Montag, 14. März 2022

Tamsin Callidas / Vor mir nichts als Meer - Meine langsame Rückkehr vom Rande des Abgrunds (1)

In Gedenken an die Kriegsopfer; an alle Menschen und Tiere.
 Ich fordere eine ganzheitliche Bildung für Herz und Verstand!
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Bäume haben Wurzeln, Menschen haben Beine, und der liebe Gott wird sich bei der Einrichtung der Welt auf diese Weise schon etwas dabei gedacht haben. Wir sind im Grunde nicht dazu da, ortsfest wie ein Baum zu leben. (Denis Scheck)

Mit diesem Buch bin ich schon längst durch, aber wegen der geballten Probleme wie z. B. Rassismus in doppelter Form, Gewalt, Eheprobleme und Seitensprünge, Trennung, verschiedene Ressentiments … habe ich die Muse nicht aufbringen können, früher darüber zu schreiben. Ich musste dies alles sacken lassen.

Schön fand ich an dem Buch, dass die Autorin in einer recht authentischen Form uns hat ihre eigene Lebensgeschichte weiterreichen können. Imponiert hat mir ihr großes Herz und ihre Feinfühligkeit den Tieren- aber auch den Menschen gegenüber trotz der rauen Natur und trotz des Rassismus, den sie wegen ihrer leicht getönten Hautfarbe erfahren musste … Dennoch werfe ich auch einen kleinen kritischen Blick auf dieses Werk, doch dazu später mehr …

Zum Schluss fokussiere ich mich in der Solidarität mit der Autorin auf den Rassismus und auf die Wurzeltheorie, mit der man bewusst oder unbewusst Menschen ausgrenzt und sie damit verletzt.

Hier geht es zum Klappentext, Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
In Oban, eine Hafenstadt im Westen Schottlands, kaufen sich das englische Ehepaar Tamsin und Rab eine Croft, um der Londoner Luft und der Hektik zu entfliehen. Sie träumen von einem selbstbestimmten Leben auf der Insel, um auch mit der Natur eins zu sein. Sie wirken abenteuer- und risikofreudig, wenn ihre Sehnsucht so groß ist, dass sie bereit sind, sämtliche städtische Ansprüche, Komfort und Luxus, über Bord zu werfen, um in der Natur sich ganz auf das einfache Leben zu beschränken.

Das Cottage lässt eher an eine Ruine erinnern als an ein häusliches Gebäude. Es fehlt alles. Sämtliche sanitäre Anlagen, so wie Heizkörper, Strom, Türen, die Wände sind winddurchlässig, etc. Es wird zudem auch für den Geldbeutel ein ziemlicher Kraftakt, dieses Häuschen zu sanieren, bis darin ein menschenwürdiges Leben möglich wird.

In der Zwischenzeit leben sie in ihrem Wohnwagen …

Auf der Insel werden sie von alteingesessenen Nachbarn, die keine Fremden dulden, misslich behandelt.

Jeder bisschen Grund wird eifersüchtig geschützt wie enge Familienbande. Verwandtschaft und Boden sind Territorien, die man heftig verteidigt. Um etwas benennen zu dürfen, muss es einem gehören. Doch so sehr man sich auch anstrengend, verdient hat man es nie. Über Zugehörigkeit und Duldung bestimmt andere, die ihren eigenen Anspruch auf die Erde verteidigen. Die Geschichte das Croft ist wichtig. Sein Verlust bereitet einigen spürbaren Schmerz, für manche ist die ein Grund für Anfeindung. Umherliegendes Gerät, Pflüge und Ambosse, um die sich vor unserer Ankunft niemand geschert hat, haben plötzlich wieder eine Herkunft. Es ist merkwürdig, ihr Fehlen zu bemerken, wenn sie plötzlich nicht mehr am alten Ort liegen. Schwer, sich vorzustellen, wie es sein muss, wenn Fremde kommen und die Gewohnheiten des Croft auf den Kopf stellen. (56f)
Während Tamsins Mann als Mann größere Chancen hat, von den Inselbewohner*innen akzeptiert zu werden, kämpft sie durch ihre etwas dunklere Hautfarbe um Zugehörigkeit. Später gerät durch die rundum schwierige Lebenslage auch die Ehe in eine schwere Krise ...

