Montag, 25. Juli 2016

Oliver Hilmes / Berlin 1936 (1)

Sechzehn Tage im August


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Es gibt sehr viele Bücher und Filme über den Nationalsozialismus, und ich bin immer wieder erstaunt darüber, dass noch mehr Bücher dazu geschrieben werden. Es zeigt, dass man nie fertig ist mit dieser Thematik.

Berlin 1936 hat mir auch recht gut gefallen.

Ich denke, dass es dem Historiker Oliver Hilmes ziemlich gut gelungen ist, zu den Olympischen Spielen 1936 hinter die Kulissen zu schauen. Am 1. August begann die Eröffnungsfeier und endete mit einer Abschlussfeier am 16. August. Adolf Hitler bzw. das Deutsche Reich ist Gastgeber gewesen.

Die sechzehn Tage werden jeweils in einzelne Kapitel gegliedert. Zu Beginn eines neuen Tages gibt es einen kleinen Wetterbericht.                     

Neben den sportlichen und politischen Ereignissen beschreibt Hilmes auch das Berliner Stadtleben, in dem viele Feierlichkeiten in Bars und gehobenen Tanzlokalen stattgefunden haben ...

Der Autor hat die Propagandapolitik gut beschreiben können. Viele interessante Zitate aus verschiedenen Tagebüchern der Akteure wie z. B. Hitler, Goebbels und diverse andere Tagebuchschreiberlinge können dem Buch entnommen werden.

Was sehr nachdenklich stimmt, ist, dass nicht nur das deutsche Volk manipulierbar gewesen ist, sondern auch die Sporttouristen. In diesem Sinne wurden die Olympischen Spiele zu politischen Zwecken im Nazi-Deutschland instrumentalisiert.

Hitler und Goebbels waren eigentlich gegen die Olympischen Spiele. Goebbels äußerte sich in seinem Tagebuch recht abfällig dazu und dass er froh sei, wenn alles wieder schnell  vorbei ginge. Manche Beteiligte bezeichnete er als Zirkusflöhe.

Goebbels und Hitler fühlten sich in ihrer Politik gestört, niemand sollte dahinterkommen, dass sie antisemitische Politik betreiben. Während der Olympischen Spiele setzte die Politik kurzweilig aus. Anderenorts wurde sie im Untergrund heimlich weiter betrieben. 1936 gab es schon vereinzelt KZ.

Hitlers Auftreten in der Öffentlichkeit zeugte von großer Sympathie bei den Touristen. Seine Ausstrahlung war geprägt von väterlichem Charisma. Nur wenige konnten hinter seine Fassade schauen.

Hilmes stellt sich die Frage, ob Hitler sich sogar als getarnter Friedensstifter ausgab, als dieser zu den verschiedenen Nationen spricht:
>>Wir wollen uns kennen und schätzen lernen und dadurch eine Brücke bauen, auf der die Völker Europas sich verständigen können. << (2016, 106) 
Oliver Hilmes gebraucht den Begriff Das Spiel als Massensuggestion.

Dazu ein kritisches Zitat der Sportjournalistin Bella Fromm aus ihrem Tagebuch:
>>Die Ausländer werden verwöhnt, verhätschelt, umschmeichelt und getäuscht (…). Indem man die Olympischen Spiele als Vorwand benutzt, versucht die Propagandamaschine bei den Besuchern einen günstigen Eindruck vom Dritten Reich zu schaffen.<< (105) 
Was hat mich persönlich berührt?

Tief berührt hat mich der amerikanische Sportler Jesse Owens, schwarze Hautfarbe, der in den Olympischen Spielen mit mehreren Goldmedaillen ausgezeichnet wurde, über die sich Hitler massiv erregt hat. Hitler konnte nicht verstehen, dass die Amerikaner Schwarze für sich  kämpfen ließen. Dass Jesse Owens so athletisch war, erklärte Hitler damit, dass Schwarze (Nigger) gegenüber der weißen Rasse keine fairen Konkurrenten abgeben würden, da die Schwarzen aus dem Dschungel kommen würden. Als würden die Menschen dort wie Affen nur auf Bäumen klettern  ... Wobei der dunkelhäutige Athlet Amerikaner ist und nicht aus Afrika kommt.

Auf Seite 206 findet man ein kritisches Gedicht mit dem Titel Nazi-Olympiade von dem Schriftsteller Alfred Kerr, der in London im Exil lebte. In seinem Gedicht hat er den Rassismus gegenüber Juden und Schwarzen deutlich gemacht.

