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Montag, 9. November 2020

Mahatma Gandhi / Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg (1)

Foto: Pixabay
Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Ein wundervolles Buch, ausgesprochen gute Reden / Texte, was mich nach dem Lesen weiterhin inspiriert hat, eine Biografie von Gandhi unbedingt lesen zu wollen, da ich noch mehr Hintergründe zu seiner Kindheit und zu seiner Herkunftsfamilie in Erfahrung bringen möchte. Dass Gandhi in jeder Form ein gewaltfreies Leben präferiert hatte und er Vegetarier war, diese Details scheinen allgemein bekannt zu sein. Aber wer war Gandhi als Junge? Er wurde schon sehr früh mit einem gleichaltrigen Mädchen verehelicht. Leider gab das Buch darüber keine weiteren Auskünfte preis, sodass ich online ein wenig habe eruieren müssen. Angeblich sei Gandhi mit sieben Jahren verheiratet worden. Ich konnte mir das so schwer vorstellen, da beide Kinder aufgrund ihres Alters noch unmündig waren. Ist das wirklich zu  glauben? Das fand ich ein wenig schade, dass eine genaue Zahl darüber im vorliegenden Buch explizit nicht zu entnehmen war.

Ansonsten fand ich in dem Buch alles eindrucksvolle Texte aus Gandhis politischem, gesellschaftlichen und religiösen Leben, wie ich weiter unten noch beschreiben werde.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autorenporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Innerlich konnte ich mich mit vielen der Reden, die Gandhi verfasst hatte, außerordentlich gut identifizieren, wobei ich mich keineswegs als eine Weltverbesserin halte. Aber die vielen Gedanken, die ich mir im Stillen über mein Weltbild mache, habe ich in Gandhis Texten wiedergefunden, und er macht Mut, dran zu bleiben, sich nicht an die gesellschaftlichen Vorgaben, die der allgemein üblichen Denkweisen entsprechen, anzupassen, wenn sie anderen direkt und oder indirekt damit schaden.

Doch Gandhi war nicht nur ein großer Denker und Redner, er war auch Praktiker. Er hat es geschafft, in verschiedenen indischen Dörfern Grundschulen zu gründen, um viele Kinder von der Straße und von der Kinderarbeit zu entlasten.

Gandhi war auch fähig, Menschen alle gleich zu betrachten. In seiner Rede Gleichheit für alle Menschen fand ich Folgendes zu lesen:

Durch das Zusammenspiel vielfältiger Ereignisse in meinem Leben kam ich mit Menschen vieler Glaubensrichtungen und Gemeinschaften in engen Kontakt, und nach meinen Erfahrungen mit all diesen Menschen darf ich wohl sagen, dass ich nie zwischen Verwandten und Fremden, Landsleuten und Ausländern, Weißen und Farbigen, Hindus und Indern anderen Glaubens - seien sie Muslime, Parsen, Christen oder Juden - unterschieden habe. (2019, 41)

Dieses Zitat fand ich persönlich genial, gerade wir Menschen aus der westlichen Welt schauen sehr oft herablassend auf Kulturen, die nicht der eigenen entsprechen, und bezeichnen diese häufig als rückständig. Ohne zu bedenken, dass jeder Mensch in jedem Land, in das er hineingeboren wird, andere Voraussetzungen vorfindet. Jeder Mensch findet andere Vorgaben, andere Instrumente vor, mit denen er sein Leben bestmöglich gestalten muss. Als DeutscheR ist es leicht zu sagen, dass z. B. Frauen aus den muslimischen Ländern, die Kopftücher tragen, mittelalterlich seien, ohne selbst dort aufgewachsen zu sein. Noch nie sind so viele Menschen um die Welt gereist wie heute, aber noch nie waren die Missverständnisse zwischen den Kulturen so groß wie heute.

Schon die Medien verbreiten Halbwahrheiten und sorgen für große Divergenzen, wo ich häufig innerlich dem widerspreche, weil mich vieles kritisch stimmt. Gandhi lebt die Botschaft der Liebe und der Empathie vor. Nur mit Empathie ist es möglich, Wissen im Umgang mit anderen Menschen unabhängig der Kultur und der Glaubensrichtung umzusetzen.

Der Kongress glaubt nicht an die Vorherrschaft einer Gruppe oder Gemeinschaft. Er glaubt an eine Demokratie, in der Muslime, Hindus, Christen, Parsen und Juden den gleichen Rang einnehmen-alle Religionsgemeinschaften, die dieses weite Land bewohnen. (52) 

Allerdings bezieht Gandhi, wie aus seinen anderen Texten hervorgeht, diese Sichtweise nicht nur auf die Unterschiede der Religionsgemeinschaften, sondern auch auf die Unterschiede der Lebensweisen verschiedener Länder.

Die Botschaft der Liebe richtet er an seine eigenen Landsleute, die durch die britische Kolonialisierung viel Leid und Gewalt erlitten hatten.

Ich möchte, dass ihr die Botschaft Asiens versteht. Sie kann nicht durch die westliche Brille gesehen werden oder durch die Nachahmung der Atombombe. Wenn ihr dem Westen eine Botschaft bringen wollt, muss es die Botschaft der Liebe und der Wahrheit sein. Ich möchte, dass ihr von hier weggeht mit dem Gedanken, dass Asien den Westen durch Liebe und Wahrheit erobern muss. Ich möchte nicht bloß an euren Verstand appellieren, ich möchte euer Herz gewinnen. (...) Selbstverständlich glaube ich an die >eine Welt<. Wie könnte ich auch anders, da ich die Botschaft der Liebe, die diese großen, unbesiegbaren Lehrer uns hinterlassen haben, geerbt habe? In diesem Zeitalter der Demokratie, in diesem Zeitalter des Erwachens der Ärmsten der Armen könnt ihr diese Botschaft mit dem größten Nachdruck erneuern. Ihr werdet die Eroberung des Westens vollenden, nicht durch Vergeltung dafür, dass ihr ausgebeutet worden seid, sondern mit wirklichem Verständnis. Ich vertraue darauf, wenn ihr alle eure Herzen vereinigt - nicht bloß eure Köpfe -; um das Geheimnis der Botschaft zu verstehen, die diese weißen Männer des Ostens uns hinterlassen haben, und wenn wir uns dieser großen Botschaft wahrhaftig würdig erweisen, wird die Eroberung des Westens vollendet sein. Selbst der Westen wird die Eroberung lieben. (53) 

Der Umgang mit anderen Religionen

Bei >Toleranz<  mag die unbegründete Annahme mitschwingen, andere Glaubensrichtungen seien der eigenen unterlegen, und Respekt lässt auf ein gönnerhaftes Verhalten schließen, während Ahimsa (Gewaltlosigkeit, Anm. der Autorin) uns lehrt, der Religion der anderen dieselbe Achtung entgegenzubringen, wie wir sie unserer eigenen gegenüber empfinden. Auf diese Weise räumen wir die Unvollkommenheit unserer eigenen Religion ein.