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Rassistische Übergriffe bestehend aus Kultur- und Geschlechterrassismus. Frauen ohne einen Mann an deren Seite werden wie Freiwild behandelt. Ganz furchtbar in einer Zeit, die wir als westliche Welt für modern und fortschrittlich halten. Soll das etwa fortschrittlich sein? Wir brauchen gar nicht in andere Länder außerhalb von Europa schauen.

Der Mensch ist ein Anachronismus, das Land gehört ihm nicht. Die Gesteinsschichten stammen aus dunkleren Zeiten voller Mythen und Urinstinkten, sie waren zuerst hier - und sie tragen die kreative und zerstörerische Macht der Erde in sich. (Ebd.)

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Dass Tamsin eine starke Persönlichkeit ist und sich nicht hat unterkriegen lassen. Dass sie mit den Tieren sprechen konnte in einer Art, wie man sie in einer Ausbildung der Tierkommunikation beigebracht bekommt, ist sie von Natur aus mit dieser besonderen Gabe bestens ausgestattet worden.

Probleme gab es auch mit ihrem Hund Maude, der wild war und sich schwer zähmen lassen konnte:

>>Maude, sieh her. Bitte sieh her<<. Doch sie sieht nicht her. Ich stemme mich gegen den Wind und renne los, bete, dass sie sich umdreht. Plötzlich bleibe ich stehen. Ich brülle nicht mehr. Ich lasse mein Rufen, meine Schreie und Pfiffe sein. Ich versuche, mit ihr zu kommunizieren. Nicht mit meiner Stimme, sondern mit meinem Herzen. (64)

Ich spreche mit meinem Pferd, meinen Schafen, meinem Hund und meinen Hühnern, selbst mit den Wildvögeln und den anderen Wildtieren, die mir über den Weg laufen. (...) Meine Welt fülle ich mit der Natur, was - im Gegensatz zum Kontakt mit meiner eigenen Spezies - etwas merkwürdig Friedliches hat. (167f)

Das ist der Grund, weshalb es viele tierliebende Menschen gibt, die sich von den Menschen abschotten und den Kontakt mehr zu Tieren suchen, auch wenn es nach außen hin so aussieht, als würden sie Tiere mehr wertschätzen als Menschen. Das sind nur äußere Vermutungen, haben mit der Wirklichkeit desjenigen wenig zu tun. Die wahren Gründe stecken in tiefe Verletzungen eines Menschen, verursacht durch Menschen. Tiere dagegen behandeln den Menschen immer gut und respektvoll, wenn das Tier gut und respektvoll behandelt wird.

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Cristall und Tamsin.

Welche Figur war mir antipathisch?
Die Nachbarn waren mir mit einer Ausnahme alle unsympathisch. Diese Besitzansprüche, diese Inselwelt gehöre ihnen, weil sie durch ihre Vorfahren schon immer auf dieser gelebt hätten, haben mich aufstoßen lassen, obwohl ich die Problematik selber auch kenne. Hautfarbe oder nur ein fremdländischer Name sind Stigmata und lassen Schubladen entstehen, in die man regelrecht hineingequetsch wird, ohne den Menschen zu kennen, ohne sich jemals für dessen eigene Identität zu interessieren. Kenne ich selbst auch zu gut durch meinen nichtdeutschen Namen.

Erst kürzlich habe ich dies wieder zu spüren bekommen. Ich greife am Ende im Unterpunkt Meine Meinung dieses Beispiel auf, damit die Menschen das zu lesen bekommen, und sie wissen müssen, was sie mit ihren vereinfachten, naiven Theorien alles anrichten.

Wenn ich nur mehr Zeit hätte, würde ich gerne eine Satire über dieses hirnlose Schubladendenken schreiben.

