Samstag, 6. Oktober 2018

Tommi Kinnunen / Wege, die sich kreuzen

Klappentext
In einem Städtchen im Norden Finnlands, 1996. Lahja liegt auf dem Totenbett. Sie kann zurückblicken auf ein langes Leben, in dem sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen konnte: das Fotografieren. Aber eines war ihr nicht vergönnt: körperliche Erfüllung. Ihr treu sorgender Ehemann Onni konnte ihr nicht geben, nach was sie sich sehnte – bis sie sich nach Jahren der unterdrückten Gefühle zu einer grausamen Tat hinreißen ließ. Erst nach ihrem Tod findet ihre Schwiegertochter Kaarina auf dem Dachboden einen Brief, der die entsetzliche Wahrheit ans Licht bringt. Er erzählt von einer Familientragödie, die schon fast hundert Jahre zuvor mit Lahjas Mutter Maria ihren Anfang genommen hat.
Über das ganze 20. Jahrhundert mit all seinen Erschütterungen spannt dieser epochal-opulente Familienroman. Kunstvoll verwebt Tommi Kinnunen darin die Schicksale von vier Menschen, deren Träume größer sind als die Möglichkeiten, die das Leben offeriert. Und trotz Enttäuschungen erkämpfen sie sich ihr Glück.

Autorenporträt
Tommi Kinnunen wurde 1973 im nordfinnischen Kuusamo geboren, wo auch sein Erstling "Wege, die sich kreuzen" spielt. Heute arbeitet er als Lehrer in Turku, im Südwesten des Landes. Das Buch war ein großer Leser- wie Kritikererfolg und führte die finnische Bestsellerliste wochenlang an. Der Roman war für den renommierten Finlandia-Preis und den Europäischen Literaturpreis nominiert und wurde vielfach ausgezeichnet. "Wege, die sich kreuzen" erscheint in über 20 Ländern.

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
·         Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt; Auflage: 2 (19. März 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3421047715


Meine ersten Leseeindrücke

Einhundert Seiten habe ich gelesen und das Buch gefällt mir recht gut. Allerdings die Zeitsprünge sind mir etwas zu groß. Aber im zweiten Strang erfährt man Dinge, die im ersten nicht erzählt wurden. Bin neugierig, wie es weitergeht.

Hier geht es zur Verlagsseite von DVA.



Dienstag, 2. Oktober 2018

Erich Hackl / Am Seil (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre   

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, trotz ernster Thematik. Man kommt leicht in das Geschehen rein. Ich hätte schon am vergangenen Samstag mit dem Buch durch sein können, da ich aber den ganzen Tag auswärts war, einen düsteren Ort aufgesucht habe, einen Ort, der gut zu diesem Buch gepasst hat. Ich war mit meiner Freundin im Konzentrationslager von Buchenwald bei Weimar. Hierzu gibt es auch einen Blogbeitrag ... Dass dies vom Umfang her ein recht dünn beseitetes Buch ist, werde ich meine Buchbesprechung kurzhalten. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Geschichte, die hier erzählt wird, findet im Nationalsozialismus in Wien statt. Und der Held dieser Geschichte ist Reinhold Duschka. Ein Mann im fortgeschrittenen Alter, der alleine lebt und selbstständig eine Werkstatt hält, in der er sein Gürtlergewerbe, ein Künstlerhandwerk, nachgeht. Sein langjähriges Hobby ist Klettern und so ist Duschka Mitglied im Alpenverein. Während des Zweiten Weltkriegs versteckt Duschka zwei Menschen in seiner Werkstatt, als Hitler in Wien die Juden hat deportieren lassen. Duschka war mit Reginas Vater befreundet und fühlt sich dadurch für Regina und ihrer Tochter verantwortlich. Regina Steinig, die ursprünglich aus Lemberg stammt, ist während des Ersten Weltkriegs mit ihren Geschwistern und den Eltern nach Wien geflüchtet. Mittlerweile ist Regina eine erwachsene Frau, war mit einem Juristen verheiratet, von dem sie ein Kind namens Lucia 1923 auf die Welt gebracht hat. Die Ehe ging in die Brüche, sodass Regina ihr Kind alleine großziehen musste. Regina war von Beruf Doktor der Chemie und ist gezwungen, im Nationalsozialismus ihren Beruf aufzugeben. Auch Lucia musste mit der Schule abbrechen, und so wurde sie von der Mutter ein wenig unterrichtet. Untergetaucht sind beide in Duschkas Werkstatt. Regina wird krank. Einen Arzt rufen geht nicht, das Leben von Regina, Lucia und sogar von Duschka steht auf dem Spiel, vier Jahre lang ... Obwohl Duschka nicht viel Geld hat, wer hat das schon in den Wirren des Krieges, schafft er es trotzdem, seine Schützlinge auch mit Lebensmitteln zu versorgen. Mutter und Tochter machen sich in der Werkstatt nützlich, damit Duschka seine Kunstobjekte schneller verkaufen konnte. 

