Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, da es recht authentisch geschrieben ist. Ein Literaturkritiker würde sehr wahrscheinlich so ein Buch erst gar nicht in die Hand nehmen, da das literarische Sprachniveau nicht dessen Ansprüchen erfüllen würde. Das Buch ist schon ein wenig salopp geschrieben, aber es wirkt aus meiner Sicht nicht trivial. Es passt zu dem Sprachjargon der auftretenden Romanfiguren. Das Buch hat trotzdem Tiefgang.
Ich habe auch die Verfilmung gesehen und der Film ist recht nah am Buch gedreht. Das fand ich auch gut. Ich kann also gar nicht sagen, was mir denn besser gefallen hat. Das Buch oder der Film? Meistens schneidet ja das Buch besser ab, aber in diesem Fall sind Buch und Film recht gut gelungen.
Viele Themen, die in dem Buch vorkommen, sind echt banal, eher alltagsbezogen, aber das ist nicht die Schuld der Autorin, sondern die der gehobenen Gesellschaft, in der sich die Ich-ErzählerInnen bewegen, und womit Rassismus an den Farbigen betrieben wird zu der damaligen Zeit, wo noch Segregationsgesetze herrschten.
Die amerikanischen Frauen, die farbige Dienstmädchen bei sich angestellt halten, führen separate Toiletten ein, da schwarze virulente Krankheiten auf die Weißen übertragen könnten. Und immer wieder wird das Thema Toilette hervorgekramt und sie diese in ihren Gruppenaktivitäten immer wieder diskutierten:
Das schwarze Dienstmädchen Aibileen z.B. äußert sich im Stillen dazu:
"Meine Misses redet immer noch von dem Klo, obwohl es schon ein halbes Jahr da ist."
Es wird zwar einen Wohltätigkeitsbasar organisiert und umworben, aber ansonsten sind die Themen, mit denen sich diese wohlhabenden Amerikanerinnen beschäftigen, recht einfach. Man merkt einfach, dass sie viel zu viel Zeit haben, um sich über den Alltag zu sehr auszulassen. Die Autorin spiegelt diesen Alltag in ihrem Roman wieder. Aus dem Anhang ist zu entnehmen, dass das Buch zwar eine Fiktion sei, aber sie auch Erfahrungswerte mit einfließen ließ, da die Eltern von Kathryn Stockett selbst eine farbige Bedienstete bei sich angestellt hielten, die auch einen großen Einfluss auf die Kindererziehung ausübte.
Das Buch enthält also keine soziologische Feldstudie über den Rassismus aus den Südstaaten in Missisipi, wie ich erst glaubte... .
Zur Erinnerung noch einmal der Klappentext
Mississippi, 1962: Die junge Skeeter wünscht sich nur eins: Sie will weg aus dem engen Jackson und als Journalistin in New York leben. Um etwas zu verändern, verbündet sie sich mit zwei schwarzen Dienstmädchen: Aibileen zieht die Kinder ihrer Arbeitgeber auf – das Tafelsilber darf sie aber nicht berühren. Und Minny ist auf der Suche nach einer neuen Stelle. Sie ist bekannt für ihre Kochkünste, aber sie ist auch gefürchtet: Denn Minny trägt das Herz auf der Zunge. Gemeinsam beschließen die drei Frauen, gegen die Konventionen ihrer Zeit zu verstoßen und etwas zu wagen. Denn sie alle haben das Gefühl zu ersticken und wollen etwas verändern – in ihrer Stadt und in ihrem eigenen Leben.
Das Buch ist aus der Perspektive dreier Frauen geschrieben sich in ihren Erzählsträngen abwechseln. Und aus jeder spricht eine gewisse (unterdrückte) Betroffenheit ihres zu erfüllenden Alltagslebens. Auch die junge 24-jährige weiße Skeeter ist den gesellschaftlichen Erwartungen ihres Milieus ausgesetzt, z.B. was sie als Mädchen ihres Standes zu sein und wie sie aufzutreten habe. Besonders Skeeters Mutter wirft ein starkes Auge auf sie und behandelt ihre Tochter nicht wie eine junge Erwachsene.
Betroffen ist Skeeter aber auch über die Behandlung der farbigen Dienstmädchen und sie bringt ihren ganzen Mut auf, darüber anonym ein Buch zu schreiben mit der letzten Konsequenz, es auch herauszubringen, und setzt sich selbst und ungewollt ihren Interviewpartnerinnen dadurch aber den politischen und gesellschaftlichen Gefahren aus.
Auch Skeeters Freund hält nicht zu ihr, als er erfährt, dass sie ein Buch über das Arbeitsleben der Schwarzen in weißen Häusern herausbringen wird und stößt dabei auf Misskredit, und wirft der Freundin vor, sie würde nur Unruhe stiften und Probleme erzeugen, wo es keine Probleme geben würde... .