Dazu dritter Vers:
Der >>Führer<< ächzt: >>Die Olympiad´
(Das ist schon durchgesickert)
Scheint ganz wie der Franzosenstaat
Verjuddet und Verniggert<<.
Er stöhnt: >>Gott, du Gerechter!<<
(Olympisches Gelächter).
Der amerikanische Schriftsteller Thomas Wolfe hat mich auch beschäftigt. Wolfe liebte Berlin so sehr, dass er erst Probleme hatte, die rassistisch gefärbte Politik, auch gegen andersgeartete Menschen, in Deutschland wahrzunehmen. Zu sehr idealisierte er das Land. Später kommt er zu einer anderen Erkenntnis:
Ihm wird klar, dass die Nationalsozialisten dieses Land, das Tom so sehr liebt, schleichend mit ihrem Gift durchsetzen, dass sie es zerstören wollen: >>Es war eine solche Leistung -unsichtbar, aber unverkennbar, wie der Tod. (214f)

Mein Fazit?

Oliver Hilmes bestätigt meine Theorie, dass in den Sportmeisterschaften die Menschen hochgradig manipulierbar sind, und dass die Spiele aus meiner Sicht auch heutzutage noch politisch instrumentalisiert werden, weshalb ich mich selbst nicht für Sport interessiere. Fußball-WM und -EM können Sportdesinteressierten dadurch völlig kalt lassen. Man kann aber bei der Vorstellung, wenn die Masse vor dem Kasten sitzt und sie sich von dem Spiel und dem Sportmoderator emotional hochkochen lässt, leicht Gänsehaut bekommen, weil es deutlich macht, wie sehr der Mensch sich davon beeindrucken und beeinflussen lässt ...

Nun habe ich durch dieses Buch jene Sportattraktionen im Nazi-Deutschland mitbekommen. Das hatte ich bisher neben den vielen anderen Nationalsozialistischen Büchern, die ich gelesen habe, noch nicht gehabt.

Das Buch ist gut geschrieben, leicht verständlich, sehr interessant und gut recherchiert.

Zehn von zehn Punkten.

Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich beim Bücherverlag-Siedler bedanken für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar. 

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Siedler Verlag; Auflage: 2 (2. Mai 2016)
Sprache: Deutsch. 19,99 €
ISBN-10: 3827500591
ISBN-13: 978-3827500595

_______
Ein Herz hat nur, wer es für andere hat.
(G. Westerwelle zitiert aus dem Herzzentrum)

Gelesene Bücher 2016: 42
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Freitag, 22. Juli 2016

Oliver Hilmes / Berlin 1936

Sechzehn Tage im August

Klappentext
Die Diktatur im Pausenmodus: Stadt und Spiele im Sommer 1936Im Sommer 1936 steht Berlin ganz im Zeichen der Olympischen Spiele. Zehntausende strömen in die deutsche Hauptstadt, die die Nationalsozialisten in diesen sechzehn Tagen als weltoffene Metropole präsentieren wollen. Oliver Hilmes folgt prominenten und völlig unbekannten Personen, Deutschen und ausländischen Gästen durch die fiebrig-flirrende Zeit der Sommerspiele und verknüpft die Ereignisse dieser Tage kunstvoll zum Panorama einer Diktatur im Pausenmodus. 
Die »Juden verboten«-Schilder sind plötzlich verschwunden, statt des »Horst-Wessel-Lieds« klingen Swing-Töne durch die Straßen. Berlin scheint für kurze Zeit eine ganz normale europäische Großstadt zu sein, doch im Hintergrund arbeitet das NS-Regime weiter daran, die Unterdrückung zu perfektionieren und das Land in den Krieg zu treiben. 
In »Berlin 1936« erzählt Oliver Hilmes präzise, atmosphärisch dicht und mitreißend von Sportlern und Künstlern, Diplomaten und NS-Größen, Transvestiten und Prostituierten, Restaurantbesitzern und Nachtschwärmern, Berlinern und Touristen. Es sind Geschichten, die faszinieren und verstören, überraschen und bewegen. Es sind die Geschichten von Opfern und Tätern, Mitläufern und Zuschauern. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Sommers.

Autorenporträt
Oliver Hilmes, 1971 geboren, studierte Geschichte, Politik und Psychologie in Marburg, Paris und Potsdam. Er wurde in Zeitgeschichte promoviert und arbeitete in der Intendanz der Berliner Philharmoniker. Seine Bücher über widersprüchliche und faszinierende Frauen „Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel“ (2004) und „Herrin des Hügels. Das Leben der Cosima Wagner“ (2007) wurden zu Bestsellern. Zuletzt erschienen „Liszt. Biographie eines Superstars” (2011) und „Ludwig II. Der unzeitgemäße König” (2013).