Das Schreibkonzept
Diese Heldengeschichte wird retrospektivisch von Lucia erzählt, die mittlerweile verheiratet ist und mit Familiennamen Heilmann heißt. Die Erzählung ist auf 117 Seiten verfasst. Die Episoden sind nicht in Kapiteln gepackt, sondern abgetrennt durch Absätze. Der Schreibstil ist dermaßen flüssig, dass man beim Lesen in einen Sog gerät, weil man so schnell nicht damit aufhören kann.
Auf der allerersten Seite ist eine Widmung von Lucia Heilmann an Reinhold Duschka abgedruckt.

Am Seil
Cover und Buchtitel
Cover und Buchtitel finde ich beides gelungen. Auf dem Cover sind die Alpen abgebildet und deutet damit an, wie gefährlich dieses Hobby für Duschka ist. In der Tat machten sich Regina und Lucia Sorgen, wenn er an den Wochenenden in die Alpen zum Bergsteigen ging, denn er könnte beim Bergsteigen abstürzen. Ohne es zu wissen, befand Duschka sich tatsächlich in den Bergen dreimal in Lebensgefahr, aber er hatte immer Glück. Es durfte nichts passieren, denn das Leben von Regina und Lucia war von Duschka abhängig. Den Buchtitel Am Seil fand ich auch passend, denn das Seil, das am Körper richtig angelegt ist, gibt dem Alpinisten Halt und hilft, ihn festzuhalten. Das Seil hat eine symbolische Bedeutung. Nicht richtig fixiert, gefährdet es das Leben des Trägers.

Identifikationsfigur
Keine, denn ich kann niemals wissen, wie ich im Nationalsozialismus gelebt hätte, auf welcher Seite ich mich selber geschlagen hätte. Aber Reinhold Duschka ist mir ein Vorbild, und gute Taten lassen sich zu jeder Zeit vollbringen.

Meine Meinung
Reinhold Duschka ist eine interessante Persönlichkeit gewesen. Er war ein sehr stiller und schweigsamer Genosse. Die wenigsten Menschen wussten, was er für eine Persönlichkeit war. Er sprach nie von sich, nie von seinem Leben, nie von seiner Kindheit. Und niemand fragte, weil sie Achtung vor ihm hatten. Schade, dass er so gar nichts von sich preisgab. Duschka heiratete spät, bekam auch Kinder und Enkelkinder. Und über sein Wagnis sprach er auch nach dem Krieg mit niemandem. Seine Angehörigen erfuhren es aus der Zeitung. Es war Lucia, die sich erinnert und so wurde 2013 am Werkstättenhof für ihn eine Gedenktafel angebracht. Nach seinem Tod, 1993, wurde ein Nachruf verfasst:
Es war für dich selbstverständlich und gar nicht erwähnenswert, daß Du in einer Zeit der Unmenschlichkeit Deinen Anspruch als Mensch gelebt hast. Und dafür möchte ich dir gerade jetzt, wo sich die Geschichte zu wiederholen droht, ganz besonders danken. (2018, 101)

