Montag, 18. März 2013

Jenny Williams / Mehr Leben als eins (2)

Biographie zu Hans Fallada

Zweite von zwei Buchbesprechungen zur o. g. Lektüre

Ich habe viel im Buch angestrichen, weiß aber nicht, ob ich alles verwerten werde. Mal schauen, wie weit ich komme.

Die Ursache, weshalb Ditzen sich von den Erwartungen seiner Eltern distanzierte, lag an der autoritären und repressiven Erziehung seiner Eltern. Wobei  mir die Eltern, nach allem, was sie bereit waren für ihren Sohn zu tun, nicht wirklich autoritär vorkamen. Beide Elternteile hatten selbst eine schwere Kindheit zu verwinden, wuchsen ohne Eltern auf, so dass es ihnen sehr wichtig war, den eigenen Kindern eine Familienatmosphäre zu vermitteln, die sie selbst nicht hatten. Die Mutter wuchs bei ihrem liebarmen Onkel auf, der Vater war auf einem Internat. Dazu später mehr. Schon in der Jugend zeigte Ditzen große Auffälligkeiten und unternahm mehrere Suizidversuche, die alle scheiterten.  Mit einem Schulfreund, der ebenso lebensmüde war, duellierte er sich mit dem Ziel, sich gegenseitig zu töten. Obwohl der Freund als erfahren gilt, was die Anwendung von Pistolen betrifft, gelingt es ihm nicht, Ditzen zu töten und verfehlte knapp sein Ziel. Anders Dietzen, der den Freund mitten ins Herz getroffen hatte und starb. Ditzen wurde des Totschlags angezeigt, kam in eine psychiatrische Heilanstalt, und sich dort herausstellte, dass Ditzen selber suizidal war und nur sterben wollte. So wurde die Anzeige wieder fallengelassen.

In keines seiner Werke gibt es eine positive Vaterfigur. Ditzen geriet in den Alkohol und Rauschgiftkonsum und mischte sich unter den Kleinkriminellen. Für den Vater, der Richter von Beruf war, eine große Empörung und Skandale fürchtete.
Der Mensch lebt nicht nur sein persönliches Leben als Einzelwesen, sondern, bewusst oder unbewusst, auch das seiner Epoche und Zeitgenossenschaft (…). Ditzen wurde im selben Jahr geboren wie der radikale Dramatiker Ernst Toller und in dem selben Jahrzehnt wie Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Walter Benjamin, Gertrud Colmar und Karl Zuckmeyer. Er gehört einer Generation deutscher Schriftsteller an, die in ein autoritäres deutsches Reich hineingeboren wurden, bei dessen Zerfall im Ersten Weltkrieg erwachsen wurden und nur vierzehn Jahre parlamentarischer Demokratie erlebten, bevor der Faschismus und ein zweiter Weltkrieg über sie hereinbrachen. 14f
Ditzen war in der Schule Außenseiter und in der Familie das Sorgenkind und das Schwarze Schaf. In den Schulpausen zog er sich zurück und vertiefte sich in seine Bücher. Was die Literatur betrifft, so ist Ditzen auch hier seinen eigenen Weg gegangen, in dem er sich für Bücher begeisterte, die zu Hause verboten wurden:
Ebenso wie seine ältere Schwester Elisabeth sagten Rudolf vor allem solche Bücher zu, die ihre Eltern für ungeeignet hielten und die den Kindern offiziell nicht zugänglich waren. Hierzu zählten nicht nur die volkstümlichen Abenteuerromane Karl Mays, sondern auch Flaubert und Zola, Dumas, Stevenson, Dickens und Dostojewski. 29
Eigentlich alles gute Literaten. In Karl May sind diesmal nicht die Indianer die Bösen, sondern die Weißen. Vielleicht könnte das mit eines der Gründe des Leseverbots sein. Aber bei den anderen Büchern? Die anderen Autoren, die mir auch bekannt sind, schreiben recht gesellschaftskritische Bücher... . Durften gesellschaftskritische Bücher nicht sein?

Ditzen litt unter einer manischen Depression und hatte bis zu seinem Lebensende mehrere psychiatrische Klinikeinweisungen hinter sich. Der Hausarzt der Familie charakterisierte Ditzen folgendermaßen:
Ich halte Ditzen für einen im Denken sehr scharfsinnigen und im Reden schlagfertigen jungen Menschen, der sich äußerlich sehr in der Gewalt hatte, innerlich aber in der Bekämpfung seiner Triebe und Leidenschaften schwach war. 43
Den Eltern versuchte der Schüler Ditzen deutlich zu machen, dass er unbedingt Schriftsteller werden möchte. Die Ärzte, Hausarzt und Klinikärzte rieten ihm von zu viel kopflastige Betätigung ab. Was er brauche, wäre körperliche Arbeit, damit er abgelenkt werden könne. Nach der Klinikeinweisung wurde er auf einen Bauernhof vermittelt, auf dessen Landwirtschaft eingesetzt, auf dem er ein stark reglementiertes Leben mit strengen Vorschriften nachgehen musste.
In seinen Jahren in Posterstein und auf anderen Gütern eignete sich Rudolf Ditzen fundierte Gartenbaulicher, Land-und forstwirtschaftliche Kenntnisse an: "Und doch habe ich all diese Zeit- das aber erfuhr ich erst Jahrzehnte später gelernt für das, was ich einmal werden sollte; ein Schriftsteller. Ich war nämlich fast immer mit Menschen zusammen, ich stand hinter den endlosen Reihen der schwatzenden Frauen beim Rübenhacken, beim Kartoffelbuddeln, und ich hörte die Frauen und die Mädels schwatzen, von morgens bis abends ging das. Abends schwatzte dann der Chef, und auch die Schweizer im Kuhstall schwatzten wie die Knechte beim Füttern im Stall. Ich konnte ja nicht anders, ich musste zuhören, ich lernte, wie sie reden und was sie reden, was sie für Sorgen haben, was ihre Probleme sind. 63
Als Kind einer gut situierten Familie hat Ditzen hier nun gelernt, sich auf die Welt der einfachen Leute einzulassen. Und ich finde, das ist ihm sehr gut gelungen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Literaturwissenschaftler, der Ditzen abgewertet hatte in der Form, dass seine Bücher keinen literarischen Wert hätten und bezog dies auch auf die literarische Sprache. Damals hatte ich noch keine Auto / Biographien von dem Autor gelesen aber heute wüsste ich schon, mit dem Hintergrund, den ich nun habe, was ich ihm antworten würde. Sich auf das Leben anderer Menschen einzulassen, zeigt ein großes Maß an Menschlichkeit. Ditzen öffnete sich, um innerlich diese Menschen in sich einzulassen und über ihre Probleme ganze Bücher zu schreiben. Das ist auch eine Kunst und beweist eine hohe Gabe an Sensibilität und Feinfühligkeit.

