leben ist eine Krankheit, und der Tod beginnt schon mit der Geburt. Jeder Atemzug und jeder Herzschlag ist schon ein bisschen Sterben-ein kleiner Ruck dem Ende zu. (155)

Die Hauswirtin einer Kleinbürger – Pension, Frau Zalewski, zeigte kein Verständnis zu der Denkweise dieser jungen Männer:
Merkwürdige Menschen seid ihr jungen Leute alle miteinander. Die Vergangenheit hasst ihr, die Gegenwart verachtet ihr, und die Zukunft ist euch gleichgültig. (164)

Robert pflegte in den sicheren Zeiten auch ein kulturelles Leben. Theater, Bücher, Kino…
Es war lange her, dass ich in einem Theater gewesen war. Ich wäre auch nicht hingegangen, wenn Pat, meine Freundin, es nicht gewollt hätte. Theater, Konzerte, Bücher - alle diese bürgerlichen Gewohnheiten hatte ich fast verloren. Es war nicht die Zeit danach. Die Politik machte genug Theater - die Schießereien jeden Abend gaben ein anderes Konzert; und das riesenhafte Buch der Not war eindringlicher als alle Bibliotheken. (166 f)
Robert verliebt sich in eine junge Frau namens Pat. Sie gehen beide eine Bindung ein. Beide suchten die Sicherheit in der Bindung. Sie stellten keine hohen Erwartungen. Sie waren mit dem Wenigen schon zufrieden, Hauptsache, die Liebe dominiere die Beziehung. Beide wirken auch hier ein wenig naiv… 

Pat ist lungenkrank, leidet an einer Tuberkulose, verschweigt dies allerdings Robert, bis sie in seinem Beisein einen Anfall bekommt. Robert tut alles für das junge Mädchen. Hauptsache, sie bleibt am Leben. Pat muss ins Sanatorium, in die Schweiz…
 Diese Szenen haben mich an Thomas Manns Buch Der Zauberberg erinnert und verweise auf das Buch von Remarque.

Interessante Theorien, die das junge Paar entwickelt, bezogen auf das Geschlecht, wenn auch für die nachfolgenden Generationen nicht mehr ganz so neu. Die Frau, die mehr auf Sicherheit und auf ein gutes Leben aus sei, so sei der Mann dagegen mehr auf das Geld bedacht.

Aus Roberts Sicht:
"Der Mann", erklärte ich weiter, "wird nur geldgierig durch die Wünsche der Frauen. Wenn es keine Frauen gäbe, würde es auch kein Geld geben, und die Männer wären ein heroisches Geschlecht. Im Schützengraben gab es keine Frauen - da spielte es auch keine große Rolle, was jemand irgendwo an Besitz hatte; es kam nur darauf an, was er als Mann war. Das soll nicht für den Schützengraben sprechen - es soll nur die Liebe richtig beleuchten. Sie weckt die schlechten Instinkte des Mannes - den Drang nach Besitz, nach Geltung, nach Verdienen, nach Ruhe. Nicht umsonst sehen Diktatoren es gern, wenn ihre Mitarbeiter verheiratet sind - sie sind so weniger gefährlich. Und nicht umsonst haben die katholischen Priester keine Frauen - sie wären sonst nie so kühne Missionare geworden." (200)

Weiteres zu der Beziehung ist dem Buch zu entnehmen.
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Ich möchte nun noch eine lustige Szene hinzufügen. Robert befindet sich im Büro seines Autokunden, der gerade einen Apfel verzehrt. Der Kunde bietet Robert auch einen an:

"Wollen Sie auch einen?""Danke, nicht gerade jetzt…" Er biss krachend hinein.„Viele Äpfel essen, Herr Lohkamp! Äpfel verlängern das Leben! Jeden Tag ein paar Äpfel-und Sie brauchen nie einen Arzt!“„Auch nicht, wenn ich mir den Arm breche?“ Er grinste, warf das zweite Kerngehäuse weg und stand auf. „Sie brechen sich dann eben keinen Arm!“ (187)

