Sonntag, 14. September 2014

Nadine Gordimer / Ein Mann von der Straße

Klappentext
Julie ist eine Tochter aus wohlhabendem Hause. Sie lebt und arbeitet in Johannesburg. Als ihr Wagen mitten im Verkehr der Großstadt den Geist aufgibt, lernt sie den hilfsbereiten Mechaniker Abdu kennen. Er hält sich illegal in Südafrika auf. Julie und Abdu verlieben sich ineinander. Als er ausgewiesen wird, folgt sie ihm in sein Heimatland. Aber Abdu hat einen großen Traum: Er will nach Amerika ... Fast alle großen Themen, die Nadine Gordimer in ihren früheren Werken verarbeitet hat, tauchen hier in genialer Zusammenfassung noch einmal auf.


Autorenporträt
Nadine Gordimer (* Springs/Transvaal 1923) wuchs in Johannesburg auf. Sie hatte bis zu ihrem Universitätsbesuch keinen Kontakt zu schwarzen Südafrikanern, setzte sich jedoch bereits als Kind mit der in ihrem Land herrschenden Apartheid auseinander. Immer wieder thematisiert Nadine Gordimer die Rassentrennung in ihren Romanen und Kurzgeschichten und macht so auf die Probleme Südafrikas aufmerksam. Zu ihren bekanntesten Werken gehören "Fremdling unter Fremden" (1962), "July's Leute" (1981) oder "Burgers Tochter" (1981). Letzteres wurde, wie auch andere Bücher von Nadine Gordimer, während der Zeit der Apartheid in Südafrika verboten. 1991 erhielt Nadine Gordimer den Nobelpreis für Literatur. Heute lebt sie in Johannesburg und zählt zu den prominentesten Kämpferinnen gegen die Rassentrennung.
Am letzten Freitag damit begonnen und hatte ein wenig Schwierigkeiten, rein zu kommen. Mittlerweile finde ich das Buch recht interessant.

Die Autorin selbst ist mir unbekannt. Entdeckt habe ich sie im Bücher-Oxfam. Ich finde es achtungsvoll, dass sie Partei ergreift für politisch benachteiligte Menschengruppen aus dem Land, in dem großgeworden ist:
Inmitten der Zusammenkunft sieht Julie in dem Paar Menschen von der Art ihres Vaters, die durch die Welt ziehen, wie es ihnen gefällt, und die überall willkommen sind, während jemand anders als ölverschmierter Mechaniker verkleidet ohne eine Namen leben muss. 
Dieser Jemand ist Abdu. Abdu, ein erfundener Name, der seine Identität aufgeben musste, um als Flüchtling in Südafrika untertauchen zu können. Es ist noch nicht klar, aus welchem Krisenland er stammt.

So, nun bin ich neugierig, wie es weitergeht.







Freitag, 12. September 2014

Hans Fallada / Der eiserne Gustav (2)

Lesen mit Anne ...

Zweite von zwei Buchbesprechungen zur o. g. Lektüre

Gestern habe ich das Buch ausgelesen. Es hätte so viel zu sagen gegeben, dass es mich schon sprachlos gestimmt hat. Von der ersten Zeile bis zur letzten, von der ersten Seite bis zur letzten Seite hatte mich der Roman gepackt. Jede Figur, die dort aufgetreten ist, fand ich spannend und bedeutend. Die politischen und historischen Ereignisse; immer mal wieder gut, daran erinnert zu werden …

Ich versuche es heute:

Zur Erinnerung gebe ich aber noch einmal den Klappentext rein:
Berlin, zwischen 1914 und 1924: Gustav Hackendahl, genannt der eiserne Gustav, ist Droschkenkutscher, streng gegen sich selbst und andere. In den unruhigen Kriegs- und Nachkriegsjahren bricht seine Familie auseinander, sein Betrieb kann neben der Automobil-Konkurrenz nicht mehr bestehen. Da setzt er trotzig einen Traum in die Tat um: Er macht sich auf eine letzte Reise – mit der Droschke von Berlin nach Paris.
Man wird Zeuge, wie eine siebenköpfige Familie durch die politischen, aber auch durch die familiären Umstände auseinanderbricht ...

Die Hackendahls, da waren die Eltern:

Vater Gustav, ein erfolgreicher Droschkenkutscher hat es in seinem Beruf so weit gebracht, dass er es sich leisten konnte, Kutscher einzustellen, die die Arbeit für ihn erledigten. Er brachte es zu einem satten Vermögen. Aber er lebte recht sparsam. Geiz bestimmte sein Leben ... Auch in emotionaler Hinsicht. Sein Verhalten führte oft ins ad absurdum ...

Hackendahl koordinierte nur, kontrollierte, bestimmte das eigene Leben und das seiner Familienmitglieder, denn auch dort kontrollierte er seine Frau und seine fünf Kinder. Als würden diese von ihm an der Leine gehalten.
Das Leben war so zugebaut, man konnte dem eigenen Mann nicht sagen, was einem zum Überdruss an ihm missfiel und wenn man es ihm sagte, so hörte er nicht, und wenn er hörte, so änderte er sich nicht. Das Leben war so ausweglos, immer dasselbe, es war nicht zu ertragen, keinesfalls, und man ertrug es doch. (57)
Gustavs Frau empfand ich wie einen Jammerlappen, sie besaß meist eine weinerliche Stimme, sie war ihrem Mann tiefst untergeben. Einmal nur widersetzte sie sich ihm … Aber nur dies eine Mal …

Der Titel, Der eiserne Gustav, passte zu dem Protagonisten. Eine Person, von der man glaubt, sie sei aus Stahl und könne dadurch nichts empfinden. Selbst sein Herz schien wie aus Chrom geschaffen zu sein …

Die Kinder Otto, Erich, Heinz, Sophie und Eva schienen die wirklich Leidtragenden zu sein, bis ins erwachsene Alter, in der Form, dass sie geprägt durch die strenge väterliche Autorität Probleme hatten, ihren Platz in der Welt zu finden und zu behaupten.

