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Montag, 26. November 2018

Inger-Maria Mahlke / Archipel (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre   

Nach 324 Seiten musste ich das Buch definitiv abbrechen. Ich habe mich das ganze Wochenende damit gequält. Und heute ist mein freier Tag und möchte ihn mit spannenderen Inhalten ausfüllen.

Aber keine Sorge, meine beiden Lesepartnerinnen Tina und Sabine St. gefällt das Buch recht gut. Die Geschmäcker dürfen auch gerne unterschiedlich bleiben. Da ich am Wochenende meine ganze Zeit dem Buch geopfert habe, werde ich daher meine inhaltliche Buchbesprechung kurzhalten.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Man bekommt es hier mit einer spanischen Familie mehrerer Generationen zu tun, die auf den kanarischen Inseln lebt. Zu Beginn des Romans lernen wir drei Generationen kennen. Das jüngste Glied dieser Familie ist Rosa Bernadotte Baute, Anfang zwanzig, hatte ein Studium begonnen, ist aber an einer Arbeit Was von meinem Vater übrig blieb gescheitert. Sie arbeitet nun in einem Seniorenheim Asyl der barmherzigen Schwestern für in Not gefallene Alte, in dem ihr Großvater Julio Baute, 95 Jahre alt, als Portier tätig ist. Der Großvater ist gleichzeitig Bewohner dieses Heimes.

Julio Baute ist der Vater von Ana Baute, die 52 Jahre alt ist und Mutter von Rosa. Sie ist politisch aktiv, und steht eher auf der konservativen Seite. Auch sie hat ein Studium absolviert und ist Verwaltungswissenschaftlerin. Eine ganz andere Richtung als die von Rosa und ihrem Mann Felipe.

Felipe Bernadotte, 53 Jahre alt, ist mit Ana verheiratet und der Vater von Rosa. Er kommt aus einer adligen Familie. Felipe hatte auch studiert, hatte aber sein Studium aus politischen Gründen abbrechen müssen. Felipe war politisch eher links orientiert. Nach dem Abbruch seines Studiums verbrachte er seine Zeit vormittags als ein einfacher Bauer, und nachmittags geht er hauptsächlich in einen Klub und lässt sich in der dazugehörigen Bibliothek mit Alkohol berieseln.

In der Familie ist auch eine Haushaltskraft namens Eulalia tätig, die Felipe mit in die Ehe gebracht hat. In dem Roman wird auch Eulalias Herkunft beleuchtet.

Es scheint hier in der Familie jede Menge Probleme zu geben, die allerdings nicht angegangen werden. Man spricht nicht darüber, man hält sie im Stillen aus. Dass Felipe am Nichtstun leidet und die Langeweile mit Alkohol kompensiert, wird an verschiedenen Stellen deutlich. Außerdem scheint er sich als Versager zu sehen, dass er den Erwartungen seines adligen Standes nicht zu erfüllen weiß.

Sein adliger Name Bernadotte war sein eigentliches Problem, mit dem er kritisch umgegangen ist. Eine familiäre Belastung, die weit in die Franco – Diktatur zu reichen scheint ... Felipe wollte kein Bernadotte mehr sein, und beschloss, nur noch einfache Gartenarbeiten zu verrichten, da er sich politisch als gescheitert betrachtet… Felipe zählte sich zu den letzten Konquistadoren, spanische Eroberer südamerikanischer Kolonien ...

Die Handlung beginnt im Jahre 2015 und endet 1919.

Zum Schreibkonzept
Dieses Schreibkonzept hat mir eigentlich gefallen. Obwohl es anstrengend war, die Handlungen von hinten nach vorne zu lesen. Der Roman besteht aus 17 Kapiteln und vereinzelt aus Unterkapiteln. Aber vieles, was die Autorin thematisch aufreißt, bleibt unvollständig und unaufgeklärt. Am Ende des Buches befindet sich ein Glossar, mit dem man nicht wirklich etwas anzufangen weiß. Außerdem werden viele spanische Sätze nicht übersetzt. 