Als die Eltern sich mittlerweile abgefunden haben, dass Rudolf vom Schreiben nicht abzubringen ist, verlangten sie von ihm, sich einen Pseudonym anzulegen, um die Familie zu schützen. Rudolf Ditzen machte sich auf die Suche. Im folgenden Zitat erfährt man, wie Rudolf Ditzen seinen Schriftstellernamen hat finden können:
Rudolf Ditzens nächster Schritt bestand darin, sich einen Schriftstellernamen zuzulegen. Diesmal suchte er nicht in den Büchern von Oscar Wilde nach einer passenden literarischen Figur, sondern in der Welt der Grimmschen Kinder-und Hausmärchen:  >Hans< nach der leicht zu übertölpenden, aber sorglosen Titelgestalt in >Hans im Glück<   und  >Fallada< in >Die Gänsemagd<, das um den Preis des eigenen Lebens und noch nach seinem Tode stets die Wahrheit spricht und für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt. 79
Dies, so finde ich, der Anspruch nach Gerechtigkeit, passt zu Ditzen, wird in allen seinen Werken deutlich, wer die Verlierer / Gewinner im Leben sind, wer zu den Benachteiligten einer Gesellschaft zählt.

Obwohl Ditzen sich mit seinen Eltern nicht so sehr verstand und er unter der repressiven und autoritären Erziehung litt,  hatte er seinem Vater viel zu verdanken. Ich finde es sehr lobenswert, dass der Vater dennoch zu seinem Sohn hielt und ihn nicht hat fallen lassen. In Familien stehen oft die gesellschaftlichen Konventionen an oberster Stelle.
Rudolf Ditzen verdankte seinem Vater viel. Er war es, der zuerst die Liebe zur Literatur in ihm weckte, der sich weigerte, ihn während der Pubertät im Stich zu lassen, der ihn finanziell unterstützte, als er an seinem ersten Roman schrieb, und der stets bemüht war, die Verbindung zu seinem Sohn nicht abreißen zu lassen, obwohl Vater und Sohn vieles gemeinsam hatten - die Liebe zur Literatur (...).
Aus meiner Sicht ist diese Haltung den Eltern, hier insbesondere dem Vater, hoch anzurechnen. Viel zu viele Familien gehen auseinander, wenn ein Kind sich nicht den Erwartungen ihrer Eltern entwickelt. Meist sind diese Erwartung verknüpft mit den Erwartungen jener Gesellschaft eines Landes. Oft frage ich mich dabei, ob die Eltern die Gesellschaft mehr lieben als das eigene Kind.

Wegen kleiner Delikte wurde Rudolf Ditzen eingesperrt. Erstaunlicherweise zog er daraus eine positive Bilanz, da er nirgends so viel Ruhe zum Schreiben fand wie in einem Gefängnis. Ich musste so lachen, als er sagte, wer ein Buch schreiben möchte, der solle sich ins Gefängnis einsperren lassen. Humor hat Ditzen ab und an auch gehabt... Ein Witz, aber auch mit einem Kern an Wahrheit.
Bereits nach vier Tagen Haft gelang Ditzen zu dem Schluss: Ich bin noch in keinem Sanatorium, in keiner Irrenanstalt so anständig behandelt worden wie hier. Wenn ich meine Arbeit tue, kümmert sich kein Mensch um mich weiter. Ich bin in meiner Zelle, ich kann lesen, schlafen, schreiben, singen, auf- und abgehen: Niemand fragt danach. Und die schöne Ruhe hier ... . Ernst von Salomon, der um die gleiche Zeit im Gefängnis (…) einsaß, teilte Ditzens Wertschätzung der Vorzüge des Gefängnislebens: für jeden, der die Ordnung liebt, ist das Gefängnis ein durchaus möglicher Ort. Die Ausschließlichkeit der vier nackten Wände zwingt zu einer gewissen Unbedingtheit der Forderungen an sich selber, zugleich zwingt sie, mit ihren Realitäten fertig zu werden. 101
Das ist nur ein Teil der Realität, wie Ditzen sie äußert. In den anderen Büchern steht er der Justizvollzugsanstalt recht ablehnend gegenüber und zeigt eine kritische Haltung, dass diese Einrichtungen nicht ausreichend menschengerecht ausgestattet seien. Überfüllte Zellen, mangelnde Hygiene, und einseitige Ernährung, die aus Wasser und Brot besteht.