Sie suchen ihren Weg, was auch heißt, sie verlassen das Elternhaus. Der Vater Hackendahl ist entsetzt, dass er so wenig Dankbarkeit von den Kindern entgegengebracht bekommt. Schließlich habe er die Kinder ohne Hunger groß bekommen und wirft ihnen dies immer wieder vor. Er realisiert nicht, dass er als Vater dazu verpflichtet ist, für die Kinder bedingungslos zu sorgen. Er wirft ihnen immer wieder vor, dass sie diese Leistung niemals hätten aufbringen können, dasselbe für die Eltern zu tun ...

Durch die Inflation verarmte auch Gustav. Doch er war zu stolz, sich Hilfe bei den Kindern zu holen, vor allem bei der älteren Tochter Sophie, gelernte Krankenschwester, arbeitete sich als Oberin hoch:  
Nein, darin war Gustav eisern, er ging nicht zu seinen Kindern, dann noch lieber auf die Wohlfahrt! Es war jetzt so, dass er richtig grinsen konnte, über sich, die Kinder und über die ganze Welt: Er, der ehemalige Wachtmeister von den Pasewalker Kürassieren, hatte fünf Kinder ohne Hungern großgekriegt. Aber diese Kinder, die alle mehr gelernt hatten als der Vater, kriegten zwei Eltern nicht satt! Darüber grinste er. (457)
Bei den anderen Kindern gab es nichts zu holen. Sie kämpften mit ihrem Leben, sie kämpften sogar psychisch und physisch ums Überleben. Und jeder auf seine ureigene Art und Weise.

Das jüngste Kind Eva, gerät völlig auf Abwegen, hängt sich einem Zuhälter namens Eugen an, der sie psychisch von sich abhängig macht, und führt sie in die Prostitution und in die Kriminalität. Eva ist alles recht, nur nicht wieder zurück nach Hause … Ein sehr trauriges Schicksal. Trotzdem habe ich mich gefragt, ob Fallada hierin nicht ein wenig übertrieben hat, da Eva in ihrer Jugend psychisch relativ stabil war. Und sie war noch der Liebling ihres Vaters. 

Als die Kinder noch jünger waren, war der Vater so dreist, dass er jede Nacht aufgestanden ist, und die beiden Zimmer seiner Kinder aufgesucht hat, um sie beim Schlafen zu beobachten. Dadurch kannte er jeden Atemzug seiner Kinder. Er konnte unterscheiden, ob eines der Kinder schlief, oder sich nur schlafend stellte. Die Klamotten wurden durchwühlt … 

Otto bindet sich hinter dem Rücken seiner Eltern mit der Schneiderin Gertrud Gudde, und sie haben einen gemeinsamen Sohn namens Gustav. Otto wohnt allerdings noch bei den Eltern. Er besucht heimlich täglich seine Kleinfamilie. Gudde hatte einen leichten Buckel und wurde dadurch von den Eltern Hackendahls diskriminiert …, später, als die Beziehung durch Otto bekannt gemacht wurde …
Otto, der über viele Begabungen verfügt, wird vom Vater eher wie ein Dümmling behandelt, der aus väterlicher Sicht keine besonderen Gaben besitzen würde. Den wahren Otto erkennt nur seine Gertrude, die vielen Fähigkeiten, die in Wirklichkeit in ihm geschlummert haben.

Den Weltkrieg, der heroisiert wird, hat Fallada auch supergut beschrieben. Berlin freute sich auf den Krieg, und die jungen Männer konnten es nicht abwarten, endlich eingezogen zu werden. Sie gaben ein großes Fest, ohne zu realisieren, dass der Krieg auch unter den Zivilisten viele Opfer einfordert. Otto wird eingezogen und wurde auch befördert. Der dreizehnjährige Bruder Heinz wollte auch unbedingt Soldat werden, wie viele Jungen seines Alters ... Heinz musste vom Vater gebremst werden.

Als der Krieg schließlich aus, verloren war, wollten die Menschen auch nicht wahrhaben, dass Deutschland den Krieg verloren hat. Sie wollten den Tatsachen nicht ins Auge schauen, wollten nicht wahrhaben, dass sie von Frankreich besiegt wurden …

Vor allem Gertrude hatte ein Problem, als sie im Gespräch mit Schwager Heinz steht:
„Sind wir besiegt?! Sag doch, wo haben wir eine Schlacht verloren?! Sag doch! Pfui Teufel, die Schande! Wir haben gesiegt, gegen die ganze Welt haben wir gekämpft und gesiegt, kein Feind steht in Deutschland, und du sagst besiegt?! Wo sind wir denn besiegt, wo?!" (313)
Nach dem Krieg wurde das Leben auch nicht leichter. Immer noch bestand der Kampf um Lebensmittel, vor allem auch Kriegsgeschädigte waren gezwungen, betteln zu gehen, obwohl dies streng verboten war:
Da auch Kriegsverletzte weiter leben wollten und da viele nicht arbeiten konnten, gingen sie auf die Straße. In Trupps zu drein, fünfen, zehnen klappern sie die Häuser ab, sangen auf den Höfen, musizierten. Oder sie saßen an den Hauptverkehrsstraßen, boten Schnürsenkel und Streichhölzer an oder bettelten auch nur. Die Regierung, die Polizei musste dem zusehen, man konnte den Leuten nicht befehlen, still zu verhungern … (442)
Arbeitslose wurden von den Ämtern diskriminiert. Wie Fallada die folgende Szene beschreibt, finde ich genial:
Dann waren da die Angestellten auf der Stempelstelle. Es war ganz klar, diese Angestellten in den Stuben und hinter den Schaltern hatten nur darum Arbeit, weil die anderen arbeitslos waren. Sie lebten von der Arbeitslosigkeit. Die Arbeitslosen waren ihre Arbeitgeber. Da hätten doch, meinten die Arbeitslosen, diese Angestellten ein bisschen höflich zu ihnen sein müssen, jawohl, sie hätten ihre Arbeitgeber freundlich und mit Achtung behandeln sollen! (636)
Ich beende nun hiermit meine Buchbesprechung.