Ich mache hier nun Schluss. Es gäbe noch mehr zu dem Buch zu schreiben, möchte aber nicht zu viel anderen LeserInnen vorwegnehmen.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten.
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Die Moral ist eine Erfindung des Menschen; nicht eine Konsequenz des Lebens.
(E. M. Remarque)

Gelesene Bücher 2014: 15
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
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Sonntag, 2. März 2014

Erich Maria Remarque: Drei Kameraden


Klappentext

Berlin in den »Goldenen 20ern«: Der Krieg ist vorüber – in den SaIons und Theatern herrscht Lebensfreude, in der Kasse die Inflation und auf der Straße Not und politische Unruhe. Drei junge Kriegskameraden versuchen ein neues Leben aufzubauen...


Autorenportrait
Erich Maria Remarque, 1898 in Osnabrück geboren, besuchte das katholische Lehrerseminar. 1916 als Soldat eingezogen, wurde er nach dem Krieg zunächst Aushilfslehrer, später Gelegenheitsarbeiter, schließlich Redakteur in Hannover und Berlin. 1932 verließ Remarque Deutschland und lebte zunächst im Tessin/Schweiz. 

Von dem Autor habe ich gelesen:
  1. Remarque, Erich Maria: Arc de Triomphe                                                     
  2. Remarque, Erich Maria: Der schwarze Obelisk
  3. Remarque, Erich Maria: Ein militanter Pazifist
  4. Remarque, Erich Maria: Im Westen nichts neues
  5. Remarque, Erich Maria: Liebe Deinen Nächsten
  6. Remarque, Erich Maria: Zeit zu leben und Zeit zu sterben 
Im Regal stehen von Remarque noch weitere ungelesene Werke ... . 



Kerstin Hekman/ Hexenringe


Ich habe das Buch wieder abbrechen müssen. Es war sehr langatmig. Und zu viele Charaktere, zu viele neue Gesichter, mit denen ich nicht richtig warm werden konnte, da immer wieder neue hinzukamen. Die Protagonistin kam für meinen Geschmack dadurch nicht gut rüber. Ein paar weniger Romanfiguren hätten es auch getan.

Schade, das Thema hätte mich brennend interessiert... . 

Donnerstag, 27. Februar 2014

Kerstin Ekman / Hexenringe

Klappentext
Schweden zu Beginn der Gründerzeit: Am Ende des 19. Jahrhunderts dringt die neue Zeit auch in die hintersten Winkel des Landes, dorthin, wo Tora Lans in ärmlichsten Verhältnissen zur Welt kommt. Ihr Leben als Dienstmädchen scheint ebenso vorherbestimmt wie das ihrer Mutter Edla und der Großmutter Sara, bei der Tora nach dem Tod der Mutter aufwächst. Doch das erwachende Selbstvertrauen und der trotzige Lebenswille des jungen Mädchens helfen ihr, sich gegen ein Schicksal in Armut und Abhängigkeit aufzulehnen. – »Der Roman ist kein Elendspanorama, denn Kerstin Ekman setzt auf Ironie und Humor. Immer bleibt Spannung und Leselust erhalten.« (taz)



Autorenportrait
Kerstin Ekman wurde 1933 in Schweden geboren. Die mehrfach preisgekrönte Autorin arbeitete zunächst als Lehrerin, Drehbuchautorin und Literaturkritikerin, bevor sie mit ihren Romanen bekannt wurde. Mit "Geschehnisse am Wasser" gelang ihr schließlich der internationale Durchbruch. Sie wurde 1978 als dritte Frau in die Schwedische Akademie gewählt. Ihr vierteiliger Romanzyklus, der mit "Hexenringe" und "Springquelle" beginnt, gilt als bedeutendstes Epos der jüngsten schwedischen Geschichte.

Montag, 24. Februar 2014

Anita Shreve / Weil sie sich liebten (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mich dermaßen gefesselt, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen, bis ich die letzte Seite erreicht habe. Es hat mich auch sehr nachdenklich gestimmt. Es war ein harter Stoff, den die Autorin behandelt hat.