So unterschiedlich können politische Ansichten und Erlebnisse sein... . Leben die Weißen in einer anderen Welt? Nein, die Schwarzen sind es, die in der Welt der Weißen leben und deshalb glaubt der Weiße, dass es keine Probleme gibt. Außerdem seien Gesetze da, die das Leben der Schwarzen reglementieren würden... .
Die Kindererziehung fiel auch in den Aufgabenbereich der Dienstmädchen, wie oben schon erwähnt. Die Mütter hatten dafür keine Zeit, waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt, die Väter gingen arbeiten. Die Kinder wurden durch die Dienstmädchen psychisch stabilisiert, da die Kinder die Sehnsucht nach Mutternähe verspürten, die sie aber nicht bekamen.
Vor allem auch in Rassenfragen wurden die Kinder von den Dienstmädchen aufgeklärt:
Natürlich sind wir verschieden! Jeder weiß doch, dass farbige Menschen und weiße Menschen nicht gleich sind. Aber wir sind doch alle Menschen! Ja, ich hab doch sogar gehört, dass Jesus dort draußen in der Wüste dunklere Haut gehabt hat. (254)
Aibileen ist ein sehr intelligentes Dienstmädchen, das über viel Fantasie verfügt. Es fällt ihr leicht, sich in die Kinder einzufühlen, und ihnen die Welt mit Hilfe fiktiver Geschichten kindgerecht und weise nahezubringen. Von den Weißen hören die Kinder immerzu, dass Schwarze unsauber seien, und nicht so wertvoll.
Die Geschichte Aibileen zu ihrem Zögling:
" Es waren einmal zwei kleine Mädchen, (…) das eine hatte schwarze Haut und das andere weiße. (…) Und das farbige kleine Mädchen sagt zu dem weißen kleinen Mädchen: >Warum ist deine Haut so hell?< Und das weiße Mädchen sagt: >Ich weiß nicht. Warum ist deine Haut so schwarz? Was meinst du, was das heißt.?"Aber keines von den beiden kleinen Mädchen weiß es. Also sagt das weiße kleine Mädchen: >Lass mal gucken. Du hast Haare, ich hab Haare. (…)<Und das farbige kleine Mädchen sagt: >Ich habe eine Nase, du hast eine Nase. (…)<" Und das weiße kleine Mädchen sagt: >Ich habe Zehen, du hast Zehen<.>Dann sind wir ja gleich. Nur die Farbe ist anders<, sagt das farbige kleine Mädchen. Und das weiße kleine Mädchen sagt: >Ja, Du hast recht<. Und so sind die beidenFreundinnen geworden. (273)
Eine andere Geschichte, die Aibileen erzählte:
"Es war ein ganz netter Mars Mann, der Mister King. Hat genauso ausgesehen wie wir, Nase, Mund und Haare auf dem Kopf, aber manche Leute haben ihn komisch angeguckt, und manche Leute waren richtig gemein zu ihm." Das kleine Kind fragt: " warum, Aibee? Warum waren sie so gemein zu ihm?"
"Weil er grün war." (402)
Natürlich mussten die Geschichten alle geheim bleiben... .
Mir haben die Geschichten so gut gefallen, weshalb ich sie hier festhalten möchte und auch, weil der Rassismus überall auf der Welt noch immer herrscht. Der Kampf um Gleichberechtigung und um mehr Menschenrechte ist noch lange nicht ausgestanden... .
Was nicht zu verstehen war, ist, dass die weißen Frauen die schwarzen Frauen diskriminierten, während sie gleichzeitig einen Wohltätigkeitsbasar veranstalteten, und der Erlös an die Armen in Afrika ging.
Warum tun diese Menschen so etwas? Man kann ja nur spekulieren, und Menschenkenntnisse einsetzen: Diese narzisstisch geprägten arroganten und wohltätigen Frauen machen sich mit dem Wohltätigkeitsbasar einfach nur wichtig, während sie gleichzeitig die Schwarzen ihres Landes total ausbeuten. Sie werden unterbezahlt und als minderwertige Menschen behandelt... . Menschenrechte fällt den Farbigen gesellschaftlich und politisch der damaligen Zeit in den Südstatten nicht zu... .
Mir fällt dabei Nelson Mandela ein, und sein langwieriger Kampf gegen die Apartheid... .
Mein Fazit:
Wenn ein Buch zu mehr Menschlichkeit beiträgt, sich für Menschenrechte einsetzt, dann ist es es wert, gelesen zu werden, auch wenn der literarische Anspruch nicht sehr hoch ist. Und aus diesem und den o. g. Gründen erhält das Buch von mir zehn von zehn Punkten.
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Das größte Gefängnis, das es gibt, ist, gefangen im Kopf zu sein
(Kathryn Stockett)
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