Die Religion unserer Vorstellung - unvollkommenen, wie sie ist - ist stets einem Prozess der Entwicklung und Neuinterpretation ausgesetzt. Nur so ist es möglich, in Richtung Wahrheit, in Richtung Gott fortzuschreiten. Und wenn alle von Menschen entworfenen Glaubensvorstellungen unvollkommen sind, stellt sich die Frage, ob die eine oder die andere besser ist, überhaupt nicht. Alle Religionen sind eine Offenbarung der Wahrheit, doch sind alle zugleich unvollkommen und dem Irrtum unterworfen. Die Verehrung für andere Religionen muss uns nicht blind machen für ihre Fehler. Ebenso müssen wir uns der Fehler unserer eigenen Religion voll bewusst sein, es dabei aber nicht bewenden lassen, sondern versuchen, diese Fehler zu überwinden. Bei einer unvoreingenommenen Betrachtung aller Religionen würden wir nicht nur nicht zögern, sondern es für unsere Pflicht erachten, in unseren Glauben jeden annehmbaren Zug der anderen Religionen aufzunehmen. (107) 

Wobei wir in einem Zeitalter leben, in der die Religionen in unserem eigenen Land immer mehr in den Hintergrund treten. Größtenteils gibt es in unserer kulturellen Entwicklung keine göttliche Instanz mehr. Dennoch ist es hilfreich, Achtung anderen Glaubensrichtungen einzuüben, bezogen aber auch auf die unterschiedlichen Kulturen. Auch unsere gesellschaftlichen Normen und Bestimmungen sind nicht perfekt, sondern immer weiter verbesser- und ausbaubar. Auch bei uns sind, anders als in anderen Ländern, z. B. die Geschlechterrollen noch immer ungleich verteilt, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Gandhi wurde von den Engländern aufgefordert, sein vegetarisches Essverhalten aufzugeben, da nur Fleisch aus einem Mann einen starken Mann machen könne. Noch nie in seinem Leben hatte Gandhi Fleisch gegessen und hat sich dennoch dazu bringen lassen, es zum ersten Mal mit Ziegenfleisch zu probieren. Die Erfahrung damit fand ich zwiespältig. Einerseits traurig, dass Gandhi von den Engländern dazu gedrängt wurde, andererseits musste ich über die folgende Auswirkung so sehr lachen:

Das Ziegenfleisch war zäh wie Leder, ich konnte es einfach nicht hinunterschlucken. Mir wurde übel, und ich musste mit dem Essen aufhören.

 Danach hatte ich eine schlechte Nacht. Furchtbarer Albtraum quälte mich. Jedes Mal, wenn ich gerade eingeschlafen war, meinte ich, eine lebendige Ziege in mir meckern zu hören, und schreckte voller Schuldgefühle hoch. (134) 

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Dass Gandhi auch Tiere achtet und sie nicht unter die Menschen stellt, sondern sie gleichrangig behandelt.

Für mich ist das Leben eines Lamms nicht weniger wertvoll als das eines Menschen. Ich wäre nicht bereit, dem leiblichen Bedürfnis zuliebe das Leben eines Lamms zu opfern. Je hilfloser ein Geschöpf ist, umso mehr Anspruch hat es nach meiner Überzeugung darauf, vom Menschen vor der Grausamkeit des Menschen geschützt werden. (138) 

Dieses Zitat finde ich sehr schön. Wir essen Fleisch, weil es alle tun, ohne uns bewusst zu machen, wie viel Leid z. B. in einer Wurst steckt, die einmal Tier gewesen ist.

Meine Identifikationsfigur
Ich habe mich mit allen Texten Gandhis identifizieren können. In allen seinen Reden konnte ich mich innerlich wiederfinden, nur dass ich das nicht so sehr nach außen trage, außer dass ich darüber schreibe.

Cover und Buchtitel
Beides finde ich sehr ansprechend. ... denn der Frieden ist der Weg, ist allerdings auch eine Entwicklung, die wir Menschen uns erst erarbeiten müssen. 

Zum Schreibkonzept
Auf den 176 Seiten ist das Buch in mehreren kurzen Kapiteln unterteilt. Es beginnt mit einer Einleitung und endet mit interessanten Aphorismen. Die Kapitel / Themen sind kurzgehalten und wenig ausschweifend. Manchmal ist auch eine Jahreszahl hinzugefügt. Die Texte beinhalten verschiedene Vorträge zu Menschenrechten, zu den unterschiedlichen (Welt)religionen, zum Weltfrieden sowie auch zur Ernährung und zur gesunden Lebensweise, um nur ein paar zu nennen.

Meine Meinung
Auch wenn ich mit dem Kastensystem der Hindus wenig anzufangen weiß, finde ich die Haltung Tieren gegenüber sehr vorbildlich und gerecht. Während im Christentum Tiere für die Sünden der Menschen durch Töten geopfert werden, finden diese Riten bei den Hindus definitiv nicht statt. Wer den Hinduismus achtet, lässt auch kein Tier für den Fleischverzehr schlachten. Dennoch lebte Gandhi gesund, wie dies im Kapitel Ernährung und Gesundheit zu entnehmen ist.

Fazit
Sehr eindrückliche und nachdenkenswerte Texte. Ein recht dünnes Werk zwar, aber jede Seite habe ich als sehr gehaltvoll empfunden. Es hat mir viel Freude bereitet, diese Texte zu lesen, da sie von der Entstehung bis heute noch immer zeitgemäß geblieben sind.

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Zufälligerweise habe ich das Buch durch ein anderes Buch im Internet entdeckt. Auf jeden Fall möchte ich nach dieser Gandhi-Lektüre eine Biografie hinzuziehen.   

Meine Bewertung Sachbuch

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck und Verständlichkeit
2 Punkte: Sehr gute Umsetzung der Thematik.
2 Punkte: Sehr gute aufklärerische und kritische Verarbeitung
2 Punkte: Logischer Aufbau, Struktur und Gliederung vorhanden.
2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkte

Zwölf von zwölf Punkten.

Vielen herzlichen Dank an den Kösel Verlag für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar.

________________

Wo Toleranz, Nächstenliebe und Wahrheit herrschen,
können selbst Unterschiede lehrreich sein.
(Mahatma Gandhi)

Gelesene Bücher 2020: 21
Gelesene Bücher 2019: 34
Gelesene Bücher 2018: 60
Gelesene Bücher 2017: 60
Gelesene Bücher 2016: 72
Gelesene Bücher 2015: 72
Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Der Mensch ist mehr als nur die biologische Erbmasse.
Er ist, was er innerlich denkt und fühlt.
(M. P.)

Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen. Die meisten haben ihre Wurzeln dort geschlagen, wo sie geboren wurden und / oder dort, wo sie ihr ganzes Leben zugebracht haben.

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)

 


Dienstag, 20. Oktober 2020

Alexander Gosztonyi / Betrachte dich mit den Augen der Liebe (1)

Foto: Pixabay
Deine Seele ist kein unbeschriebenes Blatt

Der Wissende weiß, dass er glauben muss.
(Friedrich Dürrenmatt)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Mir hat auch dieses Buch von Alexander Gosztonyi sehr gut gefallen. Gelesen hatte ich kürzlich von ihm Das große Buch der Seele. Am Ende dieser Buchbesprechung gibt es eine Verlinkung dahin. Vieles, was er schreibt, konnte ich mir selbst auch denken, da es bei mir seit meines Lebens etliche Überlegungen in diese Richtung schon gab. Außerdem hatte ich selber schon häufigen Kontakt nach oben, deshalb kann ich gar nicht anders, als daran zu glauben ... Doch auch in diesem Buch haben sich mir jede Menge Aha-Erlebnisse aufgetan. Es ist sehr eindrucksreich geschrieben. Die sieben Entwicklungsstufen fand ich spannend und sprachlich sehr anschaulich dargestellt. Ich glaube, dass jeder, der kritisch mit sich umgeht, seine Entwicklungsstufe in diesem Buch wird finden können, wenn ich auch eine Sache vermisst habe, auf die ich in später kurz eingehen werde. Da ich in meiner letzten Buchbesprechung desselben Autors mich sehr ausführlich in meiner Rezension ausgelassen habe und sich hier manches nochmals wiederholen würde, habe ich eher das Bedürfnis, in kurzer Form über einzelne Punkte dieses Buch zu diskutieren. Ich werde mich hier aber hauptsächlich auf die dritte Entwicklungsstufe auslassen, weil dies die Stufe ist, die mich in diesem Leben am meisten beschäftigt.