Ich gebe noch einmal zur Erinnerung den Klappentext rein:
Mike Bordwin ist stolz, Direktor der renommierten Avery Academy zu sein. Doch ein kurzer Moment genügt, um seinen Lebenstraum zu zerstören: Ein Video gerät an die Öffentlichkeit, auf dem sich drei Schüler mit einem deutlich jüngeren Mädchen amüsieren und dabei maßlos über die Stränge schlagen. Ein aufwühlender Roman über Leidenschaft und Treue, Begierde und die Zerbrechlichkeit des Glücks.

Am Schluss der Handlungen wurde mir klar, was Anita Shreve mit dem Titel Weil sie sich liebten sagen wollte.

Die fünf Jugendlichen veranstalten in einem Eliteinternat eine Sexorgie, die zu einem Skandal führt. Sienna, 14 Jahre alt, war die Jüngste und das einzige Mädchen unter den fünf Jugendlichen, die es schaffte, durch ihr stark sexuelles Auftreten junge Männer auf der Schule zu verführen. Ein Junge beschreibt das Mädchen Jahre nach dem Skandal folgendermaßen:
Manchmal denke ich an das Mädchen und wie es ihr jetzt wohl geht. Ich habe sie vorher nicht gemocht, und ich mag sie auch jetzt nicht. Sie war krank, sie war verrückt nach Sex und hat genau gewusst, wie sie uns auch verrückt nach Sex machen kann. Ich verstehe nicht, dass wir uns überhaupt nicht geschämt haben. Ich weiß nicht, wo das Schamgefühl geblieben ist. Wahrscheinlich nimmt einem das der Alkohol. Wahrscheinlich ist der Sinn des Trinkens, alle Gefühle und Gedanken und allen Anstand zu betäuben, bis man nur noch Körper ist und tut, was der Körper will. Aber manchmal muss ich an sie denken. Sie war zu jung, und dann frage ich mich, ob sie sich schämt. Ja, bestimmt schämt sie sich, außer sie kann sich nicht erinnern, und das wünsche ich ihr, dass sie sich nicht erinnern kann. (226)
Bestätigt wurde diese Beschreibung auch von Siennas gleichaltriger Mitzimmerbewohnerin.
Das soll aber nicht heißen, dass Sienna Schuld ist an dem ganzen Akt.

Die Sexorgie wurde von einem Mittäter gefilmt und als Pornofilm auf Youtube gebracht. Dadurch, dass Sienna noch minderjährig war, wurden die anderen Jugendlichen angezeigt wegen Verführung Minderjähriger. Sienna wirkte in der Orgie wie ein Profi. Alle Jungs sagten aus, dass die frühreife Sienna den Sex auch haben wollte, und so wurde ihnen vonseiten der Erwachsenen trotzdem vorgehalten, das Mädchen daran nicht gehindert zu haben. Die Jugendlichen waren alle alkoholisiert.

Als das Video gefunden und publik wurde, führte es zu einer skandalösen Kettenreaktion mit dramatischen Folgen. Ich gehe auf die Einzelheiten nicht ein, verweise auf das Buch. Die Eltern, die von dem Schulleiter über die Sexorgie unterrichtet wurden, konnten sich nicht vorstellen, dass gerade ihr Kind zu so etwas fähig sei. Und jeder suchte den Schuldigen.

Das Buch ist so aufgebaut, dass jede Romanfigur zu Wort kommt und ihre Gedanken aus deren Perspektive geschildert werden. Deshalb habe ich lange gebraucht, bis ich mir zu dem Konfliktthema eine eigene Meinung bilden konnte. Jede hatte auf ihre Weise recht. Es gibt manchmal einfach auch mehrere Wahrheiten.

