Ein wundervolles Buch über die Praxis der Rückführung in andere Leben. Bestens auch als ein
Nachschlagewerk bzw. als ein Arbeitsbuch zu betrachten für Menschen, die aus
dieser Praxis kommen oder sich dahin verändern möchten.
Für andere könnte das
Buch zu einer Überforderung führen. Ohne Vorkenntnisse wäre zu empfehlen, sich
erst mal mit leichterer Lektüre einzudecken, die mehr Hintergrund bietet. Was
sind die Lebensziele von Mensch zu Mensch? Wie lässt sich die Seele in ihrer Entstehung begreifen? Was ist unter Gott zu verstehen? Wie kommen die vielen unterschiedlichen Religionen zustande? Haben Tiere überhaupt eine Seele? Ein Background zum Universum und zur Evolution wären auch noch einzubeziehen. Hintergründe zu allen Lebewesen unseres
Planeten. Diese und andere Themen würde ich zusätzlich empfehlen.
Da jedes Subjekt in dem
Buch aufeinander aufbaut und ich sie nicht aus dem Zusammenhang reißen möchte,
halte ich mich in dieser Buchbesprechung kurz. Am Ende gebe ich eine kleine
Empfehlung zu weiteren Werken.
Hier geht es zum
Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den
Buchdaten.
Für mich selbst sind in
diesem Buch die theoretischen Hintergründe zu Psychologie und Psychiatrie und
die gesamten Krankheitsbilder und deren möglichen Therapiefelder wie
Verhaltenstherapie, Autogenes Training und Gruppentherapie durch meine eigene
Berufspraxis vertraut. Diese Therapieformen werden mit der Rückführugstherapie über Vorteile und Nachteile miteinander verglichen. Bezüge werden auch durch die komplexen Zusammenhänge wie z. B. die Ausstattung
des Gehirns - linke und rechte Gehirnhälfte, sowie die großen Namen wie z. B. Siegmund Freud, der Vater der Psychoanalyse hergestellt.
Interessant wurde es für
mich schließlich erst, wie eine Rückführung in der Praxis durchgeführt wird, z.
B. über einen Alphazustand. Die Proband*innen / Klient*innen werden in sechs
Tiefenzustände geführt, das heißt, sie werden sukzessiv in einen hypnotischen
Schlaf versetzt.
Ich werde mit dieser
Therapieform nicht arbeiten, da ich keine Ausbildung dazu habe. Rückführungstherapeut
wird man nicht durch das Anlesen diverser Theorien aus Büchern, sondern man muss sich zusätzlich über
langwierige Kurse qualifizieren. Mich hat lediglich die Berufspraxis in
abstrahierender Form interessiert, ohne die Absicht zu verfolgen, selbst diese
Praktiken ausüben zu wollen. Aber vielleicht kann ich mit dem angelesenen
Wissen Menschen in Brückenform über eine solche Therapie begleiten. Vielleicht möchte ich selber
an mir diese ausprobieren. Wäre doch spannend zu erfahren, wer man in den multiplen
Vorleben so alles gewesen ist.
Dazu fand ich den
nächsten Abschnitt wiederum spannend, welche Erkrankungen mithilfe einer
Rückführung behandelt werden könnten und was die jeweiligen Ursachen der Erkrankungen sind und wo sie ihren Ursprung haben. Ängste und Phobien jeglicher Art sowie
Sexual- und Beziehungsstörungen, aber auch somatische Beschwerden, wie z. B.
Haut- und Krebserkrankungen, Migräne, Asthma ... Auch pränatale Entwicklungsstörungen
können hier über eine Rückführung angegangen werden.
Aber Vorsicht, auch eine Rückführungstherapie hat
ihre Grenzen, denn nicht jeder Mensch könne rückgeführt werden und nicht jede
Krankheit sei heilbar.
Wovon ist das abhängig? Weil nicht jeder
Mensch in den Alphazustand gebracht werden könne. In dem Buch befindet sich zur
besseren Orientierung für die / den Therapeut*in einen Test, den man zu Beginn
der Therapie an der / dem Klient*in anwenden könne, um zu sehen, wie leicht
oder schwer diese*r sich in einen Alphazustand versetzen lassen könne. Bei der Heilung
der Erkrankung würde es auf das Ausmaß des Karmas, bzw. auf die Tiefe eines
Lernprozesses, ankommen.
Auch psychisch labilen
Menschen wäre von dieser Therapieform abzuraten ... Viele Experten üben
aus Überzeugung diesen Beruf aus, selbst Skeptiker unter ihnen. Denn …
… Ein großes Plus der Rückführungstherapie
besteht darin, dass weder Therapeut noch Klient an frühere Leben glauben
müssen. Viele Therapeuten, die die Rückführungstherapie mit großem Erfolg
ausüben, glaubten anfangs überhaupt nicht an die Existenz früherer Leben und
erklärten ihren Klienten, die ebenfalls nicht an die Reinkarnation glaubten, z.
B., dass aus ihrem Unterbewusstsein symbolische Bilder aus anderen Zeiten
aufsteigen würden, die wichtige Aufschlüsse über den Heilungsprozess geben
könnten. Jedoch gilt die Reinkarnation ab dem Jahr 1997 als bewiesen, dank der
großartigen Pionierarbeit von Professor Ian Stevenson, (kanad. Psychiater, Anm.
d. Verf.)
Der Psychiater Brian Weiss
schreibt: Weder Therapeut noch Patienten müssen an die Existenz früherer Leben
bzw. an die Reinkarnationslehre glauben, um mit der Reinkarnationstherapie
Erfolge zu erzielen. Der Beweis liegt in der Sache selbst. Schon mancher
Kollege aus der Psychotherapie meinte zu mir: >Ich weiß noch immer nicht, ob
ich an diese Sache mit dem früheren Leben glauben soll, aber ich arbeite damit,
und es funktioniert.< (...) Mit der Zeit werden wohl alle Therapeuten, die
diese Methode ausprobieren, von der Tatsächlichkeit der Reinkarnation überzeugt
werden, da Klienten im Alphazustand historische und kulturgeschichtliche Fakten
oder Daten nennen können, die ihnen im Wachzustand nicht bewusst sind (und die
sich auch mit kryptomnesie nicht erklären lassen), deren Richtigkeit vom
Therapeuten jedoch überprüft und bestätigt werden kann. (20f)
Goethe war Pantheist und
kein Atheist Goethes Glaube war später gelöst sowohl von Konfessionen als auch von grauer Theorie und fand Gott in
der Natur. Auch darin spiegelt Doktor Faust ohne Zugehörigkeit einer Religion die
Sinn- und Glaubenssuche auf einer transzendenten- und einer präkognitiven Art: Was ist der Mensch, was
ihn im Innersten zusammenhält? Goethe ist konfessionslos
geworden, obwohl er eine protestantische Erziehung erworben hatte. Doch als
Suchender hatte er sich von allen religiösen Vorstellungen gelöst, und sich
aufgemacht, nach innen zu reisen, denn nur dort würde man, so Goethe, die
Wahrheit finden. Suchen wir nur die eine Wahrheit? Es gibt unendlich viele Wahrheiten und jeder muss seine in sich finden, und wenn man hierfür ein ganzes Menschenleben benötigt.
Goethe wurde später Pantheist statt Atheist. In seiner eigenen
Suche musste er auch grenzüberschreitende Erfahrungen gemacht haben. Auch Ereignisse der Feinstofflichkeit waren im Faust zu beobachten; Wie werde ich die Geister wieder los, die
ich einst rief? Wobei der Suchende, aus meiner Sicht, überall fündig werden kann, auch in Kreisen der Konfessionen.
Doch
nicht nur Goethe, auch Hermann Hesse, Albert Einstein und viele andere
Intellektuelle waren große Suchende in ähnlicher Form gewesen.
Und
nun wieder zurück zu Trutz Hardos Lesestoff.
Ich
fand es ganz spannend zu lesen, wie er zu dieser Thematik bzw. zu dieser Überzeugung
hingefunden hat. Ähnlich wie sein Kollege Alexander Gosztonyi schreibt er aus
seiner eigenen Berufspraxis heraus, denn auch Hardo ist Experte auf dem Gebiet der Rückführungstherapie:
Ich stütze mich bei diesen Ausführungen weniger auf indirektes Wissen (...),
sondern vor allem auf direktes Wissen, also Erkenntnisse, die ich aus der
praktischen Erfahrung in der Rückführungspraxis oder aus anderen
>inneren< Quellen bezogen habe. So habe ich Hunderte von Aussagen von Menschen
auswerten können, die ich in Einzel- und Gruppenrückführungen in den Zustand
unmittelbar vor ihrem ersten Leben als Mensch versetzte und dann graduell
weiter rückwärtsgehen ließ, bis sie am Ausgangspunkt ihres Seins angekommen
waren. (27)
Sicherlich
hat der Autor sich mit dem Wissen anderer Autoren wie z. B. dem Anthroposophen
Rudolf Steiner befasst, aber er pflegte den Anspruch, schließlich sein eigenes
Wissen zu finden. Ähnlich wie Goethe wollte er sich nicht mit der grauen Theorie zufriedengeben.
Meine
Empfehlungen zum Abschluss, die aus drei Lesephasen bestehen.
Drei Phasen Ich empfehle, wer sich mit dieser Thematik ernsthaft beschäftigen möchte, sich mit folgenden Büchern einzudecken:
Erste Phase Theoretisches Hintergrundwissen Das Buch von Alexander
Gosztonyi: Das große Buch der Seele
In diesem Buch habe ich alle meine weltlichen- und
Sinnfragen, vor allem auch bezogen auf die Tierqualen, beantwortet bekommen.