Meine Identifikationsfigur
Keine.

Cover und Buchtitel
Das Cover finde ich sehr ansprechend, aber der Buchtitel? 
Hat leider nicht halten können, was er versprochen hat. In den ersten Kapiteln hatte ich tatsächlich ein Inselfeeling erwerben können, aber später?, hätte der Buchtitel besser heißen sollen: Vor mir nichts als Konflikte …

Nun ja, eine Rosamunde Pilcher - Leserin bin ich ganz und gar nicht, aber irgendwie hatte ich mir unter dem Titel etwas anderes in der Inselthematik vorgestellt. Klappentexte überfliege ich meist und vergesse sie schnell wieder. Meine eigene Schuld …

Zum Schreibkonzept
Das Schreibkonzept fand ich sehr gut, eingebettet in klarer Struktur, die eine gute und überschaubare Orientierung bietet und man dadurch wunderbar hin und her blättern kann, wenn man etwas Bestimmtes sucht. Insgesamt besteht der Titel aus 351 Seiten. Auf der ersten Seite findet man darin eine Widmung an die verunglückte Inselfreundin Cristall. Auf der folgenden Seite Zitate aus den Carmina Gadelica Bänden. Zwei Seiten später folgt das Inhaltsverzeichnis, das in drei Akten gegliedert ist, mit jeweils acht Unterkapiteln. Im Anschluss das übliche Dankwort.

Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich gewählt. Die Autorin besitzt eine sehr warme und eine schöne bildhafte Sprache, die nicht verkitscht ist.

Die Kapitel sind nicht überfrachtet, und vor jedem Kapitel findet man einleitend zur neuen Thematik eine schöne Schwarz-Weiß-Fotografie.

Die Zahl Acht: Meine Frage
Warum hat jeder Akt exakt acht Kapitel? Für was steht die Acht? Zufall, Sinn oder nur strukturbehaftet?
Die Zahl Acht steht z. B. für Kraft und Unendlichkeit, Fluss, Gehen und Zurückkommen … , was absolut gut zu der Geschichte passen könnte …

Meine Meinung
Mir schien dieser ganze in die Tat umgesetzte Idealismus mit dem Kauf der Croft ein wenig naiv. Die Sanierungsausgaben erwiesen sich als unermesslich hoch. Hier wurde neben der pekuniären noch zusätzlich viel eigene körperliche Kraft gefordert, daraus einen wohnbaren Lebensraum zu schaffen. Und selbst die eigene Kraft gab es nicht umsonst ... Und wenn zusätzlich das Umfeld nicht stimmt, wundert es mich nicht, wenn eine Ehe daran zerbricht, das aber von mir nicht als Entschuldigung gedeutet sein soll … In der Krise lernt man den eigenen Ehemann oder die eigene Ehefrau am besten kennen.

Blätter vom Baum zu essen, weil kein Geld für Lebensmittel mehr vorhanden war, stimmte mich recht kritisch. Ich habe keine Ahnung, wie glaubwürdig diese ganze Geschichte tatsächlich ist, lasse sie aber so stehen, weil sie sehr authentisch geschrieben ist. 
Mir war eine kleine kritische Anmerkung zumindest wichtig.

Richtig aufgestoßen ist mir vonseiten der Inselbewohner*innen der Rassismus, dass der Mensch im 21. Jh. nichts dazugelernt hat und er andere Menschen noch immer in die Pflicht nimmt, ihre Identität zu rechtfertigen. Leider finde ich dazu keine Textstelle mehr, weil es schon zu weit zurückliegt, als ich das Buch gelesen habe.

Ich zitiere mal Donald Walsch dazu:

Die meisten Menschen sind mit einer Welt zufrieden, in der die Unterschiede und nicht die Gemeinsamkeiten hochgehalten und Zwistigkeiten durch Kämpfe und Kriege entschieden werden.

