Montag, 28. Oktober 2013

Jojo Moyes / Ein ganzes halbes Jahr (1)

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Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Mich hatte das Buch erst an Ziemlich beste Freunde erinnert. Zum Glück aber kam die Wende, in dem sich das vorliegende Buch von dem anderen Buch deutlich unterscheidet. Denn noch einmal ein Buch wie Ziemlich beste Freunde wollte ich nicht lesen.

Doch ähnlich wie bei Philippe Pozzo di Borgo behandelt das vorliegende Buch auch das Leben eines Tedraplegikers. Eine starke körperliche Behinderung durch eine Rückenmarksverletzung. Die Hauptfigur dieses Buches nennt sich Will Traynor, der 2007 in England als Fußgänger einen schweren Unfall verübte und dadurch querschnittsgelähmt ist. Will gerät in eine schwere seelische Krise. Vor dem Unfall war er ein erfolgreicher junger Mann von gerade mal 27 Jahren, der Freude am Leben besaß. Er erhielt nach seinem Studium einen gut bezahlten Job, den er mit Freuden erfüllte, hatte eine Freundin und reiste viel. Sein Leben war in seiner Freizeit oft gekennzeichnet von Abenteuerlust. Er schöpfte aus dem Leben, was auszuschöpfen war. Man kann sich gut vorstellen, dass ein aktiver Mensch wie Will, der erst vom Leben dermaßen begünstigt war, nun aber vom Schicksal aus der Bahn geworfen wird, dadurch auf die harte Probe gestellt wird. Will fühlte sich nun als ein Gefangener seiner selbst. Sein Leben fühlte sich nun wertlos an und er geht keinerlei Kompromisse ein. Ein Mensch, der nach dem Motto: alles oder nichts, lebte. Was genau ist damit gemeint?

Da die Mutter von Will kein Geheimnis daraus macht, wie Wills Leben enden wird, mache auch ich kein Geheimnis daraus. Man erfährt von ihr demnach recht bald, dass Will durch einen Freitod sterben wird über die aktive Form von Sterbehilfe. Da in England die Sterbehilfe nicht zulässig ist, wendet sich Will an die Schweiz, an eine Organisation, die sich Dignitas nennt und die aktive Sterbehilfe an schwerstkranken Menschen leistet. Es ist aber kein verzweifelter Entscheid, sondern über mehrere Jahre ein wohldurchdachter.

Es geht also viel um die ethische Frage, ob ein Mensch das Recht hat, sein Lebensende selbst zu bestimmen oder nicht.  Die einen sind dafür, die anderen dagegen, schwer wird es für Wills Eltern sein, die ihm das Versprechen gaben, der Sterbehilfe zuzustimmen und ihn bis zu dem letzten Schritt zu begleiten.

Doch um Will noch mal den Lebenswert in einer anderen Form zurückzugeben, wird Louisa Clark eingestellt, die die Aufgabe bekommt, Will angenehm zu unterhalten und ihn zu beschäftigen. Die Mutter traf mit Will ein Abkommen von sechs Monaten, also Ein ganzes halbes Jahr, wenn es Louisa in dieser Zeit gelingen sollte, Wills Lebenswille zurückzuerwerben, die Mutter dann von dem Versprechen wieder abtreten werde. ... Eine hohe Verantwortung für Louisa Clark, denn nun liegt alles in ihrer Hand.

Nun beginnt für Louisa Clark auch eine schwere Lebensprüfung. Louisa ist 27 Jahre alt, Will mittlerweile Mitte dreißig und sie führt, verglichen mit Wills Leben, doch ein recht einfaches und bescheidenes Leben, bis sie Will kennenlernt... .

Zur Erinnerung noch einmal der Klappentext:
Das Leben hat es nicht immer gut mit Louisa Clark gemeint. Als sie ihren Job in dem kleinen Café verliert, plagen ihre Familie noch größere Geldsorgen als zuvor. Da beschließt Lou, die ihr angebotene Pflegestelle anzunehmen. Seit einem schweren Unfall vor zwei Jahren sitzt Will Traynor im Rollstuhl; seine Beine kann er nicht mehr bewegen, seine Hände und Arme nur noch eingeschränkt. Will ist verbittert und abweisend; die neue Betreuerin Lou traktiert er mit Abweisung und zynischen Bemerkungen. Aber urplötzlich passiert etwas in ihnen und mit ihnen. 
Louisa ist auch eine große Heldin. Sie wird für Ein ganzes Halbes Jahr von Wills Mutter eingestellt, damit Louisa ihren Sohn  unterhalten kann. Louisa gibt alles, was sie zu geben hat, um Wills Lebensqualität signifikant zu erhöhen und sie die große Hoffnung hegt, dass Will von seinen Suizidabsichten wieder abkommt. Mehr möchte ich nun nicht verraten. Das Buch habe ich ab der Wende mit viel Interesse weiter gelesen.

Marcel Reich - Ranicki; meine Buchfreundin Anne würde jetzt sagen, dass dieser Literaturwissenschaftler so ein Buch wie dieses nicht mal mit einer Kneifzange anfassen würde. In der Tat, das Buch ist literarisch nicht besonders niveauvoll, aber vom sozialen Anspruch her dagegen sehr. Dieses Buch verhilft auch zu mehr Menschlichkeit. Es ist zudem auch gesellschaftskritisch beschrieben und regt stark zum Nachdenken an. Das Nachdenken über menschliche Werte... und deshalb erhält das Buch von mir zehn von zehn Punkten. Es ist authentisch geschrieben und der Schreibstil ist gut gelungen, indem die Perspektiven und die Sichtweisen der verschiedenen Romanfiguren sich im Erzählmodus abwechseln.

Ich werde mir von der Autorin auch den Folgeband besorgen: Eine Handvoll Worte.

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