Ich weiß, dass ich mich mit dieser Buchbesprechung für gewisse Leser*innen weit aus dem Fenster hinauslehnen werde, für andere dagegen kann diese kleine Diskussion wertvolle Impulse beinhalten, aber ich möchte nur ein Zeichen setzen und Mut machen, verkrustete Verhaltens- und Denkweisen durch's kritische Hinterfragen aufzubrechen. Man findet immer Argumente, eine Besprechung wie diese rational abzulehnen, insofern geht es mir nicht darum, recht haben zu müssen, sondern nur um neue Sichtweisen möglich zu machen. Niemand ist gezwungen, sie zu übernehmen.

Hier geht es zum Klappentext, zum Autor*inporträt, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Ich möchte gerne begründen, weshalb ich mich für diese transzendentalen Themen interessiere, die der Autor thematisch aufgreift. Weil ich das Bedürfnis habe, Dinge besser zu verstehen, die unser menschlicher Verstand nicht zu erfassen in der Lage ist, und er aus diesem Grund vieles negiert und rational abwehrt. Aber was ist eigentlich unter einer Transzendenz zu verstehen?

Tranzendental (neulat. überschreitend) heißt diese zweite Art von Intelligenz, weil sie den Menschen dazu verhilft, über die bloße Erscheinungswelt, über das Materielle und auch über das nur rational Erfassbare hinauszugelangen und das Wesensmäßige unmittelbar zu erfassen. (143)

Zum einen, weil ich selber neugierig bin zu erfahren, auf welcher Entwicklungsstufe ich mich befinde, und zum anderen, weil ich Antworten auf kosmopolitische Fragen suche, die mir die Naturwissenschaft schuldig bleibt. Wir orientieren uns häufig an die Lehren der Wissenschaft, doch nicht nur, dass die Wissenschaft an ihre Grenzen stößt, sondern sie hat sich selber häufig geirrt und falsche Theorien in die Welt verpflanzt. Ich erinnere mich an die Anfänge meines Studiums, als im Hörsaal der Dozent damals zu uns sprach, dass das, was wir heute hier lernen, sich morgen als falsch herausstellen könnte.

Die sieben seelischen Entwicklungsstufen in diesem Buch bezeichnet der Autor als das innere Alter der Seele und vergleicht sie mit der Entwicklung eines Menschen vom Säugling bis zum Erwachsenen. Wie die Seele ist auch die Psyche ist nicht sichtbar, sie lebt im Körper. Niemand kann die Psyche eines Menschen sehen, und doch wissen wir alle, dass es sie gibt.

Ich habe in der Buchvorstellung geschrieben, dass ich glaube, dass unsere Gesellschaft sich größtenteils in der dritten Entwicklungsstufe befindet, das ist die Stufe der Rationalität. Damit möchte ich nicht ausdrücken, dass wir alle gleich sind. Jeder Mensch lebt sie auf seine Art aus. Aber wie komme ich darauf? Weil auf die Herzensbildung kaum Wert gelegt wird, und viele Themen werden regelrecht mit der Ratio kaputtgeredet. Jeder bildet sich zu allem eine private Meinung, ohne zu fühlen, was der Kopf denkt. Die Kinder werden schon in der Grundschule geimpft, die ersten Weichen werden hier gestellt, wenn nicht schon im Kindergarten, dass nur das Abitur zu einem beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg führen würde. Und naturwissenschaftliche Berufe stehen bei uns in der Gesellschaft ganz hoch oben in der Beliebtheitsskala, was die Wertschätzung und der Arbeitslohn betreffen. Oder der Rassismus. Noch immer wird z. B. über die Hautfarbe oder über die Herkunft eines Menschen und dessen Rechte diskutiert, statt sich in diesen Menschen hineinzuversetzen, empathisch zu ergründen, was dieser Mensch in einer sog. „homogenen Gesellschaft“ durchmacht. Ein Mensch, der sich auf empathischer Ebene weiterentwickelt hat,

Wird sich Klarheit darüber verschaffen, wie es in einem Menschen in dieser oder jener Situation innerlich aussieht, was er jeweils empfindet, fühlt, denkt, welche Gefühlslage sich hinter seinen Worten, seinem Benehmen verbirgt, er wird auf Ton und auf Gebaren achten, um die Hintergründe zu verstehen, um bis zur Quelle von Leid, Verzweiflung in der großen, großen Angst zu kommen. Dabei wird er tunlichst vermeiden, eine Diskussion auf der Verstandesebene zu suchen, etwas >beweisen< oder >widerlegen< zu wollen, um das Wesentliche, das Gefühl und die Stimme des Herzens, totzureden. (180)

Gefühle werden häufig als Schnulzen und als Sentimentalitäten abgetan, als wenig sachlich, mag sicher auch bei dem einen oder anderen zutreffen, doch es kommt auf den Menschen darauf an, wie er sie äußert, aber auch auf der Verstandesebene können Gedanken auf einer niederen und unreifen Ebene ausgedrückt werden. Auch hier kommt es auf den Menschen an, wie er sein Denken formuliert und wo er sich in seiner Entwicklung gerade befindet. Aber es kommt auch auf das Gegenüber an, wie dieser Gefühle beim anderen bewertet.

Der Wert oder Unwert solcher Ergründung ist an ihrem Erlebnisgehalt ablesbar. Beruht die Erklärung auf einer immanent logischen Konzeption mit Voraussetzungen, die nur rein theoretisch >erarbeitet< wurden, so schwebt die Argumentation unverwurzelt in der Luft und hat zur echten Wirklichkeit keinen Bezug. Die Realität, die sie darstellt, ist zwar auch eine, jedoch eine rein abstrakte Denkrealität. Sie besteht nur insofern, als sie er-und gedacht wird, darüber hinaus hat sie keine Bedeutung auch nur für eine der Wirklichkeitsspähren. Es ist ein Abenteuer des sich selbst überlassenen Verstandes, der seine Eroberungszüge durchführt, ohne vom eroberten Land echten Nutzen ziehen zu können. Die erdachte Theorie erweist sich als Schal, sobald sie mit der Wirklichkeit konfrontiert oder in der irdischen Realität umgesetzt wird. (219) 

Ich denke dabei auch an den Mathematiker und Philosophen René Descartes, der mit seinen Lehren Theorien verbreitet hatte, die für bestimmte Lebewesen bis heute noch fatale Folgen mit sich brachte. Er bezeichnete Tiere z. B. nur als Maschinen, und sie dadurch keine fühlenden und denkenden Wesen seien. Wie konnte Descartes sich nur so täuschen? Ist er es nicht gewesen, der gefühllos war und er seine Gefühllosigkeit auf die Tiere übertragen hatte? Jedes Tier, dem man Schmerz zufügt, von dem lassen sich laute Schreie vernehmen, und es wird dadurch ganz deutlich, dass Tiere sehr wohl wie wir Menschen Schmerzen und in Stresssituationen auch Ängste empfinden. Dafür benötige ich keinen Mathematiker, der mir dies erklärt.