Noch mal kurz gesagt, Gustav Hackendahl ist eigentlich eine richtige Witzfigur. Und solche Menschen, die nie an sich zweifeln, und die Fehler nur bei anderen suchen, sind nicht so leicht unterzukriegen … Sie sind resistent gegen jede Art von Bazillus ...

Anne und ich waren beide der Meinung, dass Fallada ruhig weiter mit seinem Roman hätte schreiben sollen. Die Zeit Hitlers mit aufgreifen, denn man kann sich sehr gut vorstellen, wie gewisse Menschen dieses Romans anfällig wären, einer Autorität wie Hitler zu folgen. Erst recht, wer im Leben so viele politische und familiäre Niederlagen erleiden musste. Wer wünscht sich da nicht einen stellvertretenden Vater, einen Übervater?

Aber Hitler scheint nicht zu den Themen Falladas zu zählen. Seine Hauptthemen bewegen sich eher in Richtung Kaiserzeit, Erster Weltkrieg und der Nachkriegszeit.

Das Buch erhält von mir zehn von zehn Punkten. Fallada schreibt so ungeschminkt. Er schaut durch die Menschen hindurch, als wären sie alle gläsern.

Und hier geht es zu Annes Buchbesprechung, die mir auch gut gefallen hat.


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Man kann in den Dreck fallen, aber man muss nicht darin liegenbleiben.
(Hans Fallada)

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Montag, 8. September 2014

Hans Fallada / Der eiserne Gustav (1)

Lesen mit Anne ...


Am letzten Freitag Abend habe ich mit Anne telefoniert und wir uns gemeinsam über das Buch ausgelassen hatten.

Während ich davon ausging, dass sie den selben Band hat wie ich, mussten wir recht bald einem Missverständnis weichen, siehe unten.

Als wir uns über die Tragik dieses Romans ausgelassen hatten, wurden wir beide recht verunsichert, als es um den Inhalt ging, der vereinzelt zu unterschiedlichem Verständnis geführt hat ... Woran konnte das nur liegen?

 Von der Seitenzahl her war ich weiter als Anne, doch inhaltlich war sie weiter als ich, wie sich dies bald herausstellen ließ.

Annes Band ist nicht das vom Aufbau Verlag, sondern vom Bertelsmann. Und dadurch, dass das Cover, weil wohl veraltet, auf Amazon nicht zu finden war, gab Anne in ihrem Blog das neueste Cover an, und zwar das vom Aufbau Verlag.

Konnten wir beide das Buch von den Fakten her so missverständlich aufgefasst haben, wo doch Fallada dazu noch über eine so einfache Sprache verfügt? Ich zweifelte an mir, und Anne an sich.

Bis wir die Kapitel verglichen hatten, und die Seitenzahl. Mein Buch umfasst zudem 750 Seiten, Annes Buch über knapp 500 Seiten. Die Schrift in ihrem Buch ist recht klein, verglichen mit der Schrift aus meinem Buch, die recht groß ist.

Anne war demzufolge inhaltlich um ca. 40 Seiten weiter als ich. Während bei ihr z.B. der Erste Weltkrieg schon zwei Jahre zurücklag, und bei mir der E. W.  erst begonnen hatte ...  Wir hatten dann das Rätsel schnell gelöst ...

Es ist gut, das nächste Mal uns gleich über die Ausgabe des Buches verständlich zu machen.

Diese Erfahrung fand ich recht originell, wie erleichtert wir beide doch waren, dass keine von uns beiden unter einem Verständnisdefizit litt.

Insgesamt befinde ich mich mittlerweile auf der 500. Seite. Das Buch stimmt mich richtig betroffen. Eine recht traurige und dekadente Familiengeschichte und man die Hoffnung hat, dass der Wandel sich noch in positivere Bahnen entwickeln wird. Aber das entspräche nicht wirklich der damaligen Realität. Und doch, es gehen nicht alle Menschen unter, manche leben bzw. überleben diese stark existentiell gefährdete Leben, das nach dem Weltkrieg auch nicht besser wurde.

Für mich sind  Hans Fallada und Erich Maria Remarque in Sachen Menschlichkeit beide Genies.

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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

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Mittwoch, 3. September 2014

Hans Fallada / Der eiserne Gustav

Lesen mit Anne ...

Dieses Buch habe ich aus unserem gemeinsamen SuB ausgesucht ...

Mit der Kutsche nach Paris

Berlin, zwischen 1914 und 1924: Gustav Hackendahl, genannt der eiserne Gustav, ist Droschkenkutscher, streng gegen sich selbst und andere. In den unruhigen Kriegs- und Nachkriegsjahren bricht seine Familie auseinander, sein Betrieb kann neben der Automobil-Konkurrenz nicht mehr bestehen. Da setzt er trotzig einen Traum in die Tat um: Er macht sich auf eine letzte Reise – mit der Droschke von Berlin nach Paris.

Autorenporträt

RUDOLF DITZEN alias HANS FALLADA (1893–1947), zwischen 1915 und 1925 Rendant auf Rittergütern, Hofinspektor, Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler, Verlagsangestellter, 1920 Roman-Debüt mit "Der junge Goedeschal“. Der vielfach übersetzte Roman "Kleiner Mann – was nun?" (1932) machte Fallada weltberühmt. Sein letztes Buch, „Jeder stirbt für sich allein“ (1947), avancierte rund sechzig Jahre nach Erscheinen zum internationalen Bestseller. Weitere Werke u. a.: »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wer einmal aus dem Blechnapf frißt« (1934), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Der eiserne Gustav« (1938).»Alles in meinem Leben endet in einem Buch.«
Von Fallada habe ich schon eine Reihe von Büchern gelesen. Aber eine Reihe anderer Bücher von ihm stehen noch ungelesen im Regal.