Von demselben Autor: Betrachte dich mit den Augen der Liebe – Deine Seele ist kein
unbeschriebenes Blatt.Auch geht es hier um sieben seelische Entwicklungsstufen, die der Mensch im Laufe der Reinkarnation über zahlreiche und unterschiedliche Lernaufgaben erlangen müsse, um letztendlich von der Wiedergeburt erlöst zu werden, um vollends ins ewige Licht und in die ewige Liebe zu gelangen.
Zweite Phase Reinkarnation aus der
Berufspraxis über die Rückführungspraxis. Hier eignet sich wunderbar das
vorliegende Buch von Trutz Hardo, der tiefere Einblicke aus der Praxis mit
Menschen, die eine oder mehrere Rückführungen mitgemacht haben, schenkt.
Dritte Phase Mit dieser Phase wäre der nächste
Schritt, selbst in die Rückführung zu gehen, wer möchte.Dazu gibt es von demselben Autor
reichlich Material oder man sucht sich einen realen Experten dafür aus.
Woher hat der Autor sein Wissen? Ich habe hier noch zwei Bücher von dem Autor und seinem Kollegen Johannes v. Buttlar liegen, die ich allerdings nicht rezensieren werde. Ihnen zufolge bezieht vor allem Buttlar sein Wissen nicht nur aus seiner beruflichen, therapeutischen Tätigkeit heraus, sondern er selbst würde reichlich über außerkörperliche Erfahrungen (Out-of-Body) verfügen. Er ist daher von der Reinkarnation nicht nur durch seine Klientel überzeugt. Auch er wurde durch seine langjährige Sinn- und Glaubenssuche, die mit 17 Jahren begonnen hatte, auf diesen Weg gebracht.
Es hat mit Glauben nichts zu tun, sondern es ist meine Überzeugung, weil ich es aufgrund meiner vielen Erfahrungen weiß. (61)
Mit welchen Techniken diese Out-of-Body eingeleitet und ausgeführt werden, sind aus den jeweiligen Büchern der Autoren zu entnehmen. Eines davon habe ich unten im Fettdruck erwähnt.
Mein Fazit? Das Buch hat mich angeregt, mich weiter mit dieser Thematik zu befassen und gehe in die
dritte Phase und habe mir ein weiteres Buch von demselben Autor Trutz Hardo und
Mitautor Johannes von Buttler bestellt Supersurfing
/ Reisen durch Raum und Zeit. Aber es
gibt noch andere Bücher mit einer Rückführung - CD. Ich werde sehen, wie weit
ich komme, bis mein Wissensdurst gestillt ist.
Zudem eignet sich das vorliegende Buch nach dem Lesen wunderbar auch als ein Nachschlagewerk, wie ich im Vorspann schon geschrieben habe. Also, kein Buch zum Wegstellen.
Meine Bewertung zum
Sachbuch
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck und Verständlichkeit
2 Punkte: Sehr gute Umsetzung der Thematik
2 Punkte: Sehr gute aufklärerische Verarbeitung
2 Punkte: Logischer Aufbau, Struktur und Gliederung vorhanden.
2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkte
Eine klare Leseempfehlung nicht nur für
Profis, sondern auch für andere aufgeschlossene und neugierige Menschen mit Vorkenntnissen.
Herzlichen Dank an den Silberschnurverlag für das Leseexemplar.
Ein wundervolles Buch,
das ich vor ein paar Tagen ausgelesen habe. Meine ersten Leseeindrücke haben
sich bis zur letzten Seite halten können, sodass ich vorab zwei weitere Werke
von der Autorin mir bestellt habe, die ich am Ende noch vorstellen werde.
Das Schöne an der sehr
feinfühligen Autorin ist, dass sie ihre Tierliebe nicht auf die üblichen Tiere
wie Hunde und Katzen, etc. begrenzt, sondern sie sogar auf viele Exoten ausweitet.
Ich konnte viel von ihr lernen, speziell was ihre Liebe auch zu Spinnen und
Insekten betrifft.
Ein Buch über den
respektvollen Umgang mit anderen Lebewesen, die uns, wenn wir es zulassen, so auch die Autorin, vom inneren Wesen her recht ähnlich sind.
An einem einzigen Beispiel habe ich durch die Autorin das Bedürfnis verspürt, auch über meine eigene Erfahrung mit meinen Vierbeinern zu schreiben. Seelenverwandte? Finde ich draußen in der realen Welt unter den Menschen sehr wenige. Und dabei gibt es sie sehr wohl. Das hinterlässt für mich einen tröstlichen Charakter.
Hier geht es zum
Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den
Buchdaten.
Die Handlung Sy Montgomery erzählt in einem narrativen Schreibstil
von ihrem Leben mit Tieren, dessen Weichen schon recht früh entgegen der Mutter
in ihrer Kindheit gelegt wurden. Während ihre Mutter aus ihr ein adrettes
Mädchen zu formen versucht hatte, geht sie dennoch ihren eigenen
Weg. Sie fühlt sich zu Tieren dermaßen hingezogen, dass sie diese zu ihren einzigen
Spielgefährten machte. Begonnen hatte alles mit einer Scotchterrier – Hündin
namens Molly. In dieser Kindheit träumte sie schon ihren Traum, aus ihrem
Umfeld auszuziehen, um mit den Tieren in der Wildnis leben zu können. Obwohl
ihre gut situierten Eltern mit ihr andere Pläne hatten, begannen ihre Träume mit
26 Jahren Gestalt anzunehmen, indem sie beschloss, ihren eigentlichen Beruf als Journalistin aufzugeben und in die Tierforschung zu
gehen, um das Verhalten verschiedener Tierarten zu ergründen.
Vorbilder fand sie schon in ihren Kinderbüchern. Sie
las Jane Goodall, die berühmte Primatologin und Verhaltensforscherin. Weg von den verborgenen Beobachtungen, und rein in die Sukzessive,
um auf die Tiere zuzugehen und deren Verhalten aus der Nähe zu beobachten. Der Terminus wäre hierzu Empirie bzw. Feldforschung. Dies
waren Goodalls Methoden, die Montgomery übernommen und in ihre Arbeit
integriert hatte.
Sy Montgomery bereiste dadurch mehrere Kontinente, um ihre Forschungsprojekte anzugehen. Doch sie führte als
Tierforscherin auch ein Privatleben mit eigenen Tieren wie Hühner, Border –
Colly, ein Schwein etc. und auch alle ihre Tiere bekamen einen Namen ... Doch selbst die Goliath – Wolfsspinne aus der Forschung erhielt den Namen
Clarabelle und der Oktopus hieß Octavia.
Ihre eigenen Tiere nahm sie bei sich auf, die gehandicapt
waren …
Welche Szene hat mir nicht gefallen? Mir hat nicht gefallen, dass Sy Montgomery von den
Eltern enterbt wurde, nachdem sie einen Mann ihrer eigenen Wahl geheiratet hat.
Ihr Mann ist Schriftsteller von Beruf und in den Augen ihrer Eltern nicht
angesehen genug. Weitere Beispiele hierzu siehe unten.
Welche Szene hat mir besonders gut gefallen? Es waren jede Menge Szenen, doch bei einer Szene
musste ich an Goethe denken, der das Buch über die Wahlverwandtschaft
geschrieben hat, weshalb ich diese Szene unbedingt aufschreiben möchte, denn
man kann durchaus auch Tiere zu Wahlverwandten machen, wenn man erkennt, dass
diese Geschöpfe wie man selbst auch beseelte Wesen sind.
Die Autorin selbst hat sich mehr zu Tieren als zu
Menschen hingezogen gefühlt. Wie ich oben schon geschrieben habe, war ihre
Zuneigung zu Tieren schon mit der Geburt mitgegeben. Ihren damaligen ersten Hund
erhielt sie im Alter von drei Jahren. Diese Hündin bezeichnete sie als ihre
Schwester. Deshalb die Bezeichnung Wahlverwandtschaft, die mich an Goethe zurückdenken
ließ, in der die Seelentiefe bei der Wahlverwandtschaft stärker ausgeprägt sein
kann als bei der Blutsverwandtschaft. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die innere Entwicklung eines Menschen nicht unbedingt von der Erbmasse abhängig gemacht werden muss. Natürlich ist die physische Anatomie davon ausgenommen. Obwohl man die Gene der Eltern in sich trägt, ist man dennoch mit völlig anderen Vorlieben und Bedürfnissen ausgestattet.
Nach einem bewegten Leben voller
Umzüge erdete er mich. Und nachdem meine Eltern mich verstoßen hatten, war es
Christopher, der aus einem bunten Gemisch von Wahlverwandten eine richtige
Familie entstehen ließ, die nicht den Genen zu verdanken ist, sondern allein
auf Zuneigung beruht. (77)
Welches Einzelkind kommt schon auf die Idee, sein
Haustier als ein Geschwister zu betrachten?
Viele kleine Mädchen vergöttern ihre
älteren Schwestern. Mir ging es nicht anders. Nur dass meine ältere Schwester
eine Hündin war. Hilflos stand ich da, in dem Rüschenkleidchen und den Spitzensöckchen,
in die meine Mutter mich gesteckt hatte. Ich wollte sein wie Molly: wild.
Unerschrocken. Nicht zu halten. (15)
Probleme bereitete es der
Mutter, da ihr sog. Prinzessinnenkind sich zu einem Wildfang entpuppte.
Dass andere Menschen meine Vorstellung
von unserer Beziehung nicht teilten, merkte ich erst, als meine Mutter anfing,
uns beide zu zähmen. (27)
Die Autorin hat schon recht früh begriffen, dass
Tiere eine Persönlichkeit besitzen, Individuen sind, auf ihre Lebensweise bezogen sogar denken können und auch Gefühle haben. Was sie
als Kind unbewusst schon wusste, schärfte sich in ihr durch die Tierforschung noch
verstärkt ein. Sie schaffte es sogar mit Spinnen, Quallen … eine Beziehung
aufzubauen.