(Walsch, Neale Donald. Gespräche mit Gott - Band 2: Gesellschaft und Bewußtseinswandel (German Edition) (S.89-90). Arkana. Kindle-Version. )

Kriege entstehen aus dem Scheitern, das Menschsein der Anderen zu verstehen. (Dalai Lama)

Und ein Exempel eigener Erfahrung kürzlicher Tage, wie ich es auch erlebt habe und das zu den Erfahrungen der Autorin passen könnte:

Ich hatte eine schriftliche Anzeige in unserer nachbarschaft.de geschaltet, weil ich kostenlosen Flötenunterricht für Erwachsene anbieten wollte. In meinem Profil stand außer mein Namen nichts Italienisches. Es standen zudem Daten wie z. B. Wohnort: Darmstadt, Heimatregion: Riedstadt – Goddelau.

Mit einer Dame verabredete ich mich ziemlich bald. Und kaum war sie bei mir angekommen, bekam ich gleich die erste Frage gestellt, ob ich italienische Wurzeln hätte? Ok, dachte ich mir, gebe ich ihr mal meine Antwort, als ich erst überlegt hatte, wie ich mit dieser Frage ihr gegenüber überhaupt umgehen sollte, ohne ihr auf die Füße treten zu wollen:
Ich besitze eine deutsche Identität (Pause). Meine Wurzeln habe ich in Deutschland geschlagen, aber ich halte nichts von der Wurzeltheorie (Pause). Eigentlich bin ich Weltmensch, aber das verstehen die meisten noch weniger. 
Funkstille.

Mit jeder Sprechpause versuchte ich ihre Reaktion abzuwarten. 

Ein paar Wochen später konfrontierte mich dieselbe Dame erneut mit den sog. ital. Genen, wo ich sicher war, meine letzte Antwort würde von ihr akzeptiert worden sein ... Doch ganz gleich, was ich gesprochen hatte, sofort steckte sie mich immer und immer wieder in ihre ital. Schublade, ohne dass sie mir im Gegenzug meine Frage hat beantworten können, was sie an mir italienisch finden würde? … Daraufhin wiederholte ich trotzdem geduldsvoll meine Ansicht zu meiner Identität, aber ich hatte absolut keine Chance, sodass ich beschlossen hatte, den Kontakt zu ihr wieder abzubrechen und bin ganz froh darum.

Mein Profil in meiner nachbarschaft.de habe ich daraufhin mit folgendem Spruch geändert:

Von Geburt aus Mensch. Für mein Denken, für meine Gefühle und für mein Handeln sind nicht meine Gene, sondern dafür bin ich ganz allein verantwortlich.

Früher habe ich diese Vorurteile und diese Stereotypen bis zum Exzess ausgehalten, heute trenne ich mich recht schnell von solchen Menschen, die allerdings selbst in keine Schublade gesteckt werden möchten, siehe Beispiel unten, aber ihr Weitblick reicht gerade mal nur bis zum eigenen Bauchnabel. Solche Menschen schaffen es einfach nicht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, weil ihnen definitiv diese Empathie fehlt. 

Ein Beispiel mit derselben Dame:

Wir unterhalten uns über Veganes, Vegetarisches und über die Fleischernährung. Ich freute mich zu hören, dass sie Fleisch weitestgehend meiden würde, aber Fisch würde sie essen. Ah, sagte ich, dann bist Du Flexitarierin? Ihre Reaktion? Nein, erwiderte sie und zeigte mir sofort eine Grenze. Ich mag diese Zuschreibung nicht. Ok, dachte ich mir, ich akzeptiere dies und habe sie nicht wieder als Flexitarierin bezeichnet, wobei ich immer noch nicht weiß, welchen Begriff sie selbst gebraucht für Menschen, die gelegentlich Fleisch- und regelmäßig Fisch konsumieren????

Meine Frage und mein Appell an die Menschheit: Was ist so schwer daran, Rassismus zu verstehen?