Aus der Sicht eines Vaters namens Matthew, der auch von seiner Frau Michelle spricht, gibt es folgenden Bericht: 
Für Michelle war das besonders schlimm gewesen. Es war eher leicht, den Müttern an allem die Schuld in die Schuhe zu schieben. Als hätten sie es nicht geschafft, ihren Söhnen die richtigen Werte mitzugeben. Dabei kannte Matthew keine Frau, die eine bessere Mutter war als Michelle. (…) Matthews Meinung nach mussten junge Männer Dampf ablassen. Man hoffte, dass es beim Basketball geschah, aber diese jungen Leute standen unter enormem Druck, da musste man ihnen einen gelegentlichen Ausrutscher verzeihen. Und nach dem, was Matthew  auf College-Ebene gesehen hatte, erschien ihm dieser Vorfall an einer Privatschule vergleichsweise harmlos. (59)
Michelles Sicht zu ihrem Jungen James, mit dem sie überfordert ist, weil er sie ständig mit Lügen konfrontiert:
Zuerst kamen die Geschichten von den Müttern seiner Schulkameraden. Die Siebtklässler tränken, behaupteten sie. Die Achtklässler rauchten Marihuana. Ich konnte das nicht glauben. Wir leben in einer Kleinstadt, es gibt allerdings das College, und ich nehme an, dass daher Marihuana und Alkohol leicht zu beschaffen sind, selbst für Schüler. Aber es war offensichtlich, dass keine der Mütter ihrem eigenen Kind so etwas zutraute. Ich jedenfalls traute es James nicht zu. (...)
Manchmal habe ich es mit Humor versucht. Manchmal war ich streng. Ich konnte mich zur Verbündeten machen, dachte ich, oder auf den Tisch hauen. Ich konnte die Regeln ändern oder ich konnte mich anpassen. Ich konnte mir aussuchen, welche Kämpfe ich ausfechten wollte. Ich sprach mit meinem Mann und erzählte ihm von meinem Verdacht, dass James log und Alkohol trank. Das ist nur eine Phase, sagt mein Mann. Söhne müssen sich von ihren Müttern abnabeln. Ich sei überfürsorglich und hätte ständig etwas an ihm auszusetzen. Übernehme nicht dauernd die Verantwortung für ihn, sagte mein Mann, dann wird er anfangen, sie selbst zu übernehmen. Das schien mir vernünftig. Der Junge ist ein anständiger Kerl, fügte mein Mann hinzu. Hat jemals ein Lehrer bei uns angerufen? Hat der Direktor sich jemals gemeldet? Hat von den Eltern irgendwann mal jemand angedeutet...? (63ff)
Es gibt den Jungen Silas, der von der Beschreibung her im Internet korrekt in seinem Auftreten gewesen sein sollte. Und trotzdem war gerade auch Silas in dem Fall mitverwickelt:
Aber wenn es in der Schule einen gegeben hat, der von zu Hause die richtigen Werte mitbekommen hatte, dann war das Silas. (72)
Der Schulleiter Michael Bordwin hatte versucht, den Vorfall unter den Tisch zu kehren. Dadurch, dass er mit Silas´ Eltern gut im privaten Kontakt stand, konnte er selbst nicht glauben, dass Silas an der Sexorgie beteiligt war und bagatellisiert den Vorfall, während er bei den anderen Jungen sich ein schriftliches Geständnis zu dem Ereignis hat geben lassen. Mike begeht einen Fehler nach dem anderen. 

Silas hat eine Freundin. Beide lieben sich innig. Silas wird mit dem Video, das gefunden wurde, nicht fertig. Das ist Gesprächsthema Nummer eins auf der Schule, ist allerdings noch nicht bis zu seiner Freundin vorgedrungen. Silas beendet die Beziehung über einen Brief:
Du hast gesagt, du würdest mich ewig lieben. Ich glaube, das geht jetzt nicht mehr. Eigentlich kann niemand einem anderen versprechen, dass er ihn ewig lieben wird, weil man ja nie weiß, was passieren kann, zu was für schrecklichen Sachen der Mensch, den man liebt, vielleicht fähig ist. Wie ist das, wie fühlt man sich, wenn man jemanden auf einmal nicht mehr liebt? Heute liebst du ihn noch und morgen nicht mehr, weil du ihn auf einem Band gesehen hast? Wohin verschwindet die ganze Liebe? Verpufft sie mit einem Schlag, oder wird dir, jedes Mal, wenn du dir das Band vorstellst, qualvoll ein Stück Liebe herausgerissen, bis nichts mehr übrig ist? Aber auch wenn du mich nicht lieben kannst, weiß ich, dass ich dich immer lieben werde, obwohl ich dir nie ewige Liebe hätte schwören sollen, weil ich das, was ich getan habe, bestimmt nicht getan hätte, wenn ich dich in dem Moment geliebt hätte. (225)
 Aus diesen Zeilen entnehme ich, wie sehr sich diese jungen Menschen nach ihrer Tat schuldig fühlen und sie kaum einen Ausweg daraus finden. Da denke ich wieder an den Titel zurück: Weil sie sich liebten... 