Cover und Buchtitel?
Damit hat sich Sabine St. befasst, die gleich zu Beginn gegoogelt hat, was die Autorin mit dem Buchtitel Archipel gemeint haben könnte. Ich hatte eher gehofft, die Autorin gibt zu ihrem Titel einen Hinweis. Auf jeden Fall habe ich Archipel als eine Inselgruppe Spaniens aufgefasst, siehe Näheres dazu auch auf Wikipedia.

Meine Identifikationsfigur
Keine

Meine Meinung
Ich konnte nach 324 Seiten nicht mehr weiterlesen, da ich völlig an den Erwartungen, was ich hoffte, was mir das Buch bieten sollte, rundum gescheitert bin. Auch habe ich mich zu stark vom Klappentext verleiten lassen. Die Figuren waren mir zu flach, und die historischen und politischen Zusammenhänge nicht ausreichend genug zusammengefügt. Immer mal wieder kurz angerissen, mehr ist aber nicht passiert. Dadurch, dass das Buch von hinten nach vorne gelesen wird, war ich sicher, mehr von dem Franco-Regime zu lesen zu bekommen, sobald ich in diese Epoche eindringen würde. Doch nach 324 Seiten, als ich auch die 1970er Jahre hinter mich gebracht habe, hat sich inhaltlich nichts an der politischen Beschreibung verändert, sodass ich nun nicht anders konnte, als das Buch abzubrechen.

Wo waren Franco und sein Regime? Immerhin regierte er von 1939 bis 1977. Der Klappentext hat mehr versprochen, als dass er einhalten konnte. Wie kann man über eine Zeit schreiben, ohne die Politik mit zuberücksichtigen? Franco war nicht irgendein Politiker. Er war ein Diktator Spaniens. Er kann nicht einfach an den Menschen vorbei gelebt haben, die stark unter seinem Regime gelitten haben mussten ... Immerhin war er noch lange an der  Macht, als bei uns der Zweite Weltkrieg längst vorbei war. Politische Andeutungen? Ist mir definitiv zu wenig gewesen. 

Außerdem wurden viele Konflikte der Protagonist*innen nur angerissen und dafür hat sich die Autorin mit vielen Details aus dem Alltag ausgelassen …

Aber das waren nicht die alleinigen Gründe; zudem waren mir die Figuren zu distanziert dargestellt. Ich habe mich des Öfteren gefragt, ob die Figuren eine Psyche haben? Außerdem nimmt man wenig Anteil an ihren Gedanken und an ihren Gefühlen. Sie werden größtenteils von der Autorin beschrieben und gelenkt. (Ich meine das nicht naiv, ich meine das literarisch. Figuren so zu beschreiben, als wären sie eigenständig und dadurch lebendig, ist für mich eine literarische Kunst, wem das gelingt). Mir kommt die Autorin wie die Mutter ihrer Figuren vor, die sie zur besseren Koordinierung an der langen Leine hält und ihnen nicht zutraut, für sich selbst zu sprechen.

Sabine und Tina sind der Meinung, dass die Autorin die Gefühle den Lerser*innen überlässt. Ich glaube eher, dass die Autorin Gefühle nicht so leicht auszudrücken weiß. Um das herauszubekommen, müsste man ein weiteres Buch von der Autorin lesen, um ihren Schreibstil besser unter die Lupe zu nehmen, und um die Bücher miteinander zu vergleichen.

Tinas und Sabines Meinung
Beide finden den Schreibstil gut aber sie konnten auch meinen Abbruch nachvollziehen. Tina meinte, dass auch ihre Buchhändlerin von diesem Familienroman nicht wirklich begeistert gewesen wäre. Auch sie könne den Buchpreis nicht richtig nachvollziehen, denn es hätte in dieser Shortliste auch noch andere gegeben, die ihn verdient hätten. Tina hätte sich auch mehr politische Hintergründe gewünscht, während Sabine für die Politik Spaniens nicht so viel Interesse hat aufbringen können.