Das frage ich mich recht häufig, warum dieser Rassismus nicht aufhören kann? Unsere Vorfahren haben nicht das Wissen gehabt, über das wir heute verfügen. Sie konnten nicht anders. Aber wir? Wir heute haben reichlich Bildung erworben, viel darüber gelesen, haben studiert, Filme gesehen, und trotzdem muss man in einer Zeit wie heute Rassismus noch erleben? Das zeigt mir, dass Bücherwissen ... alleine nicht ausreicht, diese versteckte und verletzende Problematik zu überwinden. Wir müssen das Wissen, unsere Bildung endlich in Empathie umwandeln. Es darf keine reine Kopfsache mehr bleiben. Wie geht das? Indem wir endlich lernen, uns in andere wertfrei hineinversetzen, zuhören, was der andere Mensch zu sagen hat, aber nicht nur im Rassismus, sondern generell in dem Menschen, der anders ist als man selbst. Damit verbinde ich für die eigene Seele einen enormen Reichtum. Für unseren Mitmenschen aber auch für uns selbst.

Bildquelle oben und unten: Pixabay

Mein Fazit zum Anderssein
Es ist nicht die Masse, die die Welt verändert. Es sind die Minderheiten; Menschen, die anders denken und anders fühlen. Die Masse ist damit beschäftigt, von außen auferlegte Instruktionen größtenteils zu übernehmen, ohne diese aus der Tiefe heraus zu hinterfragen. Würden die Menschen diese mehr beleuchten, dann wüssten sie selbst, dass es nur eine einzige Menschenrasse gibt, und zwar eine bunte, und dass keine Nationalität eine eigene Blutgruppe besitzt. Rassismus könnte man damit ganz schnell ausmerzen.

Zur Wurzeltheorie zitiere ich zudem noch den Literaturkritiker Denis Schenk, weil auch die Medien diesen Begriff in der Regel immer wieder in ihrem Sprachjargon gebrauchen, und sie damit Menschen zu ewigen  Ausländer*innen abstempeln.

Bäume haben Wurzeln, Menschen haben Beine, und der liebe Gott wird sich bei der Einrichtung der Welt auf diese Weise schon etwas dabei gedacht haben. Wir sind im Grunde nicht dazu da, ortsfest wie ein Baum zu leben. 

Mein Fazit zu dem Buch
Abgesehen von den kleinen Details finde ich diese Lebensgeschichte dennoch lesenswert und ich danke der Autorin sehr für ihre Feinfühligkeit. Der warme Umgang mit den Tieren war für mich ein absoluter Hingucker.
Mit menschlichen Problemen dagegen bin ich durch meine Berufspraxis reichlich eingedeckt. Damit möchte ich sagen, dass es an mir liegt, wenn das Buch meine Vorstellung nicht ganz hat entsprechen können.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Ich habe mich von dem Buchtitel anziehen lassen und habe eine Anfrage beim Verlag gestellt. Die Sehnsucht nach Wasser und Weite war bei mir besonders groß.  

Meine Bewertung

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck; sehr angenehm.
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus durch die Autorin
1 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

11 von 12 Punkten

Ich danke herzlichst dem Verlag HarperCollins für das Bereitstellen des Leseexemplars. 

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Gelesene Bücher 2022: 03
Gelesene Bücher 2021: 17
Gelesene Bücher 2020: 24
Gelesene Bücher 2019: 29
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich höre:
Neale Donald Walsch: Gespräche mit Gott, Teil 2
Ovid - Metamorphosen
Fjodor F. Dostojewski: Der Idiot
Paolo Coelho: Schutzengel
Helene Schuchmann u.a.: Ein Kurs in Wundern
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Kriege entstehen aus dem Scheitern,
das Menschsein der Anderen zu verstehen.

(Dalai Lama)

Partnerschaft zwischen
Wissenschaft und Intuition!

