Montag, 23. Dezember 2013

Metin Arditi / Tochter des Meeres (1)

 Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ob mir das Buch gefallen hat, kann ich für mich noch gar nicht beantworten. Stehe dem eher mit gemischten Gefühlen gegenüber. Obwohl mir an einer Textstelle die Tränen flossen einerseits und andererseits lehnte meine Vernunft diejenige Textstelle ab... .
Nervend fand ich die vielen Todesfälle, zwei Mal sogar in doppelter Form... .

Es geht wieder einmal um ein griechisches Fischerdorf, das mit der Türkei den Krieg geführt hatte. In dem Dorf war es üblich, dass Geschwisterpaare den Bund der Ehe eingingen, weil es nicht mehr genug attraktive Frauen oder Männer gab... . Der Krieg verschluckte auch hier viele weibliche und männliche Opfer... .

Ein Inzucht treibendes Fischervolk Griechenlands, aus denen Kinder entstehen. Dadurch aber, dass die Kirche Inzucht als schwere Sünde begreift, sind es wieder mal die Frauen, die eine schwere Last auf ihren Schultern tragen, die sie ungewollt an ihre Kinder weitergeben.


Zur Erinnerung noch einmal der Klappentext:
Es ist Sommer 1957 auf Spetses, ein Sommer, dem die junge Näherin Pavlina lange entgegengefiebert hat. Mit ihrem Cousin fährt sie Touristen auf einem Boot zu den schönsten Stränden der kleinen griechischen Insel. Auf dem Meer zu sein ist Pavlinas größtes Glück, vor allem in Begleitung ihres angehimmelten Cousins. Umso schwerer wiegt die Enttäuschung, als sie feststellt, dass er ihre Gefühle nicht erwidert. Als es trotzdem zu einer Liebesnacht kommt, nimmt das Verhängnis seinen Lauf: Pavlina verliert zwei Menschen, an denen ihr Herz hängt.
Pavlina ist die Protagonistin dieses Romans. Als junges Mädchen von siebzehn Jahren verliebt sie sich in ihren Cousin ersten Grades. Dieser Cousin aber ist homosexuell und ist dadurch für Pavlinas Liebe nicht empfänglich. Er empfindet ihr Gegenüber eine andere Form von Liebe. Eine Zuneigung in der Art von Bruderliebe.

Pavlina wird von ihrem Vater abgöttisch geliebt. Er nimmt sie frühzeitig mit raus aufs Meer, sodass Pavlina, obwohl sie ein Mädchen ist, alles dort an Kunststücken erlernt und beherrscht, die auch Männer können. Pavlina wird immer größer, und dem Vater fällt auf, dass das Kind mehr Ähnlichkeit zu seinem Bruder als zu ihm hat. Indem er schließlich seine Frau zur Rede stellt, erfährt er schließlich, dass Pavlina nicht seine Tochter ist, sondern die seines Bruders. Das verkraftet der Vater nicht, und begeht Selbstmord, treibt aber gleichzeitig auch seinen Bruder mit in den Tod. Pavlina weiß nichts davon, dass der Vater nur der Aufziehvater ist. Erst in den späteren Jahren erfährt sie vom Pfarrer, dass sie das Kind ihres Onkels ist.

Pavlina kann von ihrem Cousin Aris nicht loslassen, schafft es, dass er sich doch mit ihr sexuell einlässt, um sie nicht zu verletzen. Kurze Zeit darauf stirbt auch Aris und Pavlina wird von ihm schwanger. Pavlina darf das Kind nicht behalten, da sie und ihre Mutter zu arm sind, für das Kind zu sorgen. Der Pfarrer hilft Pavlinas Mutter, eine Lösung zu finden. Gegen Pavlinas Willen wird das Kind nach der Geburt zur Adoption frei gegeben. Gleich nach der Geburt nimmt man ihr das Kind fort.
Pavlina begibt sich siebzehn Jahre lang auf die Suche nach ihrer Tochter. In der Schweiz macht sie Bekanntschaft mit einem Mädchen, das am selben Tag und im selben Jahr Geburtstag hat wie ihr Kind. Auch körperlich findet sie Ähnlichkeiten zu ihrer Tochter... . Sie ist sich sicher, ihre Tochter gefunden zu haben... .

Als Pavlinas Mutter stirbt, wird sie vom Pfarrer, der ihre Adresse hatte, angeschrieben und bittet auch um eine wichtige Unterredung. In der Unterredung mit dem Pfarrer erfährt Pavlina vier Geheimnisse. Ein Geheimnis war, dass Aris nicht ihr Cousin war, sondern ihr Bruder, da die Mutter mit dem Onkel verkehrt hatte. Pavlinas Tochter wäre demnach auch das Kind ihres Bruders gewesen.

Ein wenig verzwickt das Ganze.

Aber am Ende findet der Pfarrer doch ein wenig Weisheit, mit der er auf die Menschenwürde und auf die Barmherzigkeit hinweist, so wie auf die Liebe zum Menschen... . Im Folgenden ein Zitat:
Was die Würde eines Menschen ausmacht, (…) ist die Fähigkeit, mit seinen Sünden zu leben. Ihnen aufrecht zu begegnen.  (…). Der Herr verurteilt uns nicht für unsere Fehler, sondern für mangelnde Barmherzigkeit. Es gibt Sünden, aus denen ein wunderbares Strahlen der Liebe erwächst. (…) Die Barmherzigkeit ist nicht nur das Werk Gottes. Jeder muss sie in sich suchen und darf um ihretwillen den Nächsten nicht verurteilen. Muss versuchen, ihn zu verstehen. In seinem Herzen suchen. Das in den Falten seiner Sünden verborgene Strahlen der Liebe finden. Und ihn schließlich lieben. Ihn trotz allem lieben. Ihn von ganzem Herzen lieben, wie er sich wünscht, dass man ihn liebte, auch wenn er mit Schande bedeckt wäre. (237)
Fand ich sehr schön gesprochen, auch wenn ich mich ein wenig an dem Begriff Sünde störe, aber zu der damaligen Zeit zählte dieser Begriff zu dem Vokabular eines Priesters.

Es gibt dem nichts mehr hinzuzufügen. Finde in dem Zitat alle meine Gedanken zu dem Schicksal der Romanfiguren wieder.

Deshalb beende ich nun mit diesem Zitat  meine Buchbesprechung und hoffe, ich konnte ein wenig auf das Buch neugierig machen.

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Man muss dem Schicksal Zeit geben, sein letztes Wort zu sagen
(Metin Arditi)

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