Wenn Tina und Sabine mit dem Buch durch sind, werde ich Tinas Buchbesprechung mit meiner verlinken, in der sicher auch Sabines Eindrücke festgehalten werden. Sabine hat keinen Blog.

Ich bin mal gespannt, was ich auf den letzten hundert Seiten verpasst haben könnte. Aber das, was mir fehlt, kann ich später bei Tina nachlesen und mich zusätzlich mit Sabine verbal austauschen.  

Mein Fazit?
Für mich ist dies ein Buch für Literaturwissenschaftler*innen, Literaturkritiker*innen, für Deutschlehrer*innen und für die Vielleser*innen, die für ein Buch dieser Art jede Menge Zeit und Geduld aufbringen können.

Ich habe mir die Bewertung auf Amazon angeschaut. Dieses Buch wurde im Durchschnitt mit nur 2,5 Sternen votiert. Ich vergebe keine Punkte. Ich bin nicht in der Lage, dieses Buch zu bewerten …

Meine abschließende Frage: Wie hat es dieser Roman zu einem Buchpreis geschafft?

Hier geht es zu Tinas Buchbesprechung.

Wie man an Tinas Buchbesprechung sehen kann, hat jede Leser*in unterschiedliche Erwartungen. Meine politischen Erwartungen haben sich definitiv nicht erfüllt. Politische Andeutungen? War mir zu wenig. Zu viele Alltagsbeschreibungen, zu wenig politsche Fakten.

In den Köpfen und in der Psyche der Menschen passiert in einer Diktatur wesentlich mehr, als die Autorin hat deutlich machen können. Der gesamte Lebensalltag wird in einer restriktiven  und repressiven Politik in Beschlag genommen. 

Viele wissen nicht, wie sich eine Diktatur anfühlt ...

Und die Figuren? Waren mir alle viel zu seelenlos ... 

Mahlke hat bei mir ausgespielt. Hätte ich vorher Tinas Buchbesprechung gelesen, dann wäre meine Entscheidung gefallen. Mein Geld hätte ich mir für dieses Buch sparen können. Habe mich echt betrogen gefühlt. Und noch die kosbare FREIZEIT, die ich dafür geopfert habe. Nie wieder. In Zukunft breche ich früher ein Buch ab. Und da ist es mir ganz egal, was andere dazu denken. Dann schwimme ich eben auch gerne mal gegen den Strom. 

In der Regel mag ich ja intellektuelle Literatur. Ich lese ja sonst auch recht anspruchsvolle Bücher.

Adieu, Inger-Maria Mahlke. Das war wohl nix mit uns beiden. Ich verdiene kein Geld für das Lesen, Sie aber für das Schreiben. 
________________
Vertraue auf dein Herz.
Denn dann gehst du niemals allein.
(Temple Grandin)

Gelesene Bücher 2018: 51
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 28. Oktober 2018

Jorge Bucay / Komm, ich erzähle dir eine Geschichte (1)

Lesen mit Tina    
Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Mir haben die vielen therapeutischen Geschichten recht gut gefallen. Es war nur etwas anstrengend, die Geschichten hintereinander zu lesen. Eigentlich ist das ein Buch für zwischendurch.

Hier geht es zum Klappentext, Autorenporträt und zu den Buchdaten. 

Die Handlung
Demian ist ein junger Student, der sich in Therapie begibt, da er mit seinem Leben nicht wirklich zufrieden ist. Er landet bei Jorge, ein Gestalttherapeut, der sich in seiner Methode völlig unkonventionell gibt, da Demian es langweilig findet, bei einem Analytiker sich auf die Couch zu legen. Jorge arbeitet tatsächlich anders als seine Kolleg*innen, denn er erzählt Geschichten. Immer wenn Demian in der Therapiestunde sein Problem erläutert, packt Jorge eine passende Geschichte aus seinem Petto, und überreicht sie in Erzählform Demian. Dabei bekommt Demian von Jorge auch zu jeder Therapiestunde eine Tasse Matetee angeboten. Es sind weise Geschichten und Parabeln, die aus Märchen, aus dem Buddhismus, Geschichten aus der Gegenwart und Geschichten aus der griechischen Mythologie bestehen.