Lesen mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Mitgefühl für alle Mitseelen / Mitgeschöpfe
Deine Probleme könnten meine Probleme sein,
und meine Probleme könnten Deine Probleme sein.
Mein Schmerz, Dein Schmerz
Dein Schmerz, mein Schmerz.
Wir sind alle fühlende Wesen.
(Den Tieren eine Stimme geben)

Klopf an dein Herz, denn dort sitzt 
das Genie!
(Alfred de Musset)

Auch Expertenwissen ist subjektiv!
(Tom Andersen / Psychiater und Syst. Therapeut)

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Ein Wettrennen mit der Zeit
Fazit: Je schneller man das Leben lebt,
desto weniger Zeit kommt dabei heraus.


11 Kommentare:

Jasmine hat gesagt…

Liebe Mira,
Du hast mich auf das Buch neugierig gestimmt, bin aber zwecks Anschaffung noch am Überlegen, da ich es gerade auch nicht gebrauchen kann, mich mit vielen Problemen, wenn auch fiktiver Art, auseinandersetzen zu müssen. Aber es steht zumindest auf meiner Anschaffungsliste.
Betroffen haben mich zudem Deine eigenen Beispiele gemacht, die Deine Buchbesprechung jedes Mal noch zusätzlich aufpeppen.

Thema Rassismus: Ich hätte Dich niemals mit "italienischen Wurzeln" in Verbindung gebracht. Warum hast Du dieser Dame auf ihre Frage nicht ganz klar ein "Nein" geantwortet? Nur ein einziges "Nein", fertig.

Ich an ihrer Stelle wäre mit Fragen zur Flötenmusik gekommen. Mir scheint, sie hat sich mehr Gedanken über Deine Herkunft gemacht als zur Musik?

Ich befürchte Mira, solange es die Menschheit geben wird, solange wird es auch den Rassismus geben, deshalb ist es so wichtig, dass es Menschen wie euch gibt, die darüber schreiben. Und man darf die Hoffnung nicht aufgeben.
GlG
Jasmine

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Liebe Jasmine,
danke für Dein Mitgefühl.

Zu Deiner Frage: Ein einfaches "Nein" reichte bisher nie aus ...
Interesse zur Musik? War bei ihr tatsächlich nicht ausgeprägt vorhanden ... Sie hätte sowieso nicht lange durchgehalten, weil das Lernen eines Musikinstruments viel Neugier und Ausdauer erfordert. Habe schon öfters Unterricht jeder Altersgruppe gegeben und weiß daher, wer die wirklich Begabten sind. Menschen, die echtes Interesse zu einer Thematik, Musik oder Literatur, mitbringen, stellen in der Tat ganz andere Fragen. Da ist es völlig wurscht, woher jemand kommt.

Jasmine, solange es nur eine Menschenrasse gibt, hat jeder!!! das Recht, über Rassismus zu schreiben, denn es kann jeden betreffen. Zuschreibungen beginnen nicht erst hinter nationalen Grenzen, sie können auch von Bundesland zu Bundesland eines Landes erfahrbar gemacht werden ...

Grüße
Mira

J. hat gesagt…

Ich schließe mich Mira an, Rassismus könne jeder erleben.

Mein Freund ist Deutscher. Er hat eine dunklere Hautfarbe und wird immerzu gefragt, ob er Italiener sei?

Hier stellt sich mir nämlich die Frage: Sind alle Italiener dunkelhäutig und alle Deutschen hell?

Tja, eine klare Antwort konnte ich nicht finden.

Grüße von J.

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Liebe J.

auch ich bin Deutsche ...

Aber ich verstehe, was Du meinst, danke für Deinen Kommentar.

Italiener*innen kommen genauso hell auf die Welt wie "deutsche Kinder" auch. Die braune Haut ist sonnengebräunt und das wollen viele gar nicht wissen ...

In der Literatur werden Deutsche mit olivefarbigem Teint als sonnengebräunt dargestellt, Italiener*innen dagegen von natur aus dunkel. Da merkt man, wie wenig die Deutschen von anderen Menschen Bescheid wissen.