Nähere
Bekanntschaft mit jemand aus einer anderen Spezies zu machen, bereichert einen
Menschen auf erstaunliche Weise. Alle Tiere, denen ich - und sei es nur
flüchtig - begegnet bin, haben mein Leben verändert. (...) Ich (kann) davon
erzählen, dass es immer und überall Lehrmeister gibt, mit vier, zwei, acht oder
auch gar keinen Beinen, einige mit Skelett, andere ohne. Alles, was wir tun
müssen, ist, sie als Lehrer zu erkennen und uns zu öffnen für ihre Wahrheiten.
(10f)
Sehr anschaulich fand ich auch das Exempel mit den
Emus, die Montgomerys erstes Forschungsprojekt in Australien abgaben. Ich fand
es phänomenal, wie diese Tiere mit ihr auf einer nonverbalen und telepathischen Art kommuniziert
haben. In Hawaii und Kalifornien untersuchte Montgomery sogar die Tiersprachen.
Und hier, bei den Emus, erschien es mir so, als hätten diese Tiere in ihren
Gedanken gelesen, ihre Fragen aufgeschnappt und sie die Tierforscherin in eine
Richtung gelenkt haben, die Montgomery zu Antworten verhalfen. Außerdem
erinnerten mich ein paar Szenen dazu an den italienischen Biologen Stefano Mancuso, der über die außergewöhnliche Reise der Pflanzen geschrieben hat.
Sind
Emus möglicherweise Samenverbreiter? Welche Pflanzen fressen sie? Können die
Samen aus den Emus-Ausscheidungen besser keimen? (2019, 42)
Die Antwort darauf findet man auch bei Mancuso, welchen Einfluss Tiere bei der Migration von Pflanzen haben. Fand
ich genial, sie hier nochmals zu finden.
Hier im Nebelwald hatte ich jene
Urkraft wiederentdeckt, die uns geistig und körperlich gesund erhält:
ungebrochenen, köstlichen Lebenshunger. (140)
Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin? Sy Montgomery und ihr Gatte Howard.
Welche Figur war mir antipathisch? Das war mir die Mutter, die ich aber nicht verurteilen möchte. Sie konnte eben nicht aus ihrer Haut und versuchte nur ihr
Prestigeverhalten an ihre Tochter weiterzugeben, damit diese ein bestmögliches
Leben mit allen Privilegien führen könne. Irgendwie tun doch die meisten
Menschen in allen Kulturkreisen dasselbe. Gesellschaftliche Normen und Regeln einhalten,
um dazuzugehören, um von der Gesellschaft nicht ausgestoßen zu werden. Den Maßstab an Werten an die nächste Generation weiterzuvererben, sehen viele in
der Erziehung als ihre Hauptaufgabe an. Glücklicherweise gibt es aber Menschen,
die man nicht einfach in eine vorgegebene Richtung erziehen kann. Still oder
rebellisch, egal wie, gehen sie doch ihren ureigenen Weg, der von ihrer Anlage her für sie bestimmt
ist. Wem es nicht sofort gelingt, erreicht sein eigenes Leben über Umwege. Aber besser Umwege gehen, als kein eigenes Leben zu haben.
Meine Identifikationsfigur Sy Montgomery. Sie hat alles für ihre Tiere getan.
Hat mich an meinen Momo erinnert, den ich als einen heimatlosen Kater zu mir
genommen habe. Er war traumatisiert und litt unter Verlustängsten. Dadurch bin
ich nicht mehr in den Urlaub gefahren. Zehn Jahre lang. Und viele konnten nicht
verstehen, dass ich wegen eines Tieres auf meine Reisen verzichtet habe. Immerzu
haben sie mich bezichtigt, dass das nur eine Ausrede sei, und meinten, dass
mein Kater nur vorgeschoben wäre, dass mir die Reisen in Wirklichkeit nicht
wichtig genug seien. Das waren aber alles Menschen, die selbst keine Haustiere
hatten. Nun lese ich Montgomery und mir fällt es wie Schuppen vor den Augen.
Nein, das waren keine Ausreden, mein Kater war nicht vorgeschoben. Bekanntlich
hätte die Autorin in meiner Lage dasselbe getan, da auch sie für ihre
Tiere Bürden auf sich genommen hat. Und sie hätte mir geglaubt, dass ich aus
Liebe zu meinem Kater gerne auf meine Reisen verzichtet habe. Warum müssen
Menschen andere Lebensweisen immer so kritisch hinterfragen und zerreden? Im Grunde genommen verstehen sie es nicht. Alle Jahre diese störenden wiederkehrenden Fragen in saisonalen Urlaubszeiten wie z. B. Bist du weggefahren? (…) Und jedes Jahr
kam dieselbe peinliche absagende Antwort. Und schon war ich abgeschrieben. Man hat sich
lieber mit anderen ausgetauscht, die große Reiseerlebnisse aus ihren
Urlaubsorten mitbrachten. Wegen der Tiere auf etwas zu verzichten? Uns werden
häufig anthropomorphe Verhaltensweisen vorgeworfen in der Form, dass wir Tiere
vermenschlichen würden. Das mag bei einigen Menschen wohl der Fall sein, die
mit ihren Haustieren irgendeine innere Lücke kompensieren. Aber echte Tierliebe
hat nichts damit zu tun. Denn in der Tierliebe geht es ausschließlich darum,
den Tieren ein glückliches und erfülltes Leben zu ermöglichen. Dass Tiere den
Menschen bei guter Behandlung mit einer tiefen, freundschaftlichen Geste bereichern, ist außer Zweifel. Selbst mit einem Oktopus erlebte die Autorin
eine besondere Beziehung, weil sie fähig war, sich ganz auf dieses Tier
einzulassen.
Wer Tiere nur als Lückenfüller benutzt, ist zu solch
einer Fähigkeit schon gar nicht in der Lage.
Cover und Buchtitel
Auf dem gebundenen Cover sind die Hühner abgebildet,
die Montgomery von einer Freundin geschenkt bekam. Es waren acht Hühner, die
sie als Die Ladys bezeichnet hatte. Das
Cover auf dem Taschenbuch trägt einen Hund, der Tess darstellen müsste.
Der Buchtitel hält auch, was er verspricht.
Bald erkannte ich, dass ich in meinem
Bemühen, einfach Mensch zu sein, noch viele Lektionen zu lernen
hatte. (192)
Ihre Lehrmeisterinnen waren die Tiere. Selbst von dem
kleinen Ferkelchen namens Christopher Hogwood, das bei ihr und ihrem Mann bis
zu seinem Lebensende glücklich leben durfte, konnte Montgomery Weisheiten
entlocken:
Er war ein großer dicker Buddha, der
uns lehrte zu lieben, was das Leben uns gibt. (66)
Sich innerlich öffnen können ist dabei eine Kunst, denn
…
(U)nsere Welt bietet eine
unermessliche Vielfalt, welche die menschlichen Sinne kaum zu erfassen
vermögen. Das hat mir (auch) die Freundschaft mit einem Oktopus gezeigt. (173)
Zum Schreibkonzept Eine Kurzwidmung zu Beginn des Buches ist enthalten.
Anschließend folgt ein Inhaltsverzeichnis. Weiter geht es mit einer recht
interessanten Einleitung, die sehr vielversprechend ist. Daraufhin folgen elf weitere
Kapitel. Das Buch endet mit einem Nachwort und einer Danksagung. Mit jedem
neuen Kapitel ist eine Illustration mit dem betreffenden Tier und einem Spruch
abgebildet. Weitere Illustrationen findet man auch mitten in den Geschichten.
Sehr schön gemacht. Der Schreibstil ist ein empathischer. Hier bestätigt mir
die Autorin, dass die emotionale Intelligenz genauso wichtig ist wie die
kognitive. Sy Montgomery ist nicht einseitig gebildet, Kognition
oder Emotion, sondern als Wissenschaftlerin auf beiden Ebenen, sowohl Kognition als auch Emotion. Welch
ein enormer Reichtum.
Das Nachwort ist von Donna Leon, die das ganze Buch
nochmals zusammengefasst hat. Warum eigentlich?
Meine Meinung Ich habe dieses Buch sehr genossen
zu lesen. Nicht nur was das Zwischenmenschliche im Zusammenleben mit den Tieren
betrifft, spannend fand ich auch das Fachwissen, an dem uns die Autorin ebenso teilhaben lässt. Gerade was die Berichte zu anderen Tierarten betreffen, habe ich
viel Neues dazulernen können.
Mein Fazit Mein Fazit schließe ich mit einem Zitat:
Um das Leben jeglicher Tiere zu verstehen,
braucht man nicht nur ein gehörig Maß an Neugier, Wissen und Verstand. (...)
Ich würde nicht nur mein Gehirn öffnen müssen, sondern auch mein Herz. (57)
Wer also Tiere verstehen will, muss es mit
Herz und Verstand tun. Gilt aber auch im Umgang mit Menschen im eigenen Land und in anderen Ländern.
Wie ist das Buch zu mir gekommen? Nun, eigentlich war es Tina, die mir dieses Buch
empfohlen hat. Sie selbst besitzt die Taschenbuchausgabe. Ich kannte die
Autorin Sy Montgomery bisher überhaupt noch nicht. Und bin der Tina unsagbar
dankbar für diesen Wink, denn durch die Autorin verstehe ich mein Verhalten zu
meinen Tieren nun viel besser, sodass ich mir vorgenommen habe, die Autorin mit
zu meinen Lesefavoriten anzureihen und habe vor, alle Bücher von ihr nach und
nach zu lesen. Eine wunderbare Möglichkeit, mein Leseprojekt Den Tieren eine Stimme geben mit dieser
Autorin weiter zu füllen.
