Eine
Buchbesprechung zur o. g. Lektüre
Das Buch habe
ich vor drei Tagen zu Ende gelesen, und nun komme ich endlich dazu, die Buchbesprechung
darüber zu schreiben.
Mir hat das
Buch recht gut gefallen, allerdings die Szenen auf den letzten 30 oder 40 Seite
haben mich so gar nicht angesprochen.
Die Hauptthematik
kommt eigentlich gut rüber. Die junge Protagonistin Jean Louise Finch, Spitzname
Scout, versucht sich als Frau gegen gesellschaftliche Konventionen aufzulehnen.
Sie entspricht partout nicht dem amerikanischen Frauenideal. Dadurch, dass die
Mutter recht früh gestorben ist, fehlten ihr weibliche Vorbilder. Die damalige
kleine Scout orientierte sich ganz nach ihrem älteren Bruder. Scout tat alles,
was Jungen taten. Sie trug auch hauptsächlich Latzhosen.
Die Handlung
spielt in der Mitte der 1950er Jahre ...
Richtig
spannend fand ich auch, dass Jean Louise als Jugendliche sexuell nicht
aufgeklärt war. Auf der Schule hatte sie ein Junge unaufgefordert geküsst und
ihre Freundinnen, die auch nicht aufgeklärt waren, verbreiteten das Gerücht,
man würde durch einen Kuss schwanger werden. Jean Louise gerät in Panik,
eigentlich in ihre erste schwere Lebenskrise … Sie zählt ihre Schwangerschaftswochen,
rechnet aus, wann das Kind geboren werden müsste …
Die erwachsene
Jean Louise lebt alleine in New York. Sie ist in der Lage, für sich zu sorgen,
indem sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreitet. Unabhängig wie sie ist,
wurde sie zu einem autonomen Leben von ihrem Vater erzogen.
Jean Louise
fährt für einen längeren Urlaub in ihre Geburtsstadt Alabama, um den
mittlerweile über siebzigjährigen Vater Atticus, der gesundheitlich nicht mehr
auf der Höhe ist, zu besuchen.
Auch in
diesem Buch findet man wieder die Auseinandersetzung mit den Rassenunruhen und den Rassenunterschieden. Jean
Louises Vater ist Anwalt und hat sich in der Vergangenheit für die schwarze
Population stark gemacht und plötzlich merkt Scout, dass ihr Vater politisch
nicht mehr derselbe ist. Große Enttäuschungen machen sich in ihr breit … Ich
möchte nicht zu viel verraten und halte mich hierzu bedeckt.
Als sie bei
ihrem Vater diese Entdeckung macht, gerät sie in eine tiefe Identitätskrise. Sie
hatte ihren Vater als Kind stark idealisiert, schaute immer stolz zu ihm auf, und
fand in ihm ein großes Vorbild im Kampf um Menschenrechte für alle. Nicht nur
sie bewunderte ihren Vater, der juristisch sehr gefragt war, auch der Bruder
strebte nach dessen Vorbild. Doch leider lebt der Bruder Jem nicht mehr. Mit
Anfang zwanzig schied er aus dem Leben. Während der Vater den Tod des Sohnes
längst akzeptiert hat, trauert Jean Louise noch lange um den Bruder. Der Vater
gibt ihr den Tipp, die Toten endlich zu begraben, und ich diese Haltung recht
merkwürdig fand.
Man fragt
sich selbst als Leserin, wie Jem diese politische Wesensveränderung des Vaters aufgefasst
hätte? Wie wäre er selbst damit umgegangen?
Entidealisiert
Jean Louise nun ihren Vater? Sie lebte nach der Maxime: Gleiche Rechte für
alle, Sonderrechte für niemanden. Gelten nun diese Ideale für sie nicht mehr?
Jean Louises Weltbild scheint vor ihren Augen zu zerbröseln, denn nicht nur im
Vater sieht sie diese Veränderung, sondern auch in ihrem Freund, der von
Atticus zu seinem Stammhalter auserkoren wurde, zieht in dieselbe politische Richtung.
Auch mit ihm bricht sie die Beziehung. Jean Louise kann scheinbar ihre Ideale
ohne die ihres Vaters schwer aufrechterhalten, dabei wird klar, dass der
Ablösungsprozess zu ihrem mächtigen Vater trotz ihrer 26 Jahren nicht
stattgefunden hat.