Aber selbst wenn Italiner*innen farbig auf die Welt kommen würden, was verändert das? Warum müssen wir heute immer noch Diskussionen über die Hautfarbe führen? Warum macht man sich so viele Gedanken über die Hautfarbe, ?, statt von Anfang an anzuerkennen, dass der Mensch alle möglichen Formen von Tönen haben kann, denn schließlich ist der Mensch von Urzeiten her ein Wanderer gewesen und die ersten Menschen, Afrika, alle dunkel waren. Was uns genetisch verändert hat, ist durch die Wanderung das Klima ...

Dunkle Haut ist nur stärker pigmentiert, zum Schutz vor starker Sonneneinwirkung. Hat nichts mit dem Charakter eines Menschen zu tun. Es zeigt nur, wie schlau die Natur ausgerichtet ist.

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Ich kann euch ein Kinderbuch empfehlen von Tahar Ben Jelloun
"Papa, was ist ein Fremder?" Empfehlenswert auch für Erwachsene.

"Jeder von uns ist ein Femder oder ein Ausländer für jemand anderen, denn Menschen aus einer anderen Kultur oder Gegend empfinden uns immer als fremd, als seltsam."

In dem Buch wird auch deutlich, dass kulturelle Unterschiede von Land zu Land, von Familie zu Familie, etc. nicht genetisch festgelegt sind, sondern durch Erziehung tradiert. Ein Kind wird nicht durch die Gene eine Sprache lernen können, es braucht mindestens einen Menschen, der ihm das beibringt.

Kinder kommen nicht auf die Welt, und können automatisch die Kulturen ihrer Eltern anwenden. Wir Menschen müssen alles von Anfang an lernen. Deshalb macht die Hautfarbe wenig Sinn. Setzt man einen schwarzen Säugling in eine deutschsprachige Familie und wächst dort auf, dann lernt dieser Säugling deutsch, und nicht die Sprache seiner Herkunftseltern.

Hier kann ich an Kaspar Hauser erinnern.

Anonym hat gesagt…

Uns gleich als Rassist abzustempeln, finde ich schon dreist.

An der Wurzeltheorie finde ich nichts Abfälliges. Es zeigt das Interesse, woher jemand kommt.

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Guten Morgen,

@Anonym,

wird die Frage nach den Wurzeln allen Menschen gestellt? Oder nur Menschen, die nicht 100% ins sog. deutsche Bild passen? Warum müssen bestimmte Menschen erklären, woher sie kommen? Und wenn die Antwort "Deutschland" heißt, gibt man sich noch immer nicht zufrieden, dann geht man an die Eltern. Woher die Eltern kommen???? Und schon wird man wieder ins genetische Muster hineingepresst. Was geht außerdem anderen an, woher die Eltern kommen? Das ist ein penetrantes Ausfragen fremder Leute, die man kurz kennengelernt hat. Unabhängig davon, dass Eltern eine völlig andere Geschichte mitbringen und völlig anders sozialisiert wurden ... Aber eine Bluttheorie lässt diese Betrachtungsweise einfach nicht zu.

Ganz ehrlich, ich komme nun zu einem ganz banalen Beispiel. Die deutsche Kartoffel. Die deutsche Kartoffel hat mehr Rechte, als deutsch bezeichnet zu werden als ein Mensch, denn die deutsche Kartoffel gibt es lt, der Wurzeltheorie nicht wirklich. Sie stammt aus Südamerika. Aber als deutsche Kartoffel (und viele andere "heimische" Pflanzen) ist sie akzeptiert und der Mensch nicht? Diese naiven Theorien werden so angewendet, wie man sie eben für das eigene Denkmuster braucht.

Ich bin sicher, dass viele mit ihren Fragen keine bösen Absichten hegen, aber Rassismus ist es trotzdem, weil diese Fragen ausgrenzend sind. Man gehört nicht dazu, obwohl man dazu gehört. Und das ist verletzend.

Ich könnte viele Beispiele benennen und mich sogar auf empirische Studien beziehen, wie z. B. hiergeborenen Kindern mit ausländischen Eltern schon im Kindergartenalter sowohl von vielen Erzieher*innen als auch von den Eltern das nationale Etikett angehaftet wird.