Ditzens Bücher wurden im Nationalsozialismus weder verboten noch verbrannt, da die Bücher als zu populär und politisch als harmlos eingestuft wurden. Goebels selbst lobte das Buch >Kleiner Mann was nun?<  als "Ein tolles Buch. Der Junge kann was" 252. Da hat wohl Ditzen Glück gehabt.

Ditzen war auch ein Opfer seiner Zeit, auch wenn er nicht zu den gesuchten Schriftstellern oder zu den Verfolgten des Nationalsozialismus zählte. Er erlitt immer wieder psychische Zusammenbrüche, greift immer wieder erneut zum Alkohol oder zu Morphium. Wie viele Schriftsteller seiner Zeit, die Deutschland verlassen hatten und woanders als Exilant lebten, konnte Ditzen es ihnen nicht gleichtun, da er Deutschland sehr liebe und er sich in keinem anderen Land schreiben könne wie in seinem eigenen. Lieber gehe er mit den Deutschen unter als zu emigrieren. Ich kann Ditzen verstehen, ginge mir auch so. Mir ist Deutschland auch mein liebstes Land.
>(…) Ich kann mein Geburtsland nicht verlassen, denn ich bin ein Deutscher, ich sage es heute noch mit Stolz und Trauer, ich liebe Deutschland, ich möchte nirgendwo auf der Welt leben und arbeiten als in Deutschland. Könnte es wahrscheinlich nirgendwo anders.< (…) Die Emigration war durchaus keine leichte Wahl: Ditzens Schriftstellerkollegen Kurt Tucholsky, ebenfalls Hausautor bei Rowohlt, hatte 1935 in Schweden Selbstmord verübt. Heinz Kiwitz war im spanischen Bürgerkrieg verschollen; Franz Hesse sollte 1941 in Frankreich an den Folgen der Inszenierung in einem französischen Lager sterben; Ernst Toller, Walter Benjamin, Stefan Zweig, Walter Hasenclever-sie alle haben sich im Exil das Leben genommen. 267
Im Folgenden die Beurteilung der Nazi-Journalisten zu Ditzens Büchern:
Während der Literaturwissenschaftler Helmuth Langenbucher die offizielle Auffassung diktierte, > Wir hatten mal ein Kind< sei weder nützlich, positiv noch deutsch, gab es eine Anzahl von Nazi-Journalisten, die das Werk als komplizierten Blut-und-Boden-Roman prießen und an ihm > Rasseempfinden, Blutsempfinden und Bodenbeständigkeit (...) bewunderten. 225
Trotzdem wurde auch Ditzen von der Gestapo aufgesucht, eine Hausdurchsuchung durchführten, als ihm vorgeworfen wurde, er würde den Hitlergruß verweigern und keine Hitler-Portraits bei sich aufhängen. Auch wurde Ditzens Stammbaum überprüft. Das alles setzte auch Ditzen unter einem enormen psychischen Druck.

Dennoch hat Ditzen den Glauben an das Gute im Menschen nicht verloren:
Durch den ganzen Roman, > Kleiner Mann was nun<, >Der Trinker<  ist sein Glaube an die menschliche Anständigkeit und menschliche Vervollkommnungsfähigkeit sowie seine Überzeugung, dass Menschen häufig Opfer der Umstände sind:> verzweifelte Lage eines verzweifelten Volkes, verzweifelt handelt jeder einzelne Verzweifelte> . 251
Ich finde, dass diese Denkhaltung etwas Versöhnliches trägt.

Ich habe noch gar nichts zu seiner Familie gesagt, und auch nichts über seine Geschwister. Ditzen war zwei Mal verheiratet und beide Male missglückte die Ehe, obwohl er mit seiner ersten Frau Suse über viele Jahre glücklich gelebt hatte. Suse war eine einfache Frau, zeigte sich aber stark und patent im Alltagsleben, während Ditzen sich als feige bezeichnete. Suse wurde von seinen Eltern nicht sofort akzeptiert. In >Kleiner Mann was nun?< spiegelt sich die Ehe dort wieder. Emma, Spitzname Lämmchen als Suse, Johannes Pinneberg, Spitzname Jnngche als  Rudolf  Ditzen. In dem Buch werden soziale und ökonomische Nöte behandelt, die Wirtsckaftskrise mit ihr verbunden die Inflation und die Arbeitslosigkeit. Und immer ist es Emma, die in der Not die Starke ist und vieles selbst anpackt.. . Weitere Details sind dem Buch zu entnehmen. Ich habe nicht das Bedürfnis, hier alles festhalten zu müssen. Deshalb, besser selbst das Buch lesen und fehlende Informationen durch Selberlesen ausgleichen.