Gelesen habe ich:
Damals bei uns daheim  
Der Trinker                                                   
Ein Mann will nach oben                                                            
Jeder stirbt für sich allein
Kleiner Mann – großer Mann – alles vertauscht
Kleiner Mann, was nun?
Wer aus dem Blechnapf frißt
Wolf unter Wölfen  
FotoGelesene Bände, siehe Foto rechts, mit einer Biografie von Jenny Williams.

Foto
















Und nun meine ungelesenen Bände, siehe oben links

Der vorliegende Band liest sich auch total interessant.

Meine ersten fünfzig Seiten habe ich gestern Abend verköstigt :-).



Dienstag, 2. September 2014

Dai Sijie - Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht ...


Lesen mit Anne - Dai Sijie: Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht

Abbruch

Anne und ich haben beide das Buch abgebrochen. An den chinesischen Namen, daran kann man sich gewöhnen, wenn aber alles andere auch nicht stimmt, dann sieht es schlecht aus, das Buch bis zum Ende zu bringen.

Ich konnte auch mit keiner Figur warm werden. Und mit den vielen Kaisern konnte ich wenig anfangen. Mir war in dem Buch alles fremd. Vielleicht muss man erst chinesische Geschichte studiert haben, um das Buch zu verstehen. Den Stoff habe ich als recht trocken erlebt.

Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Schicksalhaft kreuzen sich in Peking die Wege einer französischen Studentin und eines chinesischen Gemüsehändlers. Beide sind auf der Suche nach der verlorenen Hälfte einer uralten, seidenen Schriftrolle. Denn diese birgt nichts Geringeres als die geheimnisumwobenen Anfänge des Buddhismus. Fasziniert vom Zauber der Schrift und ihrer Macht begeben sie sich auf eine entbehrungsreiche Reise.
Auf Bücher.de habe ich eine Kritik gefunden, die genau das ausdrückt, was ich auch noch zusätzlich beobachtet habe:
anfangs leider sehr langweilig, viel zu viel vorgegriffen, man erkennt nicht den eigentlichen sinn des klappentextes, (buecher.de)
Ich werde dieses Buch nicht mit auf meine Liste "Gelesene Bücher / Abbruch" nehmen, da für mich alles, was unter hundert Seiten ist, zählt als ein Probelesen.

Schade, es war unser erstes Buch, mit dem wir gestartet haben. Aber das kommt vor. Wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, darauf sollten wir gefasst sein.

Da der September erst begonnen hat, suche ich nun das nächste Buch aus ...

Anne ist schon ganz gespannt.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

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Montag, 1. September 2014

Dai Sijie / Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht

Klappentext
Schicksalhaft kreuzen sich in Peking die Wege einer französischen Studentin und eines chinesischen Gemüsehändlers. Beide sind auf der Suche nach der verlorenen Hälfte einer uralten, seidenen Schriftrolle. Denn diese birgt nichts Geringeres als die geheimnisumwobenen Anfänge des Buddhismus. Fasziniert vom Zauber der Schrift und ihrer Macht begeben sie sich auf eine entbehrungsreiche Reise.

Autorenporträt
Dai Sijie, geboren 1954 in der Provinz Fujian in China, wurde von 1971 bis 1974 im Zuge der kulturellen Umerziehung in ein Bergdorf geschickt. Nach Maos Tod studierte er Kunstgeschichte und emigrierte 1984 nach Paris. »Balzac und die kleine chinesische Schneiderin«, sein erster Roman, wurde ein...
So, heute beginnt zwischen Anne und mir das gemeinsame Lesen. Das erste gemeinsame Buch aus unserem SuB wurde von Anne für heute ausgewält.

Von dem Autor habe ich bisher gelesen:
Siji, Dai: Mao und der Pirol im Käfig
Dann gibt es noch eine Buchverfilmung:

Balzac und die kleine Schneiderin
Den Film habe ich mehrmals gesehen aber das Buch nicht gelesen. Habe es mir nicht gekauft.




Sonntag, 31. August 2014

Agota Kristof / Die Analphabetin (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist zwar recht dünn vom Umfang her, trotzdem gehen wichtige Informationen aus der Erzählung hervor. Zur Erinnerung gebe ich nochmals den Klappentext rein:
Fremd in einer fremden Sprache – und doch wurde sie zu einer der wichtigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Nach einer wohlbehüteten Kindheit in Ungarn hatte Agota Kristof unter der kommunistischen Herrschaft zu leiden. Als ihr Vater verhaftet wurde, musste das junge Mädchen in ein staatliches Internat. 1956 floh Agota Kristof mit ihrem Mann und ihrem vier Monate alten Kind in die französischsprachige Schweiz. Dort war sie plötzlich eine Analphabetin und musste eine völlig neue Sprache erlernen
Die Autorin spricht aus ihrer Kindheit in Ungarn. Ihr Vater ist Lehrer einer kleinen Dorfschule, in der mehrere Klassen in einem Raum unterrichtet werden. Das Dorf ist recht ärmlich, es gibt dort nicht einmal fließendes Wasser im Haus.

Agota lernte lesen, noch bevor sie eingeschult wurde. Die Schule befindet sich neben ihrem Elternhaus. Wenn Agota zu Hause etwas angestellt hatte, wurde sie von der Mutter zum Vater in die Klasse geschickt, der sie bestrafen sollte. Doch der Vater schickte sie mit einem Bilderbuch in die hintere Sitzreihe.