Mein Fazit

Am Ende des Buches kam mir das Problem so mickrig vor, das, auch von der Presse, so unnötig aufgebauscht wurde. Letzten Endes waren es Jugendliche, die sich in ihrer hormonellen Entwicklung befanden. Wohin mit den Hormonen, wenn diese verrückt spielen? Mit dem Eintreten der Volljährigkeit sind die jungen Menschen noch lange nicht fertig mit ihrer körperlichen – seelischen und geistigen Entwicklung. Man hätte das Problem anders anpacken sollen, anstatt ihnen mit Sanktionen zu drohen, und sie mit dem sexuellen Delikt alleine zu lassen. Delikt? War es überhaupt ein sexuelles Delikt?

Wenn man Kinder erzieht, weiß niemand, was am Ende der Erziehung dabei herauskommt. Für mich gibt es aus diesem Grund keinen wirklichen Schuldigen.

Ich mache hier nun Schluss. Ich habe viele wichtige Ereignisse verschwiegen, denn sonst ist die Spannung weg, die ich jedem anderen Leser auch gönne, wie ich sie selbst erlebt habe.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. Es ist sehr authentisch geschrieben und es wurden mehrere Blickwinkel zu dem Problemthema dargestellt.
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Es gibt in unserer Seele Dinge, an denen wir mehr hängen, als wir selbst wissen.
(Marcel Proust)

Gelesene Bücher 2014: 13
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 23. Februar 2014

Anita Shreve / Weil sie sich liebten


Klappentext
Mike Bordwin ist stolz, Direktor der renommierten Avery Academy zu sein. Doch ein kurzer Moment genügt, um seinen Lebenstraum zu zerstören: Ein Video gerät an die Öffentlichkeit, auf dem sich drei Schüler mit einem deutlich jüngeren Mädchen amüsieren und dabei maßlos über die Stränge schlagen. Ein aufwühlender Roman über Leidenschaft und Treue, Begierde und die Zerbrechlichkeit des Glücks.

Autorenporträt
Anita Shreve verbrachte einige Jahre als Journalistin in Afrika und bereiste weite Teile Kenias, bevor sie in  die USA zurückkehrte und Schriftstellerin wurde. Ihre Romane »Die Frau des Piloten« und das für den  Orange Prize nominierte »Gewicht des Wassers« waren große internationale Erfolge. Auf Deutsch erschienen von ihr zuletzt »Die Nacht am Strand« und »Weil sie sich liebten«. Anita Shreve lebt mit ihrem Mann in Boston/Massachusetts.
Anita Shreve ist eine US-amerikanische Schriftstellerin. Die Tochter eines Piloten und einer Hausfrau schloss die Dedham High School ab und studierte an der Tufts University. WikipediaGeboren: 7. Oktober 1946, Dedham.
Die ersten einhundert Seiten habe ich schon durch und das Buch gefällt mir recht gut. Stimmt mich sehr nachdenklich, ist ein gesellschaftskritisches Werk.




Samstag, 22. Februar 2014

Asa Larsson / Sonnensturm (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre


Vom Hocker hat mich jetzt der Kriminalroman nicht gehauen. Habe aus einigen Rezensionen entnommen, dass nicht genug Spannung vorhanden war, andere dagegen schwärmten geradezu von dem Krimi.
Mir selbst haben die Handlungen völlig ausgereicht, mehr Aktion habe ich nicht gebraucht. Was den Sprachstil betrifft, fand ich ihn manchmal ein wenig zu übertrieben. Auch mich hat es gestört, dass die hochschwangere Kommissarin Anna-Maria Mella permanent zum Pinkeln auf die Toilette musste. Oder der Schnee, der zwischen der Türe klebte. Ich wusste bislang nicht, dass Schnee kleben kann. :)