Das Buch kam durch Anne über Umwegen zu mir. 

Habe nur ein paar Seiten erst gelesen, kann noch gar nicht viel zu meinen ersten Leseeindrücken sagen. Scheint aber recht spannend zu sein. 


Weitere Informationen zu dem Buch:

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: Siedler Verlag; Auflage: 2 (2. Mai 2016)
Sprache: Deutsch. 19,99 €
ISBN-10: 3827500591
ISBN-13: 978-3827500595



Mittwoch, 20. Juli 2016

Guido Westerwelle / Zwischen zwei Leben (1)

mit Dominik Wichmann
Von Liebe, Tod und Zuversicht

Es gibt Rezensionen, die leben von schönen Zitaten. Diese gehört dazu …


Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ein Buch, das mich tief berührt hat …

Guido Westerwelle lebte ein schnelles Leben, als habe seine Seele gewusst, dass er nicht viel Zeit hat. Der jüngste Politiker, der im Vergleich zu den vielen alten PolitikerInnen recht früh gestorben ist. Sein Buch ist mit so viel Weisheit geschrieben, dass es mich wirklich beeindruckt hat. Wer Guido Westerwelle als Mensch erleben möchte, der sollte dieses Buch lesen.

Er war mir als Politiker recht   unsympathisch. Auch sein großes Mundwerk hatte mich genervt. Aber hier lerne ich ihn als Mensch kennen.
"Ein Herz hat nur, wer es für andere hat.“ Wer hätte jemals gedacht, dass der Politiker Guido Westerwelle ein Herz für andere hat. Zumindest hatte er es nicht für die Menschen, die sein Verständnis und seinen Schutz gebraucht hätten.

Ihm war es wichtig, dieses Buch zu schreiben, um anderen krebskranken Menschen Mut zu machen. Auch wenn bei ihm die Leukämie-Erkrankung tödlich verlaufen ist.

Dominik Wichmann schreibt dazu im Nachwort:
War deshalb alles umsonst? Hat er den Kampf gegen die Krankheit verloren? Nein. Denn die Auseinandersetzung mit dem Krebs ist keine Frage von Sieg oder Niederlage. Der Überlebende ist kein Sieger und der Sterbende kein Verlierer. Die Angelegenheit ist viel komplexer, komplexer auch als die Sentenz, wonach derjenige, der kämpft, verlieren kann; aber der, der nicht kämpft, schon verloren hat. Treffender ist da ein Zitat des Dichters und Politikers Václav Havel: >>Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal, wie es ausgeht.<< (2016, 242f) 
In der Auseinandersetzung mit der tödlichen Erkrankung stellte sich auch Westerwelle die Warum-Ich-Frage (…)
… so lange, bis mir die ersten leukämiekranken Kinder begegneten. Nachdem ich in deren so unschuldige und traurige Gesichter geblickt habe, stellte ich mir diese Frage nie, nie wieder. (158) 
In dem Buch findet man weitere schöne Zitate von anderen AutorInnen. Die Auseinandersetzung mit dem Krebs ist ein langer Prozess. Westerwelle fand viele AutorInnen, die ihm vorgelebt haben, diesen Prozess anzugehen, sich mental nicht in der Erkrankung zu verlieren. Hierbei möchte ich so gerne ein Zitat von Nietzche aufgreifen, das Westerwelle in seinem Buch festgehalten hat:
Man müsse die Phantasie des Kranken beruhigen, dass er wenigstens nicht, wie bisher, mehr von seinen Gedanken über die Krankheit zu leiden hat, als von der Krankheit selbst. (159) 
Guido Westerwelle selbst gebraucht folgendes personifiziertes Bild in der Auseinandersetzung mit seiner Erkrankung, das absolut passend ist.
Die Krankheit ist ein Egoist, sie zieht alles an sich, saugt alle Aufmerksamkeit auf und gibt sie nicht wieder her. (210).
Sein Ehepartner Michael Mronz litt ein wenig darunter, dass Westerwelle keine Zeit mehr für sein Leben zeigen konnte.

In dem Buch spricht Westerwelle nicht nur über seine Erkrankung. Er spricht auch über sein ehemaliges politisches Leben als FDP-Vorsitzender und als Außenminister, geht erneut auf die von 2010 Hartz-IV-geführte Debatte ein, bezogen auf die „spätrömische Dekadenz“, die für viel Wirbel in den Medien und in der Gesellschaft gesorgt hat.