In der Stufe der Rationalität ist auch häufig kein Platz für Immaterielles. Wir glauben häufig nur an das, was man sehen und anfassen kann.

Die Identifikation des Lebens schlechthin mit dem Leben in der irdisch grob-stofflichen Materie gilt noch auf der dritten Entwicklungsstufe. Auf dieser Stufe stellt der Mensch rational erfasste, oft nur er dachte Ordnungen auf und versucht, auch die Lebenserscheinungen systematisch einzuordnen, zu rationalisieren. Da er aber nur das als wirklich existierend betrachtet, was eine irdisch-materielle Erscheinungsweise hat, reduziert er im Grunde alles Erfassbare auf das Materielle. Eine Folge davon ist, dass nur das als >wissenschaftlich< gilt, was auf der irdisch-materiellen Ebene zugänglich ist; was mit Instrumenten der Physik nicht messbar ist, gilt als nicht-existent, und alle seelisch-geistigen Vorgänge werden auf die Funktion des Gehirns zurückgeführt. Und die Tatsache, dass der Mensch und jedes Lebewesen eine Seele hat, gehört dann selbstverständlich zu den Ammenmärchen. (39)

Das genau sind die Gründe gewesen, weshalb es mich zu diesen Büchern der Geheimwissenschaft hingezogen hat. Ist der Mensch tatsächlich die Krone der Schöpfung und andere Mitseelen wie Tiere und Pflanzen nur Zufallsprodukte, die man nach Belieben ausbeuten kann? Wenn mir Mitmenschen auf meine Frage antworten, ob ihnen das Leid der Tiere nichts ausmachen würde, bekomme ich häufig zu hören, dass die Tiertötung des Fleisches wegen völlig normal sei, weil dies schließlich alle Menschen auf der Welt tun würden, und so höre ich sie aus der Ratio heraus sprechen. Sich aber in die Tiere hineinzuversetzen, welche Pein sie erdulden müssen, nur damit der Gaumen des Menschen befriedigt wird, würde es den Tieren mithilfe der Empathie deutlich besser gehen.

Es ist mir dennoch schwergefallen, mich über eine Rezension dieses Buches zu entscheiden, in dem die Grenzwissenschaft in den Fokus gerückt wird. Warum? Weil man schon im Alltag Schwierigkeiten hat, diese Themen in Diskussionen miteinzubeziehen. Es fällt den meisten schwer, an eine Welt zu glauben, die mit den Händen nicht greifbar ist, obwohl sich diese geistige Welt, dieses Wissen in uns allen befindet.

Der Mensch hat das Bedürfnis, die Anziehung des Unsichtbaren in sich zu unterdrücken oder sogar abzutöten, solange er die Stimme des Unsichtbaren nicht vernehmen will oder noch nicht vernehmen kann. Er tut es, indem er mit seinem Verstand, natürlich mit einem einseitig gebrauchten, verabsolutierten Verstand, in sich alles erstickt, was mit dem Übersinnlichen korrespondieren und auf dessen Anruf er mit Resonanz antworten möchte. Er tut es meistens, indem er sich in das Abenteuer der Ratio stürzt. Anstelle der wahren Wirklichkeit setzt er die abstrakte Realität, und er ergeht sich in theoretischen, theologischen und philosophischen, seit der Neuzeit in wissenschaftlichen Ergründungen, die die Stelle der Wirklichkeit des Übersinnlichen und sogar alles Himmlischen einzunehmen haben. (219)

Meine Identifikation mit den Entwicklungsstufen
Auch ich habe mich in der dritten Entwicklungsstufe gesehen, aber mehr in einem Übergang in die vierte Stufe, da ich ebenso über mediale Erfahrungen verfüge, die mit der vierten Entwicklungsstufe beginnen würden. Ich lerne, in diesem Leben tatsächlich zweigleisig zu fahren. Ich arbeite mit meinem Kopf, aber auch mit meinem Herzen. Dennoch fällt es auch mir oftmals schwer, mich vom Herzen her mehr zu öffnen. Auch ich trage die Schwierigkeit mit mir herum, an immaterielle Dingen zu glauben, die mit dem Verstand und mit den Händen nicht greifbar sind. Durch dieses Buch weiß ich nun, dass ich mich in einem Lernprozess befinde, weiterhin mehr auf mein Herz zu hören. Irgendwann wird jeder Mensch lernen, die Balance zwischen Herz und Verstand zu finden, doch zum Licht und zur universellen Liebe ist es das Herz, das uns, wie der Autor sagt, hinführen wird.

Unsere Aufgabe lautet demnach, ein wahrhaftig menschlicher Mensch zu werden und Hochachtung vor jeder Kreatur zu haben. (125) Die Gefühlsfähigkeit ist die Voraussetzung für die echte Liebesfähigkeit. (25)

Bis dahin wird es für viele von uns noch ein weiter Weg sein.

Cover und Buchtitel  

Der Buchtitel war es, der mich neugierig und mich zum Weiterlesen nach dem ersten Werk Das große Buch der Seele gestimmt hat. Mich und meine Mitmenschen mit den Augen der Liebe zu betrachten ist eine Herausforderung, die ich gerne vom Autor vorgelebt haben wollte, und von daher habe ich Cover und Buchtitel nach dem Lesen als recht stimmig empfunden, weil mein Mitgefühl, wie ich weiter unten schon geschrieben habe, durch das Buch deutlich gesteigert werden konnte, wobei ich schon allein durch meinen Beruf mit psychisch kranken Menschen tagtäglich vor dieser Herausforderung gestellt bin.

Der Untertitel Deine Seele ist kein unbeschriebenes Blatt zeigt auf, dass es seine Berichtigung hat, so zu sein, wie man ist, dass die Seele gefüllt ist mit den zahlreichen Vorerfahrungen ihrer Vorleben.

Zum Schreibkonzept
Das Buch beginnt mit einem Vorwort, das Heinrich von Nievergelt verfasst hat. Aber wer ist Heinrich von Nievergelt? Ein Berufskollege? Ich konnte im Internet nicht fündig werden. Danach beschreibt Gosztonyi erstmal allgemein den Weg zur Vollendung. Er bereitet die Leser*innen quasi auf die Hauptthematik vor. Er beschreibt die Etappen der Entwicklung, bis er schließlich in den folgenden Kapiteln auf die unterschiedlichen Entwicklungsstufen von eins bis sieben in sehr ausführlicher aber gut verständlicher Form eingeht. In jeder Entwicklungsstufe gibt es weitere Unterpunkte. Das Buch endet mit einer äußerst interessanten Danksagung durch seine Ehefrau und mit einer Bücherliste.

Es zeigt, dass das Buch sehr gut strukturiert und gegliedert ist. Man merkt deutlich, dass der Autor in seiner Thematik sicherlich auch durch seinen Beruf als Rückführungstherapeut zu Hause ist. Er scheint auch über mediale Erfahrungen aus der Kindheit zu verfügen. Denn in dem Vorwort geht hervor:

Alexander Gosztonyi war noch Schüler in Ungarn, als ihm ein Medium prophezeite: “Du wirst als Erwachsener einmal Bücher schreiben und in deiner nächsten Inkarnation sie selber lesen”.

Gosztonyi ist zudem bibelfest, zitiert häufig daraus, bezieht sich aber auch sehr kritisch zur Heiligen Schrift, was ich zusätzlich noch sehr interessant fand. 