Das Schreibkonzept
Zu dem Schreibkonzept gibt es nicht viel zu sagen. Zusammen mit dem Epilog sind es 51 Geschichten. Das Inhaltverzeichnis befindet sich auf der letzten Seite. Gewidmet ist das Buch an die Tochter des Autors.

Cover und Buchtitel?
Passt wunderbar. Aber ob sich der angebundene Zirkuselefant physisch betrachtet wirklich von dem Balken befreien könnte, wenn er wollte, das wage ich zu bezweifeln.

Identifikationsfigur
Mit manchen Geschichten konnte ich mich sehr gut identifizieren.

Meine Meinung
Mir haben nicht alle Geschichten gefallen. Nicht alle haben mich überzeugen können und bei einigen lustigen Geschichten fehlte es mir an Humor. In vielen anderen Geschichten konnte ich mich gut hineinversetzen. Sechs Geschichten haben mir besonders gut gefallen.
1.    Der wahre Wert des Rings
2.    Die taube Ehefrau
3.    Die Exekution
4.    Wer bist du?
5.    Das weiße und das schwarze Zimmer
6.    Der gerechte Richter

Welche von den sechs Geschichten fand ich außerordentlich gut?
Der gerechte Richter und Der wahre Wert des Ringes.

Welche Geschichte fand ich gar nicht gut?
Zwei Nummern kleiner. Sich ein paar Schuhe zu kaufen, die zwei Nummern zu klein sind, damit man den ganzen Tag in beengten Schuhen sein Leben fristen kann, um abends, wenn man die Schuhe zu Hause wieder auszieht, eine Wohltat zu empfinden. Furchtbar. Nichts für mich. Dabei fällt mir der Film Barfuß ein, in dem die Hauptfigur immer barfuß lief, weil sie ihre Füße nicht in Schuhen einsperren wollte. 

Aber meinen Kolleginnen habe ich die Geschichte Der wahre Wert des Rings auf meiner Dienststelle vorgelesen, weil diese Geschichte zu deren Lebensphase und Problematik gepasst hat. Sie fanden die Geschichte richtig gut, haben sich bedankt, und mich danach wohlwollend umarmt. Und ich fand es wunderbar, den richtigen Riecher für meine Kolleginnen gehabt zu haben.

Mein Fazit?
Ein Buch, das für jeden Menschen für den Alltag die passende Geschichte bereithält.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichten
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
11 von 12 Punkten

Und hier geht es zu Tinas Buchbesprechung
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Gelesene Bücher 2018: 46
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86







Freitag, 21. September 2018

Monika Maron / Ach Glück (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ein Buch für alle Frauen ab der zweiten Lebenshälfte …

Mir und Tina hat das Buch gefallen. Man konnte sich gut in die Thematik reinfinden und sich in die Figuren hineinversetzen. Und trotzdem fällt es mir schwer, über dieses Buch zu schreiben. Ich quäle mich seit gestern mit dieser Rezension. Vielleicht liegt es daran, weil der Klappentext schon recht ausführlich ist und ich nicht nochmals alles wiederholen möchte …

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Protagonistin Johanna Märtin, 52 Jahre alt, durchleidet gerade eine Midlifecrisis. Sie macht Bekanntschaft mit einer sehr alten russischen Dame namens Natalja Timofejwna, 90 Jahre alt, und die in Mexiko lebt. Natalja macht Johanna Mut, auf ihr Herz zu hören, und lädt sie nach Mexiko ein. Johanna nimmt die Einladung nach langer Überlegung an, obwohl ihr Mann Achim stutzig wird, dass sie eine so lange Reise ohne ihn alleine in Angriff nehmen möchte. Johanna befand sich sonst immer mit Achim auf Reisen und jedes Mal war er es, der die Führung übernommen hatte ... Achim traut Johanna diese Reise alleine nicht wirklich zu …

Achim und Johanna sind beides Akademiker und haben Germanistik studiert. Verheiratet sind sie seit dreißig Jahren. Sie haben eine gemeinsame erwachsene Tochter namens Laura, die ihr eigenes Leben lebt ...