In der Mitte des Buches sind ein paar Fotos abgebildet; aus seiner Kindheit und Jugend und Westerwelle als Politiker in der FDP. Westerwelle ist schon sehr früh, Anfang zwanzig, den „Jungen Liberalen“ beigetreten.

Auch hat er über sein Leben als Homosexueller geschrieben, und dass er die Liebe in seinem Ehemann Michael Mronz gefunden habe.


Mein Fazit zu dem Buch?

Der Buchtitel Zwischen zwei Leben kommt sehr gut rüber. Darin beschreibt Westerwelle  sein Leben vor der Erkrankung und das Leben mit der Erkrankung. Ein Auf und Ab, zwischen beiden Leben jonglierend.

Westerwelle ist in seinem Buch immer sachlich geblieben, trotz seiner schweren Lebenslage. Er hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, hat gekämpft, auch dann noch, als sich sein erster Spender einen Tag vor der Operation zurückgezogen hat.

Insgesamt finde ich, hat Westerwelle mit seinem Buch viel Größe gezeigt.

Das Buch ist sehr mutig, recht offen und sehr persönlich geschrieben, was mir gut gefallen hat.

Und es sind längst nicht alle schönen Zitate, die ich herausgeschrieben habe. Es gibt für die LeserIn, die, so wie ich, schöne Gedanken liebt, thematisch noch viele mehr im Buch zu entdecken.

Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich beim btb-Bücherverlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken. 

Taschenbuch: 256 Seiten, 10.00 €
Verlag: btb Verlag (9. Mai 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3442715024

ISBN-13: 978-3442715022

Zehn von zehn Punkten.
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Ein Herz hat nur, wer es für andere hat.
(G. W. zitiert aus dem Herzzentrum)

Gelesene Bücher 2016: 41
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86





Samstag, 16. Juli 2016

Guido Westerwelle / Zwischen zwei Leben

mit Dominik Wichmann
Von Liebe, Tod und Zuversicht

Klappentext
Mit einem Nachwort von Dominik Wichmann
Von einem Tag auf den anderen ändert sich für den ehemaligen Außenminister der Bundesrepublik Deutschland das ganze Leben. Wenige Monate nach dem Ende seiner Amtszeit erfährt Guido Westerwelle, dass er lebensgefährlich an akuter myeloischer Leukämie erkrankt ist.Sein Buch handelt vom Schock und der Ungewissheit nach der erschütternden Diagnose. Von seiner Erschöpfung während der Behandlung und den Momenten der Todesangst in einem Kölner Krankenhaus. Das Buch erzählt aber auch die Geschichte eines Mannes, der Unterstützung und Solidarität in einem Ausmaß erhielt, das ihn selbst überraschte: von engen Freunden und politischen Weggefährten, von prominenten Zeitgenossen bis hin zu Passanten auf der Straße.Vor allem aber will Guido Westerwelle Kraft und Zuversicht vermitteln: Niemand von uns ist vor Schicksalsschlägen gefeit. Aber wir können dagegen kämpfen, solange wir an uns selbst glauben und die Hoffnung nicht aufgeben.


Autorenporträt
Guido Westerwelle, Jahrgang 1961, war einer der bekanntesten Politiker Deutschlands und von 2009 bis 2013 Bundesaußenminister. Nach seiner Amtszeit gründete er die »Westerwelle Foundation«. Die Stiftung fördert mittelständische Strukturen in Umbruchgesellschaften und will damit weltweit praktische Unterstützung im Aufbau von Demokratie und Marktwirtschaft leisten. Guido Westerwelle verstarb am 18. März 2016 in Köln an den Folgen seiner Leukämieerkrankung. Dominik Wichmann, Jahrgang 1971, ist Journalist und war viele Jahre lang Chefredakteur des SZ-Magazins sowie der Zeitschrift Stern. Heute leitet Wichmann die internationale Digitalkonferenz DLD und lebt mit seiner Familie in München. Für seine Arbeit als Chefredakteur und Autor erhielt Wichmann zahlreiche Auszeichnungen. Auf der Grundlage von Tagebuchaufzeichnungen und vielen Gesprächen schrieb er mit Guido Westerwelle dessen Buch »Zwischen zwei Leben«.
 Guido Westerwelle zählte zu seiner Lebzeit für mich nicht gerade zu den beliebten PolitikerInnen. Seine polemische Art, Politik gegen die Schwächsten unserer Gesellschaft zu betreiben, wie z. B. die Hetze gegen Hartz IV Empfänger, ging mir so ziemlich auf die Nerven. Und trotzdem schockierte mich die Nachricht, als es bekannt wurde, dass er an Leukämie erkrankt ist und recht schnell daran gestorben ist. Das hat mir schon sehr leid getan.