Mein Fazit?
Eine sehr bewegende und mutige Geschichte. Es ist gut, zu wissen, dass es Menschen wie Reinhold Duschka gibt. Das sind für mich die Engel auf Erden. Und sie sind für mich Symbol- und Hoffnungsträger in Zeiten, wo mutige Helden benötigt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass wir uns politisch in einer Zeit befinden, in der europaweit wegen der Flüchtlingsströme wieder rechts gewählt wird und man sich fragt, was der Mensch aus der Geschichte gelernt hat? Ich hoffe, nachdem ich nun auch das KZ im Buchenwald besichtigt habe, dass sich diese Zeiten niemals wiederholen werden. Ich brauche das nicht. Ich brauche keinen Krieg, ich brauche keinen Diktator, ich brauche keine rechten Wähler und ich brauche auch keinen Nationalstolz, stattdessen Solidarität mit allen Menschen der Erde, die für Frieden, Freiheit und Demokratie sind …

Ich werde mir den Autor merken und möchte mich noch für seine anderen Bücher öffnen.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein
12 von 12 Punkten
______________
Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)

Gelesene Bücher 2018: 42
Gelesene Bücher 2016: 72
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Sonntag, 30. September 2018

Tagesausflug Buchenwald bei Weimar


Weimar, nicht nur eine Kulturstadt der Dichter und Denker, sondern auch des Nationalsozialismus, denn Weimar wird als die Hauptstadt der NSDAP bezeichnet. 

Weimar, eine Kulturstadt auf der Sonnen- und auf der Schattenseite. Zwei Kontraste, das Paradies und die Hölle auf Erden. Weimar, nicht nur eine Stadt der Verbrechen und der Morde; Weimar als eine wunderschöne, traumhafte und romantische Stadt mit vielen schönen Sehenswürdigkeiten. 

Wir, meine Freundin Monika S. und ich, sind entlang der Spuren von Goethe, Schiller und Hitler gewandert, denn  gestern hatten wir einen Tagesausflug nach Weimar getätigt, um die Gedenkstätte, das Konzentrationslager von Buchenwald, aufzusuchen. Wir sind sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Darmstadt aus hingekommen. Buchenwald hat uns sehr nachdenklich, betroffen und traurig gestimmt. Das reale Erlebnis ist noch mal ganz anders als das aus Büchern.

Ich schreibe einen kleinen Erlebnisbericht, auch wenn es mir schwerfällt, über das Gesehene und das Gehörte zu schreiben.

Ich gebe mal ein paar Fotos von mir rein, die mir helfen sollen, in Worte zu fassen, was mir schwer fällt auszudrücken. 

Aber es gibt auch sehr viel Informationsmaterial dazu, wenn man das Informationsgebäude betritt ...

Für alle Interessierten: Es sind hier supergute Informationsmaterialen für die Besucher*innen erhältlich, in denen alle Gedenkstätten und Mahnmale abgebildet und beschrieben sind. Diese sind kostenlos in der Besucherinformation erhältlich. Es sind so viele Mahnmale, so viele Ereignisse, dass es unmöglich ist, sie alle zu erwähnen. Außerdem gibt es hier auch noch eine Jugendbegegnungssstätte. Interessant für junge Besucher*innen.

Die Führungen sind kostenlos. Spenden sind immer willkommen.

Die Gedenkstätte befindet sich zwischen Weimar und Buchenwald und wird als ehemaliges Häftlingslager bezeichnet.
Bevor wir uns in das Konzentrationslager begeben haben, bin ich in der Buchhandlung der Besucherinformation hängen geblieben. So viele interessante Bücher über den Nationalsozialismus, über die Verbrechen an allen Menschen, die nicht in das Weltbild des Führers gepasst haben. Ich habe schon viel darüber gelesen, aber man scheint nie fertig mit dieser Thematik zu sein, wenn man nun die aktuelle politische Lage beachtet, und eurapaweit wegen der Flüchtlingsströme größtenteils wieder rechts gewählt wird … Ich habe mich mit vier Büchern eingedeckt.

Buchenwald, ein KZ mitten im Wald, fern von den  Wohngebieten, damit die Nazis ungestört ihre Verbrechen verüben konnten.