Johanna findet auf der Autobahn einen angebundenen Hund, die ihn zu sich nimmt und ihm den Namen Bredow gibt. Es entsteht eine Liebe zwischen diesen beiden, die Ihr Mann Achim eifersüchtig stimmt und bezeichnet die Beziehung zwischen Johanna und Bredow als obszön, als sie sich von ihm liebkosen lässt ...

Durch die Aktivitäten mit und durch den Hund erlangt Johanna ihre Freiheit wieder zurück. Mit der Zeit ist der Alltag mit Achim eintönig und einsilbig geworden.

Sie lernt den russischen Galeristen Igor kennen, der russische Künste ausstellt. Durch Igor machte sie Bekanntschaft mit Natalia, wenn erst mal nur aus den Beschreibungen, und später während des Austauschs via E-Mail. Doch nicht nur auf den Hund ist Achim eifersüchtig, sondern auch auf Igor. Johanna mag Igor nicht besonders gerne, hält ihn für arrogant, aber sie fühlt sich von ihm als Frau trotz ihres Alters geachtet. Für ihren Mann ist Johanna sexuell nicht mehr anziehend genug, und so fühlt sie sich eher wie ein altes Möbelstück …  Dies macht Johanna zu schaffen, verstärkt, als sie erfährt, dass Achim eine Affäre mit einer jungen Frau eingegangen ist ...

Johanna reflektiert ihr Leben pro- und retrospektivisch ...
Sie schafft es, alleine nach Mexiko zu fliegen und es gelingt ihr, den Hund zurückzulassen  und ihn, ohne es zu wollen, erneut der Angst aussetzt, wieder verlassen zu werden. Achim wird den Hund nicht betreuen können und so sucht Johanna ihm für die Zeit ihrer Abwesebheit eine andere liebevolle Hand …

Das Schreibkonzept
Auf den 218 Seiten ist die Handlung nicht in Kapiteln gegliedert, aber in Absätzen. Es gibt einen Erzähler und ein paar schriftliche Korrespondenzen zwischen Natalja und Johanna.

Cover und Buchtitel? 
Ich dachte erst, dass die Dame auf der Abbildung die Abbildung von Johanna ist, aber ich habe mich getäuscht. Trotzdem ist das Cover gut gelungen. Ebenso der Buchtitel; was ist schon Glück? Wird von Johanna immer wieder kritisch infrage gestellt.

Identifikationsfigur
Keine

Meine Meinung
Viele Gedanken habe ich mit Tina schon ausgetauscht, und wir waren uns immer einig in unseren Beobachtungen. Auch wenn ich mich gefreut habe, dass sich Johanna für die lange Reise entschlossen hat, hat mir Bredow sehr leid getan. Ich hätte es nicht geschafft, mich aufgrund eines möglichen Ausbruchs einer Retraumatisierung von dem armen Hund zu trennen. 

Mein Fazit?
Ich habe mich etwas geärgert, wie sehr man versucht, die Lebensenergie einer Frau zu bremsen, die nicht mehr so jung ist, während der Mann, selbst zwar auch altert, sich aber jung genug fühlt, sich eine junge Frau zu suchen ... 

Mein Fazit zu dem Buch ist; das Leben leben, solange man noch gesund ist und sich keinerlei Einschränkungen auferlegen lassen. Weder von der Gesellschaft noch von dem Ehegatten. Und jede Erfahrung, die der Mensch macht, sollte immer lebenswert sein, unabhängig davon, wie alt Frau ist.  

Hier geht es zu Tinas Buchbesprechung, die immer die richtigen Worte findet, die Erlebnisse eines Buches zu beschreiben.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten.
___________
Der Mensch muss dankbar sein
für jedes Erlebnis, zur Not auch für jedes schlechte.
(Monika Maron)

Gelesene Bücher 2018: 40
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 3. September 2018

Matt Haig / Wie man die Zeit anhält (1)

Lesen mit Tina

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Leider hat mir dieses surreale Buch nicht so gut gefallen, wie Haigs letzter Band Ich und die Menschen. Es hat mir an Tiefgang gefehlt und auch die Thematik, aus der man hätte mehr machen können, konnte mich nicht weiter fesseln. Meine Anfangseuphorie über die Zeitreise von mehreren hunderten von Jahren konnte leider nicht aufrechterhalten werden.