Meine Meinung
In mancherlei Hinsicht erschien mir das Buch sehr negativ. Auf positive Entwicklungen dürfe sich der Mensch nichts einbilden, denn sie seien Geschenke Gottes, doch für die negativen Anteile haben wir Menschen uns durch die Anhäufung von schlechtem Karma von Stufe zu Stufe abzurackern. Wenn man Gosztonyi liest, beschleicht mich am Ende ein Gefühl von einer ewigen Anstrengung durch zahlreiche Leben über die der Reinkarnation. Wenig geht der Autor auf positive Entfaltung eines Menschen ein, die man als gutes Karma bezeichnen könnte. Das leuchtet mir nicht ein. Negatives hat sich der Mensch selbst verschuldet, Positives seien Geschenke Gottes. Aber so hat der Autor das nicht gemeint, es liest sich nur so, weil er auf das Gute, das sich der Mensch erschaffen hat, zu wenig eingeht.

Es ist doch auch schön, auf der Welt zu sein, man hat Freude und Spaß am Leben, was mir etwas in diesem Buch zu kurz gekommen ist. Ich war froh über die Kenntnisse seines Werkes Das große Buch der Seele zu verfügen, denn durch dieses Buch konnte ich besser ableiten, mit wieviel Liebe er sein Wissen in die Bücher gepackt hat, um es uns Menschen weiterzureichen.

Und die Wertung von Gut und Böse würde es im Göttlichen nicht geben, da beides gottgewollt sei und beides neutral. Zur Weiterentwicklung der Seele müsse der Mensch auf beiden Bewusstseinsebenen von Gut und Böse seine Erfahrungen machen. Das sog. Böse sei notwendig, damit der Mensch dadurch aus sich heraus das Gute entfalten könne. Das hieße aber nicht, dass der Mensch tun könne, was er will. Alles Schlechte, was er fabriziert, würde auf ihn selbst zurückfallen.

Die Seelenstufen lesen sich ein wenig wie ein Schubladendenken, aber auch das ist so nicht gemeint. Selbst wenn Menschen einer Gesellschaft in ihren Werten miteinander partizipieren und kooperieren, ist doch jeder Mensch anders und jeder lebt diese Eigenschaften anders aus. In einer Schulklasse gleichen sich auch nicht alle Schüler*innen, obwohl sie alle vor den selben Aufgaben ihrer Klassenstufe gestellt sind.

Hermann Hesse
Eine Brücke zwischen der grobstofflichen und der feinstofflichen Welt
Ich denke oft darüber nach, dass es eine Brücke geben müsste, die diese beiden Welten für uns (suchende) Menschen verbindet. Ich erinnere mich dabei tatsächlich an Hermann Hesse, der sich ebenso sehr intensiv in seinen Büchern 
Das Glasperlenspiel und Siddharta über die feinstoffliche Existenz ausgelassen hat. Auch Hesse äußerte darin eine gewisse Sehnsucht nach einer Brücke dieser Art. Laut Gosztonyi scheint es tatsächlich diese Brücke zu geben, allerdings erst in der siebten Entwicklungsstufe. Hier habe der Mensch wie eine Brücke Verbindung zu beiden Bereichen. Erst in dieser Stufe würde der Mensch dafür diese innere Reife und Stärke erworben haben.

Was hat das Buch in mir bewirkt?
Ich habe mehr Mitgefühl mit meinen Mitmenschen erworben. Mithilfe des Buches wird deutlich, welchen Lebenskampf wir alle führen, und dass es nicht einfach ist, diese Entwicklungsstufen zu erlangen. Anders als mit der menschlichen Entwicklung von Geburt bis zur Bahre verlaufen die seelischen-geistigen Abläufe viel längerfristiger ab. In den unterschiedlichen Entwicklungsstufen würde man immer wieder hineingeboren werden. Nicht, weil der Mensch unfähig oder dumm ist, nein, weil die Erfahrungen erst gemacht werden müssen, die der Mensch auf den verschiedenen Stufen erwerben müsse, um aufsteigen zu können. Erfahrungen als Mann, dann wieder als Frau, Erfahrungen mit Religionen, dann wieder ohne Religionen, Erfahrungen mit den verschiedenen Berufsgruppen, mit den unterschiedlichsten Familien, Erfahrungen mit verschiedenen Kulturen, etc. um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Stufen kann man mit einer Schule vergleichen. Wenn wir innerlich reif sind, werden wir eine Stufe höher steigen, sozusagen versetzt in die höhere Klasse, nur, dass hier die jeweiligen Schuljahre nicht auf zwölf Monate zu begrenzen sind. Wie und wann wir es geschafft haben, diese Schule Erde zu verlassen, das heißt, von dem Reinkarnationszyklus endlich befreit zu werden, möchte ich an folgendem Zitat aufzeigen.

Sein anfänglich noch recht theoretisches Wissen über die Doppelgeschlechtigkeit der Seele, dass sie also zugleich Männliches und Weibliches in sich schließt, begann erst auf den höheren Stufen zur inneren Realität zu werden, als er nämlich anfing, diese beiden Eigenarten menschlichen Seins bewusst zu entfalten. Dazu war nötig, dass er fähig wurde, den Menschen nicht mehr nach der äußerlichen Erscheinung, so auch nicht nach dem biologischen Geschlecht und dem biologischen Alter, sondern nach den menschlichen Qualitäten und nach dem inneren Alter einzustufen. Er musste reif werden, um den Menschen im Menschen und nicht bloß die nach außen erscheinende Person wahrzunehmen. (254)

Niemand wird aus diesem Raster fallen. Es wird niemand im Fegefeuer verschwinden. Der Schöpfer weiß, wie schwer unsere Bürden sind, und dass die schlechten Erfahrungen zu unserer Entwicklung dazugehören, sie sind sogar gottgewollt, weshalb wir immer nach dem physischen Tod wieder mit Liebe empfangen und nach einer Ausruhphase mit Liebe wieder zurück auf die Erde geschickt werden. Immer wieder in einer anderen Rolle, die Erde als Bühne begreifend. An diesem Bild Bühne wird deutlich, wie mannigfaltig die Rollen von Personen sein können, die der Mensch immer wieder abwirft, um später in eine weitere Rolle zu schlüpfen, um sein neues Lebensstück in einer anderen Façon spielen zu können.

Mein Fazit
Ein sehr zu empfehlendes Buch, das zum Weiterforschen anregt. Allerdings setzt das Buch unbedingt eine gewisse geistige Aufgeschlossenheit voraus. Aber wer sie nicht mitbringt, der wird diese Besprechung sowieso mittendrin wieder abbrechen. 

Wie ist das Buch zu mir gekommen?
Gosztonyis Werk Das große Buch der Seele hat mich dermaßen erfüllt, dass ich unbedingt auch dieses Buch lesen wollte. Auf der letzten Seite sind sämtliche Buchtitel des Autors aufgelistet.

Wer Interesse zur Buchbesprechung Das große Buch der Seele bekommen hat, der kann sie  hier nachlesen.

Meine Bewertung Sachbuch

2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck und Verständlichkeit
2 Punkte: Sehr gute Umsetzung der Thematik.
2 Punkte: Sehr gute aufklärerische und kritische Verarbeitung
2 Punkte: Logischer Aufbau, Struktur und Gliederung vorhanden.
2 Punkte: Anregung zur Vertiefung, zum weiteren Erforschen und zur Erkundung
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Zwölf von zwölf Punkten.

Vielen herzlichen Dank an den Windpferd - Verlag für das Leseexemplar.