Die Biographie bekommt von mir 10 von 10 Punkten. Habe darin Rudolf  Ditzen wiedererkannt, war demnach sehr gut recherchiert, und sie war sehr vielseitig.
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 „Wo viel Liebe ist, kann sich das Böse nicht entfalten“
         (Aus der Zauberflöte, Mozart)

Gelesene Bücher 2013: 19
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86








Jenny Williams / Mehr Leben als eins (1)

Eine Biographie zu Hans Fallada

Eine von zwei Buchbesprechungen

Eine super tolle Biographie. Rudolf Ditzen, alias Hans Fallada, kommt recht authentisch rüber. Die irische Autorin Jenny Williams hat super gut recherchiert.
Rudolf Ditzen hatte von Jugend an ein sehr bewegtes Leben, das für die Eltern schwer nachvollziehbar war. Der Vater, Jurist von Beruf, wünschte sich nichts anderes, als dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt, doch der Sohn weigerte sich vehement. Rudolf ging seinen eigenen Weg durchs Leben...  und was ich so imponierend fand, ist, dass die Eltern, die von der Autorin als recht autoritär beschrieben wird, doch zu ihrem Sohn standen, wenn auch auf ihre Weise, und nicht den Kontakt zu ihm abgebrochen hatten... . Weiteres folgt später... .

Erstaunlicherweise besitzen gerade die Bücher mehr autobiographisches Material, von denen man es nicht erwartet hätte, und die, die als eine Autobiographie deklariert sind, sind total verfälscht. Das Buch Kleiner Mann was nun? z.B. ist stark autobiographisch gefärbt und das Buch "Damals bei uns daheim" eher Fiktion.
Ich möchte mir unbedingt den Film besorgen >Kleiner Mann was nun?<

Ich ahnte es sowieso, dass viele Bücher eingier AutorInnen ihre Erlebnisse in ihre fiktiven Bücher packen.
Erich Maria Remarque gehört auch dazu... . Freue mich, meine Beobachtung bestätigt bekommen zu haben.

Und ich habe auf meine Frage, wieso Rudolf Ditzen so stark in der Welt der Kleinbürger, der Bauern und der Proletarier behaftet war, was sich ja auch in der Sprache kenntlich macht, wo er doch von Haus aus der höheren Gesellschaftsschicht abstammt, da sein Vater, Jurist von Beruf, und dadurch eine hohe Autorität innerhalb der Gesellschaft inne hatte, so konnte ich nun durch das Buch eine Antwort finden. Dazu später mehr.

Interessant zu lesen ist bei Rudolf Ditzen, dass die Frau oft als das starke Geschlecht und der Mann als das schwache Geschlecht hervor geht. Recht deutlich wird dies in dem Buch "Kleiner Mann was nun?"

Rudolf Ditzen war nicht nur ein großer Schreiber, sondern auch ein großer Leser. Er war mit Ernst Rowohlt befreundet, der seine Bücher publiziert hatte. Im Nationalsozialismus ging das nicht mehr, Rowohlt bekam die Druckrechte von den Nationalsozialisten abgesprochen. Ernst Rowohlt emigrierte nach Brasilien ins Exil.

R. D. hatte viele, viele Bücher geschenkt bekommen, einige hunderte, die meisten von dem Rowohlt Verlag. Zum Schluss war ihm das Lesen nicht mehr so wichtig, ihm stand die Büchersammlung mehr im Vordergrund. Dabei musste ich an mich und an Anne denken, da wir uns immer wieder von neuem vornehmen, keine weiteren Bücher mehr zu kaufen, solange der große SuB (Stapel ungelesener Bücher) nicht abgearbeitet ist. Was spricht denn gegen das Sammeln? Andere sammeln Bierdeckel, Briefmarken, Knöpfe... und wir sammeln eben Bücher.
R. D. besaß eine Bibliothek von mehr als 4000 Büchern.

Da ich jetzt schon so viel ohne Zitate geschrieben habe, lege ich zu dem Buch eine zweite Buchbesprechung an.
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 „Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

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Donnerstag, 14. März 2013

Jenny Williams / Hans Fallada ...

... mehr Leben als eins - Biographie



Taschenbuch: 400 Seiten
Verlag: Aufbau Taschenbuch; 
Auflage: 2 (25. Juli 2011)
ISBN-10: 3746670896




Klappentext
»Die ausgewogenste Biographie Hans Falladas.« NZZ Angesichts des Sensationserfolgs von Falladas letztem Roman »Jeder stirbt für sich allein« lohnt ein erneuerter Blick auf den Autor: Spannend und eindrucksvoll erschließt Jenny Williams Schicksal und Werk dieses Schriftstellers, der viele Leben auf einmal lebte – als Trinker, Morphinist, Gefängnisinsasse, liebevoller Familienvater und manischer Schreiber. »Immer wieder haben spätere Forscher versucht, das Schicksal von Rudolf Ditzen, wie der Autor eigentlich hieß, in den Büchern von Hans Fallada zu entdecken. Noch nie aber ist das so überzeugend gelungen wie in der Biographie der irischen Germanistin Jenny Williams.« FAZ

Autorenportrait im Klappentext
Jenny Williams, in Nordirland geboren, studierte an der Queen's University of Belfast Germanistik. Nach mehreren Jahren Hochschultätigkeit an der University of Ulster zog sie 1987 nach Dublin und arbeitet seitdem an der Dublin City University. Seit Juni 2001 ist sie dort Associate Professor mit Schwerpunkt Übersetzungswissenschaft, und seit September 2008 leitet sie das Forschungszentrum für Text- und Übersetzungswissenschaft. Jenny Williams hat zahlreiche Aufsätze zu Hans Fallada verfasst und 2009 gemeinsam mit Sabine Lange „Hans Fallada: In meinem fremden Land. Gefängnistagebuch 1944“ im Aufbau Verlag herausgegeben. »Williams ist eine Liebhaberin Ditzens und beleuchtet kritisch, wie er mit und um das Leben als Mann und Schriftsteller kämpfte, seinen Erfolg erringt und ihm gerecht zu werden versucht. Sie will sein vernachlässigtes Ansehen ins rechte Licht rücken - und das gelingt ihr vorbildlich!« Südkurier über: »Mehr Leben als eins. Hans Fallada«  Nicht nur Jenny Williams ist eine große Fallada Liebhaberin. Auch ich bin es und mir ist es völlig egal, dass die Literaturwissenschaftler seine Bücher nicht wirklich zur hohen Literatur einstufen. Hans Fallada hat ein großes Herz, was Menschlichkeit betrifft. Er hat eine sehr gute Beobachtungsgabe und er schafft es, diese mit einfachen Worten zu beschreiben. Mittlerweile scheint es so langsam einen Fallada Wandel zu geben, indem er neu entdeckt und weltweit "vermarktet" wird.
 Ich freue mich sehr auf das Buch und habe das Ziel, alle Fallada Bücher zu lesen, so nach und nach!