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Handlung ist schnell erzählt.
Auf den ersten Seiten lernt man den Protagonisten Tom Hazard kennen, der unter einer seltenen Veranlagung leidet. Der Name dieser Veranlagung wird als Anagerie bezeichnet und ist nicht allzu sehr bekannt. Tom ist 439 Jahre alt, im besten Alter, für seine Verhältnisse noch jung, auch wenn er sich selbst als alt bezeichnet, wenn er sich mit ganz normalen Menschen vergleicht, die hier als Eintagsfliegen charakterisiert werden. Nur etwa 1000 Menschen seien universal in dieser fiktiven Welt von jener Anlage betroffen. Geboren wurde Tom 1581. Hendrich, Toms Compagnon, bzw. Toms Chef unter ihnen, stellt diverse Regeln auf, die helfen sollen, sich in der Welt zurechtzufinden, ohne aufzufallen, denn sonst bestünde die Gefahr, verfolgt zu werden. Im 16. Jahrhundert wurden solche Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder ertränkt. In der Moderne sind es WissenschaftlerInnen, die aus diesen Menschen Versuchskaninchen machen, würden sie in der Gesellschaft auf sich aufmerksam machen.

Menschen wie Tom gehören einer Albatros-Organisation an. Eine kleine Geheimgruppe, die sich weltweit gegenseitig hilft und schützt. Diese Menschen sind strengen Regeln unterworfen. Die erste Regel lautet: Du sollst nicht lieben. Wie will man sonst den PartnerInnen klarmachen, dass sie nicht altern? Dass selbst die eigenen Kinder eines Tages älter aussehen werden als man selbst?
Eine weitere Regel lautet, alle acht Jahre die Identität und den Wohnort zu wechseln ...

Menschen mit der Anagerie-Veranlagung verfügen über ein effektives Immunsystem. Bakterien und Viren können ihnen nichts anhaben. Ebenso von der Pest und der Cholera bleiben sie verschont. Auch der Alterungsprozess setzt sich nur sehr, sehr langsam fort.

1623 lernt Tom Rose kennen, die er zur Frau nahm, mit der er ein Kind gezeugt hat, ein Mädchen, das den Namen Marion erhält. Marion erbt die Anlagen ihres Vaters und kommt damit nicht klar, da der Vater Frau und Kind verlassen musste, um die Familie durch sich nicht in Gefahr zu bringen. An den Hauswänden sind böse Beschimpfungen geschrieben und weisen auf mögliche Morddrohungen hin. Obwohl Tom seine kleine Familie verlässt, gerät Marion trotzdem auf die schiefe Bahn …

Tom fühlte sich in der Einsamkeit sehr unglücklich und nicht selten denkt er daran, sein Leben selbst zu beenden. Aber die Liebe zu Marion hält ihn am Leben, obwohl er seine Tochter viele Jahre nicht mehr gesehen hat, und macht sich auf die Suche nach ihr …

In der Gegenwart ist Tom Lehrer an einer Gesamtschule und unterrichtet Geschichte. Lebendige Geschichte, da Tom vieles selbst erlebt hat. Nur wissen das seine SchülerInnen aus der neunten Klasse nicht. Er kennt z. B. Shakespeare und andere bedeutende Persönlichkeiten.

Tom sucht immer wieder nach dem Sinn seines Lebens und sehnt sich nach Normalität.