Mit der Autorin setze ich in den nächsten Monaten mit zwei weiteren Werken fort. Ich habe mich für die Bücher entschieden, die die Exoten behandeln, weil ich so gerne mehr dazulernen möchte. Später schaffe ich mir noch die Bücher zu dem Schwein Chris, zu ihren Hunden und zu den Katzen an.
Meine Bewertung / 14 Punkte
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Empathisch
und sachlich)
2 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere in Mensch und Tier
2 Punkte: Authentizität der Geschichte; autobiographische Erzählweise 2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung 2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus 2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit
dem Inhalt überein
Was für ein toller
Irving. Mit welcher Raffinesse er hier seine Fäden gesponnen hat, um seine
Leser*innen in den Bann zu ziehen. Einmal hatte ich mich sogar so richtig
gefoppt gefühlt, ich hatte echt gedacht, der Autor will uns Leser*innen hinters
Licht führen, uns einen Streich spielen. Ich war total desillusioniert an einer
Stelle, auf die ich sehnsüchtig gewartet hatte, endlich eine Antwort auf eine
bestimmte Frage zu erhalten. Mehrere hunderte von Seiten musste ich mich in
Geduld üben, bis die Antwort schließlich erfolgte. Eine Antwort, mit der ich
partout nicht gerechnet hatte. Ich war total perplex. Doch durch das aufmerksame
Weiterlesen, man musste sich weiterhin in Geduld üben, kam für mich die
Erlösung. Nein, Irving wollte nicht über uns Leser*innen witzeln, sondern Schabernack treiben zu einer bestimmten Institution ... und manchmal sogar zu bestimmten spießigen Figuren, die mich auch amüsiert haben.
Aber Irving ist auch
fair, keine mir gestellte Frage ließ er offen, die Antworten kamen alle
erst in späteren Kapiteln, was ich als angenehm empfunden habe, weil es den Reiz hatte, unbedingt weiter lesen zu müssen. Manchmal kam eine Antwort erst nach mehreren hundert Seiten. Eine weitere Antwort
kam erst zum Schluss. 852 Seiten, man bekam genug Zeit, alle diese Antworten zu
finden. Somit war man echt gefordert, mit den Figuren mitzugehen und
mitzudenken, wobei viele meiner Hypothesen nicht aufgegangen sind.
Ich habe auf Facebook
so viel darüber geschrieben, dass ich jetzt gesättigt vom vielen Schreiben bin und
ich mir ein paar Notizen von dort hier auf meinen Blog hieven möchte.
Hier geht es zum
Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den
Buchdaten.
Dieses Mal ziehe ich
meine Buchbesprechung anders auf, da das Buch dermaßen tiefgründig ist, auch
die Figuren sind sehr außergewöhnlich und vielfältig, dass ich hier überhaupt nicht
sagen kann, wer von den vielen Figuren mir besonders gut gefallen hat. Es waren mehrere. Selbst meine
Identifikationsfigur hat sich im Laufe des Lesens gewandelt. Wobei ich mich meistens in Owen gespiegelt hatte, der vor allem in der Welt der Erwachsenen
sich so sehr kritisch bezogen hatte, in dem er sich ihr auflehnen musste. Das Schöne an ihm, er ging seinen Weg ... Owen war auch seinem besten Freund John gegenüber eine sehr große Stütze. In der Schule und im späteren Leben, auch weil er Johns Mutter ein Versprechen abnehmen musste ...
Meine Rezension / Meine Leseerfahrung mit dem Buch Als ich Owen Meany in der hiesigen Nacht beendet
habe, ließ er mich sehr nachdenklich und traurig zurück. Irgendwie befand ich
mich am Ende in einem Trance ähnlichen Zustand. Erst war ich zum Schluss etwas
gelähmt, musste einiges noch sacken lassen. Was ich vor 450 Seiten durch das Lesen zwischen den Zeilen vermutet
hatte, hob sich Irving die Details hierzu für den Schluss auf.
Owen Meany - Für mich der beste Irving / Die Kindheit von Owen und John Aber wie ich schon auf der #Diogenes Verlag - backlistlesen - Seite auf Facebook geschrieben habe, ist dieses Buch der beste Irving, den ich bisher gelesen
habe. Dieser sehr kritische, differenzierte und recht authentisch geschriebener
Gesellschafts- und Familienroman erschien 1990 im Diogenes Verlag, 1989 fand die
Erstveröffentlichung in Amerika statt.
Nicht nur, dass das Buch eine Kindheit zweier
unterschiedlicher Jungen der 1950-er und 1960-er Jahre behandelt, beide 1942
geboren, schließt das Werk zu dem noch eine umfassende Amerikanische Geschichte mit ein, ohne das
Buch damit zu überladen ....
John Irving war seiner Zeit voraus / Politischer Weitblick, der in die Zukunft führt Ich hänge außerdem dem Gedanken nach, ob Irving so
etwas wie einen Weitblick hatte? Konnte er damals, als er das Buch schrieb, z.
B. einen Donald Trump, der einerseits eine Witzfigur darstellt, andererseits
eine sehr gefährliche Kreatur im Politikum ist, voraussehen? Mich hat dieses
Buch auch hierbei sehr beeindruckt, und sicher bin ich mit diesen wenigen Zeilen noch lange
nicht fertig mit der inneren Verarbeitung.
John Iring - Owen Meany und Günter Grass - Oskar Matzerath Zwischenzeitlich hat mich diese
kleine Figur Owen an den kleinen Oskar von der Blechtrommel erinnert. Oskar wollte nicht erwachsen werden, weil auch er mit der erwachsenen Welt nicht klar kam und hat recht früh gelernt, deren Macken zu
durchschauen, um dagegen zu rebellieren. Ich hatte aber noch nicht den Mut,
diese Parallele Owen zu Oskar zu ziehen, und ziehe sie jetzt, nach dem ich mit dem
Buch durch bin.
Wo spielt die Handlung? Die Kindheit der beiden Protagonisten John
Wheelwright und Owen Meany spielt in Gravesend, New Hampshire, im Bundesstaat der
Vereinigten Staaten. Der erwachsene John wandert durch eine Identitätskrise als
Amerikaner nach Kanada aus und lässt sich dort einbürgern. Die Amerikanische
Geschichte umfasst die Nachkriegszeit, John F. Kennedy, die 1968er Bewegung,
Vietnam Krieg, u. v. m.
Owen Meany ist eine hochsensible und strenggläubige Persönlichkeit, die
ihn aufgrund seiner Kleinwüchsigkeit über einen Gendeffekt zu einem besonderen Menschen im Positiven
wie im Negativen macht. Owen Meany ist groß im Denken und groß im Fühlen ... Aber er ist mit seinen 150 cm nicht nur klein geraten, auch sein Kehlkopf ist von dem Gendeffekt betroffen, der Owen dadurch mit einer extrem auffälligen, schrillen Stimme ausstattet, die selbst mit dem Älterwerden nicht aus ihm herauswachsen will ... Er muss sich bei den Gleichaltrigen aber auch bei den
Erwachsenen durchsetzen, um gesehen zu werden. Die Stimme allerdings verschafft ihm mit der Zeit Gehör ... Er verfolgt durch seine kleinwüchsige Besonderheit eine religiöse Mission, und fühlt sich von Gott auserwählt, diese Mission zu erfüllen.
Owens Vater ist im Steinbau
tätig und führt ein eigenes Granitgeschäft. Die Mutter lebt angeblich wegen
einer schweren Feinstauballergie hinter verschlossenen Türen und Fenstern und zeigt
ein seltsames Verhalten auch Owen gegenüber. Die Eltern sind sehr religiös, waren erst Katholiken, sind allerdings aus der
katholischen Kirche ausgetreten, da ihnen das Leben aus bestimmten Gründen von
der Kirche her schwer gemacht wurde und sind in die Episkopalkirche konvertiert, in
der auch die Familie Wheelwright angebunden ist, die zuvor zu den Kongregationalisten zählte ...
Owen selbst ist stark dem Gott-Glauben gebunden und schon in Kinderjahren bibelfest. Er zeigt allerdings eine extrem starke Rebellion der katholischen Kirche gegenüber ...
Auch John Wheelwright hat Ecken, da er vaterlos ist. Seine alleinerziehende Mutter Tabitha verschweigt ihm den Namen des Erzeugers ... Es ist Owen, der sich ihm bei der
Vatersuche behilflich zeigt ... So richtig alleinerziehend ist die Mutter aber nicht, denn in Johns Erziehung wirkt auch ihre Mutter Harriet mit ein.
Zwischen Owen und John entwickelt sich eine besondere und lebenslange Freundschaft. Owen ist körperlich zwar klein geraten, aber zeigt
immense geistige Größe und erhält als Schulbester jeden Schulabschluss, den er haben wollte … Er wird sogar an der Gravesent - Akademy Schulsprecher und kritischer Autor einer regelmäßigen Schülerzeitung.
Eine besondere Rolle spielt auch Johns Mutter in
Owens Leben, allerdings nicht nur, dass sie die durch sein Einwirken über einen sportlichen Unfall tödlich aus dem Leben gerissen wurde …
Cover und Buchtitel
Das Cover hat mich sehr angesprochen und noch vor
dem Lesen musste ich mich fragen, welche Bedeutung es haben könnte? Die
Auflösung ist dem Buch zu entnehmen. Das Motiv, eine ärmellose Schneiderpuppe mit dem
roten Kleid, ist als ein Double mit Johns Mutter in Verbindung zu bringen.
Zum Schreibkonzept Das Buch beginnt mit einer Widmung an John Irvings
Eltern. Auf der folgenden Seite gibt es zwei Bibelverse, anschließend einen
dritten Spruch, der sich auch an die Christmenschen richtet. Diese drei Verse
bereiten die Leser*innen auf die Hauptthemen des Buches vor.
Owen spricht in Großbuchstaben. Im Buch ist ein Kapitel mit Die Stimme belegt.