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 „Wo viel Liebe ist, kann sich das Böse nicht verbreiten“ 
         (Aus der Zauberflöte, Mozart)

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Mittwoch, 13. März 2013

Agatha Christi / Der Wachsblumenstrauß (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre


Mein erstes Buch von Agatha Christi, überhaupt mein erstes Buch eines echten Krimis. 
Richtig umgeworfen hat mich das Buch gerade nicht. Anfangs hatte es mir recht gut gefallen, war mir aber irgendwie zu flach... . 

Viel Weisheit steckt wohl in einem Krimi nicht drin, da steht ja auch mehr die kriminalistische Handlung im Vordergrund. Deshalb wird meine Buchbesprechung hier recht dürftig ausfallen, verglichen zu den Buchbesprechungen der anderen von mir gelesenen Bücher.

Wer die Morde begangen hatte, so habe ich mit einem ganz anderen Täter oder Täterin gerechnet.

Erstaunlich, dass nur recht wenige Familienmitglieder auf Onkel Richards Beerdigung teilnahmen. Und dass alle so scharf waren auf das Testament, auf die Erbschaft, die Onkel Richard an alle Familienmitglieder gerecht verteilt hatte. Trotzdem gab es Beschwerden, wie das so in Familien meist so ist. Selten ist man sich einig über die Erbschaft. Über folgendes Zitat bin ich zudem gestolpert:
Frauen können neunundneunzig Mal sehr dumm sein und beim hundertsten Mal ausgesprochen klug.
Schrecklich, welches Bild man schon immer von Frauen hatte. In diesem Buch allerdings geht es mehr um die kluge Frau, die ihre Intelligenz hinter der gespielten Dummheit verbirgt. Das stellt sich aber erst am Ende heraus. 

Kaum jemand trauert über Onkel Richards Tod. Tun nur alle so, als täte es ihnen leid. Ähnlich bei der ermordeten Schwester Richards namens Cora. Wie raffgierig Angehörige einer Familie sein können, wird auch im folgenden Abschnitt deutlich, als es um Streitereien bei der Wohnungsauflösung geht geht, wer welches Möbelstück bekommen soll.
"Das schlimme an dir ist, Helene, du bist viel zu schlau! Du siehst mehr, als du sehen dürftest"
"Keine Sorge, Onkel Timothy, das Spode gehört dir. Nur ein kleiner Scherz meinerseits."
"Scherz!", stieß seine Frau Maude Abernethie ärgerlich hervor.
" Dein Onkel hätte einen Schlaganfall kriegen können!" 
Wie kann man wegen eines Möbelstücks einen Schlaganfall bekommen?

Ein wenig Humor konnte ich in dem Buch auch finden. Rosamunde gegenüber ihren gut aussehenden Mannes:
"Ach, in gewisser Hinsicht ist es lustig", sagte Rosamund. " Ich meine, einen Mann zu haben, den alle anderen Frauen einem wegschnappen wollen. Ich fände es schrecklich, mit einem Mann verheiratet zu sein, den keine andere haben will - wie die arme Susan. Grag, der Mann von Susan, ist doch nur ein Waschlappen!" Der französische Detektiv Poirot musterte sie.
"Und falls es jemanden gelingen sollte - Ihnen Ihren Mann wegzunehmen?"
" Das wird nicht passieren", antwortete Rosamund. "Jetzt nicht mehr", fügte sie hinzu."Sie meinen..."
"Jetzt nicht mehr, wo ich das Geld von Onkel Richard habe."
Rosamunde ist für mich tatsächlich keine kluge Frau, die es lustig findet, wenn noch weitere Morde geschehen... .  

Detektiv Poirot stand kurz vor dem Ziel, den Mordfall aufzuklären. Er wendet sich an den Butler dieses Hauses, in dem er ihm auf die Schulter klopft:
"Courage! Wir stehen kurz vor dem Ziel!" Der Butler sah ein wenig bestürzt drein; wieso sollte der exotische ausländische Herr kurz vor dem Ziel stehen, wo seine Abfahrt doch erst bevorstand? "Planen Sie denn nicht, den Zug um 21:30 Uhr zu nehmen, Sir?"
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 „Musik ist eine Weltsprache“ 
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2013: 18
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86








Sonntag, 10. März 2013

Agatha Christi / Der Wachsblumenstrauß


Verlag: Fischer Taschenbuch
Gebunden Miniformat 2009, 9,00 €
Seitenzahl: 409
ISBN-13: 9783596511167

Klappentext
Der Tod von Richard Abernethie kommt einigen Erben sehr gelegen. Sogar verdächtig gelegen, behauptet seine Schwester Cora spitz. Kurz darauf wird sie selbst ermordet, mit einem Beil erschlagen. Hercule Poirot übernimmt den Fall und findet zwei Dinge heraus: Coras Bruder starb eines natürlichen Todes sie selbst aber hätte besser nie ein Testament gemacht. 