Das fand ich so sympathisch. Das Kind mit einem Bilderbuch zu bestrafen …

Agota konnte mit vier Jahren schon fehlerlos lesen und sie tat in ihrer Freizeit nichts anderes, als zu lesen. Ihr Großvater war stolz auf seine Enkelin. Älter geworden tut Agota fast nichts anderes als lesen und zieht das Unverständnis ihrer Mitmenschen auf sich:
Abgesehen von diesem großväterlichem Stolz, wird mir meine Lesekrankheit eher Vorwürfe und Verachtung einbringen: "Sie tut nichts. Sie liest die ganze Zeit."
"Sie kann sonst nichts."
"Das ist die bequemste Beschäftigung, die es gibt."
"Das ist Faulheit."
 Und vor allem: "Sie liest, anstatt…"
Anstatt was?
"Es gibt so viel Nützlicheres, nicht wahr?" 
Noch jetzt, wenn das Haus sich morgens gelehrt hat und alle meine Nachbarn zur Arbeit gehen, habe ich fast ein schlechtes Gewissen, dass ich mich an den Küchentisch setze, um stundenlang Zeitung zu lesen, anstatt… zu putzen oder das Geschirr von gestern Abend zu spülen, einzukaufen, die Wäsche zu waschen und zu bügeln. (11f) 
Ich kenne diese Reaktionen selbst zu gut. Auch heute noch gibt es Menschen, die das Lesen eher als Faulheit bezeichnen. Meist sind das Leute, die beruflich und in ihrer Freizeit so gar nichts mit Büchern zu tun haben und mehr handwerklich o. a. geprägt sind, und dadurch eher eine materielle Einstellung haben.

Agota wird nach der Grundschule auf ein Mädcheninternat gesteckt, als der Vater vom Militär abgeholt und ins Gefängnis gesteckt wird. Die Mutter konnte sich nicht alleine um drei kleine Kinder sorgen. Deshalb besuchten die Kinder kein Eliteinternat, sondern eines, in dem viele Waisenkinder und arme Kinder zu finden sind.

Agota erfährt von dem Tod Stalins, 1953, da ist sie schon achtzehn Jahre alt, aber noch immer Internatsschülerin.
Stalin ist tot. Wir wissen es seit gestern Abend. Im Internat wird die Traurigkeit zur Pflicht gemacht. Wir gehen schlafen, ohne miteinander zu sprechen.
Die Trauer aufzwingen, sie ins Pflichtprogramm einbauen, wobei junge Menschen in diesem Alter sehr beeinflussbar sind, das erlebt Agota auch auf dem Internat.
Unser Klassenlehrer erwartet uns. Er sagt:"Um elf Uhr läutet die Schulglocke. Sie werden sich erheben, um eine Schweigeminute einzulegen. Bis dahin schreiben Sie einen Aufsatz mit dem Thema > Stalins Tod<. In diesen Aufsatz schreiben Sie alles, was der Genosse Stalin für Sie war. Zuerst ein Vater und dann ein heller Leitstern." (37)
Agota wird erwachsen, heiratet, bekommt ein Baby und 1956 ergreift sie aus politischen Gründen zusammen mit ihrem Mann und der kleinen Tochter die Flucht, als Ungarn von Russland dominiert wird. Sie fliehen in fremde Länder, deren Sprache Agota nicht spricht, und sie sich dadurch als Analphabetin bezeichnet, die alles wieder von vorne lernen muss.
Fünf Jahre nach meiner Ankunft in der Schweiz spreche ich Französisch, aber ich lese es nicht. Ich bin wieder zur Analphabetin geworden. Ich, die ich mit vier Jahren lesen konnte. (72)
Hier mache ich einen Punkt. Was aus der Flucht geworden ist, lest selbst.

Das Buch erhält von mir wegen der Würze in der Kürze zehn Punkte. Man konnte sich leicht in die Figuren einfinden. Das Leben der Autorin klingt sehr authentisch. Die literarische Sprache fand ich auch recht gut getroffen.
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Agota Kristof / Die Analphabetin

Klappentext
Fremd in einer fremden Sprache – und doch wurde sie zu einer der wichtigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Nach einer wohlbehüteten Kindheit in Ungarn hatte Agota Kristof unter der kommunistischen Herrschaft zu leiden. Als ihr Vater verhaftet wurde, musste das junge Mädchen in ein staatliches Internat. 1956 floh Agota Kristof mit ihrem Mann und ihrem vier Monate alten Kind in die französischsprachige Schweiz. Dort war sie plötzlich eine Analphabetin und musste eine völlig neue Sprache erlernen

Autorenporträt
Agota Kristof, geboren 1935 in Csikvánd in Ungarn, verließ ihre Heimat während der Revolution 1956 und gelangte über Umwege nach Neuchâtel in die französischsprachige Schweiz. Als Arbeiterin in einer Uhrenfabrik tätig, erlernte sie die ihr bis dahin fremde Sprache und schrieb auf Französisch ihre...
Das Buch habe ich von meiner Buchfreundin Anne geschenkt bekommen und es gefällt mir sehr gut, den ersten gelesenen Seiten zufolge.

Das Buch ist sehr dünn. Es umfasst nicht einmal hundert Seiten. Die Schrift ist recht groß mit vielen Absätzen. Das Buch werde ich heute locker am Stück durchlesen können.

Es ist recht interessant geschrieben. Schon von der ersten Zeile an.




Samstag, 30. August 2014

Virginia Woolf / Mrs. Dalloway (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Dass Virginia Woolf so sehr die Bücher von Marcel Proust gelobt hatte, kann ich mittlerweile sehr gut nachvollziehen. Denn auch die Autorin schreibt sehr reflektiert. Sie nimmt eine ganze Gesellschaft ihres Kreises unter die Lupe und seziert sie, bildlich gesprochen …  Proust ist nicht anders. Allerdings beschränke ich mich hier nur auf ein paar wenige Figuren. 