Das Schreibkonzept
Das Buch besteht auf den 380 Seiten aus vier Teilen und aus vielen Kurzkapiteln. Das Buch hält sich an keinen chronologischen Abläufen. Die Albatros-Organisation ist in dieser magischen Welt weit verbreitet. London, Los Angeles, New-York, Paris, Australien, Sri Lanka …
Auf der ersten Seite findet man eine kurze Einleitung zu der Geschichte, bevor es mit dem ersten Teil losgeht. Man kommt gut in die Handlung rein, die Kapitel sind alle leicht lesbar. Zum Ende hin entwickelt sich dieser Roman kurzweilig zu einem Thriller.

Cover und Buchtitel?  
Das Cover ist für mich sehr ansprechend und der Buchtitel hat mich bis zur letzten Seite beschäftigt. Ich hatte schon befürchtet, die Bedeutung überlesen zu haben, als ich dann schließlich ganz am Ende, auf der sogenannten letzten Seite, fündig geworden bin. Ob mich nun der Titel überzeugt hat, darüber muss ich noch weiter nachdenken.

Identifikationsfigur
Meine Identitätsfigur ist Tom, da auch ich im Laufe meines Lebens immerzu den Sinnfragen hinterhergerast bin. Damit angefangen hatte ich schon in meiner Kindheit. Mit zwölf Jahren legte ich mich in die Badewanne, die den Sarg ersetzen sollte und so spielte ich tot sein. Ich wollte wissen, wie sich der Tod anfühlt, denn was ist der Tod, was ist das Leben? Warum gibt es uns Menschen? Warum gibt es mich? Warum führen Menschen Kriege? Gibt es einen Gott? Müsste der Himmel nicht aus allen Nähten platzen, wenn immer mehr Menschen geboren werden, um wieder zu sterben, um anschließend in den Himmel zu gelangen? Was ist das Nichts? Ist das Nichts auch eine Religion? Bei dieser letzten Frage erinnere ich mich noch genau. Da war ich zehn Jahre alt. Ich hatte wirklich alle Theorien hinterfragt, religiöse und gesellschaftliche, mit der ich aus der erwachsenen Welt behaftet wurde. Wie einsam hatte ich mich mit diesen vielen Fragen damals schon gefühlt. Und wie schwer war es für mich, diesen Fragen ohne Antworten schuldig zu bleiben?

Meine Meinung
Mir wurde das Buch zur Mitte hin, als mir schließlich die Figuren vertraut geworden sind, langweilig. Der Autor hat in bestimmten Handlungen versucht, ein wenig Action reinzubringen, ging ein wenig in die kriminalistische Haltung rein, die sich aber schnell wieder gelöst hat. Am Anfang war ich ganz von der Thematik angetan. Stellte mir sehr häufig die Frage, was ich selbst alles tun würde, hätte ich ein so langes Leben wie diese Menschen aus der Albatros-Gesellschaft. Ich glaube, ich würde sehr verschwenderisch mit der Zeit umgehen. Allerdings bin ich ein sehr langsamer Mensch, und langsame Menschen sollten mehr Lebenszeit zur Verfügung haben. Wie häufig habe ich die Welt auf den Kopf gestellt, um alle Perspektiven betrachten zu können.

Auf jeden Fall hätte ich Zeit, alle Bücher zu lesen. Aber dennoch würde ich nicht mit Tom tauschen wollen. Zu erleben, wenn die Menschen und Tiere alle sterben, mit denen man groß geworden ist, oder mit denen man das Leben geteilt hat, würde mich sehr nachdenklich und traurig stimmen. Toms Hang zur Melancholie und Schwerfälligkeit sind für mich gut nachzuvollziehen. Am besten ist, die Jahre sinnvoll zu nutzen, die man zur Verfügung hat. Es ist gut, wie es ist, nicht unsterblich zu sein. Eine Lebenserwartung von mehr als 500 Jahren betrachte ich schon fast als unsterblich. Gut, dass es solche Menschen nicht gibt.

Mein Fazit?
Es war schön, sich in diese Ideen hineinversetzt zu haben. Ein nettes Märchen. 

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte, Spannung
1 Punkte: Fantasievoll ohne dass es zu kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
10 von 12 Punkten.

Tinas Buchbesprechung.
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Gelesene Bücher 2018: 35
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
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Gelesene Bücher 2011: 86