Atticus war
kein schlechter Vater. Obwohl er beruflich viele Herausforderungen zu
überwinden hatte, nahm er sich trotzdem viel Zeit für seine Kinder. Abends las
er ihnen immer Geschichten vor, wobei Jean Louise schon im Kleinkindalter lesen
lernte ... Es waren nicht immer Kindergeschichten, die Atticus vorlas.
Aus Zeitmangel las er den Kindern auch aus der Zeitung vor, und schlug damit
zwei Fliegen mit einer Klappe.
Er las seinen Kindern alles vor, was er selbst gerade las, und die Kinder wuchsen erfüllt von einer unorthodoxen Belesenheit heran. Früh sammelten sie Erfahrungen mit Militärgeschichte, Gesetzesentwürfen, den Abenteuern von Sherlock Holmes, dem Gesetzbuch von Alabama, der Bibel und mit Gedichten von Palgrave. (2015, 133)
Was ist
passiert, dass der Vater politisch nicht mehr derselbe ist? Diese Frage lässt
sich auf den letzten Seiten beantworten.
In dem Buch
bekommt man noch recht viele interessante Szenen zu lesen. Allerdings die
Streitgespräche auf den letzten Seiten haben mich nicht wirklich überzeugen
können. Auch die Auseinandersetzung zwischen dem Onkel und Jean Louise fand ich
merkwürdig. Als Jean Louise aus dem Streitgespräch mit ihrem Vater zu fliehen
versucht, taucht dann plötzlich ihr Onkel, Bruder von Atticus, auf, und zwingt
sie zur Besinnung, indem er sie mit einem Hieb ins Gesicht blutig boxt. Die
Lippen schwellen an … Jean Louise ist dadurch wieder gesprächsbereit. Der Onkel
liest ihr die Leviten und bringt seine Nichte dadurch zu mehr Verständnis dem
Vater gegenüber. Daraufhin kommt es zu einem neuen versöhnlichen Kontakt
zwischen Vater und Tochter …
Diese Szenen haben mich ja nun gar nicht
überzeugen können. Der plötzliche Sinneswandel war mir nicht glaubwürdig
genug, verlief mir zu schnell, zu abrupt, und schon allein diese Gewaltanwendung widerte mich an, war aus meiner
Sicht zu dick aufgetragen.
Mein Fazit?
Auch wenn mir
das Buch im Ganzen gefallen hat, ist es tatsächlich aus meiner Sicht nicht so
gut gelungen wie Wer die Nachtigall
stört. Natürlich können sich Menschen zu ihrem Nachteil verändern, aber in
diesem Buch wirken viele Szenen/Dialoge auf mich nicht überzeugend genug. Ich
weiß nicht, wie ich es ausdrücken kann. Viele Szenen wirkten auf mich ein wenig entstellt,
psychologisch zu künstlich dargestellt.
Die Autorin
selber schien ja von diesem Buch auch nicht überzeugt gewesen zu sein, weshalb
sie es nicht zur Veröffentlichung freigab. Oder doch?, siehe Feuilleton der Frankfurter Allgemeine, s. unten ... Ganz klar ist das leider auch nicht ...
Der
Buchtitel, ein Zitat aus der Bibel, stimmt mich noch immer nachdenklich. Passt
er oder passt er nicht zum Inhalt? Ja, er passt schon, ich muss aber für mich
selbst noch die nähere Bedeutung herausfinden.
Aber ich
finde, dass man das Buch sehr gut verfilmen könnte. Die Themen sind alle sehr
menschlich und keineswegs abstrakt. Wer weiß, vielleicht erfährt dieses Buch ebenso
eine Verfilmung? Ich selbst habe wieder Lust verspürt, Wer die Nachtigall stört ein weiteres Mal zu sehen.
2 Punkte: Sprachlicher Ausdruck
(Anspruchsvoll, keine saloppe Schreibweise)
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
2 Punkte: Differenzierte Charaktere
1 Punkte: Authentizität der Geschichte
2 Punkte: Fantasievoll, ohne dass es kitschig oder zu sentimental wirkt
2 Punkte: Frei von Stereotypen, Vorurteilen, Klischees und Rassismus
Neun von zehn
Punkten.
Im Feuilleton
der Frankfurter Allgemeine gibt es zu dem Buch folgende interessante und
kritische Besprechung. Und hier geht es per Mausklick zu dem Artikel.
Weitere Informationen zu dem Buch
€ 19,99 [D] inkl. MwSt.
€ 20,60 [A] | CHF 26,90*
DVA-Verlag
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Gebundenes Buch mit
Schutzumschlag
ISBN: 978-3-421-04719-9
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Gelesene Bücher 2016: 56
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