Die kriminelle Tat fand ich schrecklich genug, als ein Pastor namens Viktor Strandgard durch einen religiösen Akt getötet und mehrmals verstümmelt wurde. Als einem Hund dasselbe Schicksal ereilte, da fragte ich mich schon, weshalb erfindet ein Mensch solche Grausamkeiten? Genügen die vielen brutalen Verbrechen in aller Welt nicht aus? Muss man noch mehr erfinden? Braucht der Mensch Gewalt und Verbrechen? Ist sonst das Leben zu eintönig? Die Szene mit dem Hund habe ich dann schließlich überflogen.

Dass ein Mensch mit einer schweren psychischen Erkrankung diesen Mord bei Mensch und Tier begang, hat mich enttäuscht, weil doch auch zu klischeehaft. Ich arbeite mit psychisch kranken Menschen und niemand, mit dem ich bisher beruflich zu tun hatte, wurde kriminell auffällig. Es gibt sie, das ist wohl wahr, aber laut Statistik sind das eher Verbrechen von Menschen, die scheinbar unauffällig sind, die sogenannten Normalos in unserer Welt, die sich sogar gehäuft in der Politik bewegen und man ihre Auffälligkeit eher als tolerant hinnimmt. Die meisten psychisch kranken Menschen sind sensible Menschen, die Gewalt gar nicht ertragen. Ich verweise auf das Buch von Manfred Lütz: Irre! Wir behandeln die Falschen.


Eines der Kriterien, damit mir ein Krimi als lesenswert erscheint, besteht darin, dass die Gewaltverbrechen nicht immer von Menschen, Angehörige einer Randgruppe, vollzogen werden.

Nein, eine echte Krimileserin wird aus mir nie werden und bin wirklich froh, dass ich nur wenige Krimibücher besitze.

Mehr fällt mir zu dem Buch nicht ein.




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Außerdem braucht jeder ein paar Schwächen, sonst ist man kein richtiger Mensch.
( Helen Simonson)


Gelesene Bücher 2014: 12
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86



Freitag, 21. Februar 2014

Asa Larsson / Sonnensturm

Klappentext
Zwischen Schnee und Eis und ewiger Nacht geschieht ein schreckliches Verbrechen: Viktor Stråndgard liegt tot in der Kirche vor dem Altar, brutal ermordet. Die hochschwangere Kriminalinspektorin Anna-Maria Mella nimmt die Ermittlungen auf. Und auch die Anwältin Rebecka Martinsson, eine alte Freundin des Toten, kehrt kurz entschlossen in ihre ehemalige Heimat zurück, um Viktors Schwester beizustehen. Sie ahnt nicht, dass auch ihr die Vergangenheit gefährlich werden kann ...


Autorenportrait
Åsa Larsson, 1966 geboren, verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Kiruna. Sie arbeitete als Steueranwältin, bis sie beschloss, Autorin zu werden. Mit ihrem ersten Krimi »Sonnensturm« machte sie in Schweden sofort Furore (ausgezeichnet als bestes Krimi-Debüt). Inzwischen gibt es bereits vier Bücher mit den beiden sympathischen Ermittlerinnen Rebecka Martinsson und Anna-Maria Mella. Åsa Larsson lebt mit ihren beiden Kindern in Südschweden, in der Nähe von Gripsholm.

Auch wenn auf dem Cover ein anderer Buchtitel gedruckt steht, steht auf meinem Band mit dem selben Cover Sonnensturm und lt. Klappentext ist identisch mit dem Inhalt des Buches.

Ich habe das Buch nun fast durch und es gefällt mir ganz gut, wenn mir auch die Protagonistin nicht wirklich anziehend erscheint von ihrem Auftreten her. Ich habe noch einen Band von der Autorin im Regal stehen und irgendwie scheinen sich die Themen zwischen diesem und dem anderen Band Weiße Nacht doch wieder zu ähneln. Ich weiß nicht, ob ich Lust habe, mich nochmal mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Nun lese ich erstmal dieses Buch zu Ende und bilde mir danach meine Meinung.