Sonntag, 16. Februar 2020

Dombey und Sohn, BD 2

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre  

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute ...

Ein wenig märchenhaft haben sich die letzten Kapitel im Dickens gelesen. War mir etwas zu glatt, zu rosarot, eine zu heile Welt aus den explosiven Tiefen jener Trümmer hervorgeschossen zu haben …

Aber vielleicht idealisiert Dickens absichtlich, zaubert literarisch aus einer dunklen, bösen Welt eine helle, gute. Vielleicht will er eine bessere Welt nur vorleben. Er will die Welt zu einem Ort machen, an dem sich die Menschen alle wohlfühlen sollten.

Hier geht es zum Klappentext, zu den ersten Leseeindrücken und zu den Buchdaten.

Die Handlung
Die Handlung hatte ich schon im ersten Teil kurz wiedergegeben. Wie geht es nun im zweiten Teil weiter? Im zweiten Teil geht es recht dramatisch weiter. Zwar bekommt der alte Dombey eine zweite Frau, mit dem Ziel, mit ihr eine neue Familie zu gründen, um evtl. einen neuen Sohn zu zeugen, damit der Name Dombey und Sohn aufrecht erhalten bleiben kann, doch leider scheitert diese Beziehung, ehe sie begonnen hatte. Dombeys zweite Frau namens Edith, die selbst Witwe ist und auch ein Kind verloren hat, schloss die Ehe mit Dombey durch falsche Empfehlungen.

Edith ist von ihrem Naturell her sehr eigensinnig und überhaupt nicht bereit, sich dem Patriarchen Paul Dombey zu unterwerfen. Dombey erweist sich als engstirnig, kaltherzig und als sehr bestimmend. Er besteht auf die klassische Rollenverteilung, die Edith vehement ablehnt.
Glaubt ihr, ihr könnet mich zu Unterwerfung und Gehorsam herabwürdigen – mich beugen oder brechen? (95)

 Sie geht eine enge Bindung zu Florence ein, die noch immer von ihrem Vater verschmäht wird. Florence ringt weiterhin um seine Liebe, die er noch immer ablehnt. Florence ist aber glücklich, in Edith nun wieder eine Mutter gefunden zu haben, von der sie sich geliebt fühlt. Das gefällt dem alten Dombey überhaupt nicht und verbietet Edith den Kontakt zu seiner Tochter. Die Ehekonflikte spitzen sich immer mehr zu, Dombey macht Florence dafür verantwortlich ...

Welche Szene hat mir nicht gefallen?
Es war eine brutale Szene, die Paul Dombey seiner Tochter gegenüber entgegenbrachte. Als er von Edith verlassen wird, versucht Florence, seinen Vater mit Liebe zu trösten, während er ihr daraufhin ins Gesicht schlägt und sie aus dem Haus wirft.

Welche Szene hat mir besonders gut gefallen?
Als Florence nach dem Rauswurf einen Hafen im Hause von Solomon Gils hat finden können, in dem sie von Kapitän Cuttle aufgenommen wurde …

Welche Figur war für mich eine Sympathieträgerin?
Kapitän Cuttle war mir sehr sympathisch. Er hatte ein sehr gutes Herz.
Florence, die trotz der Ablehnung ihres Vaters dennoch voller Liebe war, und ihr Charakter dadurch nicht geschwächt wurde. Sie zeigte ein gutes Herz auch gegenüber anderer notleidender Menschen.
Susanne Nipper, Florences Kindermädchen, die ihrem Pflegling viel Beistand bot. Außerdem zeigte Susanne Charakterstärke, als sie sich innerlich Mut zugesprochen hat, sich bei dem alten Dombey für Florence einzusetzen. Leider zeigte dieser Einsatz negative Folgen sowohl für Susanne als auch für Florence.
Mr. Toots, der viel von Florence hielt, und Größe gezeigt hat, als Florence eine Bindung mit Walter Gills eingegangen ist.

Welche Figur war mir antipathisch?
Neben den hartherzigen Dombey auch James Carter, der sehr aufs Geld bedacht war. Auch die Vermieterin von Kapitän Cuttle fand ich sehr unsympathisch.

Cover und Buchtitel
Das Cover hätte etwas kreativer und origineller ausfallen können. Jeder weiß, wie Charles Dickens aussieht. Dickens ist zwar der Träger dieser Familiengeschichte, aber er ist nicht diese Familie Dombey. Mich hätte mehr eine Zeichnung zu der Familiengeschichte darauf angesprochen.

Zum Schreibkonzept
Die beiden Bände beinhalten zusammen insgesamt 700 bis 750 Seiten. Der Roman ist mit 62 Kapiteln unterteilt. Absätze gibt es nur wenige, was das Lesen noch zusätzlich erschwert.

Meine Meinung
Das Buch war von der Aufmachung her etwas anstrengend zu lesen. Zu klein die Buchstaben und auch der Zeilenabstand war mir zu eng. Dabei habe ich beim Lesen schwer meine Konzentration halten können.

Und der Stoff ging mir häufig zu sehr ins Detail, was die vielen Nebenfiguren betreffen. Teilweise fand ich die Geschichte dadurch etwas zu langatmig. Aber Dickens ist ein Romancier, der einfach gerne und ausschweifend schreibt. Dennoch habe ich es nicht bereut, diese beiden Bände gelesen zu haben.

Gut fand ich, dass Dickens den gesellschaftlich benachteiligten Frauen eine Stimme gab. Wie kommen Männer weltweit eigentlich dazu, Frauen so herabzuwürdigen? Sind die Männer nicht von einer Frau ausgetragen worden? Ohne die Frau wären sie selbst gar nicht auf der Welt.

Daher fand ich am Ende des Buches eine Textstelle so wunderbar schön, als Florences Amme Susanne Nipper nach ihrer Heirat mit Mr. Toots ein Mädchen zur Welt bringt.
Da ist die Florence, die Susanne, und jetzt kommt wieder ein kleiner Fremdling.
>>Ein weiblicher Fremdling? Fragt der Kapitän.
>>Ja, Kapitän Cuttle<<, sagte Mr. Toots, >>und ich freue mich darüber. Ich bin der Ansicht, je öfter wir diese außerordentliche Frau wiederholen können, umso besser. << (350)

 Mein Fazit
Auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung, weil das Buch die Welt tatsächlich ein wenig besser macht.

Meine Bewertung
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck (Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
2 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
1 Punkte: Cover und Titel stimmen mit dem Inhalt überein

Hat mir die Geschichte an sich trotz der guten Bewertung auch gut gefallen?
Sehr gut, leider etwas zu langatmig. Weniger wäre mehr gewesen.  
11 Punkte

Hier geht es zur kurzen Buchbesprechung zum ersten Band. Bitte herunterscrollen. 
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Jeder kann die Welt mit seinem
Leben ein wenig besser machen.
(Charles Dickens)

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