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Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein kleinwenig besser machen.
(Charles Dickens)

Gelesene Bücher 2020: 19
Gelesene Bücher 2019: 34
Gelesene Bücher 2018: 60
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Gelesene Bücher 2016: 72
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Gelesene Bücher 2014: 88
Gelesene Bücher 2013: 81
Gelesene Bücher 2012: 94
Gelesene Bücher 2011: 86

Ich lese mit Herz und Verstand!
Um die Welt, Menschen und Tiere
besser zu verstehen.

Die Herkunft eines Menschen
Die Wurzeltheorie verdammt Menschen zu ewigen Ausländer*innen, nur, weil sie eine andere Hautfarbe, eine andere Religion oder einen anderen Namen tragen.

Bäume haben Wurzeln, doch Menschen haben Beine, und der liebe Gott wird sich schon bei der Einrichtung der Welt auf diese Weise etwas gedacht haben. Im Grunde sind wir nicht dazu da, ortsfest wie ein Baum zu leben“.
(Denis Scheck im Interview mit Iris Wolf, aus ARD-Buchmessenbühne)

Es lebe die menschliche Vielfalt in Deutschland und überall.
(M. P.)

 

Freitag, 30. Juni 2017

Steve Jenkins und Derek Walter mit Caprice Crane / Esther, das Wunderschwein (1)



Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Was für ein schönes Buch. Ich habe es mit großem Interesse gelesen. Wenn jemand wissen möchte, was ich unter einem Paradies verstehe, dann ist es diese Welt, die in dem Buch beschrieben wird. Eine Welt, in der Menschen und Tiere zusammenleben, und niemand sterben oder gequält werden muss, nur damit ein anderes Leben leben darf, wobei auf unserem Planeten Erde es der Mensch ist, der über Leben und Tod anderer Lebewesen entscheidet.

Ich habe das Buch gestern ausgelesen und es geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Viele Szenen arbeiten noch in mir. So vielen Menschen habe ich von dem Buch erzählt, und alle wollen es von mir ausgeliehen bekommen. Ich habe dabei aber nur ein Problem. Ich kann mich von dem Buch überhaupt nicht mehr trennen, und so habe ich vor, ein oder zwei Exemplare im Buchhandel zu erwerben, die ich dann ausleihen werde.

Ich habe schon zwei Katzen, und hatte immer auch mit dem Gedanken gespielt, mir ein kleines Zwergschweinchen anzuschaffen. Aber von diesem Gedanken bin ich nun wieder abgekommen, da es so etwas wie Zwergschweine gar nicht gibt, und ich nicht die Möglichkeit habe, es diesen beiden Tierschutzaktivisten Steve und Derek gleichzutun, obwohl die beiden es mit dem Schweinchen auch nicht leicht hatten. Ganz im Gegenteil ... Selbst die Partnerschaft der beiden wurde durch das Schweinchen auf eine harte Probe gestellt ...

Zur Erinnerung gebe ich erneut den Klappentext rein:
Als eine Bekannte den Tierfreund Steve Jenkins fragte, ob er nicht ein Minischwein adoptieren wolle, wusste Steve, dass sein Lebensgefährte Derek nicht gerade begeistert sein würde. Dennoch willigte er ein, sich des süßen kleinen Ferkels anzunehmen. Eine Entscheidung, die Dereks und sein Leben für immer verändern sollte. Denn rein gar nichts an Esther war »Mini« – in drei Jahren wurde sie zu einem ausgewachsenen Hausschwein von 335 Kilo. Doch trotz aller Schwierigkeiten und einer Menge buchstäblicher »Schweinereien« liebten die beiden Esther: nur wie sollte es in ihrer Stadtwohnung mitten in Toronto mit der tierischen WG weitergehen? Wieder fassten sie einen weitreichenden Entschluss: per Crowdfunding finanzierten sie ein Gnadenhof-Projekt für ehemalige Nutztiere. Heute leben sie mit Esther und vielen anderen tierischen Freunden auf dem Land in Ontario im Happily Ever Esther Farm Sanctuary.

Dieses sogenannte Minischwein hat es schließlich mit der Zeit auf satte 300 Kilo auf die Waage gebracht. Was die Züchter*innen anpreisen, ist regelrecht verantwortungslos, da viele Ferkelchen wegen der zunehmenden Größe nicht bei dem Menschen bleiben können, der es ursprünglich aufgenommen hatte. Steve stellt sich die Frage:
Wo wäre Esther wohl gelandet, wenn sie nicht zu uns gekommen wäre? In einem käfigartigen Kastenstand in einem Maststall. Ich frage mich manchmal, was aus dem Rest wohl geworden sein mag. Woher soll man wissen, ob die Packung Frühstücksspeck im Laden nicht von Esthers Angehörigen stammt? Vielleicht aus einem Wurf ihrer Schwester? Und falls nicht, ist es doch auf jeden Fall das Fleisch von geschlachteten Schweinen, intelligenten Schweinen mit einer ganz eigenen Persönlichkeit, die fähig waren, Liebe und Zuneigung auszudrücken – so wie Esther. (2016,72)

Manche Minischweine landen im Tierheim und werden dort geschlachtet, manche landen gleich im Schlachthaus. Esther hatte Glück, sie kam zu Steve und Derek, wo sie leben und sich entfalten durfte.

Besonders Steve fühlt sich ganz stark zu Tieren hingezogen, der total unvorbereitet dieses Schweinchen aufgenommen hat, das er nicht mehr hergeben konnte, selbst als Esther schon ausgewachsen war, und sie viel Raum benötigte. Aber dieses Schwein hat trotz der großen Anforderungen Steves und seines Partners Leben total verändert. Positiv versteht sich.

Das Schweinchen Esther entpuppte sich als familientauglich. Es war anhänglich und wahnsinnig intelligent. Es entwickelte eigene Charakterzüge, sodass Steve und Derek gelernt haben, Esther als eine Persönlichkeit zu betrachten. Es war nicht irgendein Schwein, irgendein Tier, nein, sie wurde mit der Zeit als eine richtige Persönlichkeit angesehen.

Die beiden besaßen, noch bevor Esther bei ihnen eingezogen ist, schon zwei Katzen und zwei Hunde und Esther unterschied sich von ihrem Charakter nicht sonderlich von denen der Hunde und der Katzen.

Steve und Derek waren, was die Ernährung betrifft, ganz gewöhnliche Menschen. Sie konsumierten Fleisch, ohne sich dabei etwas zu denken. Bis an dem Tag, an dem Derek zum Frühstück Speck auf dem Herd briet. Den Speckgeruch, den sie sonst so sehr geliebt hatten, haben beide plötzlich als unangenehm empfunden. Plötzlich machte es Klick im Kopf, der Groschen ist nun bei beiden halbwegs gefallen:
Ich würde nie Hundefleisch essen. Und ab jetzt auch keinen Frühstücksspeck.(…) Ich trat zu Derek an den Herd. >>Ich glaube nicht, dass ich das essen kann<<, sagte ich, um mich bemerkbar zu machen. Er bat mich, es zu wiederholen. Also tat ich es. >>Ich kann das nicht essen. Ich esse diesen Speck nicht. Es graut mir davor. <<Seine Erwiderung überraschte mich: >>Ich auch nicht, glaube ich. <<Es war echt komisch. Er fragte mich nicht einmal nach dem Grund. Als hätte er genau das Gleiche gedacht. (65)

Steve und Derek waren nun nicht gleich Veganer geworden, aber sie befanden sich zumindest auf dem Weg dorthin, es ist ein Prozess, auch das Fleisch anderer Tiere nicht weiter essen zu wollen.
(…) Wenn wir fortan Frühstücksspeck sahen, sahen wir Esther, aber wenn wir einen Burger vor uns hatten, sahen wir darin weiterhin einen Burger. Mit einem Mal spielte Esther in einer ganz anderen Liga - bloß hatten ihre übrigen >>Freunde vom Bauernhof<< den Sprung in unsere Köpfe noch nicht geschafft. Es war ein treffendes Beispiel dafür, wie man vor etwas die Augen verschließt und eine Mauer um sich herumzieht, (ebd).