Hier das Torgebäude



Über diesen Ausflug Buchenwald habe ich ein paar Fotos gemacht, aber ich habe nicht alles fotografieren können. Mir war einfach nicht danach, wie zum Beispiel die engen Arrestzellen, die sich links von dem Torgebäude befinden. Ich habe mir einen Bildband gekauft, und kann dort nachschlagen, wenn ich später noch etwas vertiefen möchte. 

In der Arrestzelle waren sehr kleine Zellen zu sehen. Richtige Betten gab es in den Zellen nicht. Nur ein Bettgestell, auf der anstelle einer Matratze ein dickes Brett aus Holz aufgelegt war. Dazu noch eine Zelle, in der die Häftlinge gefoltert und gemartert wurden. Das Folterwerkzeug wurde in der Zelle auch ausgestellt. In den Arrestzellen wurden im Auftrag Hitlers die Häftlinge von SS-Aufsehern gefoltert und ermordet. In manchen Zellen befand sich eine Fotografie eines Häftlings.
Das KZ Buchenwald wurde 1937 errichtet und nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 wieder aufgelöst. Hier wurden 280 000 Menschen aus über 50 Nationen inhaftiert. Weitere Daten:
  • ·         400 000 qm Häftlingslager
  • ·         3500 qm Stacheldrahtzaun
  • ·         139 Außenlager
  • ·         277 800 Häftlinge
  • ·         30 000 Minderjährige
  • ·         28 230 Frauen
  • ·         249 570 Männer (Das KZ-Buchenwald war ein Männer-KZ)
  • ·         Menschen aus über 50 Ländern
  • ·         56 000 Tote
·         1944 Männer Frauen und Kinder mit Todestransporten nach Auschwitz
·         Alter der Häftlinge: 2 bis 86 Jahre

Auf dem Lagertor befindet sich eine Inschrift Jedem das Seine, ein Spruch des Römers Cicero, und sollte ursprünglich heißen, dass die Gerechtigkeit jedem das Seine zuteilt. Was aber wollte Hitler mit diesem Spruch bezwecken, der den Spruch auf seine Weise umgedeutet hatte?

Ich habe mal im Internet recherchiert und habe folgende Erklärung gefunden. Ich zitiere dazu die Welt+
„Jedem das Seine“ bedeutete im KZ eben den lebenswichtigen Unterschied zwischen der Volksgemeinschaft in der wenige Kilometer entfernten Klassikerstadt Weimar – und den „Gemeinschaftsfremden“, wie die Nazis die hier gefangenen Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten und Zeugen Jehovas, die Homosexuellen, die Geistlichen, die Schriftsteller und Künstler abschätzig nannten.
Kurz gesagt; jeder bekommt das, was er verdient. Hier geht es zum ausführlichen Artikel. 


Hinter dem Stacheldrahtzaun befand man sich auf dem großen Gelände des Konzentrationslagers. Allerdings waren mit einer Ausnahme keine Baracken zu sehen, da sie nicht erhalten bleiben konnten. Auf dem Gelände wurden stattdessen dunkle, rechteckige Felder angelegt, um damit wenigstens symbolisch aufzuzeigen, wo die Baracken gestanden haben. Eine Holzbaracke wurde 1994 wieder aufgestellt.

Hier auf dem Foto befand sich eine Holzbaracke.

Es existiert eine U.S. amerikanische schwarz-weiß Luftaufnahme nach der Befreiung des KZ und ist in der Broschüre für Besucher*innen abgebildet. Die kleinen Steine auf den großen Steinen sollen die Besucher*innen darstellen. Auch auf den jüdischen Friedhöfen ist es üblich, von den Besucher*innen einen Stein auf das Grab zu legen ...

Das Gelände sah leer aus, auf dem zweiten Blick waren dort jede Menge Gedenkstätten zu sehen. Von den angeblich 22 Wachtürmen waren nur noch zwei erhalten. Sie waren aber geschlossen, nicht zugänglich.

Ein so großes Grundstück. Buchenwald soll nach Auschwitz, heute Polen, das zweitgrößte KZ in Deutschland sein. 