Anschließend ist ein Inhaltsverzeichnis abgedruckt, das
mit neun Kapiteln untergliedert ist. Das Werk umfasst 852 Seiten. Am Ende ist
eine Danksagung mit abgedruckt.
Der Schreibstil ist flüssig und sehr authentisch
sind die Lebensereignisse und die Charaktere aller Figuren beschrieben. Die
Geschichte wird in der Retroperspektive aus der Ich-Perspektive des erwachsenen
Johnny Wheelwright erzählt.
Die Erzählperspektiven wechseln ab zwischen
Vergangenheit (1950er und 1960er-Jahre) und der Gegenwart (1987).
Die Erzählstruktur ist sehr strategisch gewählt, sodass dadurch die Neugier bis zum Schluss lebendig bleiben konnte.
Meine Kritik? Ich kann mir vorstellen, dass viele Owen als einen kleinen witzigen Gnom in der Luft zerreißen werden, obwohl er alles andere als witzig ist. Mir ist er dagegen wohlwollend ans Herz gewachsen. Mit seiner außergewöhnlichen charismatischen Art schafft er es, andere von seinen Ideen zu überzeugen und andere wiederum zur Weißglut zu bringen. Wie aus dem Werk zu entnehmen ist, war er durchaus auch ein Mensch, den man lieben konnte. Man kann Owen mögen, man kann ihn aber auch als unausstehlich, unsympathisch und als unbequem wahrnehmen. Es gibt etliche Szenen, die aufstoßen lassen, dennoch halte ich zu ihm. Nicht nur, dass er Mut bewiesen hat, ein Leben seiner Art zu meistern, sondern weil er in der Lage war, sich kritisch einem System gegenüber zu stellen, das von anderen nicht hinterfragt wurde. Wobei Mut nicht der richtige Ausdruck ist. Er hat agiert, weil er nicht anders konnte. Er musste einfach Missstände aufdecken. Und er musste diese Missstände aufzeigen, den Menschen radikal den Spiegel vorsetzen, sie aufrütteln, wenn er weiter in seiner Welt überleben wollte. Ich beneide ihn, weil er mit seiner Energie so viel Kampfgeist bewiesen hat, und er damit viele Menschen zum Nachdenken bewegt hat. Er war in allem einfach schlagfertig aber nicht im Bösen, nicht in einer narzisstischen und egomanen Form. Ihm ging es nicht um Konkurrenz und um recht haben müssen, nicht um besser sein müssen als andere. Ihm ging es immer um die Sache selbst, für die er eingestanden hat.
Mein Fazit Ein Buch über Freundschaft, Religion, Liebe, Lügen, Politik. Ein großes Buch über Loyalität. Ein Buch
über Wunder …
Nach dem Lesen musste ich die ganze Geschichte vom Anfang bis zum Ende
nochmals vor meinem inneren Auge Revue passieren lassen. Dieser Irving hat es
verdient, ein zweites Mal gelesen zu werden.
Viel Feingefühl, viel Esprit und jede Menge Weisheiten hat er in seine
Geschichten gewoben.
Owen Meany ist in meine Seele eingezogen und wohnt da erst mal.
Mein Highlight zum Jahresabschluss von 2020.
Wie ist das Buch zu mir gekommen? Obwohl dieses Buch mittlerweile zu den modernen Klassikern zählt und
es viele Irving-Fans schon nach der Erstveröffentlichung gelesen haben, gibt es
doch noch einige wie mich, die erst jetzt empfänglich für diesen Buchtitel
geworden sind. Im Netz wurde ich auf eine Buchbesprechung dazu aufmerksam und
musste mir, nach dem ich den Klappentext studiert hatte, das Buch unbedingt auch zulegen.
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck
(sachlich, fantasievoll, distanziert)
2 Punkte: Differenzierte, facettenreiche Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte; autobiographische Erzählweise
2 Punkte: Erzähl-und Schreibstruktur, Gliederung: Ungebunden
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein.
12 von 12 Punkten
________________
Das erste Wunder, an das ich glaube, ist mein eigener Glaube. (Owen Meany)
Ich lese mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.
Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse. Er ist, was er innerlich denkt und fühlt. (M. P.)
Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil
sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen
tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden
und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.
„Bäume haben Wurzeln, doch Menschen haben Beine, und der liebe Gott wird
sich schon bei der Einrichtung der Welt auf diese Weise etwas gedacht haben. Im
Grunde sind wir nicht dazu da, ortsfest wie ein Baum zu leben“. (Denis Scheck im Interview mit Iris Wolf, aus
ARD-Buchmessenbühne 2020)
Es lebe die menschliche
Vielfalt in Deutschland und überall. (M. P.)
Das Gespenst von Canterville nimmt seine Pflichten
sehr ernst: Schlossbewohnern und Gästen muss zuweilen der Schlaf geraubt
werden. Wozu trägt man sonst die schweren Ketten? Die Opfer müssen ja
nicht gleich, wie einst Lady Stutfield, den Verstand verlieren. Als der
amerikanische Gesandte Mr. Otis das englische Anwesen kauft und mit Frau
und Töchtern einzieht, ist der Schlossgeist not amused. Und es kommt noch
schlimmer: Der unerschütterliche Materialismus und die Respektlosigkeit der
Yankees stürzen ihn in eine veritable Sinnkrise. Was tun, wenn man mit ganzer
Kraft und in bewährter Qualität spukt, aber nur Gelächter erntet? Oder, noch
schlimmer, von zwei vorlauten Mädchen mit Kissen beworfen wird? Noch nie, kein
einziges Mal in seiner dreihundert Jahre langen Karriere, hat man das Gespenst
derart beleidigt …
Autor*inporträt
Oscar Wilde, der mit vollem Namen Oscar Fingal O'
Flahertie Wills Wilde hieß, wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren und ist
einer der bedeutendsten irischen Schriftsteller. Als schillernde Lichtgestalt
des "L'art pour l'art" wurde er im viktorianischen England u. a. für
sein extravagantes Auftreten bewundert. Häufig war der Dandy auch wegen seiner
skandalträchtigen Werke im Gespräch, in denen er die Prüderie der damaligen
Gesellschaft vorführte. 1890 veröffentlichte Oscar Wilde seinen berühmten Roman
"Das Bildnis des Dorian Gray". 1895 wurde der Familienvater wegen
Unzucht und Homosexualität zu zwei Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach
Verbüßung dieser Strafe verließ er - verarmt und gebrochen - England und lebte
bis zu seinem Tod am 30. November 1900 in Paris.
Buchdaten
·Originaltitel : The Canterville Ghost
·Gebundene Ausgabe : 96 Seiten
·ISBN-13 : 978-3311270034
Eine Halloween-Lektüre
Meine
Freundin Anne nahm Halloween zum Anlass, daraus ein Geister und Gespenster Leseprojekt
auf Mojoreads zu starten, das am Samstag den 31.10.2020 begonnen hat und am Sonntag,
den 01.11.2020 um 22:00 Uhr beendet wird. Dadurch, dass ich nicht so gerne
Bücher dieses Genre lese, wollte ich dennoch mitmachen, da ich ein Geisterbuch
von Oscar Wilde habe finden können, das mich zum Mitmachen angestoßen hat.
Auch, weil ich dadurch unsere Lesebeziehung, Annes und meine, ein wenig festigen wollte. In dem
Bücherforum Mojoreads haben sich dazu jede Menge andere Leser*innen
angeschlossen. Aber jede*r mit einem anderen Werk.
Meine
obige Lektüre habe ich gestern Abend ausgelesen. Aber sie hat mir nicht
besonders gut gefallen. Mich hat es überhaupt nicht gegruselt. Ich fand die
Erzählung auch nicht spannend. Das Beste davon war für mich der Schluss, der
sehr menschlich und liebevoll zwischen den Protagonist*innen gewählt wurde.
Es
hat mir sehr gefallen, dass die junge Virginia Otis, 15 Jahre alt, Mitleid mit
einem bösen Geist hatte, der einst seine eigene Gattin ermordet hatte. Der
Geist namens Sir Simon musste von seiner bösen Tat erlöst werden, und spukte
über fünfhundert Jahre fieberhaft und unglücklich in dem Schloss Canterville herum. Virginias Familie, die aus
Amerika nach England kam, kaufte dieses Schloss samt dem Geist.
>Mylord<, antwortete der Gesandte, >ich will die ganze Einrichtung und den Geist dazu kaufen, Ich komme aus einem modernen Land, wo wir alles haben, was mit Geld zu bezahlen ist.< (2019, 6)
So richtig daran glauben konnte Mr Otis nicht, und machte sich einen Witz daraus. Doch ein immer wiederkehrender Blutfleck auf dem Boden
der Bibliothek sorgte stattdessen für Verwunderung ... Nur der jungen Virginia war es
möglich, den Geist ausfindig zu machen, sodass zwischen ihnen beiden eine
Beziehung entstand. Durch Virginias Anteilnahme dem Geist gegenüber schaffte sie es, den Geist zu erlösen …
Dennoch
gibt es ein Geheimnis zwischen Virginia und Sir Simon, das sie nicht einmal
ihrem Verlobten offenbarte … Welches das ist, lest selbst.
Ein Buch, das nach Leben und Menschlichkeit schreit
Ich habe viel über
dieses Buch schon während des Lesens nachgedacht, dass ich gerne darüber schreiben
möchte. Es ist mit so vielen Post it beklebt, dass es mir zeigt, mit wie viel
Facetten mich diese Lektüre doch begleitet hat. Ich werde leider nicht alle
Buchseiten bearbeiten können und stehe vor einer schwierigen Entscheidung.