Bevor Esther zu ihnen kam, hatten sie für ihren Fleischkonsum immer eine passende Rechtfertigung. Doch nun, seit Esther bei ihnen lebt, passen die Rechtfertigungen nicht mehr, und so fingen sie an, Bewusstsein auch für andere (Nutz)-Tiere zu entwickeln:
Dann wiederum fand ich mich in der Fleischabteilung des Supermarkts wieder und litt unter einem würgenden Gefühl des Unwohlseins, weil auf einmal alles in den Truhen ein Gesicht hatte. Konnte ein Steak oder eine Speckschwarte nicht mehr nur als ein Produkt betrachten. Jedes einzelne Kotelett im Laden hätte Esther sein können, und dabei kam es mir richtig hoch. (73)

Hier haben Steve und Derek den Prozess abgeschlossen, indem es ihnen gelungen ist, ihr Bewusstsein auf alle Tiere zu lenken und dazu hatte ihnen Esther verholfen. Sie aßen partout kein Fleisch mehr.

Ich fand diese Entwicklung so schön, dass ich sie hier auf meiner Besprechung unbedingt festhalten möchte, damit auch andere Leser*innen daran teilhaben können. Ich selbst besitze zwar kein Schwein als Haustier, aber mir geht es genauso wie Steve, in jeder Fleischverpackung sehe ich das Gesicht des geschlachteten Tieres.


Mein Fazit?

Steve und Derek mussten sich durch Esther ein neues Zuhause suchen, da das alte von der Quadratmeterzahl nicht mehr ausgereicht hat. Mit Hilfe von Spendern konnten sie sich eine Farm aneignen und daraus einen Gnadenhof machen. Sie adoptierten noch andere Tiere, die gequält, ausgesetzt oder geschlachtet hätten werden sollen.

Das Buch ist so liebevoll geschrieben, und die Autoren prangern keine Fleischesser*innen an, weil sie selbst die Erfahrung gemacht haben, dass die Ernährungsumstellung einen mehr oder weniger längeren Prozess erfordert. Manche Tierschutzaktivsten gehen sehr aggressiv mit Fleischkonsumenten um. Derek und Steve sind da ganz anders. Sie sind liebevoll zu Mensch und zu Tier. Außerdem haben sie durch Esther so viel bei anderen bewirkt. Auf der Facebookseite, eine Esther-Seite, bekamen sie so viele Fans, alle lieben sie Esther, alle haben sie in ihr Herz geschlossen, sodass viele darunter waren, die durch sie den Fleischkonsum ganz von alleine eingestellt haben. Und dies ohne Belehrungen, ohne gehobenen Zeigefinger. Einfach nur aus Liebe zum Tier. Steve und Derek haben es ihren Follower einfach vorgelebt. 

Aber ich verstehe auch die aggressiven Tierschutzaktivist*innen. Täglich diese qualvollen Bilder vor Augen zu haben, wie Tiere für den menschlichen Gaumen gequält und geschlachtet werden, oder wenn die Tiere in der Pelztierfarm  bei lebendigem Leib gehäutet werden .. . Diese Bilder und dieses Wissen darüber verursacht bei Gegner*innen einen enormen Schmerz in der Brust. Diese furchtbaren Bilder bekommt man einfach nicht mehr aus dem Kopf, selbst wenn man sich noch so sehr darum bemüht, sie wieder zu vergessen. Aber wegschauen geht auch nicht, sonst kann man nichts verändern, und die Tiere leiden unendlich weiter. 

Habe soeben in den Nachrichten vernommen, dass die Vegetarier*innen in Deutschland zwar zugenommen hätten, gleichzeitig aber auch der Fleischkonsum. Die industrielle Massentierhaltung würde dadurch immer größer werden. Wie furchtbar traurig. 

Ich überlege, ob ich dieses Buch in meiner Literaturgruppe vorlesen werde, um noch mehr Menschen diese Liebe zum Tier nahe zu bringen. 

Tiere sind wie Menschen, sie müssen bei jemanden sein, der sie liebt.


2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

12 von 12 Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

Ich möchte mich beim btb-Verlag recht herzlich für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar bedanken.  

 ·         Broschiert: 256 Seiten
·         Verlag: btb Verlag (12. September 2016)
·         Sprache: Deutsch
·         ISBN-10: 3442714885

Und hier geht es auf die Verlagsseite von btb, Random House München.

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Die Vorstellung, dass manche Leben weniger wert sind als andere, ist die Wurzel allen Übels auf der Welt.
(Anthropologe Dr. Paul Farmer, zitiert von Steve und Derek)