Weshalb mich das Buch interessiertWeil ich neugierig bin, wie Westerwelle es geschafft hat, mit seiner Erkrankung zu leben, wo er sich nun selbst zu den Schwächsten der Gesellschaft einreihen durfte …

Weitere Informationen zu dem Buch:

Taschenbuch: 256 Seiten, 10.00 €
Verlag: btb Verlag (9. Mai 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3442715024
ISBN-13: 978-3442715022





Freitag, 15. Juli 2016

Ajahn Brahm / Die Kuh, die weinte (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch hat mir recht gut gefallen, wobei ich erst in der zweiten Hälfte die Geschichten entdeckt habe, die in meiner Seele Anklang finden konnten. Wie ich schon in der Buchvorstellung geschrieben habe, ist dies das zweite Buch von dem Autor, das ich nun ausgelesen habe. Das erste Buch hatte den Titel Der Elefant, der das Glück vergaß.

108 Geschichten und erst in der 55. Geschichte erfuhr ich den Hintergrund des Titels, was mit der weinenden Kuh gemeint sein könnte.

Auch in diesem Band findet man jede Menge buddhistische Weisheiten, wobei mir einige Geschichten ein wenig übertrieben erschienen sind und nicht immer glaubwürdig wirkten. Aber das war im letzten Band ähnlich.

Ein Beispiel: Die Mönche bekamen recht oft vergammelte Mahlzeiten vorgesetzt. Alter, stinkiger Fisch mit Mehlwürmern vermischt, *hüstel*. Davon bekommt man eigentlich eine Fischvergiftung und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie die Mägen der Mönche tatsächlich füllten, ohne dabei krank zu werden …

Einige Geschichten brachten mich ordentlich zum Lachen … Andere stimmten mich recht nachdenklich. Und wiederum andere teilten auf bestimmten Gebieten mein Weltbild. Die Geschichten sind recht kurz und tragen alle eine bestimmte Botschaft an die Leserschaft. Man findet in dem Buch zu allen Lebensthemen schöne Erzählungen. Am meisten haben mich die aus der Rubrik Ernsten Problemen mit Mitgefühl begegnen bewegt. In diesem Unterkapitel fand ich auch die Geschichte über die weinende Kuh, die auf einer wahren Begebenheit beruhen würde, und die ich hier unbedingt festhalten möchte.

Da mir alle Nutztiere, die ins Schlachthaus kommen, unendlich leidtun, bin ich für solche Tiergeschichten sehr empfänglich.

Ajahn Brahm besuchte eine Haftanstalt, um den Häftlingen Meditationsunterricht zu erteilen. Diese Haftanstalt beschäftigte seine Insassen auf einer Gefängnisfarm. Die Häftlinge konnten sich die Aufgaben auf der Farm aussuchen, und so wollten die meisten im Schlachthaus eingesetzt werden. Sie waren ganz versessen darauf, die Tiere zu malträtieren, um sie anschließend zu töten. Dabei lernte Ajahn Brahm einen potenziellen Häftling kennen, der von Kind an gewalterfahren war und der seine Gier, Gewalt anzuwenden, an den Tieren ausleben konnte. Bis dieser Häftling eine außergewöhnliche Erfahrung machte, die sein Verhalten zu den Tieren verändert hat. Dieser Häftling beschrieb ein Erlebnis mit den Kühen, die ganz genau spürten, welche Qualen ihnen durch ihren Henker bevorstanden. Die Kühe verhielten sich vor der Hinrichtung unruhig und waren erfüllt von Todesängsten …, doch bei einer Kuh erlebte der Häftling eine völlig andere Verhaltensart. Hier das Zitat dazu:

