Die Novelle ist recht kurz, hat knapp fünfundzwanzig Seiten aber sie hat mich .
trotzdem wieder zum Nachdenken angeregt.
Der Protagonist der Erzählung ist Paolo Hofmann. Sein Vater betrieb in
Südamerika eine Plantage und lernte eine Eingeborene kennen, die er zur
Frau nahm. Ganz schön mutig für die damalige Zeit kann ich nur sagen.
Gemeinsam mit seiner Braut kehrte er wieder nach Norddeutschland zurück
und dort bekamen sie ihr einziges Kind namens Paolo.
Paolo schwächelte, kränkelte von Kindesbeinen an und konnte sich nicht
wirklich davon erholen. Einige Male musste er aus der Schule genommen
werden, um gesundheitlich wieder stabilisiert zu werden.
Freundschaftlich schloss Paolo sich mit dem Erzähler zusammen, die beide
gemeinsam eingeschult wurden und bis ins erwachsene Alter in Kontakt
blieben.
Ein kleines Zitat aus deren Schulzeit möchte ich gerne einfügen:
Unsere Kameradschaft dauerte während all der Schuljahre ungefähr aus
demselben Grunde fort, aus welchem sie entstanden. Es war der >Pathos
der Distanz< im größten Teile unserer Mitschüler gegenüber, das
jeder kennt, der mit fünfzehn Jahren heimlich Heine liest und in Tertia
das Urteil über Welt und Menschen entschlossen fällt.
Das fand ich ganz spannend, mit welchen ernsten literarischen Gedanken
sich diese Jugendlichen damals befasst haben, kaum vorstellbar auf die
heutige Zeit bezogen. Und ich bin sicher, dass Paolo auch davon geprägt
wurde.
Nach der Schulzeit schlägt Paolo künstlerische Wege ein, die eines
Malers... Er verliebt sich in die Baronesse Ada von Stein. Die Eltern
des Mädchens halten große Stücke auf Paolo, doch als er um Adas Hand
anhielt, verweigerten die Eltern die Zustimmung. Paolo sei sehr krank
und sie könnten sich keine glückliche Zukunft für die Tochter vorstellen
mit diesen erschwerten Umständen.
Paolo ergreift die Flucht, indem er eine Weltreise unternimmt, aber ohne
sich von seiner Liebsten verabschiedet zu haben. Ada wendet sich
vertrauensvoll an Paolos Freund. Sie lernte den Freund durch Paolo
kennen und ihm teilt sie mit, dass sie nur Paolo lieben werde und keinen
anderen... .
Paolo trifft fünf Jahre später seinen Freund durch Zufall wieder in Rom.
Er sah noch kränker aus als vor fünf Jahren, und Paolo es selbst als
ein Wunder betrachtet, dass er überhaupt noch lebe. Die Ärzte
verordneten ihm die die Heimreise und strengste Bettruhe. Eigentlich war
das so gemeint, er solle zum Sterben nach Hause fahren und sich ins
Bett legen. Paolo hält sich nicht an die Verordnung, und trotzdem lebt
er noch... .
Ich lebe doch noch immer. Ich bin beinahe täglich am Ende. Ich liege
abends im Dunkeln,-auf der rechten Seite, wohl gemerkt! Das Herz klopfte
bis in den Hals, es schwindelt mir, dass mit der Angstschweiß
ausbricht, und dann plötzlich ist es, als ob der Tod mich anrührte. Es
ist wie ein Augenblick, als stehe alles still in mir, der Herzschlag
setzt aus, die Atmung versagt. Ich fahre auf, ich mache Licht, ich atme
tief auf, Blicke um mich, verschlinge die Gegenstände mit meinen
Blicken. Dann trink ich einen Schluck Wasser und lege mich wieder
zurück; immer auf die rechte Seite! Allmählich schlafe ich ein.
Eine bestimmte Krankheit geht aus dem Text nicht hervor, aber ich
vermute mal, dass Paolo eine sehr zartbesaitete Person ist, die für das
Leben nicht stark genug ist.
Mit seinem Freund geht er an den Römerbrunnen,
Fontana Trevi und
trinken aus der Quelle. denn wer aus dieser Quelle trinken würde, der
konnte sicher sein, dass dieser Mensch Rom wieder sehen würde. Als Paolo
sein Glas Wasser an den Mund setzt, zerspringt das Glas und bricht in
Scherben. Spätestens hier an dieser Stelle, ahnte ich, dass Paolo wohl
nie wieder nach Rom zurückkehren würde.... .
Paolo erfährt durch seinen Freund die Liebestreue Adas. Als er Adas Worte über seinen Freund vernahm, so erwiderte er:
Ich - halte diese Worte.
Das hat mir auch recht gut gefallen. Worte festhalten... und niemals
mehr verlieren... . Sie nicht fallen lassen... . Vorsichtig damit
umgehen... , sind dazu meine Assoziationen.
Der Freund ist skeptisch, da mittlerweile so viel Zeit vergangen ist und
sich beide verändert haben könnten, war er nicht sicher, ob die
Zuneigung noch die selbe geblieben ist wie vor fünf Jahren. Schleißlich
packt Paolo daraufhin einen Brief heraus, der von Adas Vater geschrieben
war mit der Bitte, wieder nach Norddeutschland zurückzukommen und Ada
zur Frau zu nehmen. Die Adresse bekamen die Eltern wiederum über Paolos
Eltern. Ada lehnte neue Bewerber ab, und der Vater wurde einsichtig, und
wusste nun endlich, dass Ada ohne Paolo unglücklich bleiben würde. Also
willigte er jetzt der Vermählung ein.
Das junge Paar heiratete schließlich und am Morgen der Hochzeitsnacht
ist Paolo gestorben. Ich bekomme als Leserin den Eindruck, als konnte er
nicht früher sterben, als habe er alle seine Kraft aufgespart für
diesen einzigen besonderen Tag.
Er ist tot; gestorben am Morgen nach der Hochzeitsnacht, - beinahe in
der Hochzeitsnacht. Es musste so sein. War es nicht der Wille, der
Wille zum Glück allein, mit dem er so lange den Tod bezwungen hatte? Er
musste sterben, ohne Kampf und Widerstand sterben, als seinem willen zum
Glück Genüge geschehen war; er hatte keinen Vorwand mehr zu leben.
Keine Vorwand mehr zu leben zu haben, das finde ich auch einen
interessanten Gedanken, den ich jetzt nicht weiter ausführen möchte, ich
ihn aber im Stillen in mir weitertragen möchte.
Ada war auch wie befreit durch die Hochzeit mit Paolo, als der Erzähler uns noch an dem Begräbnis teilhaben lässt:
Ich habe mich gefragt, ob er schlecht gehandelt, bewusst schlecht an
der, welcher es sich verband. Aber ich habe sie gesehen bei seinem
Begräbnis, als sie zu Häupten seines Sarges stand; und ich habe auch in
ihrem Antlitz den Ausdruck erkannt, den ich auf seinem gefunden: den
feierlichen und starken Ernst des Triumphes.
Als Leserin bekomme ich den Eindruck, dass alles gut ist so wie es ist, ohne zu hadern.