Es waren viele Schulklassen zugange, obwohl Samstag war, und ich bei einer stehen geblieben bin und der Lehrerin gelauscht habe, als sie den Schüler*innen an einer Gedenkstätte hinwies, dass es bei Menschen keine verschiedenen Rassen geben würde, sondern nur eine einzige Rasse. Hier habe ich mich zugehörig gefühlt, weil ich selbst davon überzeugt bin, dass es nur eine Menschenrasse gibt. Von den 194 Nationen gibt es nur vier Blutgruppen und keine 194. Es gibt zwischen den Nationen kulturelle Unterschiede, die allerdings nicht genetisch bestimmt sind, sondern tradiert. Hierbei ging es um einen großen, quadratischen Stein, der auf dem Boden gesetzt lag, und wenn man ihn berührte, dann hatte er eine warme Temperatur von 37°C. Dieser Stein sollte zum Nachdenken anregen. Eine Körpertemperatur, die nur bei Menschen gemessen werden könne, ganz unabhängig der Hautfarbe, der ethnichen- und der Religionszugehörigkeit. 

Mit meinem Welt- und Menschenbild wäre auch ich Hitler verhasst.

                                                                          Das Krematorium auf dem nächsten Foto.


Die Krematorien seit 1940 Verbrennungsanlage, Leichen- und Exekutionskeller, dienten dazu, auf schnellst möglichem Weg die vielen Leichen zu verbrennen, ohne Spuren von den Toten zu hinterlassen.  


Hier wurden die Leichen hineingeworfen und ins Krematorium gefahren. 

Auf dem KZ-Gelände befanden sich mehrere Gebäude, die zu Museen umfunktioniert wurden. Dazu auch das 1939 errichtete Kammergebäude, diente als ein Aufbewahrungsort, in dem die Kleider und Habseligkeiten der Häftlinge gelagert wurden.

Richtig schlimm fand ich das Haus der Toten. Ursprünglich befand sich in diesem Haus ein Pferdestall, der zu einer kaltblütigen Genickschussanlage sowjetischer Kriegsgefangener umfunktioniert wurde. Die Häftlinge wurden hinterrücks beim Messen der Körpergröße durch einen überraschenden Genickschuss ermordet. Diese Räume habe ich nicht fotografiert, und bereue es jetzt ein wenig. 

Dazu gab es durch die Führung noch mehrere Geschichten, die ich wieder vergessen habe, weil sie mir zu grausam waren. 


Ich denke an Franz Kafka, andere denken an Lord Voldemort. Wie real für mich viele Kafka-Geschichten geworden sind, wird für mich an diesem KZ-Besuch deutlich. Menschen werden unschuldig verhaftet, ohne dass sie etwas verbrochen haben. Das Urteil oder Der Prozess sind für mich Geschichten, die mir hierzu von Kafka einfallen. Bei einer anderen Schulklasse musste ich wieder meine Ohren spitzen, als die Jugendlichen gefragt wurden, ob sie Harry Potter gelesen und oder geschaut hätten. Lord Voldemort wurde mit Hitler verglichen, beides Diktatoren. In den Potterbänden gäbe es auch Rassentrennung, Mich- und die Reinblüter. Merkwürdig, ich selbst habe auch eine Verbindung zum Rassismus gesucht, zu Hitler, aber da sonst keiner über eine Assoziation zum Rassismus bei Potter gesprochen hat, habe ich diesen Gedanken wieder fallen lassen. Außerdem konnte dieser Gedanke aus meiner Sicht nicht wirklich erhärtet werden. Aber Voldemort hatte schon Ähnlichkeiten mit Hitler. Wer nicht seine Sichtweise teilt und sonst nicht in das Weltbild des dunklen Lords passt, der wird nach Askaban geschickt. Auch eine Stätte, in der die Häftlinge eingesperrt und massivst gequält werden. Ich habe im Netz ein wenig recherchiert und tatsächlich gibt es hier einen Artikel zur Rassentrennung, ein Vergleich, der zu Hitler und zu Voldemort führt. 


                                      Und auch die Kunst meldet sich zu Wort



                                                 Dieses obige Foto erklärt sich von selbst.