Autorenportrait im Klappentext
Die schrullig-witzige Amateurermittlerin Miss Marple (u. a. "Mord im Orient-Express") und ihre Schöpferin Agatha Christie sind wohl untrennbar verbunden. Aber auch der belgische Detektiv Hercule Poirot, der z. B. in "Das Böse unter der Sonne" agiert, wird von den Christie-Fans geliebt. Beide Figuren gehören zu den bekanntesten Ermittlern der "Königin des Kriminalromans": Agatha Christie. Sie wurde 1890 im britischen Torquay (Grafschaft Devon) geboren, wuchs in einer wohlhabenden Familie auf und ihre Mutter förderte Agathas Schreibtalent. Mit 24 Jahren heiratete Christie und bekam 1919 eine Tochter. Die Ehe wurde, damals höchst ungewöhnlich, nach einem Seitensprung des Gemahls 1928 geschieden. 1930 schloss Christie mit dem 14 Jahre jüngeren Archäologen Max Mallowan die Ehe. In diesem Jahr erschien auch der erste Miss-Marple-Roman, "Mord im Pfarrhaus". Das Lebenswerk umfasst u. a. rund 70 Krimis - alle mit dieser unvergleichlichen Mischung aus Ironie, psychologisch fein austarierten Figuren, englischem Humor und einer handfesten Portion Lebenserfahrung. Darüber hinaus schrieb Christie auch Kurzgeschichten, Theaterstücke, Romanzen (unter Pseudonym) oder eine Autobiografie. Viele ihrer Werke wurden verfilmt, z. B. "Zeugin der Anklage" mit Marlene Dietrich. 1971 erhob Queen Elisabeth II. Christie in den Adelsstand. Die "Queen of Crime" erlag 1976 in Wallingford (Grafschaft Oxfordshire) einem Schlaganfall. 
Das ist nun mein erster echter Krimi, den ich lesen werde. Ausgesucht aus meinem großen SuB hat ihn mir Anne. Ich lese mal aber ich glaube nicht, dass Krimis zu meinen bevorzugten Genres gehören. Ich möchte gerne neue Erfahrungen sammeln, bin neugierig geworden, da so viele Fan von Agatha Christi geworden sind.

Eine Erfahrung habe ich mit dem Psychothriller von Adler Olsens Buch Erbarmen gemacht. Habe die Fortsetzungsfolgen aber ausgelasssen.

So, die ersten hundert Seiten habe ich mir nun schmecken lassen... .




Abgebrochene Bücher...

2020
1) David Michie: Die drei magischen Worte
2) Walter Moers: Prinzessin Insomnia

2019

1) John Irving: Laßt die Bären los, nach 177 Seiten von 506
2) Markus Zusak: Nichts weniger als ein Wunder, nach 70 Seiten von 635
3) Ferdinand von Schirach: Verbrechen, nach 40 Seiten von 246)
4) Lucy Fricke: Töchter, nach 127 Seiten von 237)


2018

1) Rebecca Hunt: Everland, nach 100 Seiten
2) Howard Jacobson: Shylock, nach 163 Seiten von 285
3) Inger Maria Mahlke: Archipel, nach 324 Seiten von 430)


2017
1) Said Kurban: Ali und Nino, nach 100 Seiten
2) Thomas Karlauf: Helmut Schmidt, nach 100 Seiten
3) Anna Porter: Mord auf der Buchmesse, nach 250 Seiten
4) Diana Cooper: Die Botschaft der Tiere, nach 117 Seiten


2016

1) Bruce Chatwin: Traumpfade, nach 210 Seiten
2) Howard Jacobson: J, nach 280 Seiten
3) Monika Peetz: Die Dienstagsfrauen, nach 250 Seiten
4) Günter Grass: Katz und Maus, nach 55 Seiten
5) Kitty Sewell: Zeit der Eisblüten, nach 240 Seiten
6) Eugen Ruge: Follower, nach 273 Seiten


2015

1) Safier, David: Jesus liebt mich
2) Michaels, Anne: Fluchtstücke
3) Petra Reski: Palermo Connection
4) Juan Carlos Onetti: Das kurze Leben
5) Lutz Seiler: Kruso


2014


1) Jonasson, Jonas: Die Analphabetin, die rechnen konnte, nach 99 Seiten
2) Kateman, Kerstin: Hexenring, nach 115 Seiten
3)  Lappert, Rolf: Auf den Inseln des letzten Lichts, nach 110 Seiten
4) Lelord, Francois: Die kleine Souvenierverkäuferin, nach 250 Seiten.
5) Lescot, Patrick: Das rote Reich, nach 114 Seiten
6) Niffenger, Audrey: Die Frau des Zeitreisenden, nach 108 Seiten


2013

1) Nikos Kazantzakis: Alexis Sorbas, nach 123 Seiten
2) Joanne K. Rowling: Harry Potter und der Stein der Weisen, 
    BD 1, nach 205 Seiten.
3) Umberto Eco: Der Friedhof in Prag, nach 87 Seiten
4) Hans Fallada: Bauern, Bonzen, Bomben
5) Hanns Josef Ortheil: Das Kind, das nicht fragte, nach 230 S.





