Dritte Buchbesprechung der o. g. Lektüre
(von Seite 260 - 399)
Das Buch fesselt mich immer mehr.
Wer nicht weiß, was (menschliche) Liebe ist, dem empfehle ich unbedingt dieses Buch. Das Buch strahlt so viel Seele aus, je mehr Liebe in ihm wohnt.
Ähnlich wie gestern möchte ich wieder ein paar mir bedeutungsvolle Szenen festhalten.
Ich komme nochmals zurück auf die Bürgermeistersfrau Ilsa Hermann. Die Bücherverbrennung war nicht Grund ihrer Depression, wie sich´s später herausstellte. Sie betrauert noch um ihren vor zwanzig Jahren im ersten Weltkrieg gefallen Sohn, von dessen Tod sie sich nicht wieder erholen konnte.
Frau Hermann kündigte den Hubermanns den Arbeitsauftrag und wollte Liesel als Entschädigung ein Buch aus ihrer Bibliothek schenken. Liesel zeigte sich erst sprachlos, zeigte ihre Betroffenheit schließlich mit bösen Worten. Ich vermute, dass sie traurig war, dass auch der Kontakt zur Bibliothek abgebrochen wurde. Sie warf Frau Hermann das Buch vor die Füße, weil sie nicht gekauft werden wolle... .
Sie konnte es nicht ertragen, dass diese einsame, erbärmliche Frau es ihr schenkte. Es zu stehlen schien ihr akzeptabler zu sein. Wenn sie es stahl, dann hatte sie irgendwie - merkwürdigerweise - das Gefühl, es sich verdient zu haben.
Die Worte trafen Frau Hermann, sie reagierte aber darauf nicht. Jedenfalls nicht offensichtlich... .
Nach einer gewissen Zeit sehnte sich Liesel nach der Bibliothek zurück und beschloss mit Rudi, in die Bibliothek einzubrechen, um sich ein Buch zu stehlen. Sie inspizierten das Haus Hermanns und die Eingänge, sowie auch die Fenster. Beim zweiten Rundgang, an einem anderen Tag, befand sich das Fenster zur Bibliothek im Erdgeschoss offen, so dass Liesel es leicht hatte, einzudringen, und sich das zu nehmen, was sie brauchte. Sie stahl nur ein Buch. "Der Pfeiffer", eigentlich das Buch, das Frau Hermann ihr schenken wollte.
Wenige Tage später wiederholte sie ihren Einbruch, und wieder und wieder, bis sie sich fragte, ob Frau Hermann nicht absichtlich das Fenster offen hielt, extra für ihre kleine Bücherdiebin. Beim nächsten Diebstahl fand sie direkt vor dem Fenster einen DUDEN. Das war dann offensichtlich. Als Liesel sich das Buch stahl, und sie auf dem Heimweg zurück auf das Haus Hermanns schaute, sah sie hinter dem Fenster die Bürgermeistersfrau stehen, die leise und dezent der Liesel zuwinkte. Liesel erwiderte ihren Gruß und grüßte leise und dezent zurück.
Mich hat diese Szene dermaßen berührt, dass ich es gar nicht mit Worten auszudrücken vermag. Aber es ist ein super Gefühl... . Bin gespannt, wie sich dies nun fortsetzen wird, nachdem Stehlende und Bestohlene nun voneinander wissen.
Max, der noch immer im dunklen Keller lebt, wünscht sich von Liesel die Wetterschau. Sie rennt raus und betrachtet sich den Himmel, als sie schließlich wieder zu Max rennt:
"Der Himmel ist heute blau, Max, und oben hängt eine große, lang gezogene Wolke, die aussieht wie ein Seil. Am Ende hängt die Sonne wie ein gelbes Loch…"
Max wird krank. Die Dunkelheit und die Kälte, sowie auch die Lebensmittelknappheit macht ihm zu schaffen, obwohl die Hubermanns sich so viel Mühe geben, und ihn wenigstens im Winter nachts oben schlafen lassen. Max liegt lange im Koma und Liesel liest ihm aus ihren Büchern vor. Auch sammelt sie Gegenstände von der Straße auf, um sie ihm als Geschenk hinzulegen und davon berichtet, quasi Geschichten über die gefundenen Gegenstände erzählt. Auch die Wetterberichte blieben nicht aus.
Liesel befindet sich gerade draußen, betrachtet sich wieder den Himmel und findet, dass eine Wolke recht ungewöhnlich ausschaut. Liesel holt ihren Vater, um ihm die Wolke zu zeigen:
Er hob den Kopf und sprach das Offensichtliche aus: "Du solltest sie Max schenken, Liesel. Vielleicht kannst du sie auf den Nachttisch legen, wie all die anderen Sachen."
Diese schaute ihn an, als ob er den Verstand verloren hätte.
"Wie soll das gehen?"
Er klopfte sanft mit seinen Fingerknöchel gegen ihren Schädel. "Präge sie dir ein. Und dann schreibe sie auf."
(...) Sie stellte sich vor, wie die Wolke von ihrer Hand in seine glitt, durch die Decken hindurch, und sie schrieb es auf ein Stück Papier, auf das sie den runden, flachen Stein legte.
Liesel beschäftigte sich auch später noch mit dem Himmel, und träumte vor sich hin, was sich wohl dahinter verbergen würde:
Manchmal stelle ich mir vor, wie es über diesen Wolken aussah. Ich wusste ohne Zweifel, dass die Sonne blond war und die endlose Atmosphäre ein einziges, riesiges blaues Auge.
Was mit dem blauen Auge und der blonden Sonne gemeint sein könnte, das kann man sich aus dem Kontext im Buch herauslesen, da Liesel diese Symbole nun auch auf die politische Lage übertrug. Diese beiden Metaphern blonde Sonne und blaues Auge, haben mir auch recht gut gefallen.
Ich bin nun recht gespannt, wie es in dem Buch weitergeht, deshalb mache ich jetzt hier Schluss.
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„Die rechte Vernunft liegt im Herzen“ (Theodor Fontane)
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