In der Geschichte ist es nicht nur die vornehme und wohlhabende Mrs. Dalloway, die sich viele Gedanken über ihr Leben macht. Vor allem über ihr vergangenes Leben nehme ich ihre Gedanken wie eine Zeitreise in die Vergangenheit wahr. Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein.
Im Juni des Jahres 1923 bereitet Clarissa Dalloway, die Ehefrau eines britischen Parlamentsabgeordneten, eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus in London vor. Der unerwartete Besuch von Peter Walsh, den sie seit der Ablehnung seines Heiratsantrags vor mehr als 30 Jahren nicht mehr sah, bringt Mrs. Dalloway zum Nachdenken: Hat sie damals die richtige Wahl getroffen?
Es ist auch Peter Walsh, der sich seit dem Besuch bei Clarissa Dalloway viele Gedanken über die Beziehung seiner damaligen Angebetenen und deren Ehegatten Richard macht. Beide schneiden in der Reflexion nicht besonders gut ab. Walsh bezeichnet Clarissa als ziemlich vornehm und arrogant, als kalt, herzlos und prüde. Mrs. Dalloway dagegen bezeichnet Walsh als selbstlos und dem Gerede anderer Leute nach zu urteilen sei auch er herz- und kopflos und nur mit den Manieren eines Gentlemans ausgestattet. (14f)

Befinden sich beide in der Midlife-Crisis? Beide sind Anfang bis Mitte fünfzig und kennen sich seit der Jugend. Auch wenn zwischen ihnen eine große zeitliche Leere besteht, als Walsh für mehrere Jahre in Indien zubrachte, und beide sich zu dieser Zeit nicht mehr gesehen und den Kontakt zueinander verloren hatten.  

Die Menschen werden hier von der schlechtesten Seite beleuchtet. Walsh kann nicht wirklich wahrhaben, weshalb Clarissa sich für Richard entschieden und ihn geheiratet hatte. Richard, der nichts als ein Langweiler sei, ein Konservativer, der partout nicht zu Clarissa passen würde.

Clarissa Dalloway macht mich glauben, dass sie mit ihrem gegenwärtigen Leben unzufrieden ist, und bedauert ihr Leben, trauert dem gestrigen Leben nach. Hätte sie in ihrer Jugendzeit anders gehandelt, z.B. sich für Peter Walsh entschieden statt für Richard, so glaubt sie, hätte sich ihr Leben vollkommen anders entwickelt. Aber woher weiß sie, dass ihr Leben anders gelebt besser geworden wäre als das gegenwärtig der Fall ist? Man kann diesen Fragen nicht wirklich gerecht werden …

Als Walsh Clarissa zu Hause antrifft, fand er sie in ihrer Aktivität, ein Kleid nähend, viel zu gewöhnlich. Er sei in Indien gewesen, habe dort viel erlebt … Das Nähen, eine viel zu primitive Beschäftigung in Walshs Augen, die eigentlich nicht zu Clarissa passen würde ...

Clarissa und Richard haben eine Tochter,  Elizabeth, die mittlerweile auch schon achtzehn Jahre alt ist. Walsh hat keine Kinder, und in seinen Gedankenkonstrukten diffamiert er ein wenig das junge Mädchen, ohne es wirklich zu kennen, sodass ich mir die Frage stelle, ob er nicht eifersüchtig ist, weil er kinderlos geblieben ist? Auch die Ehe sei für manche Frauen nichts anderes als ein primitiver Akt und eigentlich ist Walsh, aus meiner Sicht, nichts anderes als auch auf Richard eifersüchtig. Walsh hofft natürlich, dass Clarissa mittlerweile die Ehe mit Richard zutiefst bereut hat.

Es sind Sprünge, jede Menge Gedankensprünge … Mal bedauert Clarissa es, Walsh nicht geheiratet zu haben und dann wieder nicht. Abwertungen und Idealisierung der Personen wechseln sich ab:
Wirklich, dachte Clarissa, er ist bezaubernd! Absolut bezaubernd! Jetzt erinnere ich mich, wie unmöglich es war mich zu entschließen - und warum habe ich mich entschlossen; ihn nicht zu heiraten?, fragte sie sich … (60)
Peter Walsh blieb nicht allein, auch er heiratete eine Frau auf dem Schiff, als er auf dem Weg nach Indien war. Glücklich war auch er nicht mit seiner Partnerwahl. Nun, in den Fünfzigern, ist er erneut verliebt in eine Frau, eine sehr junge Frau, die mit einem Major schon vermählt ist. Als Clarissa von dieser Verliebtheit erfährt, ist sie wieder froh darüber, Peter doch nicht geheiratet zu haben.

Ein Auf und Ab der Gefühle? Gibt es die überhaupt in Walshs und Clarissas Leben? Sie scheinen geistig beide aus dem selben Stoff gemacht zu sein. Ich vermisse ein wenig die Empathie ...

Mir stellt sich zusätzlich die Frage, ob man die Lebenszeit nicht anders nutzen kann? Das eigene Leben bejahen, so wie es ist, und nicht, wie es vielleicht hätte sein können und das Leben, was einem noch bevorsteht, sinnvoll nutzen… Man wird sonst sich selbst und den anderen Menschen nicht wirklich gerecht.