Es gibt so viele
Szenen, die mich innerlich beschäftigt haben, dass ich sie unbedingt hier
festhalten möchte. Wie soll man sonst über ein Buch sprechen, wenn man so viele
Gedanken unterdrücken muss??? Ich schreibe gerne, und ich denke gerne, das bin
ich, wenn ich mich durch eine so gute Lektüre wie diese ausdrücken darf und
mir keine Verbotsschilder aufgesetzt werden. Schweigen kann ich später in meinem
Grab, wenn mein Leben vorbei ist. Ich lese, also bin ich …
Wer inhaltlich im
Vorfeld nicht so viel erfahren möchte, bitte ich nur die Buchvorstellung zu
lesen, mit der man sich hier weiter unten verlinken kann ... Wer aber Dinge
über Italien lesen möchte, die bislang weitestgehend unbekannt waren, lade ich
zum Weiterlesen ein. Es bleiben trotzdem noch viele wichtige Punkte übrig, die
ich hier unerwähnt gelassen habe.
Ich nutze durch
Romagnolo die Gelegenheit, zu ihrem Buch an mein Wissen anzuknüpfen, das ich
durch verschiedene Fachbücher zu Italien mir erworben habe.
Und am Ende der Buchbesprechung verlinke ich zu einem amerikanischen Spielfilm mit dem Titel Im Teufelskreis der Armut, den man sich kostenlos anschauen kann.
Hier geht es zum
Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den
Buchdaten.
Die Handlung Die Handlung gebe ich sprunghaft wieder, wie ich dies beim Lesen erlebt habe.
Die Heldin dieses epochalen Familienepos ist Giulia
Masca, die als ganz junges Mädchen schwanger von zu Hause ausgebrochen ist. Sie
hat all ihre Ersparnisse zusammengekratzt und sich auf ein Schiff nach Amerika
begeben. Geschuldet war die Flucht nicht der Schwangerschaft, sondern dem
Partner Pietro Ferro, der sich mit einem anderen Mädchen namens Anita Leone
zusammengetan hat. Pietro und Giulia kennen sich seit frühster Kindheit und
waren sicher, wenn sie groß sind, würden sie gemeinsam in den Bund der Ehe
treten ...
Die Handlung beginnt in New York, als Giulia über
ihre Vergangenheit im italienischen Piemont reflektiert. Es ist das Jahr 1946.
Giulia ist 1901 von zu Hause abgehauen, ohne ein Sterbenswörtchen der Mutter zu
hinterlassen. Der Vater, der unter einer Alkoholsucht litt, kam ums Leben, als Giulia gerade mal acht oder neun Jahre alt war. Die
Handlung bewegt sich in der Erzählweise im Wechsel zwischen Borgo di Dentro und
New York ...
Das Schicksal wollte es anders. Giulia ging nun
nicht die Ehe mit Pietro ein, sondern mit einem nach Amerika eingewanderten
Italiener namens Libero Manfredi, der doppelt so alt ist wie Giulia selbst. Während
Manfredi vorurteilslos sich dem jungen schwangeren Mädchen annimmt, wird Giulia
von dessen Familie als Hure verspottet … Als Giulias Kind auf die Welt kommt,
nimmt Manfredi diesen Sohn wie einen eigenen an und gibt sich als seinen Vater
aus. Manfredi ist Krämer von Beruf. Er ist ein Illiterat, hat nur Rechnen
gelernt. Als Krämer hat er es dennoch geschafft, sich in Amerika durch mehrere
Läden einen Namen zu machen. Verkauft werden viele italienische Produkte.
Pietro ging hingegen die Ehe mit Anita ein, die zur
selben Zeit schwanger wurde wie Giulia. Beide junge Frauen fühlten sich zu
Pietro hingezogen, nur wusste die ahnungslose Giulia dies nicht.
Als sie wortlos verschwand und sie nicht
wiedergefunden werden konnte, plagten Anita und Pietro stille Schuldgefühle.
Auch Anita
bringt einen Sohn zu Welt, der den Namen Nico erhält ...
Ihren Mann Pietro
verliert Anita im Zweiten Weltkrieg. Später auch ihren Sohn, indem er von deutschen Soldaten tödlich verletzt wurde.
Giulia ist aber durch die Flucht auch der Armut und
der harten Arbeit entronnen. Sie stammt wie viele ihrer Landsleute aus
ärmlichen Verhältnissen, die weder lesen noch schreiben konnten. Die Reichen im
Land übten Druck auf die Kleinen aus und ließen für einen Hungerlohn für sich
arbeiten. Trotz der Schulpflicht wurde Giulia nach drei Grundschuljahren von
der Bildungseinrichtung genommen, um zusammen mit ihrer Mutter in einer
Seidenspinnerei zu arbeiten. Durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte sind die
Menschen unzufrieden und es kommt zu schweren politischen Unruhen und Krawallen.
Die Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Freiheit und Gleichheit, nach
Barmherzigkeit ist groß, wofür die Menschen bereit waren zu kämpfen…
Giulia fragt sich häufig, ob sie mutig war, einfach
auszubrechen oder war sie nur zu feige, ihre Konflikte zu klären und auszutragen?
Nach über vierzig Jahren kehrt Gulia mit ihrem
erwachsenen Sohn Michele für drei Wochen nach Piemont zurück und hofft, ihre
Mutter, Pietro und Anita wieder zu sehen …
Welche Szene hat mir nicht gefallen? Es waren recht viele Szenen, die mich beim Lesen sehr
traurig und nachdenklich gestimmt haben. Ich entscheide mich für drei folgende Episoden,
die ich hier gerne niederschreiben möchte.
Episode 1- Giulias Bruch mit ihrer Nation und der Mutter Sehr traurig fand ich den plötzlichen Abbruch
Giulias zu ihrer Mutter. Giulia selber ist mit ihrem Gewissen geplagt, weshalb
sie nie den Namen ihres Mannes hat annehmen können. Sie trug auch nach der
Heirat noch ihren Mädchennamen Giulia Masca.
>Ich
bin nicht du, Mama< Hat sie es deshalb nie geschafft, sich ganz als Giulia
Manfredi zu fühlen, oder auch einfach als Giulia? War sie zu sehr damit
beschäftigt, mit Assunta zu streiten, sogar aus 6500 km Entfernung? Zu viel
Wut. >Mama, hörst du mich? Ich bin nicht du!< (2019, 193)
Giulia hatte versucht, von Amerika aus erneut
Kontakt zur Mutter aufzunehmen, hat ihr ein Foto ihres Sohnes geschickt, eine
Einladung und Geld, damit sie sie in Amerika besuchen könne. Assunta Masca war
so gekränkt, dass sie die Briefe unbeantwortet ließ, sie nahm lediglich das
Geld heraus, um damit für ihr späteres Begräbnis zu sparen.
Im Laufe der Jahre musste die mittlerweile Identität
geplagte Amerikanerin erkennen, dass ihre Mutter einen harten Überlebenskampf
führen musste. Giulia begann zu verstehen, dass die Mutter keine böse Natur
war, sondern nur arm.
Assunta
hat getan, was sie konnte, das weiß Giulia jetzt. Es gibt keine Rechnungen zu
begleichen, es gibt nichts zu verzeihen. Alle tun wir unser Bestes. (514)
Einen schönen Satz hat Romagnolo geschrieben, den
ich unbedingt festhalten möchte, der allen anderen Familien Mut machen soll: Familie heißt, füreinander da sein.
Leider finden die meisten Zerwürfnisse ganz besonders in Familien statt, die häufig
bis zum Tod unversöhnt bleiben, wie ich dies aus meiner psychiatrischen
Berufspraxis von meinen Klient*innen heraus kenne und erfahren habe. Auch die Seniorenheime
sind voll von alten Menschen, bei denen der Kontakt von den Kindern aus
unterschiedlichsten Gründen abgebrochen wurde, und so vereinsamen die alten
Leute vor sich hin. Ebenso im Freundeskreis gibt es Fälle dieser Art.
Episode 2 – Libero Manfredis depressive Krise Giulias Mann sollte einberufen werden, der Zweite
Weltkrieg war ausgebrochen. Libero Manfredi bestand die medizinische
Untersuchung nicht, da er Analphabet war und wurde als imbezil eingestuft. Er
wurde dadurch ausgemustert und wieder zurückgeschickt. Er fiel in eine schwere
depressive Krise, lag apathisch im Bett, verlor jegliches Interesse am Leben.
Giulia ging das sehr nahe und meinte, dass niemand das Recht habe, einfach
stehen zu bleiben, „denn Gehen heißt Leben“. Gehen heißt Leben und das Beste
aus seiner Lage machen …
>Niemand
hat die Freiheit, einfach stehen zu bleiben, nicht wahr, Miss Liberty?<
(131)
Keine Wertschätzung vonseiten Amerika, das bekannt
ist als das Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten, wofür die
Freiheitsstatue steht, vor der Giulia ihren Gedanken nachgeht. Dass Manfredi
trotz der Bildungsarmut dennoch ein erfolgreicher Geschäftsmann wurde, galt in
Amerika nicht als nennenswerter Erfolg.
Episode 3 – Pietro Ferro im Krieg Pietro ist im Krieg und ist kriegsmüde und sehnte
sich nach seiner Frau Anita. Er möchte ihr einen Brief schreiben, und es fehlen
ihm aber die richtigen Worte. Es fällt ihm schwer, ihr zu schreiben, wie es ihm
wirklich geht, wie schrecklich dieser Krieg doch sei. Er möchte seine Frau
nicht beunruhigen. Im Graben liegt ein toter deutscher Soldat. Pietro findet
bei ihm einen Liebesbrief an dessen Frau. Er ist angetan von seinen Worten und
möchte am liebsten diesen Brief stehlen und seiner Frau schicken. Aber da stehen
auch Worte von Vaterlandsliebe, die Pietro am liebsten auslöschen würde, da er dieses
Gefühl selbst nicht kennen würde.