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Samstag, 1. Oktober 2016

Peter Wohlleben / Das Seelenleben der Tiere (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich habe das Buch gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. Ich habe mir viele Textstellen markiert, um sie in meiner Buchbesprechung festzuhalten. Dass Tiere sehr wohl fühlende und intelligente Wesen sind, zeigt der Autor an vielen verschiedenen eigenen Beobachtungen und an mehreren Studien. Viele Menschen in meinem Umfeld, vor allem die, die sehr gerne Fleisch konsumieren, möchten das gar nicht wissen. Viele würden auch solche Bücher erst gar nicht mal lesen. Vielleicht könnte ich durch diese vielen Zitate ein wenig Anreize schaffen, sodass vielleicht doch noch ein paar LeserInnen bereit wären, das Buch zu lesen, um den Tieren gegenüber eine gerechtere Haltung einzuüben.
Viele Untersuchungen wurden auch an Schweinen vorgenommen, speziell an Wildschweinen und es stellte sich heraus, dass sie sehr intelligente Geschöpfe sind.
Wenn die Forschung so viel über die Intelligenz von Schweinen weiß, warum setzt sich dieses Bild schlauer Borstentiere nicht in der Öffentlichkeit durch? Ich vermute, es hängt mit der Verwendung von Schweinefleisch zusammen. Wenn jedem klar wäre, was für ein Wesen er da auf dem Teller hat, dann würde vielen der Appetit vergehen. (2016, 43)
Man hat mit den Schweinen weitere Experimente durchgeführt, inwieweit sie fähig seien, sich Manieren, die man ihnen beibringt, anzueignen und ob sie auf Namen reagieren?
Hier übten sie mit kleinen Schulklassen von acht bis zehn Jährlingen einen individuellen Namen ein. Besonders gut konnten sich die Jungspunde dreisilbige weibliche Namen merken. Nach dem einwöchigen Training kamen die Tiere wieder in eine größere Gruppe in den Stall zurück, und nun wurde es bei der Futterausgabe spannend: Jedes Tier wurde einzeln aufgerufen, wenn es an der Reihe war. Und tatsächlich: Es funktionierte! Sobald etwa Brunhilde aus dem Lautsprecher ertönte, sprang nur das aufgerufene Tier auf und rannte zum Trog, während alle anderen weiter ihrer aktuellen Beschäftigung nachgingen, was bei etlichen einfach nur Dösen bedeutete. Die gemessene Herzfrequenz der übrigen Schweine erhöhte sich nicht, nur das gerufene Tier zeigte eine gesteigerte Pulsrate. Eine immerhin neunzigprozentige Trefferquote erzielte dieses neue System, das Ordnung und Ruhe in die Ställe bringen kann.  (101)
Auf Seite 102 berichtet der Autor von einer Studie, die an Affen durchgeführt wurde. Die Studie nannte man Spiegeltest. Die Affen bekamen auf der Stirn einen Farbfleck aufgemalt und als sie sich in dem Spiegel erblickten, haben die Affen sich den Farbfleck von der Stirn wieder weggemacht.
Den selben Test hat man mit den Schweinen durchgeführt, mit demselben Ergebnis, allerdings waren das keine Schweine aus dem Schweinemastbetrieb.
Schweine verstehen den Spiegel (…) nicht nur für das Betrachten ihrer eigenen Körper zu nutzen. Donalds M. Broom und sein Team von der University of Cambridge versteckten Futter hinter einer Absperrung. Danach wurden Schweine so positioniert, dass sie das Futter nur in einem von ihnen aufgestellten Spiegel sehen konnten. Sieben von acht Schweinen verstanden bereits nach wenigen Sekunden, dass sie sich umdrehen und hinter die Absperrung mussten, um an den Leckerbissen zu gelangen. Dazu mussten sie nicht nur sich selbst im Spiegel erkennen, sondern sich auch Gedanken über räumliche Zusammenhänge ihrer Umgebung und ihres eigenen Platzes darin machen. (103)
Und die Frage, ob Tiere überhaupt empfindsame Wesen seien und zu tieferen Gefühlen fähig sein könnten, wurde deutlich bejaht. Nicht nur dies. Tiere sind sehr wohl auch in der Lage, bei einem Todesverlust tiefe Trauer zu empfinden. Dazu ein Zitat aus dem Leben von Wildtieren:
Manchmal passiert etwas Schlimmes für die Leitkuh: Ihr Kalb stirbt. Früher lag die Ursache dafür meist in einer Krankheit oder einem Wolf, der seinen Hunger stillte, heute ist es jedoch oft ein Schuss aus der Büchse eines Jägers. Für Hirsche setzt dann derselbe Prozess ein wie bei uns Menschen. Es herrscht ungläubige Verwirrung, dann setzt Trauer ein. Trauer? Können Hirsche so etwas überhaupt empfinden? Sie können nicht nur, sondern sie müssen es sogar: Trauer hilft, Abschied zu nehmen. Die Bindung von Hirschkuh zu Kalb ist so intensiv, dass sie nicht von einer zur anderen Sekunde aufgelöst werden kann. Die Hirschkuh muss erst langsam verstehen lernen, dass Ihr Kind tot ist und dass sie sich von dem kleinen Leichnam lösen muss. Immer wieder kehrt sie zum Ort des Geschehens zurück und ruft nach ihm, selbst wenn das Kalb schon vom Jäger wegtransportiert wurde. (107)
Im umgekehrten Fall, wenn die Leitkuh stirbt, und das Kalb zurückbleibt, kann das verwaiste Kalb ohne die Mutter nicht überleben. Es wird auch vom Rudel nicht aufgenommen und bleibt sich selbst überlassen. Ohne die Mutter habe das Kleine kaum Überlebenschance.

Die Menschen haben tiefes Mitgefühl für Menschenkinder, wenn ihnen ein ähnliches Schicksal ereilt. Warum aber, so frage ich mich, sind viele Menschen nicht in der Lage, dieses Mitgefühl auch für Tiere aufzubringen?
Der Autor geht zudem auch der Frage nach, inwieweit Tiere Mitgefühl für andere Lebewesen entwickeln können? Dazu folgendes Zitat:
Ein besonders führendes Beispiel, dass (…) Tiere zu solch artübergreifendem Mitgefühl fähig sind, kommt aus dem Budapester Zoo. Dort filmte ein Besucher Aleksander Medves einen Braunbär in seinem Gehege, als in den Wassergraben plötzlich eine Krähe fällt. Diese strampelt entkräftet und droht zu ertrinken, als der Bär eingreift. Er nimmt vorsichtig ein Flügel ins Maul und zieht die Krähe wieder an Land. Dort bleibt der Vogel wie erstarrt liegen, ehe er sich wieder berappelt. Der Bär beachtet diesen Frischfleischhappen, der ja durchaus zu seinem Beuteschema gehört, nicht mehr weiter, sondern wendet sich wieder dem Futter Gemüse zu. Zufall? Warum sollte der Bär so etwas machen, wenn offensichtlich weder der Fress- noch der Spieltrieb zum Zuge kam?
Vielleicht hilft neben der direkten Beobachtung auch Einblick in das Gehirn bei der Beantwortung der Frage, ob bei einer Art Mitgefühl möglich ist.  Dazu untersucht man, ob Spiegelneuronen vorhanden sind. Dieser spezielle Zelltyp wurde 1992 entdeckt und zeigt eine Besonderheit: Normale Nervenzellen feuern immer dann elektrische Impulse, wenn der eigene Körper bestimmte Aktivitäten ausführt. Spiegelneuronen hingegen werden aktiv, wenn ein Gegenüber die entsprechenden Handlungen vollführt, reagieren also genau so, als ob der eigene Körper betroffen wäre. Ein Klassiker ist das Gähnen: Wenn Ihr Partner dazu den Mund aufmacht, stellt sich bei ihnen auch das Bedürfnis danach ein. (119f)

Dazu die Haltung des Autors:
Mein Wunsch ist es vielmehr, dass ein wenig mehr Respekt im Umgang mit unserer beliebten Mitwelt einkehren möge, seien es Tiere oder auch Pflanzen. Das muss keinen Verzicht auf eine Nutzung bedeuten, wohl aber gewisse Einschränkungen und zum Komfort und auch der Menge der biologischen Güter, die wir konsumieren. Wenn das Ganze aber belohnt wird mit fröhlicheren Pferden, Ziegen, Hühnern und Schweinen, wenn wir dafür zufriedene Hirsche, Marder oder Rabenvögel beobachten können, wenn wir Letztere gar eines Tages dabei belauschen, wie sie ihren Namen rufen - dann werden in unserem Zentralnervensystem Hormone ausgeschüttet und verbreiten ein Gefühl, gegen das Sie sich gar nicht wehren können: Glück! (229)
Ich selbst bin der Meinung, wenn Menschen diese Glücksgefühle für Tiere aufbringen können, verspüren sie ganz von selbst keine Lust mehr, Tiere für sich, für den eigenen Gaumen, töten zu lassen.


Mein Fazit zu dem Buch?

Mir ist bewusst, wie viele Millionen Tiere weltweit tagtäglich getötet werden und dadurch so viel Blut auf unserem Planeten vergossen wird, so hat mir dieses Buch ein wenig Hoffnung gemacht. Ich wünsche mir sehr, dass es viele LeserInnen finden wird.
Man wird sehr zum Nachdenken angeregt, wobei mir andererseits Vieles schon bewusst gewesen ist. Meine Hypothesen konnte ich in dem Buch bestätigt finden.
Ein Buch, das die Welt ein bisschen besser machen kann. Ein besseres Zusammenleben für Tier und Mensch.

Zehn von zehn Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

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(* empf. VK-Preis) 
Gebundenes Buch mit SchutzumschlagI
SBN: 978-3-453-28082-3
Erschienen: 13.06.2016

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