Und nun aus der Sicht Dritter:

Miss Kilmann ist Geschichtslehrerin und ein Mensch, der religiös ist und von der Politik etwas versteht. Mrs. Dalloway sieht den Kontakt dieser Frau mit der Tochter nicht gerne, da Miss Kilmann die Tochter auch religiös beeinflussen würde. Doch Clarissa kann den Kontakt zu Elizabeth nicht verhindern, da ihr Mann Richard sie eingestellt hatte, um der Tochter Geschichtsunterricht zu erteilen. Dazu die Erfahrung Miss Kilmanns mit Clarissa Dalloway:
Mr. Dalloway, um ihm gerecht zu werden, war freundlich gewesen, Mrs. Dalloway jedoch nicht. Sie war einfach nur herablassend. Sie kam aus der wertlosesten aller Klassen - den Reichen, mit einem Halbwissen von Kultur. Sie hatten überall teure Dinge: Bilder, Teppiche, jede Menge Dienstboten. Sie war der Ansicht, dass sie ein vollkommenes Recht auf alles hatte, was die Dalloways für sie taten. (164)
Miss Kilmann kommt aus einem einfacheren Haus.Ihre Familie ist nicht reich, die Mutter arbeitet in einer Fabrik, um zu überleben. Was wissen diese versnobten Reichen schon von dem Leben ärmerer Menschen?
Miss Kilmann bedauerte und verachtete Clarissa aus tiefsten Herzen, als sie auf dem Weichensteppich stand und den alten Stich eines kleinen Mädchens mit einen Muff betrachtete. Bei all dem herrschenden Luxus, was für eine Hoffnung gab es da auf einem besseren Zustand? Anstatt auf dem Sofa zu liegen ->>meine Mutter ruht sich aus<<, hatte Elizabeth gesagt- sollte sie in einer Fabrik arbeiten, hinter einer Ladentheke stehen: Mrs. Dalloway und alle anderen feinen Damen! (165)
Miss Kilmann verachtete zwar Clarissa Dalloway, aber sie ist nicht von Hass erfüllt. Ihre Gedanken zu Clarissa sind für mich sehr wohl nachvollziehbar:
Aber Miss Kilmann hasste Mrs. Dalloway nicht. Sie richtete ihre großen stachelbeerfarbenen Augen auf Clarissa, und während sie ihr schmales rosiges Gesicht, ihren zarten Körper, ihren Ausdruck von Frische und Eleganz beobachtete, fühlte Miss Kilmann, Närrin! Einfaltspinsel! Du kennst weder Sorgen noch Freude; du hast dein Leben vertrödelt! (166)
Aus meiner Sicht, wie oben schon erwähnt, sehe ich die Charakterisierung ähnlich wie Miss Kilmann ...

Ich mache nun hier Schluss, möchte nur noch mal an Marcel Prousts Mamutthema „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ anknüpfen. Prousts Figuren, die auch alle aus höheren Klassen stammen, finden mit den Figuren dieses Buchs Ähnlichkeiten, was deren Lebensweise betreffen; Menschen, die ihr Leben nicht wirklich nutzen und die Lebenszeit mit vielen oberflächlichen Themen vertun, müssen eines Tages glauben, die verlorene Zeit suchen zu müssen. Miss Kilmanns Beschreibung passt sehr wohl dazu.
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Für kleine Lebewesen wie uns
ist die Weite des Raums nur durch Liebe erträglich.
(Matt Haig zitiert Carl Sagan)

Gelesene Bücher 2014: 59
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Annes und Mirellas gemeinsame Bücherliste

Meine Bücherfreundin Anne und ich haben unsere große SuB-Liste verglichen und festgestellt, dass wir ein paar gemeinsame Bücher mit dem gleichen Titel besitzen, die uns Anne nun alle herausgeschrieben hat.

Einmal im Monat suchen wir im Wechsel aus dieser Liste ein Buch heraus, das wir gemeinsam lesen werden. Ich selbst genieße sehr dieses Internetzeitalter, da ich in Darmstadt und Umgebung keine Bücherfreundin habe finden können. Über ein Literaturforum habe ich schließlich Anne kennengelernt. Es war nicht so, dass wir gleich Freundinnen wurden, nein, das hat ein wenig gedauert, bis wir uns näher gekommen sind. Wir ergänzten unseren Forumkontakt durch einen 14tätigen Telefonanruf. Anne kommt aus Norddeutschland, ich aus Süddeutschland, und das schätze ich am Internet, denn so ist es uns möglich, von Blog zu Blog, von Buch zu Buch zu navigieren. Das Internet kennt keine Entfernung. Wir telefonieren regelmäßig, und haben vor, noch zu Zeiten unserer gemeinsamen Lesezeit öfter zu telefonieren, damit wir uns auch verbal und nicht nur in Schriftform austauschen können.


Unser SuB-Spiel beginnen wir am ersten September 2014.

Im September fängt Anne an, das Buch auszuwählen, im Oktober bin ich dann dran ...

Ich freue mich sehr auf unser Lesespiel ...


Gelesene Bücher werden mit Fettdruck erkenntlich gemacht ...