Diese Episode hat mich tief berührt, dass der
italienische Soldat betäubt vom Krieg einen Brief stehlen wollte, die Worte
stehlen, die der deutsche Soldat an seine Frau gerichtet hatte. Und die These
zur fehlenden Vaterlandsliebe, wo doch viele hier denken, dass die
Italiener*innen alle stolz auf ihr Land aufsehen, was aber in Wirklichkeit
nicht stimmt. Weiter unten habe ich geschrieben, warum die Italiener*innen
Identitätsprobleme haben. Nicht nur wegen der schwachen italienischen Regierung
seit eh und je …
Welche Szene hat mir gefallen?
Es gibt zwei Episoden angelehnt an Zitate …
Episode 1 – Giulias Schulerfolg – Die Anerkennung ihrer Familie
Am
letzten Schultag stehen sie alle beide draußen. Er nüchtern, rasiert, in
sauberem Hemd, sie im Sonntagskleid, mit glänzenden Stiefelchen und einem
Schildpattkamm im Haar. Es sind noch andere Eltern da, wegen der Zeugnisse. Sie
setzten sich zu dritt auf die Stufen, Giulia in der Mitte. Sie liest ihnen vor:
Drei, Zwei, viele Einsen, doch die beiden sahen sie zweifelnd an.
In
dem Augenblick tritt Primo Leone mit Anita an der Hand zu ihnen. Er will die
Noten sehen, wirft einen raschen Blick darauf, macht große Augen, um sie zu belustigen,
und drückt ihr zum Schluss die Hand, wie es unter den Großen Brauch ist:
>Meine Hochachtung, Signorina Masca. Sogar in Rechnen eine Eins!<
Die
Piazetta leert sich, auch der Herr Lehrer (…) geht davon, nickt ihrer Mutter zu
und zieht vor dem Vater den Hut. Als sie allein sind, holt Erminio Masca ein
größeres Päckchen aus der Tasche. >Zur Feier des Tages<, sagte er. >Du kannst doch
so gut rechnen, teil es gerecht auf.<
Auf
ihren Knien faltet Giulia das Päckchen auseinander und zählt im Kopf
siebenundzwanzig glasierte Haselnüsse. Dann sagt sie ganz leise, als wäre der Lehrer
noch dabei: > ja, ist teilbar<, und macht drei Häufchen von je neun. Sie
ist so aufgeregt, dass sie nicht einmal herausbringt: > Bitte sehr, nehmt
Euch.< Sie blickt auf das greifbare Ergebnis aus Zuckerglasur, mustert aus
dem Augenwinkel die gerade Linie des frisch gestutzten Schnurrbarts ihres
Vaters und die Handschuhe, die die Mutter aus der Kommodenschublade gefischt
hat, um ihre verunstalteten Finger zu verbergen: (Die Finger waren durch die
harte Arbeit in der Seidenraupenspinnerei entstellt, Anm. d. Verf.) Sie möchte
für immer so bleiben, in diesem Augenblick vollkommenen Glücks, während die
Menschen, in ihre Geschäfte und Gedanken vertieft, ahnungslos vorübergehen.
Doch dann hat Assunta einen Handschuh ausgezogen, Erminio Masca hat sich eine Haselnuss
genommen, und alles war zu Ende. (345)
Obwohl die darauffolgenden Sätze den Tod des Vaters ankündigen,
woran, ist im Kontext nicht festgelegt, fand ich diese Szene, den Schulerfolg
durch die Eltern mitgetragen zu haben, als eine zwar nur kurzlebige Glückseligkeit,
dennoch wunderschön. Ich habe noch lange daran gezehrt. Zu schön, sich
vorzustellen, wie sich die Eltern für die Tochter rausgeputzt haben. Und dass
der eigentlich alkoholisierte Vater doch einen sehr weichen Kern besaß, wie man
dies bei vielen männlichen Alkoholikern beobachten kann. Sie trinken aus purer
Verzweiflung durch schwierige Lebensumstände, mit denen sie nicht fertig werden.
(336)
Episode 2 – Der weinende Arzt und die Vergebung Doktor Costa muss im Beisein von Anita, die durch
die Todesfälle in ihrer Familie schon vorbelastet ist, Pietros älteren Bruder
Achille Ferro, der den italienischen Partisanen sich angeschlossen hatte und von
den Feinden erwischt und übelst zugerichtet wurde, eine Todesspritze setzen
lassen, um diesen von dem Leid zu erlösen, da er nicht mehr zu retten war. Der
Arzt konnte auch Anitas Sohn Nico nicht mehr retten, was ihm zu schaffen macht.
>Glauben
Sie mir? Sie müssen mir glauben, Anita< Schwarzhemd, Kniehosen. Die
Arroganz. Anita bringt keine Antwort heraus.
Der
Arzt schlug die Hände vors Gesicht. >Es tut mir leid, es tut mir leid, es
tut mir leid<, schluchzte er, und Anita begreift, dass dieses Weinen alles
enthält, was der Arzt nicht mit Worten ausdrücken kann: seine Jugend und die
von Nico, die Entscheidungen, der Zufall, das Schicksal.
Sie
tritt zu ihm, nimmt seinen Kopf zwischen die Hände, und er klammert sich an
ihre Rockschöße.
Seine
Schultern beben. Sie lässt ihn sich ausweinen, streicht über seine schütteren
Haare. Auch Nico wären sie ausgegangen, alle Ferros bekommen früh kahle
Schläfen. Sie denkt an die jungen Widerstandskämpfer, zu denen der Arzt nachts
hinaussteigt, um sie zu behandeln. Dutzende. Sie denkt an Gatto und an Hamlet.
Kleine Tränen der Erleichterung rollen über ihre Wangen. Ihr wird leicht ums
Herz, sie fühlt, wie der Hass, der sich in all den Jahren abgelagert hat, sich
auflöst, wie angetrocknete Seife und fortgespült wird. Ist das die Vergebung,
von der die Pfarrer sprechen? Dieses unvermutete Vermächtnis füreinander, diese
Verbindung zwischen dem, der vergibt, und dem, dem vergeben wird? (492)
Welche Figur war für mich Sympathieträgerin? Am Ende waren es Anita und Giulia, aber auch Giulias
Sohn Michael und Libero Manfredi. Auch Adelhaid fand ich sympathisch, die sich
als Frau für Politik interessierte. Sie sich in Männerkleidung begab, um für
das Land mitzukämpfen.
Welche Figur war mir antipathisch? Alfonso Risso, der hinterhältig war und mit einem
Fußtritt einen Hund der Leonis getötet hat.
Meine Identifikationsfigur Es hat lange gedauert, bis ich mich in eine der
Figuren habe spiegeln können. Ich sah mich anfangs in Anita, doch erst am Ende
war ich mir sicher, dass sie es ist, deren Namen ich hier festhalten möchte.
Anita Leone-Ferro.
Cover und Buchtitel Den Titel Bella
ciao fand ich unpassend. Besser finde ich den Originaltitel Destino –
Schicksal.
Bella ciao ist nichtsagend, auch wenn der Titel auf der Seite 509 in
die Nationalhymne gepackt wird, sodass ich im Internet mir die gesamte
Nationalhymne runtergeladen habe, und habe dort allerdings nirgends etwas von
„Bella ciao“ entnehmen können. Das Cover von der Büchergilde finde ich etwas zu
bunt, aber die Idee, beide Staaten, Italien und Amerika, auf den Kopf zu
stellen, soll die Gegensätze aufzeigen, finde ich künstlerisch gelungen, wenn
es aber auch viele Gemeinsamkeiten gibt, die man auch mal ruhig in den Fokus hätte
rücken können.
Das Cover von Diogenes finde ich für mich
ansprechender, wobei die Figur darauf sicher die Hauptfigur Giulia Masca
darstellen soll. Aber warum dunkelhaarig? Giulia hat blonde Haare und blaue
Augen. Überhaupt fand ich es schön, dass die Figuren im Buch bunt waren, es gab
auch Rothaarige. Figuren mit blauen
und grünen Augen, große und kleine Italiener*innen.
Warum dürfen Italiener*innen nicht blond … und hellhäutig sein? Warum halten ausländische
Verlage so an diese Stereotypen fest? Selbst meine Herkunftsfamilie, die nicht
aus dem Norden Italiens kommt, ist bunt gemischt. Viele Blondhaarige, viele mit
blauen und grünen Augen, nicht alle haben schwarze Augen bzw. schwarze Haare. Warum
darf Vielfalt im Süden nicht sein? Sowohl im Auftreten als auch von der Genetik
her werden sie immer als Exoten dargestellt. Ein Schwarz-Weiß-Bild, das ich in
meiner Familie nicht bestätigen kann. Hell ist der Norden Europas, dunkel der
Süden. Doch auch der Norden ist bunt und ist keineswegs nur hell. Es wird ein
Wunschbild kreiert, wie man sich wünscht, wie Menschen aus anderen Ländern
auszusehen haben. Und diese Bilder sind fest in den Köpfen der Leser*innen programmiert.
Man verbindet damit auch bestimmte Verhaltensweisen, wie z. B. Heißblütigkeit,
u. a. negative Attribute.
Verbrecher und Kriminelle werden zum Beispiel meist
dunkelhaarig dargestellt. Die Hellen werden häufig als sanft und sensibel beschrieben.
Ich bin froh, Romagnolo gelesen zu haben, denn in ihrem Roman gibt es auch
weinende, italienische Männer. Selbst in meiner Familie gibt es sehr sensible
Männer, die in belastenden Situationen durchaus Tränen vergießen können. Nicht
alle sind hart gesottene Machos. Aber will man solche Männer? Hier in
Deutschland werden sie als Weicheier beschimpft.