Nikos Kazantzakis / Alexis Sorbas (1)

Buch abgebrochen:

Also, dieser Alexis Sorbas ist eine sonderbare Figur. Mit Ton arbeitend hackt er sich selbst einen Finger ab, weil ihm der Finger bei dem Handwerk im Wege steht.

Ich habe das Buch wieder abbrechen müssen. Es hat mir nicht gefallen. Dieser Sorbas ist keine Nummer für mich. Redet zwar klug daher, aber er spricht mich partout nicht an.

Es wurde ein Hundeschwanz an einem Benzinkanister festgemacht und angezündet. Solche Gräueltaten scheinen es in Griechenland auf Kreta gehäuft zu geben. Mein Bruder hatte einen brennenden Hund auf diese Weise gesehen, als er in Griechenland Urlaub machte... . Nein, mir ist das ganze Buch total unsympathisch... . Sorry, für diese Art von Subjektivität. 

ENDE



Freitag, 8. März 2013

Nikos Kazantzakis / Alexis Sorbas



Ältere Version

Rowohlt Verlag

TB, 9,95 €

ISBN: 978 3 499 10158 8


Klappentext
Der berühmte Roman über Alexis Sorbas, den urwüchsigen Philosophen des einfachen Herzens, der alle Berufe kennt, "die man mit Fuß, Hand und Kopf" ausüben kann. Eine Liebeserklärung an Griechenland und seine Menschen, ein Schelmenroman von antiker Heiterkeit. Auch als Film mit Anthony Quinn ein unvergessener Welterfolg. 


Autorenportrait aus Wikipedia
Nikos Kazantzakis (griechisch Νίκος Καζαντζάκης; * 18. Februarjul.2. März 1883greg. in IraklioKretaOsmanisches Reich; † 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau) war einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Mir wurde das Buch empfohlen und zum Lesen ausgesucht aus meinem großen SuB hat es Anne für mich!

Von den Griechen kenne ich nur die abendländische Literatur!


Eugen Ruge / In Zeiten des abnehmenden Lichts (1)



Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

So richtig vertraut ist mir die Literatur zur ehemaligen DDR nicht wirklich. Auch die Figuren in dem Buch waren mir alle recht fremd. Ich konnte in keine von ihnen Sympathie oder Antipathie finden. Keinerlei Zuneigung. Das Buch an sich war nicht schlecht geschrieben, es hatte Tiefgang, Humor und die Personen wurden recht differenziert in ihren Charakteren dargestellt. Das sind so für mich die drei wichtigsten Kriterien, um ein Buch als gut zu empfinden, unabhängig davon, ob es mir nun gefällt oder nicht gefällt.

Das Buch behandelt eine DDR-Familie aus drei Generationen, die Zeitabläufe sich aber immer abwechseln von der DDR-Gründung bis zum Mauerfall. Auch werden die Figuren in ihren Widersprüchen beschrieben.

Die Gründung der DDR nach dem zweiten Weltkrieg wurde als das Neue Deutschland angepriesen, das frei von Faschismus werden sollte. Raus aus dem Deutschland mit den vielen Verbrechen an die Menschheit, rein in den Osten um ein neues, reines Deutschland zu gründen.

Die Menschen waren voller Hoffnung und voller Ideale, viele wurden allerdings enttäuscht, als der Kommunismus und der Sozialismus ihnen dieses neue Deutschland nicht hervorbringen konnte. Viele engagierten sich, ohne zu wissen, welche Auswirkungen ihr Engagement mit sich brachte:
Die Partei, die Partei, die hat immer recht  
Und, Genossen, es bleibe dabei
Denn wer kämpft für das Recht
Der hat immer recht
Gegen Lügen und Ausbeuterei
Wer das Leben beleidigt
Ist dumm oder schlecht
Wer die Menschheit verteidigt
hat immer recht
So aus Lenischem Geist
Wächst, von Stalin geschweißt
Die Partei-die Partei-die Partei.
Eigentlich ist an dem Vers nichts Schlechtes zu sagen. Sich für andere einsetzen, für andere- und für die Wahrheit zu kämpfen, sind hohe Tugenden, die das  DDR-Regime missbrauchte. Die Menschen hatten alle unterschiedliche Vorstellungen von der (Gründung) der DDR:
„Klaus ist nicht gegen die DDR, (…). Klaus ist für eine bessere DDR, mit mehr Demokratie.“
„Und warum ist er dann Pfarrer“?
„Warum denn nicht? (…) jeder kann sich einsetzen für mehr Demokratie. Als Pfarrer kann er zum Beispiel Friedensandachten organisieren.“
Markus hatte keine Lust, das Thema fortzusetzen, er spürte schon, wie seine Mutter in wieder überzeugen wollte, aber er fand die Friedensandachten einfach grausam, dieses „Alle-an-den-Händen-fassen-und-zusammen-singen“, das ganze Getue, und hinterher landen alle bei ihm auf dem Grundstück, saufen sich einen an und pissen in die Tomaten: für eine bessere DDR. Wie das gehen sollte, blieb sowieso ein Rätsel. 276
Markus ist ein Jugendlicher, der die Widersprüche sehr genau bei den Erwachsenen wahrzunehmen wusste und sich enttäuscht dagegen auflehnte, ihnen Vorwürfe machte, dass sie keinen Widerstand zeigten... . Allerdings sein Vater flieht in den Westen, lässt die Familie zurück.