  1. Adolf Muschg: Sax
  2. Agatha Christie: Blausäure
  3. Agatha Christie: Das Haus an der Düne
  4. Agtha Christi: Der Tod auf dem Nil
  5. Agatha Christie: Die Tote in der Bibliothek
  6. Agatha Christie: Ein Mord wird angekündigt
  7. Alex Campus: Reisen im Licht der Sterne
  8. Alexander Wolkow: Der Zaueberer der Smaragdenstadt
  9. Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz
  10. Anna-Karin Palm: Die Töchter des Malers
  11. Astrid Lindgren: Die Menschheit hat den Verstand verloren
  12. Astrid Lindgren: Kati in Amerika, Italien, Paris
  13. Astrid Rosenfeld: Adams Erbe
  14. Carla Guelfenbein: Der Rest ist Schweigen
  15. Cecilia Ahern: Der Ghostwriter
  16. Charles Dickens: Eine Geschichte von zwei Städten
  17. Christopher Morley: Das Haus der vergessenen Bücher
  18. Christopher Morley: Eine Buchhandlung auf Reisen
  19. Colin Thompson: Bücher öffnen Welten
  20. Dai Sijie: Wie ein Wanderer in einer mondlosen Nacht (***)
  21. Daniel Pennac: Wie ein Roman
  22. David Foenkinos: Charlotte
  23. David Gilmour: Unser allerbestes Jahr
  24. Donany Hans: Mir hat Gott keinen Panzer ums Herz gelegt
  25. Maria Duenas: Wenn ich jetzt nicht gehe
  26. Elizabeth Joy Arnold: Einundachtzig Worte
  27. Elizabeth Strout: Amy & Isabelle
  28. Erik Fosnes Hansen: Das Löwenmädchen
  29. Eric Neutsch: Spur der Steine
  30. Frances Greenslade: Der Duft des Regens
  31. Frances Spalding: Virginia Woolf, Leben, Kunst und Visionen
  32. Geraldine Brooks: Die Hochzeitsgabe
  33. Gertrud Leutenegger: Panischer Frühling
  34. Günter Grass: Katz und Maus (***)
  35. Guinevere Glasfurd: Worte in meiner Hand
  36. Hans Fallada: Der Alpdruck
  37. Hans Fallada: Der Bettler, der Glück bringt
  38. Hans Fallada: Der eiserne Gustav
  39. Hans-Jürgen Geerts: Hoffnung hinterm Horizont (Buch zu Georg Büchner)
  40. Herman Melville: Moby Dick
  41. Isabel Allende: Mein erfundenes Land
  42. Jenna Blum: Die uns lieben
  43. Jens Andersen: Astrid Lindgren-Ihr Leben
  44. John Irving: Straße der Wunder
  45. John Irving: Witwe für ein Jahr
  46. J. R. Moehringer: Knapp am Herz vorbei
  47. J. R. Moehringer: Tender Bar
  48. Jonathan Franzen: Die Korrekturen
  49. Jostein Gaarder: Durch einen Spiegel in einem dunklen Wort
  50. Katharina Hartwell: Der Dieb in der Nacht
  51. Kimberley Wilkins: Der Wind der Erinnerung
  52. Kitty Sewell: Zeit der Eisblüten (***)
  53. Lawrence Norfolk: Das Festmahl des John Saturnall
  54. Malala Yousafzai: Meine Geschichte
  55. Marian Izaguirre: Als die Träume noch uns gehörten
  56. Mark Twain: Meine geheime Autobiographie
  57. Markus Walther: Beatrice / Rückkehr ins Buchland
  58. Mary Kay Andrews: Die Sommerfrauen
  59. Michael Morpurgo: Nur Meer und Himmel
  60. Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
  61. Muriel Barbery: Die Eleganz des Igels
  62. Natalio Grueso: Der Wörterschmuggler
  63. Nick Hornby: Miss Blackpool (***)
  64. Nicholas Drayson: kleine Vogelkunde Ost-Afrikas
  65. Peter Walther: Hans Fallada
  66. Peter Wawerzinek: Rabeneltern (***)
  67. Petra Oelker: Das klare Sommerlicht des Nordens
  68. Regis de Sa Moreira: Das geheime Leben der Bücher
  69. Robin Sloan: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
  70. Sandor Marai: Wandlungen einer Ehe
  71. Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit
  72. Tracy Chevalier: Zwei bemerkenswerte Frauen
  73. Yasmina Khadra: Der Schreiber von Kolea


*** ausgeschiedene Bücher





Mittwoch, 27. August 2014

Virginia Woolf / Mrs. Dalloway

Klappentext
Im Juni des Jahres 1923 bereitet Clarissa Dalloway, die Ehefrau eines britischen Parlamentsabgeordneten, eine große Abendgesellschaft in ihrem Haus in London vor. Der unerwartete Besuch von Peter Walsh, den sie seit der Ablehnung seines Heiratsantrags vor mehr als 30 Jahren nicht mehr sah, bringt Mrs. Dalloway zum Nachdenken: Hat sie damals die richtige Wahl getroffen?


Autorenporträt
Virginia Woolf, am 25. Januar 1882 in London geboren, wuchs im großbürgerlichen Milieu des viktorianischen England auf. Ihr Leben lang litt sie unter wiederkehrenden psychischen Krisen. 1912 heiratete sie Leonard Woolf; zusammen gründeten sie 1917 den Verlag ›The Hogarth Press‹. Ihr Haus war ein Zentrum der intellektuellen »Bloomsbury Group«. Am 28. März 1941 nahm Virginia Woolf sich unter dem Eindruck der Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges und erneut bedroht von einer Verdunkelung ihres Gemüts das Leben.
Mit Virginia Woolf hatte ich mich vor mehr als zwanzig Jahren beschäftigt. Einige Bücher hatte ich von ihr gelesen, und einen Film über ihr Leben gesehen. Leider gibt es diesen Film nicht mehr. Hätte das Bedürfnis, ihn ein weiteres Mal zu sehen. Habe im Netz erfolglos alles abgesucht. Aber ich habe noch einiges in Erinnerung und ich bin der Meinung, dass in dem vorliegenden Werk, das ich gestern Abend begonnen habe zu lesen, viel autobiographisches Material zu finden ist.

Stimmen, die aus den Wänden kommen - Wahnhafte Ideen.  V. W. litt an einer wahnhaften psychischen Erkrankung. Das kam in dem Film auch super gut rüber. Viel Unterstützung fand sie bei ihrem Mann Leonard, der sie abgöttisch liebte, er aber diese Liebe oft nicht erwidert bekommen hatte.

Clarissa Dalloways Ehemann Richard weist viele Parallelen auf zu ihrem Mann Leonard Woolf. Und ich bin sicher, dass die Clarissa D. ein Teil ihres inneren Ichs entspricht. Eine stark grübelnde Persönlichkeit, stark reflektierend, die alles im Leben in Frage stellt, und alle Perspektiven auf den Kopf stellt. So war auch Virginia W.

Heute bin ich aus gesundheitlichen Gründen gar nicht zum Lesen gekommen ... Das ist aber gar nicht schlimm, da ich dieses Buch schon das zweite Mal lese. Das erste Mal liegt auch schon eine ganze Weile zurück und besitze das Buch auch zwei Mal, da ich es mir ein zweites Mal angeschafft habe, damit ich mit diesem Band das Gefühl bekomme, es das erste Mal zu lesen :-). Beide Bände unterscheiden sich lediglich an den unterschiedlichen Herausgebern.