                                     

                                           Nächtes Foto unten: Stilles Orchester. Die Notenständer sind aus Gips.                                                           
                                

                                            Im nächsten Foto: Schuhe von Häftlingen



Dieses Foto fand ich auch schaurig, denn die Schuhe haben ihre Besitzer*innen überlebt. Gruselig fand ich die ganz kleinen Schuhe. Das jüngste Kind im KZ Buchenwald war gerade mal zwei Jahre alt.

Ich beende nun hier meinen Bericht. Ich wollte noch mehr schreiben, auch zu der traumhaften Stadt Weimar, aber mir genügt das jetzt. Meine Freundin und ich werden nächstes Jahr im Frühjahr nur nach Weimar fahren und nochmals die Stadt, Goethe und Schiller, visitieren, ohne sie mit grausamen Bildern der Morde im Kopf zu teilen. 

Ich war schon mal in Weimar, habe mit einer mehrtätigen Reisegruppe das Garten- und das Goethehaus besichtigt, anschließend auch das Haus von Schiller. Mir ist noch vieles in Erinnerung geblieben und kann dann selbst meine Freundin rumführen und erklären, die sonst noch nie in Weimar bei Goethe und Schiller war.

Ich habe ein paar Bücher von Schiller gelesen und mich hat er fasziniert. Schon damals träumte er als ganz junger Mensch von einem geeinten Europa. Wir haben heute ein geeintes Europa aber keine fähigen Politiker*innen ... Zudem würden sich Goethe und Schiller beide im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, dass diese Kulturstadt auch die Hauptstadt der NSDAP und der Morde geworden ist. 
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Die Gebote des Rechts sind folgende;
ehrenhaft leben
niemanden verletzen
jedem das Seine gewähren
(Corpus-Juris Civilis. DXXXIV)

Donnerstag, 27. September 2018

Erich Hackl / Am Seil

Am SeilEine Heldengeschichte   

Klappentext
Wie es dazu kam, dass der stille, wortkarge Kunsthandwerker Reinhold Duschka in der Zeit des Naziterrors in Wien zwei Menschenleben rettete. Wie es ihm gelang, die Jüdin Regina Steinig und ihre Tochter Lucia vier Jahre lang in seiner Werkstatt zu verstecken. Wie sie zu dritt, an ein unsichtbares Seil gebunden, mit Glück und dank gegenseitigem Vertrauen überlebten. Was nachher geschah. Und warum uns diese Geschichte so nahegeht.
Diese Erzählung gäbe es nicht ohne das Versprechen, das Lucia Heilman sich selbst gegeben hat: den passionierten Bergsteiger Reinhold Duschka (1900–1993) zu würdigen, der sie und ihre Mutter vor der Deportation in ein nazideutsches Vernichtungslager bewahrt hat. Auf Lucias Erinnerungen gestützt, spannt Erich Hackl einen weiten Bogen von einer Zeit, »in der Männer noch beste Freunde und Frauen beste Freundinnen hatten«, über die dramatischen, zugleich eintönigen Jahre im Versteck bis in die unmittelbare Gegenwart. In Hackls genauer, vor Leidenschaft leuchtender Sprache werden nicht nur Retter und Gerettete lebendig – sie zwingt uns auch, die Aktualität dieser Geschichte zur Kenntnis zu nehmen in einem Europa, in dem mehr denn je Zivilcourage gefragt ist.

Autorenporträt
Erich Hackl, geboren 1954 in Steyr, hat Germanistik und Hispanistik studiert und einige Jahre lang als Lehrer und Lektor gearbeitet. Seit langem lebt er als freier Schriftsteller in Wien und Madrid. Seinen Erzählungen, die in 25 Sprachen übersetzt wurden, liegen authentische Fälle zugrunde. ›Auroras Anlaß‹ und ›Abschied von Sidonie‹ sind Schullektüre. Unter anderem wurde er 2017 mit dem Menschenrechtspreis des Landes Oberösterreich ausgezeichnet.

Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 128 Seiten, 20,00 €
·         Verlag: Diogenes; Auflage: 1 (25. Juli 2018)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 9783257070323

Mein erstes Buch von Erich Hackl. Ein Buch, das mir meine Bloggerfreundin Renie zugeschickt hat und das auf Whatchareadin in der Leserunde gelesen wurde. 