Der Häftling hatte so etwas noch nie erlebt. Er war vollkommen verwirrt, konnte weder sein Gewehr auf die Kuh richten, noch ihrem Blick ausweichen. Die Kuh schien indirekt in sein Innerstes hineinzuschauen.
Zeit und Raum waren für ihn verschwunden. Er konnte mir nicht sagen, wie lange die Kuh diesen Blickkontakt aufrechterhielt, aber dann entdeckte er etwas, das ihn weitaus mehr erschütterte. Im linken Auge der Kuh, oberhalb des unteren Augenlids, begann sich Wasser zu sammeln. Es wurde immer mehr, und irgendwann lief das Auge über, und das Wasser trottete heraus, rollte langsam über ihre Wange, bildete eine glitzernde Tränenkette. Längst verschlossene Türen begannen sich in seinem Herzen zu öffnen. Ungläubig beobachtete er, dass jetzt auch das rechte Auge der Kuh nass wurde und sich dort so viel Wasser ansammelte, dass bald darauf ein zweiter Tränenstrom floss.
Die Kuh weinte.
Da brach der Mann zusammen.
Er sagte mir, dass er sein Bolzenschussgerät auf den Boden geworfen und den Wachen fluchend zugebrüllt hatte, dass sie mit ihm tun könnten, was sie wollten, >>ABER DIESE KUH WIRD NICHT STERBEN!<<
Er sagte mir, dass er jetzt Vegetarier sei.
Die Geschichte stimmte. Andere Häftlinge der Gefängnisfarm bezeugten sie mir gegenüber. Die Kuh, die weinte, hatte einem der gewalttätigsten Männern gezeigt, was >>sich kümmern<< bedeutet.

Dies war für mich als Leserin die schönste Geschichte …

Ich muss diese Geschichte hier festhalten. Aus Liebe zu den Tieren, weil weltweit jede Sekunde massenhaft Tiere gefoltert und unter schwersten Qualen geschlachtet werden. Tiere sind keine Objekte. Sie sind wie wir Menschen fühlende Wesen … Sie möchten nicht getötet und sie möchten nicht gegessen werden. Und wenn dieser gewalttätige Häftling es geschafft hat, Tiere zu respektieren anstatt sie zu quälen und zu töten, er hat aufgehört, Tiere zu essen, dann könnten es andere Menschen früher oder später auch schaffen. 

Ich danke dem Autor vom Herzen für diese Geschichte, die er den LeserInnen erzählt hat. Ich danke dem Häftling vom Herzen, der sein Erlebnis dem Autor erzählt hat. Und ich wünsche mir, dass diese Geschichte weltweit gelesen wird, damit den Tieren geholfen werden kann. Ich leiste meinen Beitrag, halte diese Geschichte auf meiner Blogseite fest, damit noch andere Menschen diese lesen können.


Mein Fazit zu dem Buch?

Das Buch sprüht geradezu von Weisheit in allen möglichen Lebenslagen, dass man nicht anders kann, als alle Geschichten zu lesen.

Ich bin sicher, dass dieses Buch für jeden Menschen die richtige Geschichte bereithält ...

Das Buch erhält von mir neun von zehn Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch:

Ich möchte mich recht herzlich für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bei dem Lotos-Ansata-Bücherverlag, Verlagsgruppe Random House in München, bedanken.

Gebundene Ausgabe: 239 Seiten, 15,99 €
Verlag: Lotos; Auflage: 21 (April 2006)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3778781839

    _______
    Der Wissende sagt es nicht,
    der Redende weiß es nicht.
    (Ajahn Brahm)

    Gelesene Bücher 2016: 40
    Gelesene Bücher 2015: 72
    Gelesene Bücher 2014: 88
    Gelesene Bücher 2013: 81
    Gelesene Bücher 2012: 94
    Gelesene Bücher 2011: 86





    Montag, 11. Juli 2016

    Ajahn Brahm / Die Kuh, die weinte

    Klappentext
    Unterhaltung und Lebensschule für Jung und AltSchon Buddha unterwies seine Zuhörer mit Witz und Weisheit. Ajahn Brahm steht in der Tradition dieser orientalischen Erzählkunst. Geschickt verknüpft er die uralten Weisheiten mit modernen, lebensnahen Themen. Mit viel Humor und Einfühlungsvermögen unterhält er seine Leser – und eröffnet auf ganz unaufdringliche Weise neue Wege zu einem glücklichen und erfüllten Leben.
    Ein inspirierendes und erbauendes Buch, voll mit Geschichten von Liebe, Hoffnung, Glück und der Überwindung von Leiden. Mit erfrischendem Esprit und Einfühlungsvermögen kratzt Ajahn Brahm an eingefahrenen Überzeugungen und begegnet unseren kleinen Schwächen und Marotten mit entwaffnendem Humor. So regt jede dieser 108 kurzen Erzählungen dazu an, innezuhalten, um über den eigenen Lebensweg nachzudenken.