Markus´ Großvater Wilhelm, der einst mit seiner Charlotte in Mexiko als Exilant gelebt hatte, da sie im zweiten Weltkrieg gegen die Nazis wirkten... . Mit dem Aufbau des ND kehren sie hoffnungsfroh wieder in die Heimat zurück, in die veränderte Heimat, die sich DDR nennt, das Neue Deutschland.

Wilhelm feiert seinen neunzigsten Geburtstag und erhält vom Bürgermeister einen Vaterländischen Vedienstorden in Gold überreicht. Ist man auf diese Ehrung stolz oder muss man sich dafür schämen? Eine gewisse Ambivalenz dieser Ehrung gegenüber bestand schon... . Galt Wilhelm als Held oder war er ein Feigling? Die selben Fragen werden auch Charlotte gestellt, die sich ebenfalls politisch engagierte mit dem Glauben, Gutes zu tun und unterstützt damit das DDR-System. Sie waren der festen Überzeigen, dass die zwanziger und dreißiger Jahre Deutschlands reine Lügen waren und setzten sich im neuen Deutschland für eine bessere Welt ein... .

Doch was ist eine bessere Welt? Was ist die Wahrheit, die darauf gründet? Darauf konnte auch keine befriedigende Antwort gegeben werden.
Markus´ Vater, Sascha, macht wiederum seinem Vater Kurt große Vorwürfe, als die beiden in Wortgefechte geraten:
-„Aha“ sagte Kurt, „dass man jetzt also nicht mehr über Alternativen zum Kapitalismus nachdenken darf“!
„Wunderbar, das ist also eure Demokratie…“
-„Na, Gott sei Dank, dass Du in deinem Scheißsozialismus über Alternativen nachdenken duftest.“
„-Du bist ja wirklich schon vollkommen korrumpiert“, sagte Kurt.
„-Korrumpiert? Ich bin korrumpiert? Du hast vierzig Jahre lang geschwiegen," schrie Sascha. „vierzig Jahre lang hast du es nicht gewagt, über deine großartigen sowjetischen Erfahrungen zu berichten.“
„-Das mache ich schon noch…“
„-Ja, jetzt, wo es keinen mehr interessiert“.
„-Was hast du denn getan?“-Jetzt schrie auch der Vater seinen Sohn an: „Wo waren denn deine Heldentaten?“
„-Scheiße", schrie Sascha zurück. "Scheiß auf eine Gesellschaft, die Helden braucht!“ 367
Die ganze Familie, über mehrere Generationen hindurch, war zerstritten, mit sich uneins. Wie oben ersichtlich wird, macht die jüngere Generation  der älteren Generation schwere Vorwürfe... . Die ältere Generation, die für ein neues Deutschland kämpfte, während andere sich gegen diesen Staat engagiert hatten.

Ich selbst kann mir schon vorstellen, wie schwer es ist, wenn man aus dem Exil wieder zurück in die Heimat kehrt, mit dem Idealismus, für ein besseres Deutschland zu kämpfen, nochmals geprägt durch die Erfahrungen des Nationalsozialismus, der ein schweres menschliches Verbrechen verübt hat und der geistig - seelisch auch nicht überwunden ist, so dass es nun schwer ist, ein weiteres Mal von einem System enttäuscht zu werden, und dies zu bekennen. Dieser Zwiespalt, der sich in diesen Menschen breit macht, wenn sie desillusioniert werden,  ist für mich sehr wohl nachvollziehbar. Eigentlich kämpften diese Menschen für ein neues und besseres Deutschland und hatten einst gute Absichten... .

Ich finde nicht, dass die junge Generation das Recht hat, der älteren Vorwürfe zu machen, da man selbst nicht mal weiß, wie man ein Leben in solch einem Gefüge bewältigen würde... .

Ich mache jetzt hier Schluss. Man sollte besser über das Buch diskutieren, als darüber zu schreiben... .
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„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2013: 17
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Sonntag, 3. März 2013

Eugen Ruge / In Zeiten des abnehmenden Lichts


Klappentext
Von den Jahren des Exils bis ins Wendejahr 89 und darüber hinaus reicht diese wechselvolle Geschichte einer deutschen Familie. Sie führt von Mexiko über Sibirien bis in die neu gegründete DDR, führt über die Gipfel und durch die Abgründe des 20. Jahrhunderts. So entsteht ein weites Panorama, ein großer Deutschlandroman, der, ungeheuer menschlich und komisch, Geschichte als Familiengeschichte erlebbar macht.  

Autorenportrait im Klappentext
 Eugen Ruge, 1954 in Soswa (Ural) geboren, studierte Mathematik an der Humboldt-Universität und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Physik der Erde. Er war beim DEFA-Studio für Dokumentarfilm tätig, bevor er 1988 aus der DDR in den Westen ging. Seit 1989 arbeitet er hauptberuflich fürs Theater und für den Rundfunk als Autor und Übersetzer. 
2009 wurde Eugen Ruge für sein erstes Prosamanuskript "In Zeiten des abnehmenden Lichts" mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet. 2011 erhielt er den aspekte-Literaturpreis und den Deutschen Buchpreis.
Der Autor ist mir noch unbekannt, bin durch eine Buchempfehlung auf das Werk gestoßen. Nun war eine Buchfreundin, die es mir aus meinem großen SuB herausgefischt hat und habe es in meinem kleinen SuB einsortiert. Und jetzt wird das Buch gelesen.

Ich bin wirklich sehr gespannt, ob die Geschichte tatsächlich mit den Buddenbrooks mithalten kann, wie dies aus der Presse zu entnehmen war.