Auf der Verlagsseite von Diogenes sind alle Auszeichnungen und Verfilmungen des Autors abgedruckt.

Hier geht es auf die Verlagsseite von Diogenes.




Dienstag, 25. September 2018

Howard Jacobson / Shylock (1)

Ein kleiner Erlebnisbericht zur o. g. Lektüre 

Anstelle einer Buchbesprechung folgt hier ein Erlebnisbericht mit dem Buch, da ich es leider wegen mangelnden Verständnisses abbrechen musste. Aber leicht ist mir dieser Schritt nicht gefallen, habe lange mit mir und mit meinem Gewissen gerungen und gehadert. 

Hier geht es zum Klappentext und zu den Buchdaten.

Ich hatte von Anfang an Probleme mit dem Buch. Ich kam mit dem gesamten Erzählstil, bestehend aus einem Mix von Theater und Prosa, nicht richtig rein. Der ganze Stoff war mir zu trocken und zu abgehoben. Viel zu viele Dialoge und Monologe ... Nach 163 Seiten habe ich mir dann die vielen Beiträge im Bücherforum Whatchareadin angeschaut, in die ich viel zu spät dazu gestoßen bin, aber ich konnte deutlich spüren, wie sehr auch meine Lesekolleg*innen sich durch den Text gekämpft und durchgearbeitet haben. Am Ende meines kleinen Berichts verlinke ich meine Seite mit der der Leserunde.

Mit den ersten Szenen hatte ich keine Probleme mehr, die hatte ich ja oft genug wiederholt gelesen, und so konnte ich in den Beiträgen Übereinstimmungen finden, später allerdings, je mehr ich gelesen habe, desto verwirrender wurde mir die gesamte Handlung, obwohl mir schon klar wurde, welche Problematik in dem Buch behandelt wurde.

Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus im historischen Bereich bis zur Gegenwart. Der Kampf zwischen Juden und Christen, die Auseinandersetzung mit der Identität als Jude. Die rebellischen Töchter der beiden jüdischen Protagonisten ... Diese Vorurteile, die auf beiden Seiten zwischen Christen und Juden ausgetragen werden, kommen in den Dialogen und Monologen immer wieder zur Geltung. Dies ist auch bei mir angekommen, aber ich schaffe es nicht, in die Handlung bis in die Tiefe einzudringen. Bei einer anderen Leserin, die die Originalversion von Shakespeare gelesen hatte, habe ich entnehmen können, dass Shakespeare die Judenthematik in seiner Version nur peripher behandelt hat, und so hat Jacobson seine Interpretation in eine Neufassung verwandelt.

Für das, dass das Bücherlesen für mich ein Hobby ist, kam ich mir vor, als säße ich im Deutsch-Leistungskurs und ich mich mit einem Werk quälen muss.

Obwohl mich die Thematik ein wenig an meine eigene Thematik erinnert hat, denn die beiden jüdischen Protagonisten litten darunter, dass sie weltweit mit Vorurteilen und Klischees fertig werden mussten. Da habe ich Parallelen gesehen zu meiner Herkunft, vielmehr gesagt zu der Herkunft meiner Eltern, und die vielen Klischees und Vorurteile den Italiener*innen gegenüber. Auch ich empfinde ähnlich wie die beiden Figuren Simon Strulovitch und Shylock eine gewisse Traurigkeit im Umgang mit den Italiener*innen, wenn ich die deutschen Medien und die deutsche Gesellschaft beobachte, welche stereotypische Bilder sie jahrzehntelang verinnerlicht haben, und sie diese großzügig weiterverbreiten, weil sie es nicht schaffen, sich von diesen alten Bildern zu distanzieren, dann komme ich selbst häufig auch in ein Stimmungstief ähnlich dem wie aus dem Buch, das zusätzlich noch Ohnmachtsgefühle auslöst ...

Allerdings hat mich der Autor Howard Jacobson für die Originalfassung Der Kaufmann von Venedig inspiriert, die ich unbedingt lesen möchte. Ich habe mir die Reclam Version angeschafft, und schon die ersten Seiten regen mich an, unbedingt weiter zu lesen. Anders als bei Jacobson. 