    Autorenporträt
    Ajahn Brahm, geboren 1951 in London, studierte Theoretische Physik an der Universität von Cambridge und ist seit mehr als 30 Jahren buddhistischer Mönch. Neun Jahre lang lebte, studierte und meditierte er in einem thailändischen Waldkloster unter dem Ehrwürdigen Meister Ajahn Chah. Heute ist Ajahn Brahm Abt des Bodhinyana-Klosters in Westaustralien und einer der beliebtesten und bekanntesten buddhistischen Lehrer unserer Zeit. 
    Von dem Autor habe ich den ersten Band dazu gelesen und in meinem Blog besprochen. Den ersten Band fand ich recht gut. Hoffe, dieselben Weisheiten auch in diesem Band fortgesetzt wiederzufinden.

    In der Arbeit mit psychisch kranken Menschen konnte das Buch gut eingesetzt werden. Man findet jede Menge Hilfen im trivialen Alltag.  

    Weitere Informationen zu dem Buch:

    Gebundene Ausgabe: 239 Seiten, 15,99 €
    Verlag: Lotos; Auflage: 21 (April 2006)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3778781839


    Sonntag, 10. Juli 2016

    Joao Ricardo Pedro / Wohin der Wind uns weht (1)

    Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

    Das Buch hat mir recht gut gefallen. Es ist ein Familienbuch, aus dem drei Generationen hervorgehen. Es ist die Geschichte der Familie Mendes; es ist ein historisches Buch, das die politischen Umbrüche Portugals bis zum Militärputsch vom April 1974 behandelt.

    Die Geschichte spielt in einem abgelegenen Dorf im Gardunha- Gebirge in Zentralportugal.

    Der Roman beginnt mit Duartes Großvater Doktor Augusto Mendes, dessen Freund Policarpos nach Buenos Aires migriert ist und einmal im Jahr, jeweils im August, einen Brief von ihm bekommt. Vierzig Jahre lang … Diese Briefe werden gut aufbewahrt. Policarpos bereist die ganzen Großstädte der Welt:
    Viele Jahre waren Policarpos Briefe das Fenster, durch das Duartes Großeltern auf die Welt blickten. Beim Einmarsch der Deutschen in Paris bis zur Befreiung Europas durch die Alliierten. Von Stalins Tod bis zu Eusébios Toren. Vom ersten Menschen auf dem Mond bis zum Ende des britischen Weltreichs. All das erzählte er. Entweder, weil er es beobachtet hatte, in der Nähe oder gar selbst beteiligt gewesen war, wie das eine Mal, als es ihm gelang, einen deutschen Wehrmachtsoffizier mit einer Flasche Portwein betrunken zu machen, wodurch dieser schließlich die Résistance übergeben werden konnten. (46)
    Der Großvater und dessen Freund haben zusammen Medizin studiert. Augusto praktiziert bis zu seinem Tod, während der Freund es nur bis zum Abschluss brachte, da er sich vor Blut und den vielen Krankheiten ekelte.

    Duarte erbt eines Tages diese Briefe und lüftet daraus so manches Familiengeheimnis, wenn auch manches ungelöst geblieben ist, weil es niemanden mehr aus der Familie gab, dem er hätte Fragen stellen können …

    Großvaters Sohn Antonio kommt eines Tages schwerverletzt aus dem Krieg zurück. Duarte ward schon geboren. Sohn und Vater kannten sich noch nicht … Antonio konnte es nicht fassen, einen Sohn zu haben …

    Wie Antonio und seine Frau Laura sich kennengelernt haben, wird auch in einer schönen, interessanten Geschichte erzählt … Eine Geschichte von vielen anderen Geschichten, die sich wie kurze Erzählungen lesen lassen.

    Manche Lebensgeschichte fand ich recht grausam, auch die von Celestino, der gegen die Diktatur gekämpft hat und nur noch ein Auge hat. Doktor Mendes verarztet diesen spindeldürren Patienten, der ihm ein Glasauge einsetzt. Celestino zeigt sich recht dankbar für das neue Auge, und glaubt nun, wieder gut sehen zu können … 

    Das Naturtalent Duarte, der sogar auf einem stummen Klavier zu spielen in der Lage ist, er hört die Töne in seinem Kopf, beschließt eines Tages nicht mehr zu spielen. Eine Protestreaktion …

    Sein Großvater fragte Duarte, ob er Musik lieben würde, doch Duarte konnte darauf keine Antwort finden. Die nächste Frage, die Duarte gestellt bekommt, ist, wann er angefangen habe, Klavier zu spielen, und er antwortete, dass nicht er zu spielen angefangen habe, sondern seine Hände …


    Mein Fazit?