In der Genderpolitik angelehnt an Simone de Beauvoir heißt es, man kommt nicht als Frau auf die Welt, man wird dazu gemacht. Das trifft auch auf die Nationalitäten zu.

Die Kinder bezeichnen sich als "deutsch" und werden anschließend sofort korrigiert und an die Herkunft der Eltern erinnert. Wäre dies aber eine genetische Destination, dann müssten diese Kinder ganz automatisch die nationale Identität der Eltern benennen.

Ich hoffe, ich konnte etwas aufklären.

Schönen Sonntag und beste Grüße
Mira

J. hat gesagt…

Ich habe den letzten Kommentar meinem Freund zu lesen bekommen und er meinte, dass er das ganz genauso empfinden würde und dass ihn diese Zuschreibungen genauso nerven.

Viele Menschen denken nicht nach, übernehmen Klischees, weil andere es auch so machen und halten diese Klischees für richtig.

Mira, hätte ich meinen Freund nicht, würde ich sicher auch denken, was an dieser Wurzeltheorie nur schlimm sein soll?

Ihr habt alle recht. Es ist ausgrenzend. Die meisten möchten das aber nicht wahrhaben und fühlen sich angegriffen.

Ich werde mir das Buch auf jeden Fall bestellen.

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Liebe J., wer fühlt sich angegriffen?

Ich kann hierbei das Buch von Alice Haster empfehlen:

"Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten"

Über das Buch
"Wer Rassismus bekämpfen will, muss Veränderung befürworten — und die fängt bei einem selbst an. »Darf ich mal deine Haare anfassen?«, »Kannst du Sonnenbrand bekommen?«, »Wo kommst du her?« Wer solche Fragen stellt, meint es meist nicht böse. Aber dennoch: Sie sind rassistisch. Warum, das wollen weiße Menschen oft nicht hören. Alice Hasters erklärt es trotzdem. Eindringlich und geduldig beschreibt sie, wie Rassismus ihren Alltag als Schwarze Frau in Deutschland prägt. Dabei wird klar: Rassismus ist nicht nur ein Problem am rechten Rand der Gesellschaft. Und sich mit dem eigenen Rassismus zu konfrontieren, ist im ersten Moment schmerzhaft, aber der einzige Weg, ihn zu überwinden."

Hoffe, ich konnte helfen.

Joana hat gesagt…

Bücher werden meist zum Vergnügen gelesen.
Darin vorkommende Probleme sind nicht die eigenen Probleme. Das denkt man, deshalb die fehlende Empathie, Mira. Meist werden die Probleme anderer noch an Schuldfragen gekoppelt.

Deshalb ändert sich so wenig in unserer Mitmenschlichkeit.

Ich habe selbst eine dunkle Hautfarbe und verstehe die Autorin sehr gut und auch Deine Ausführungen sind nachvollziehbar, wenn man nur will.

GlG
Joana

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Liebe Joana,

wie wahr, wie wahr. Du hast so recht. Schade. Dann wird sich die Welt nur langsam vererändern, und das angestoßen durch Minderheiten oder durch große Schicksalsknaller.

Die Bücher mir zum reinen intellektuellen Vergnügen lesen und austauschen, reicht mir persönlich nicht aus, denn dazu sind die Themen darin zu ernst. Sie haben es verdient, sich mit ihnen authentisch und ehrlich auseinanderzusetzen, und nicht um darin intellektuell zu "dünkeln".

Ich versuche aus diesem Grund eigene Beispiele in die Besprechungen miteinzubauen, um mich zu solidarisieren, mit der Figur oder mit den Schreibenden. Ich möchte ihnen sagen: "Hier, ich verstehe euch, ihr seid damit nicht alleine."

Und wenn es mir an Erfahrung fehlt, fühle ich trotzdem mit, weil in jedem Leid eines anderen das Urmenschliche steckt, und ich mir denke dass mir diese Problematik als Mensch auch passieren könnte.

Ich grüße Dich herzlichst
Mira