Auf den ersten Seite des Reclams wird man in eine melancholische Stimmung versetzt, und die Dialoge sind für mich hier besser zu verstehen, als die in der modernen Fassung bei Jacobson.

Aber eine Textstelle von Jacobson möchte ich gerne zitieren, weil sie mir sehr gut gefallen hat.

Shylock und seine Frau Leah, die mittlerweile verstorben ist, sind sehr literaturinteressiert und literaturkundig. Leah bat Shylock, ihm aus einem Buch vorzulesen:
>>Lese mir die Komödie über den Mann vor, der glauben gemacht wird, er sei Ungeziefer<<, sagte sie. 
>>Meinst du Die Verwandlung?<< 
>>Nein, Liebster, ich meine Mein Kampf.<< (2016, 40)

Mein Fazit?
Kein Buch für mich, und für mich war es wichtig, mich zu outen, aber ich sehr dankbar bin, dass der Verlag mir/uns das Buch als Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat. Die schöne Karte im Buch und den Katalog fand ich großartig und sehr freundlich und ich weiß diese Zuwendung dankend sehr zu schätzend. Auch wenn ich das Buch nicht ganz geschafft habe, bleiben trotzdem an ihm meine eigenen Leseerlebnisse haften. 

Deshalb ein großes und herzliches Dankeschön an den Verlag von Knaus uns Penquin im Bloggerportal. Beim nächsten Buch wird es sicher besser.

Hier geht es zur Leserunde von Whatchareadin.
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Gelesene Bücher 2018: 41
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86


Sonntag, 23. September 2018

Howard Jacobson / Shylock

Lesen mit Whatchareadin

Aus technischen und aus Zeitgründen bin ich verspätet in die Leserunde eingestiegen …

Klappentext
Von rebellischen Töchtern und verblendeten VäternDer reiche Kunstsammler Simon Strulovitch aus Manchester hat Sorgen: Seine aufmüpfige Tochter Beatrice ist in die Kreise der leichtlebigen Erbin Plurabelle und ihres persönlichen Assistenten D’Anton geraten. Nicht der richtige Umgang für ein jüdisches Mädchen, klagt Strulovitch seinem Zufallsbekannten Shylock. Dieser rät zur Zurückhaltung. Doch als Beatrice sich auch noch mit dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome einlässt, sieht ihr Vater rot. Er verlangt, dass der junge Mann zum Judentum konvertiert. Mit Hilfe einer kleinen Operation ließe sich heute manches arrangieren. Aber das Leben hält nicht nur für Strulovitch ein paar Lektionen bereit.
Howard Jacobson fragt in diesem tiefsinnigen, gleichzeitig amüsanten und stellenweise irrwitzigen Roman: Was macht einen Mensch zum Juden? Und was heißt es, Jude zu sein in einer säkularen Welt? – Ein höchst burlesker Umgang mit dem vermeintlichen Antisemitismus des umstrittensten Dramas von Shakespeare.


Autorenporträt
Howard Jacobson, Jahrgang 1942, hat bereits mehrere Romane und Sachbücher geschrieben. 2010 erhielt er für "Die Finkler-Frage" den Man Booker Prize, den wichtigsten Literaturpreis der angelsächsischen Welt. Shakespeare hat ihn sein Leben lang begleitet; bereits in seiner allerersten Veröffentlichung beschäftigte er sich mit dem englischen Nationaldichter. Nun kehrt er mit einer Neuerzählung des "Kaufmanns von Venedig" zu ihm zurück – für Jacobson „das verstörendste Schauspiel aus der Feder des Dramatikers, aber für einen britischen Romancier, der zufällig noch Jude ist, auch die größte Herausforderung“.
Weitere Informationen zu dem Buch

·         Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
·         Verlag: Albrecht Knaus Verlag (11. April 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3813506746

Meine ersten Leseeindrücke

Sehr schwierige Kost. Man kommt schlecht in die Handlung rein. Drei Mal habe ich den Anfang lesen müssen, bis ich kapiert habe, was in diesem Theaterstück/Roman vorgeht.

Eine Romanadaption an William Shakespears Stück Der Kaufmann von Venedig.