Woher mein kritischer Blick? Durch mein Hauptstudium
der Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt, als ich
damals neben meinen anderen Nebenfächern auch das Fach der Migrationspädagogik
mitbelegt hatte, wurde uns Student*innen der Blick geschärft, Bilder in der
Literatur, auch durch Wort und Schrift gegenüber den Personenbeschreibungen
kritisch anzugehen. Selbst in Schulbüchern ist häufig versteckter Rassismus
verbreitet. Kinder werden frühzeitig geimpft, in dem sie Migrant*innen mit bestimmten Mustern im Wir und Ihr-Modus dargestellt bekommen, die zusätzlich ausgrenzende Wirkungen erzeugen sollen. Türken wurden in Schulbüchern häufig der
Berufsgruppe Müllabfuhr, Türkinnen waren Putzfrauen, Italiener waren
Pizzabäcker, etc. während Deutsche in akademische Berufe gepackt wurden. Dies
ist sicher auch ein Grund, weshalb sich keine italienischen Akademiker*innen in
Büchern zu Italien finden lassen, die von deutschen Autor*innen geschrieben werden.
Es ist schwer, sich mit diesen stereotypen Bildern im Kopf z. B. eine*n italienische Wissenschaftler*in etc. vorzustellen.
Zum Schreibkonzept Das Buch ist auf den 518 Seiten in drei Büchern mit
insgesamt neun Kapiteln gegliedert. In manchen Kapiteln findet man weitere
Überschriften, die thematisch aufgebaut sind. Die Erzählform hat
reflektierenden Effekt. Außerdem besitzt die Lektüre eine gut verständliche Sprache.
Manchmal allerdings bedient die Autorin auch Fäkalbegriffe, die wahrscheinlich
gewollt sind, um die Misere Italiens besser verdeutlichen zu können. Für Scheiße hätte man aber auch den Begriff
Kot einsetzen können. Hätte für mich denselben Effekt, klingt nur nobler. Aber diese
primitiven Begriffe sprengen keineswegs den Rahmen.
Auf der ersten Seite schenkt uns die Autorin zwei
wunderschöne einleitende Verse zu ihrem Roman.
Auch findet man zu Beginn jedes neuen Buches einen
Stammbaum der Familien Leone, Masca und Manfredi. Separat dazu Namen anderer
Figuren. Am Ende des Buches ist eine Anmerkung der Autorin abgedruckt, die beschreibt,
wie sie zu ihrem Erzählstoff gelangt ist.
Meine
Meinung Nach dem Ende des
Buches weiß ich noch nicht mit absoluter Sicherheit zu sagen, wie ich zu der
Autorin Raffaella Romagnolo stehen soll, die immerzu von Italien spricht, aber
die Grenzen bis nach Piemont gezogen sind. Es gibt noch nicht einmal die
Hauptstadt Rom, in der von dort aus seit der Staatsgründung von 1861 sämtliche
politische Fäden gesponnen wurden. Vor dieser Zeit war Italien in mehreren
Staaten gesplittet. Florenz hatte zum Beispiel eine eigene Festung, fremd war
jeder, der nicht dieser Bastion angehörte. Durch die gewaltigen Machtkämpfe aus
anderen europäischen Länder wie z. B. das Eindringen durch Österreich in den
Norden, der Süden wurde sogar von arabischen Ländern fremdbesetzt, haben sich
die vielen italienischen Kleinstaaten zusammengetan und gründeten ein großes
Staatsgebiet, um sich gegen die Fremdherrschaft oben wie unten besser schützen
zu können. Aber eine Liebe zwischen diesen Staaten konnte als ein geeintes
Italien nie wirklich erworben werden. Zu groß waren die Vorurteile, zu groß der
Ressentiment unter den vielen kleinen Staaten, die zu einem einzigen Volk
Italiens hätten zusammen wachsen sollen …
Wenn auf diesen
Buchseiten mal über eine Figur aus Süditalien geschrieben wird, dann eher auf
eine recht abfällige und rassistische Form durch die Romanfigur Giulia Masca.
Es herrschen hier dieselben rassistischen Vorurteile, wie man sie von anderen
Ländern zu Italien her kennt. Giulia befindet sich in Manhattan, als sie
folgenden Gedanken spinnt:
In der Wohnung im 1. Stock wohnen jetzt
acht kürzlich angekommene Kalabresen, vielleicht auch neun, Mrs. Giulia Masca
ist sich nicht sicher Sie vermehren sich rasch. Ungebildete Italiener,
Analphabeten mit zu vielen Kindern (…), (37).
Klagte sie doch über
die Bildungsarmut ihres eigenen Landes, auch ihre Mutter war Analphabetin, ihr
Mann Manfredi ist es, hackt sie nun auf die Süditaliener, ohne zu wissen, was
das tatsächlich für Leute sind. Das war oder ist sogar noch italienischer Alltag zwischen
Nord und Süd und dies hat Romagnolo in dieser einzigen Szene sehr gut darstellen können.
Auch Äußerlichkeiten verwenden Norditaliener*innen dieselben Stereotypen wie die Deutschen. Die Süditalien*innen werden alle als dunkelhäutig und schwarzhaarig abgebildet. Dabei sind sie durch das milde und heiße Klima eher sonnengebräunt.
Auf nur 518 Seiten ein
Familienepos über italienische Geschichte zu schreiben, finde ich für jemanden, der
sich mit dieser Materie nur wenig auskennt, eine Überfrachtung. Zu große
Zeitsprünge hin und her, während Menschen, die in dem Land groß geworden sind
und in der Schule italienische Geschichte gelehrt bekommen haben, es
sicher leichter haben, sich in dem Buch historisch zu orientieren. Mir hat in der
Erzählstruktur mitunter ein Zeitraffer gefehlt. Mitten im Text bekommt man
völlig unerwartet mit einer anderen Epoche zu tun und dann wieder mit anderen
Figuren aus den verschiedenen Stammbäumen, die aber alle miteinander verbunden waren.
Auf die
Weltwirtschaftskrise, die in den 1920er und 1930er-Jahren in Amerika
grassierte, so wie auch die Bankenkrisen, die Schuldendeflation … erwähnte die
Autorin kaum. Amerika ging es zu dieser Zeit existenziell auch sehr schlecht.
Viele Amerikaner*innen nagten ähnlich wie die Italiener*innen am Hungerstuch
...
Das Buch hat dennoch
mein Interesse geweckt, dass sich in mir eine innere Lust entwickelt hat,
weitere Bücher zur Geschichte Italiens zu lesen. Der italienische Faschismus
ist mir durch den deutschen Nationalsozialismus vertraut, aber nicht nur auf
Piemont bezogen. Ich habe dazu viele Fachbücher gelesen, aber keine
belletristischen Romane, die es in Italien zuhauf gibt, wie ich mir habe sagen
lassen. Leider werden zu wenige davon ins Deutsche übersetzt.
Doch im Nachhinein fand ich das
Buch sehr gut. Diese Kühle, die die Autorin in die Seelen ihrer Figuren hineingelegt
hat, konnte am Ende in Empathie und Menschlichkeit umgewandelt werden. Ich fand
das Ende daher richtig genial, das mich sehr tief bewegt hat.
Schützt Bildung vor Armut? In
vielen Ländern schon, leider nicht in Italien. In den 1990er Jahren sind viele
italienische Akademiker*innen ausgewandert, da sie im eigenen Land keine
Arbeitsplätze haben finden können. Die Ressourcen der jungen und gut ausgebildeten
Menschen hatte der Staat regelrecht verschwendet, die auch heute noch zu wenig für das eigene
Land eingesetzt werden.
Wie ist das Buch zu mir gekommen? Durch die Buchmesse von 2018. Es fand wieder das alljährliche
Bloggertreffen durch den Diogenes Verlag statt, das von der Pressereferentin S.
B. moderiert wurde. Hier wurden sämtliche Neuerscheinungen für das erste
Halbjahr 2019 vorgestellt. Mir war klar, dass ich durch mein Leseprojekt
italienische Autor*innen Literatur gesucht habe. Romagnolo kam mir hier sehr
recht, da ich mit meinem Projekt noch in den Startlöchern steckte. Entdeckt und
fertig gedruckt hatte ich es allerdings etwas später bei der Büchergilde bei
meinem Quartalseinkauf. Die Büchergilde bekam eine Lizenzausgabe durch die
Genehmigung des Diogenes Verlages, der zuerst die Autorin aufgespürt hatte.
Auch wenn in Amerika von den Medien häufig nur die Glitzerseiten gezeigt werden, gibt es auf Youtube kostenlos einen Spielfilm über die Armut in Amerika zu sehen. Der Film heißt Im Teufelskreis der Armut. Ich hatte ihn mir vor mehreren Jahren mehrmals angeschaut, noch bevor ich Romagnolo kannte.
Auch in diesem Film wird deutlich, wenn in einer Familie die Existenzgrundlage fehlt, dann geht es um das nackte Überleben, und man einfach nicht die Mittel hat, das Kind (weiter) zur Schule zu schicken. In diesem Film bettelt das Kind regelrecht darum, in die Schule gehen zu dürfen. Aber seht selbst.
Mein Fazit Ein Buch nicht nur
über Krieg und Armut, sondern auch über eine echte Freundschaft mit der Weisheit
behaftet, die alles vergibt und nichts vorwirft. Gehen heißt Leben und Leben
heißt, das Beste aus seinem Schicksal zu machen. Bella ciao.
Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe
Schreibweise) 2 Punkte: Differenzierte Charaktere 2 Punkte: Authentizität der Geschichte, Spannung 2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt 2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus 1 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
Elf von zwölf Punkten.
________________
Familie heißt, füreinander da sein.
Niemand hat die Freiheit, einfach stehen zu bleiben. Gehen heißt Leben. (Raffaella Romagnolo)
Der Mensch ist mehr
als nur die biologische Erbmasse. Er ist, was er
innerlich denkt und fühlt. (M. P.)
Die Herkunft eines
Menschen Die Wurzeltheorie
verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere
Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten
haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo
sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.
Es lebe die menschliche Vielfalt in
Deutschland und überall. (M. P.)