    Am Anfang war ich ein wenig überfordert. Viel zu viele fremde Namen, die man noch gar nicht einordnen konnte. Erst nach und nach bekamen die fremden Namen ein Gesicht, sie wurden mir durch die verschiedenen Lebensgeschichten und deren Handlungsstränge vertraut. Aber einiges blieb im Dunkeln zurück, konnte nicht aufgeklärt werden.

    Ich hatte mich bisher kaum mit der Geschichte Portugals auseinandergesetzt. Hin und wieder habe ich etwas über die Nelkenrevolution gelesen, ohne dass es allerdings an Tiefe gewann. Das Buch bringt den LeserInnen dazu, diese Form von Geschichte wieder auszugraben und sich neu damit zu befassen. Ohne diese Nelkenrevolution hätte sich Portugal aus dem diktatorischem Regime nicht lösen können, um in eine Demokratie umgewandelt zu werden. Aber diese Revolution forderte, wie andere Kriegsrevolutionen auch, seine Opfer. Manchmal erscheinen mir einige Episoden recht düster, andere Szenen sehr gewaltreich, aber sehr realitätsnah beschrieben, keineswegs übertrieben …

    Da ich nicht zu viel verraten möchte, setze ich hier meinen Punkt und gebe dem Buch zehn von zehn Punkten.

    2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise),
                   gut strukturierter Text
    2 Punkte: Differenzierte Charaktere
    2 Punkte: Authentizität der Geschichte
    2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
    2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
      

    Weitere Informationen zu dem Buch

    Ich möchte mich recht herzlich beim Suhrkamp-Bücherverlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken.


    D: 10,00 € 
    A: 10,30 €
    CH: 14,90 sFr

    Erschienen: 08.06.2015
    suhrkamp taschenbuch 4597, Broschur, 228 Seiten
    ISBN: 978-3-518-46597-4
    Auch als eBook erhältlich

    Und im Folgenden der Link zum Buch:

    http://www.suhrkamp.de/buecher/wohin_der_wind_uns_weht-joao_ricardo_pedro_46597.html

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    Gelesene Bücher 2016: 39
    Gelesene Bücher 2015: 72
    Gelesene Bücher 2014: 88
    Gelesene Bücher 2013: 81
    Gelesene Bücher 2012: 94
    Gelesene Bücher 2011: 86





    Samstag, 9. Juli 2016

    Joao Ricardo Pedro / Wohin der Wind uns weht

    Klappentext
    Mit dem Wind der Veränderung, den Portugal im Frühjahr 1974 ereilt, wendet sich auch das Schicksal der Familie Mendes. Das des Großvaters Augusto, der in seinem Dorf sehnsuchtsvoll die Briefe des Freundes aus Buenos Aires erwartet. Das seines kriegstraumatisierten Sohnes Antônio und schließlich jenes von Duarte, dem musikalischen Wunderkind, das eines Tages beschließt, dem zerstörerischen Sog der Musik für immer zu entsagen. Mithilfe eines geheimnisvollen Gemäldes und der vergilbten Briefe des Großvaters macht sich Duarte daran, die wohlgehüteten Geheimnisse der Familie Mendes zu lüften …


    Autorenporträt
    João Ricardo Pedro, 1973 in der Nähe von Lissabon geboren, arbeitete nach einem Ingenieursstudium einige Jahre in der Telekommunikationsbranche. Im Zuge der Wirtschaftskrise wurde er arbeitslos und erfüllte sich einen Traum, indem er zu schreiben begann. Wohin der Wind uns weht ist sein preisgekröntes Debüt, das ihm den Prémio LeYa einbrachte, eine der wichtigsten Auszeichnungen Portugals.
     Der Autor ist mir unbekannt und so freue ich mich, nun einen neuen Ausländer in meinem Blog einreihen zu dürfen. Gerade Bücher zu Portugal sind bei mir noch nicht breit gesät.
    Weiteres, wenn ich mit dem Buch durch bin. 

    Weitere Informationen zu dem Buch


    D: 10,00 € 
    A: 10,30 €
    CH: 14,90 sFr
    Erschienen: 08.06.2015
    suhrkamp taschenbuch 4597, Broschur, 228 Seiten
    ISBN: 978-3-518-46597-4
    Auch als eBook erhältlich

    Und im Folgenden der Link zum Buch:

    http://www.suhrkamp.de/buecher/wohin_der_wind_uns_weht-joao_ricardo_pedro_46597.html